Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Innenminister hat - wie er gesagt hat - etwas länger für seine Antwort gebraucht. Damit stehen den Fraktionen neue Redezeiten zu. Wir haben drei Minuten und 45 Sekunden gestoppt. Ich eröffne den Reigen der Wortmeldungen. - Zunächst hat Herr Abgeordneter Kubicki das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige der Ausführungen des Herrn Innenministers dürfen hier nicht so stehen bleiben, weil sie - mög
licherweise unbeabsichtigt - die Wirklichkeit nicht zutreffend widerspiegeln. Herr Innenminister, selbstverständlich haben Sie im Ausschuss anlässlich der letzten Anhörung erklärt, Sie seien bereit, auf alle Fragen zu antworten.
Bedauerlicherweise war entgegen einer Absprache das muss man sagen - die Vorlage der beiden Koalitionsfraktionen nicht rechtzeitig eingegangen, sodass wir die Unterlagen erst am späten Nachmittag vor der Ausschusssitzung erhielten. Wir mussten noch in der Ausschusssitzung feststellen - wie Sie übrigens auch und das sehen wir auch heute auf dem Tisch -, dass diese Unterlage nicht vollständig war und redaktionelle Fehler aufwies, wie Sie sagen. Sie wies aber auch inhaltliche Fehler auf. Deshalb war eine Beratungsmöglichkeit gar nicht vorhanden. Ich selbst hatte mich darauf vorbereitet und wir hätten gern lange diskutieren können, aber eine Vielzahl anderer Kollegen sah sich bei dieser Materie, die wirklich sehr komplex ist, außerstande, dies zu leisten. Daraufhin hatten wir vereinbart, dass wir eine Reihe von Fragen stellen. Wir haben sie gestellt und Sie haben die Fragen beantwortet. Ich habe heute daraus zitiert. Nun so zu tun, als hätte dieses Parlament auf Ihr Angebot in der Kürze der Zeit nicht reagiert, ist unlauter. Wir haben darauf reagiert und wir sind auch etwas klüger geworden, um es einmal so zu sagen.
Herr Innenminister, Sie und die Unionsfraktion sprechen mich und die FDP-Fraktion immer wieder darauf an, was in anderen Ländern so passiert. Sie machen uns dann dafür verantwortlich, was woanders geschieht. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich Sie eigentlich für intelligent genug halte, dass Sie in Ihrer Argumentation darauf gar nicht zurückgreifen müssten. Ich empfinde das mittlerweile als peinlich. Ich mache Sie auch nicht dafür verantwortlich, was Sozialdemokraten in anderen Ländern so von sich geben, tun oder lassen. Unabhängig davon, dass, selbst wenn Ihre Behauptung stimmte - was ich bestreite -, die FDP in den Ländern, in denen sie mitregiert, wesentlich rigidere Positionen verträte als die FDP hier - unabhängig von der Frage, wie weit sie das in der Koalition durchsetzt -, frage ich: Warum orientieren Sie sich immer an schlechten Beispielen? Warum orientieren Sie sich nicht beispielsweise an Frau Leutheusser-Schnarrenberger, Herrn Hirsch oder Herrn Baum? Auch das sind große Liberale. Frau Leutheusser-Schnarrenberger ist übrigens eine Ministerin - das gibt es nicht so häufig und bei Ihnen würde ich das gar nicht erwarten -, die aufgrund ih
rer Überzeugung einen Rücktritt eingereicht hat, weil Ihre Partei etwas anderes beschlossen hatte und Sie dem großen Lauschangriff nicht zustimmen und ihn nicht mitverantworten wollte. Sie hat für diese Position vor dem Bundesverfassungsgericht Recht bekommen. Orientieren Sie sich als großer Sozialdemokrat doch einmal an diesem Beispiel!
Herr Minister, zum Schluss möchte ich noch eins sagen: Ich habe Ihr Werk wirklich sehr aufmerksam gelesen. Es besteht fast nur aus Zitaten. Ich habe lange danach gesucht, was ein eigener gedanklicher Beitrag ist. Aber das, was ich jetzt zitiert habe, war Ihre Zusammenfassung, Ihr Summary. Da ist zwar auch ein Zitat enthalten, nämlich das von Kant, aber das, was Sie da hineinschreiben, ist Ihre Meinung.
So drücken Sie sich aus. Sie stellen nach Ihrer Analyse fest, dass es so nicht sein soll. Ich frage mich jetzt, warum Sie sich so verhalten!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Stegner, ich möchte auf zwei Punkte eingehen, die Sie genannt haben. Zum einen zur Rasterfahndung: Zu Recht haben Sie die gute Frage aufgeworfen, warum 15 Länder es machen sollten und eines nicht. Wir hatten eine Evaluation beschlossen, die Sie nicht durchgeführt haben. Es gab Berichte über andere Evaluationen. Wenn sich bundesweit jahrelang Tausende von Polizisten mit Rasterfahndung beschäftigt, Daten analysiert haben, gescannt und Programme geschrieben haben und nicht in einem einzigen Fall etwas dabei herausgekommen ist, dann ist es vielleicht ein Grund, diese Maßnahme noch einmal dahin gehend zu hinterfragen, ob sie sinnvoll ist.
Zum anderen haben Sie im Ausschuss gesagt, dass Sie alle Fragen, die wir noch hätten, klären würden. Was mich wundert, ist, dass sämtliche Juristenverbände des Landes erklären, dass sie verfassungsrechtliche Bedenken haben. Sie als Nichtjurist sagen dann, Sie seien aber anderer Auffassung. Nach
dem wir das jetzt kritisieren, sagen Sie, Sie würden das gern erklären, wenn wir noch eine Frage hätten. Ich sage Ihnen, dass mir das nicht ausreicht. Sie müssen auch die juristischen Expertisen dazu beibringen. Das muss von Leuten begründet werden, die eine entsprechende Qualifikation haben. Es reicht nicht aus, wenn ein Minister, der nicht einmal selbst Jurist ist, mir erklärt, dass die gesamte juristische Kompetenz dieses Landes keine Ahnung habe.
Und dann haben Sie heute noch den Spruch von den Berufsnörglern gebracht. Wenn Sie die gesamte Juristerei dieses Landes - die Menschen, die hier die Juristerei in hoher Qualität aufrechterhalten, und ich hoffe auch mit der Rückendeckung des gesamten Kabinetts - kollektiv als Berufsnörgler bezeichnen, dann spricht das nicht für Ihre Qualität. Das sollten Sie zurücknehmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Beratung im Innen- und Rechtsausschuss ist schon alles gesagt worden. Wir hätten praktisch eine weitere Ausschusssitzung haben müssen, denn richtig ist, dass die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen wieder einmal in letzter Minute kamen. Richtig ist, dass diskutiert wurde und dass der Innenminister angeboten hat, alles noch einmal mündlich zu sagen. Ich habe mich aber schon in der Ausschusssitzung dagegen ausgesprochen, denn man kann das nicht mündlich machen. Im Grunde genommen waren zu diesem Zeitpunkt auch die beiden großen Fraktionen gefragt. Es war jetzt nicht mehr die Sache des Innenministeriums oder der Landesregierung. Es ging um die Änderungsanträge der Großen Koalition. Wir hätten also noch eine weitere Sitzung haben müssen.
Lieber Herr Innenminister, normalerweise argumentiere ich nicht mit dem Holzhammer. Dazu stehe ich auch. Ich muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass man sich mit differenzierten Meinungen wenig Gehör verschaffen kann. In diesem Fall wollte ich einmal deutliche Worte sprechen, nicht gegen Sie, sondern gegen die Politik und das, was mit dem neuen Polizeirecht zum Ausdruck kommt.
Das kann man kritisieren und das werde ich nicht in jedem Fall tun, aber ich wollte das in diesem Fall. Was ich in meiner Rede angesprochen habe, bleibt weiterhin das größte Problem: dass wir mit diesem Gefahrenabwehrgesetz keine deutlichen Grenzen mehr zur Strafprozessordnung haben. Denn das meiste von dem, was dann gemacht wird, gehört das ist meine Überzeugung - eigentlich in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes.
Noch eine Sache: Hier wurde mehrfach gesagt, man müsse jetzt neue Methoden und insbesondere die Rasterfahndung und Schleierfahndung einführen. Es ist allerdings kein Beweis dafür gebracht worden, was diese neuen Verfahren zur Kriminalitätsbekämpfung beigetragen haben. Das sind schlicht und einfach Behauptungen und auch in anderen Bereichen arbeiten wir nur mit Behauptungen. Es wird einfach gesagt, ein bisschen mehr an Überwachung trage zur Gefahrenabwehr bei. Mir, lieber Herr Innenminister, passt diese Richtung ganz und gar nicht.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit Herr Kollege Hentschel nicht warten muss, bis das stenographische Protokoll kommt: Den Begriff „Berufsnörgler“ haben Sie zweimal in Ihrer Rede gebraucht, aber nicht ich. Ich habe mich durchaus dazu bekannt, dass wir Sachverstand einbezogen haben.
Mich befremdet allerdings der Hochmut, mit dem derjenige, der letztlich in der Minderheit ist, für sich behauptet, die gesamte Fachkompetenz stehe auf seiner Seite und alle Juristen würden seine Meinung vertreten. Das ist faktisch unzutreffend und ein Stück weit auch Kränkung derjenigen, die sich mit solchen Dingen intensiv beschäftigen. Damit müssen aber Sie klarkommen.
- Liebe Kollegin Birk, vielleicht hätten auch Sie zuhören sollen. Ich bin zwar für freie Meinungsäußerung, aber man sollte nur das kritisieren, was tatsächlich gesagt wurde.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/1246 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Danke schön. Dann ist dieser Änderungsantrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen.
Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/670 in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung einschließlich der soeben angenommenen Änderungen aus dem Änderungsantrag Drucksache 16/1246 abstimmen. Wer diesem Paket zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Danke schön. Damit ist der Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung Drucksache 16/1163 einschließlich des angenommenen Änderungsantrages Drucksache 16/1246 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen.
Bevor wir mit der Beratung fortfahren, begrüße ich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler des Wirtschaftsgymnasiums in Husum mit ihren Lehrkräften, Schülerinnen und Schüler der Ernestinenschule in Lübeck mit ihren Lehrkräften sowie Kursteilnehmer der Wirtschaftsakademie in Kiel. Seien Sie uns herzlich willkommen!
a) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein