Protokoll der Sitzung vom 22.02.2007

(Beifall bei der FDP)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Höppner.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kalinka, es geht hier doch gar nicht um die Frage, die Sprachheilpädagogik in Preetz sozusagen abzuschaffen, sondern es geht um die Frage, ob eine Schule, die elf Stammschüler hat, noch eine eigenständige Schule sein kann oder ob man eine solche Langzeitklasse am örtlichen Förderzentrum in Preetz einrichtet, wo sie eigentlich auch hingehört.

(Zuruf des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Das ist die Frage, die sich hier stellt. Sie können die Berichte alle nachlesen, es wird und es wurde in der Öffentlichkeit nie dargestellt, dass es diese Perspek

tive für die Sprachheilpädagogik im Kreis Plön gibt.

Ich möchte auch noch einmal erwähnen - und das wissen Sie sehr genau -, dass diese Einrichtung in der Trägerschaft des Kreises für den Kreis Plön eine sehr, sehr teure Einrichtung ist. Von den örtlichen Schulträgern hat man das sehr gern angenommen, weil immer dann, wenn ein Kreis Pflichtträger einer solchen Einrichtung ist, die örtlichen Gemeinden auch von den Schulkostenbeiträgen - die bei Sprachheilschülern jährlich deutlich über 2.500 € pro Schülerin oder Schüler liegen; also fünf Mal so hoch sind wie für einen normalen Schüler - befreit waren und dann eben nicht zahlen mussten. Angesichts der Tatsache, dass eine Vielzahl der Kinder Sonderbeförderungsansprüche hat, ist der Kreis dadurch auch mit 10.000 € pro Jahr und Schüler durchaus belastet. Das muss man auch sehen. Ich glaube, der Kreistag hat nicht zur Kenntnis genommen, dass es in Preetz eine Alternative gibt, nämlich sozusagen durch die Angliederung einer Sprachheilklasse an das örtliche Förderzentrum, das demnächst wahrscheinlich sogar in derselben Schule, nämlich in der Hermann-Ehlers-Schule, sein wird, das Gleiche zu erreichen als wenn diese Schule eine eigenständige Schule bliebe. Im Grunde geht es nur darum. Ich denke, das müsste der Kreistag zukünftig auch berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort für die Landesregierung hat Frau Ministerin Ute Erdsiek-Rave.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Dr. Klug dankbar, dass er hier einen landespolitischen Antrag gestellt hat. Wir befinden uns hier nicht im Kreistag von Plön, sondern wir reden über die Situation von Kindern mit schweren Sprachstörungen in Schleswig-Holstein und ihre angemessene Beschulung.

Um es noch einmal zu sagen, wir reden nicht über generellen Sprachförderbedarf, obwohl gewiss an mancher Stelle die Übergänge fließend sind, sondern wir reden über Kinder, die stammeln, die disgrammatisch sprechen, die unverständlich sprechen, bestimmte Laute nicht aussprechen können, also über schwere Sprachstörungen. Wir reden über solche Sprachstörungen, die sich mit der Zeit nicht von allein geben. Diese Kinder brauchen gezielte

Förderung. Das steht völlig außer Frage und ist hier auch in allen Beiträgen so geäußert worden.

Aber welche Förderung ist die Richtige? - Das ist auch immer in jedem Einzelfall die Frage. In den 70er und 80er-Jahren sind auch in Schleswig-Holstein Sprachheilgrundschulen gegründet worden. Sie waren der Erkenntnis verpflichtet, die man damals hatte - das betraf übrigens alle Formen von Integration -, dass isolierte, gesonderte Betreuung von Kindern, das Separieren von Kindern mit ausgeprägten Sprachproblemen, der richtige Weg sei. Es hat sich aber im Laufe der Zeit gezeigt - das ist hier im Parlament, Sie waren ja schon dabei, Herr Dr. Klug, auch anlässlich der Situation in Kiel, damals sehr ausführlich diskutiert worden -, dass die Wiedereingliederung in eine Grundschule mit den entsprechenden sprachlichen Anforderungen für diese Kinder extrem schwierig wurde. Nicht selten war es so, dass abgebrochene Schulkarrieren die Folge waren. Inzwischen weiß man, dass Kinder mit sprachheilpädagogischem Förderbedarf in der Regel, so will ich das einschränkend sagen weitaus mehr, leichter und schneller lernen, wenn sie nicht unter sich bleiben, sondern die guten Beispiele und auch entsprechende natürliche altersgerechte Kommunikationssituationen um sich haben.

Also, der integrative Weg ist auch in dieser Frage besser als der getrennte. Das gilt übrigens nicht nur für die Ebene der Sprache, sondern auch für die psychische Ebene und die intellektuelle Ebene der Gesamtentwicklung der betroffenen Kinder.

Noch einmal: Ausdifferenzierung und Isolierung der Kinder ist heute nicht mehr der Königsweg. Er ist die Ausnahme, siehe Internat Wentorf.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD sowie Bei- fall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Die Folge dieser Erkenntnis war und ist - das hat nichts mit Sparen und dergleichen zu tun, sondern das ist wirklich wissenschaftsbasiert und evaluationsbasiert, was sich hier entwickelt hat, nicht nur in Schleswig-Holstein -: Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache werden mittlerweile zunehmend in integrativen Maßnahmen unterrichtet. Seit zehn Jahren erhalten Kinder mit Sprachauffälligkeiten eine sprachheilpädagogische Förderung präventiv in den Kindertagseinrichtungen, und zwar durch Sonderschullehrkräfte der entsprechenden Förderzentren. Diese frühe präventive Förderung vor der Einschulung wird im Rahmen des integrativen Sprachförderkonzeptes jetzt deutlich verstärkt. Dementsprechend ging und geht

(Dr. Henning Höppner)

auch die Zahl der Schulkinder mit Sprachstörungen zum Glück deutlich zurück. Die Zahl der Kinder in den Sprachheilgrundschulen war dementsprechend in den letzten Jahren rückläufig. Herr Kalinka, das muss man einfach zur Kenntnis nehmen, unabhängig von regionalen Interessen.

Im vergangenen Schul- und Kindergartenjahr sind in Schleswig-Holstein 6.800 Kinder mit Sprachstörungen präventiv in Kindertageseinrichtungen gefördert worden und 750 Kinder integrativ in der Grundschule. Landesweit - die Zahl möchte ich dagegensetzen - besuchten lediglich 170 Kinder mit Sprachstörungen eine der drei Sprachheilgrundschulen, wobei die Sprachheilgrundschule in Preetz - das ist schon gesagt worden - mit aktuell zwölf Kindern die kleinste Einrichtung ist. Dass da Handlungsbedarf war und ist, steht angesichts einer solchen Situation außer Frage.

Ich weiß, vor Ort gibt es dann Vorbehalte, auch von den betroffenen Eltern. Ich habe dafür durchaus Verständnis, vor allem in Preetz, wo man sich durch die qualifizierten Lehrkräfte natürlich sehr gut aufgehoben und sehr gut betreut fühlte. Aber die Vorbehalte gegen integrative Beschulung generell sind nicht berechtigt. Ich hoffe, dass sich das bei dem Runden Tisch noch einmal bestätigt, den Frau Langner einberufen möchte. Ich glaube, dass es gut ist, wenn man allen Beteiligten noch einmal das Prinzip der integrativen Beschulung zeigt, das pädagogisch und entwicklungspsychologisch die bessere Variante ist.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Ich bin zuversichtlich, dass es auch in Preetz - um nun doch eine regionale Bemerkung zu machen - zu guten Lösungen für die Kinder mit Sprachauffälligkeiten kommen wird. Die Sprachheilgrundschule Preetz wird - so ist der Planungsstand - organisatorisch und personell mit dem Förderzentrum verbunden werden, sodass es in den schwierigen Fällen, auf die es reduziert wird, eine stationäre oder teilstationäre Betreuung für die Kinder geben kann, die nicht integrativ beschult werden können und für eine gewisse Zeit im Förderzentrum intensiv beschult und gefördert werden.

Herr Dr. Klug, das Modell Dithmarschen ist eines, das das Ministerium intensiv begleitet und was wir auch dem Bildungsausschuss im letzten Jahr vorgestellt haben. Hier geht es darum, kleinen Kindern, die weit entfernt von Wentorf leben, die Internatsunterbringung zu ersparen und regionale Lösungen vor Ort zu finden. Wir werden das sehr genau beobachten. Es kann Lösungen und Modelle dort geben,

die auf andere Regionen des Landes übertragbar sind.

Ich finde es gut, dass die Themen Sprachförderung von Kindern mit Sprachstörungen und die Frage der generellen Sprachförderung in Schleswig-Holstein Gegenstand einer Berichterstattung hier im Landtag sein werden. Wir werden Gelegenheit haben, es hier und im Ausschuss ausführlich zu bewerten und zu betrachten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke der Frau Ministerin und erteile für einen weiteren Kurzbeitrag Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will noch einmal ganz kurz einiges deutlich machen. Es geht hier aus unserer Sicht keineswegs darum, dass wir die Wirksamkeit einer präventiven oder einer integrativen Förderung in einer erklecklichen Zahl von Fällen infrage stellen. Es wird sicherlich so sein, dass es in vielen Fällen hinreicht, Kinder mit geringeren Problemen in ihrer Sprachentwicklung auch integrativ so zu fördern, dass das gewünschte Ergebnis erreicht wird.

Es bleibt jedoch bei der Feststellung, dass es eine Anzahl von Kindern gibt, bei denen dieses Instrumentarium nicht hinreicht. Das hat in Dithmarschen auch zu der Entscheidung geführt, ein regional verfügbares Angebot in dieser Form neu zu schaffen, wo es das bisher nicht gab. Wenn Sie jetzt daran gehen, in anderen Teilen des Landes regionale Förderinstrumentarien traditioneller Art - Sprachheilgrundschulen oder Sprachheilklassen - einzustellen - das haben Sie in der vorher verteilten Fassung Ihrer Rede für die Zukunft so angekündigt -, dann muss nach unserer Überzeugung zumindest ein Ersatz nach dem Dithmarscher Vorbild geschaffen werden, damit man im Kreis Plön, im Kreis Ostholstein oder in anderen Regionen des Landes, die auch nicht viel näher bei Wentorf liegen als Dithmarschen, vor Ort auch ein regionales Intensivförderinstrumentarium im schulischen Bereich einrichten kann. Das kann man natürlich in einem Förderzentrum wie in Meldorf ansiedeln. Das ist keine Frage. Entscheidend ist, dass es ein Förderangebot gibt, das für die Kinder da ist, von denen man sagen kann - ich zitiere noch einmal aus dem Dithmarscher Konzept -:

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

„Die festgestellten Beeinträchtigungen im Bereich der Sprache sind so schwerwiegend und umfassend, dass die Schülerinnen und Schüler mit derart eingeschränkten sprachlichen Handlungskompetenzen nicht erfolgreich am Unterricht der zuständigen Grundschule teilnehmen und mit den vor Ort vorhandenen Möglichkeiten im Rahmen einer integrativen Maßnahme nicht beziehungsweise noch nicht in ausreichendem Maße gefördert werden können.“

Das ist der Kreis von betroffenen Kindern, der einer stärkeren, besonderen Unterstützung bedarf. Das muss im regionalen Umfeld überall im Land auch gewährleistet werden können.

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. - Ich lasse zunächst über den Berichtsantrag der Fraktionen von CDU und SPD, Drucksache 16/1237, abstimmen. Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen! - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.

Des Weiteren ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/1218, an den Bildungsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss zu überweisen. - Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Innovationsoffensive „European Clean Ship“ Für eine saubere und gesunde Ostsee und saubere und gesunde Meere in Europa

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1219

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Manfred Ritzek.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 115 Kreuzfahrtschiffe werden in diesem Jahr in Kiel an der Förde vor Anker gehen.

(Lothar Hay [SPD]: Und zwei in Flensburg!)

Klassische, wunderschöne Name werden diese Kreuzfahrtschiffe haben: „Costa Classica“, „Costa Marina“, „Costa Victoria“, „Costa Lirica“

(Lars Harms [SSW]: Costa Cordalis! - Hei- terkeit)

- und auch die „Color Fantasy“.

Auch in Lübeck, in Travemünde und in Hamburg, in Warnemünde, Amsterdam, Rotterdam und Oslo werden Kreuzfahrtschiffe vor Anker gehen. Alle Hafenstädte und jedes Bundesland freuen sich über diese Besuche, bringen sie doch große Wirtschaftskraft in die Hafenstädte.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ein Schiff wird kommen!)

Wenn aber die Anwohner und Touristen - zum Beispiel an der Kieler Förde, in Travemünde oder im Hamburger Hafen - über schwarzen Kohlenstaub auf den Balkonen klagen, über Kohlenstaub, der sie bei Spaziergängen belästigt, wenn CO2 unkontrolliert in die Atmosphäre hinausgeblasen wird, gibt es Probleme, die gelöst werden müssen - nicht nur in unserer Region, sondern in der gesamten Ostseeregion, in der gesamten Nordseeregion und darüber hinaus.

„European Clean Ship“ heißt das europäische Programm im Grünbuch der Europäischen Union zur maritimen Politik. Der Schiffssektor ist - so steht es im Grünbuch - nach wie vor eine der Hauptquellen der Luftverschmutzung in Europa. Im Jahre 2000 beliefen sich die CO2-Emissionen in der Europäischen Union auf circa 150 Millionen t. Hinzu kommen die Schwefeldioxydemissionen aus der Verbrennung der hochschwefligen Schweröle. Hier gibt es bereits einige Verbesserungen. Nach Angaben der IMO liegt der Schwefelgehalt für Schweröl im globalen Mittel bei 2,7 %. 4,5 % sind zugelassen. In der Ostsee als Schwefel-Emissionsüberwachungsgebiet ist seit Mai letzten Jahres ein Grenzwert für Schwefel in Schiffskraftstoffen von 1,5 % einzuhalten und eine EU-Richtlinie von 2005 fordert für Bunkeröl ab 2010 für in EU-Häfen liegende Schiffe einen Schwefelgehalt von 0,1 %.

Wenn wir wollen, dass in unseren Häfen und in den 1.200 Häfen Europas weiterhin mehr als 3,5 Milliarden t Fracht umgeschlagen werden und mehr als 350 Millionen Passagiere abgefertigt werden, wenn wir wollen, dass unsere Häfen an dem Wachstum dieser Passagier- und Frachtverkehre weiterhin teilnehmen, dann ist unter dem jetzt endlich aktuell erkannten Problem der dramatischen Klimaveränderung dringender Handlungsbedarf bezüglich der

(Dr. Ekkehard Klug)