Protokoll der Sitzung vom 22.02.2007

(Dr. Ekkehard Klug)

Reduzierung der Schiffsschadstoffemissionen in Häfen erforderlich.

(Vereinzelter Beifall)

Diesen Handlungsbedarf möchten wir als Vertreter unseres Parlaments bei der jährlichen Ostseeparlamentarierkonferenz, die diesmal in Berlin stattfindet, einbringen. Wir möchten mit unserem Beitrag zur Landstromversorgung von Schiffen in der auf der Konferenz zu verabschiedenden Resolution die Initiative ergreifen. Schleswig-Holstein sollte aus vielen Gründen eine führende Rolle bei diesem europäischen Projekt übernehmen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich erwähne einige:

Erstens haben wir mit den Stadtwerken Lübeck bereits ein erstklassiges Kompetenzcenter für die Thematik. Im Rahmen des INTERREG-Projektes „New Hansa“ wurden mit einer Vielzahl von europäischen Hafenstädten schon entscheidende Vorarbeiten geleistet.

Zweitens hat unsere Regierung - und ich erwähne das sehr gern - mit unserem Europaminister hohe Kompetenz und Anerkennung im Bereich „Europäische Meerespolitik“ aufgebaut, die von höchstem Wert für die Umsetzung dieses Projekts sind.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens hat unser Land eine hochmoderne Schiffsbauindustrie, die sich neben der Problematik Stromnetzanschluss um die Entwicklung modernster Schiffstechnologie im Motorenbau kümmern muss.

Vielleicht kann ja begleitend von unserem Wissenschaftsminister - das möchte ich erwähnen - das Studienfach „Maritime Wirtschaft“ um den Schwerpunkt Klimaschutz erweitert werden.

Meere kennen keine Grenzen. Wir werden unsere Aktivitäten auf die Nordsee ausdehnen und unsere Nordseekooperationspartner einschließen.

Technische und andere Hürden wie zum Beispiel die Frequenzumformung an der Kaimauer und auf der Schiffsseite, die kostenaufwendige Umrüstung von Terminals für die Anschlüsse, ein möglicher zusätzlicher Bedarf an Kraftwerken, die schiffsbezogene Stromabrechnung, die unterschiedliche Besteuerung von Landstrom in der EU sowie die Dauer der Liegezeiten verdeutlichen, dass dieser Prozess ein schwieriger Prozess ist. Aber wir müssen diesen Prozess beginnen. Wir müssen das Klimaproblem mit unserer Kompetenz im maritimen Be

reich anpacken. Ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung dafür, dass wir diese Initiative in die Ostseeparlamentarierkonferenz einbringen.

(Beifall)

Ich danke Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek und erteile nun für die SPD-Fraktion der Frau Abgeordneten Astrid Höfs das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange mal von einer ganz anderen Seite an als mein Kollege Manfred Ritzek: Jährlich tritt die Ostseeparlamentarierkonferenz an unterschiedlichen Tagungsorten mit unterschiedlichen Tagungspunkten zusammen und die Parlamentarier befassen sich dann mit Themen, die für alle Ostseeanrainerländer von Bedeutung sind. Sie beschließen Ergebnisse in Resolutionen, die die teilnehmenden Länderparlamente weiterbehandeln und umsetzen sollen. Ein gemeinsames Umsetzen von Forderungen in verschiedenen Ländern ist in der heutigen Zeit in jedem Fall sinnvoll. Denn Veränderungen können wir nur gemeinsam erreichen.

Diese Tagungsergebnisse der jährliche stattfindenden Ostseeparlamentarierkonferenz werden in den einzelnen Ländern aber sehr unterschiedlich umgesetzt. Die Handhabungen der Resolutionen reichen zum Beispiel von „nur zur Kenntnis nehmen“ wie bei uns in Schleswig-Holstein bis zum verbindlichen Beschließen in den Parlamenten. Sinn würde es machen, wenn die jeweiligen Regierungen nach den Parlamentsbeschlüssen über die Umsetzung der Forderungen berichten würden.

Eine Forderung der Delegationsteilnehmer aus Schleswig-Holstein bestand immer darin, möglichst frühzeitig in die Behandlung und die Vorbereitung der Konferenz einbezogen zu werden, damit noch Einfluss auf die Abschlussresolution genommen werden kann. Diese Forderung besteht nach wie vor und ist den schleswig-holsteinischen Delegierten ein echtes Anliegen. Das heißt natürlich, dass wir uns frühzeitig mit den Themen befassen und die vorzulegenden Texte erarbeiten müssen.

Nun besteht allerdings nicht die Möglichkeit, all unsere Forderungen und Vorstellungen, die wir hätten, in eine Resolution einzubringen. In eine internationale Resolution können wir immer nur wenige Punkte einbringen. Denn wenn alle teilnehmenden Länder all ihre Punkte einbringen würden, hätten

(Manfred Ritzek)

wir auf einmal ein dickes Resolutionspaket vorliegen.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Wie beim Bun- desparteitag der Grünen!)

- Ja, wahrscheinlich so ähnlich.

In den Vorbereitungen haben wir uns deshalb auf einen wesentlichen Teilbereich für die Ostseepolitik beschränkt und diesen zu einem interfraktionellen Antrag erhoben: Die EU und die Ostseeanrainer sollen für die Umsetzung der im Grünbuch vorgeschlagenen Maßnahmen den Ostseeraum zu einer maritimen Modellregion entwickeln. Diesbezüglich sind wir in Schleswig-Holstein auch Dank unseres Europaministers Uwe Döring auf einem guten Weg und arbeiten daran.

Einen wichtigen Aspekt machen beispielsweise die Landstromanschlüsse für Schiffe in den Häfen aus. Das ist ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz. Deshalb ist dieses Thema für alle Ostseeanrainer, also für den gesamten Ostseeraum, von großer Bedeutung.

Es ist auch von Manfred Ritzek hier angesprochen worden: Insbesondere die Kreuzfahrtschiffe erfreuen sich in letzter Zeit besonderer Beliebtheit, aber gerade sie produzieren eine Menge an Schadstoffen. Wir haben darüber diskutiert und auch Minister Döring hat in einer Landtagsdiskussion darauf hingewiesen: Ich meine, ein Kreuzfahrtschiff produziert so viel Schadstoffaustausch wie eine mittelgroße Stadt. Das ist eigentlich unvorstellbar.

Ich möchte die fachliche Seite hier nicht beleuchten, allerdings darauf hinweisen, dass es in einigen Städten - ich meine, es sind drei - Testversionen für Landstromanschlüsse für Schiffe gibt. Zum Beispiel nimmt die Hansestadt Lübeck auf diesem Gebiet eine führende Rolle ein und in Kürze wird dort ein erster Landstromanschluss installiert werden.

Auch in Schweden wird an dieser Möglichkeit gearbeitet, um die Schadstoffreduktion voranzutreiben. Gut wäre es, wenn alle Ostseehäfen mit einem Landstromanschluss ausgestattet wären. Eigentlich ist dieses Thema für alle Häfen auf der Welt von großer Bedeutung. Denn die Schadstoffausstöße schädigen die Menschen überall auf der Welt. Insofern ist die Forderung nach Landstromanschlüssen für Schiffe keine regionale Forderung und Angelegenheit. Zumindest sollte eine europäische Lösung gefunden werden.

Unser kommendes Diskussionsforum ist also die Ostseeparlamentarierkonferenz 2007 in Berlin und wir müssen unseren Einfluss frühzeitig geltend machen, damit dort unsere Forderung nach dieser

Technik angenommen wird. Dafür brauchen wir Verbündete und die Umsetzung unserer Forderung sollte zu mehr Lebensqualität für alle Menschen führen.

Wenn wir also heute diesem Antrag im Landtag zustimmen, dann kann in der nächsten Woche der Vertreter unseres Landtages die Forderungen in die vorbereitende Sitzung einbringen, die - soweit ich weiß - in Brüssel stattfindet. Dort könnten dann die Vorbereitungen für die Abschlussresolution vorgenommen werden.

(Beifall)

Vielen Dank, Frau Höfs. - Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Blick auf das bereits Gesagte will ich meine Rede etwas kürzen.

Ein ganz zentraler Punkt der künftigen Meerespolitik muss der maritime Umweltschutz sein, und zwar zum einen zum Schutz und Erhalt der maritimen Umwelt und zum anderen, weil darin erhebliche Potenziale zum Abbau von schädlichen Treibhausgasemissionen liegen. Zum Teil sind diese Potenziale offensichtlich: Wenn es gelänge, die Energie für möglichst viele in Häfen liegende Schiffe anstatt durch laufende Schiffsmotoren mit hohen Schadstoffemissionen aus landgestützten emissionsärmeren Energien zu gewinnen, bekäme der alte Spruch: „Hier kommt der Strom aus der Steckdose“, einen völlig neuen umweltfreundlichen Klang.

Mein Kollege Heiner Garg hat mich allerdings gerade darauf aufmerksam gemacht, dass wir im Wirtschaftsausschuss zur Kenntnis nehmen mussten, dass diesem Anliegen Grenzen gesetzt sind. Stellen Sie sich nur einmal vor, ein Schiff wie die „Queen Mary II“ würde im Hafen quasi an die Steckdose gesteckt werden. Dann wären die Ressourcen des vorhandenen Netzes schnell ausgeschöpft und es käme zu einer Überlastung. Ein Netzzusammenbruch wäre so vorprogrammiert.

Gleichwohl ginge es in sehr vielen Fällen und die schon erwähnten Versuchs- und Probeläufe sind sehr begrüßenswert. Dies wollen wir weiter unterstützen.

Ebenso wollen wir die Entwicklung von Schiffsmotoren, die mit schadstoffärmeren Kraftstoffen arbeiten, unterstützen.

(Astrid Höfs)

Meine Damen und Herren, all dies und noch viel mehr gibt es zu tun, damit wir die Meere gleichzeitig sinnvoll nutzen und wirksam schützen. Unser Vorschlag zur Ostseeparlamentarierkonferenz in Berlin im August dieses Jahres möge unsere Partner und uns in diesem Sinne einige Schritte weiterbringen.

(Beifall)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Grüne wollen eine Verkehrsförderung „From Road to Sea“. Die Gütertransporte mit dem Schiff sind insgesamt wirtschaftlicher und ökologischer. Es gibt allerdings eine ökologische Achillesferse im Schiffsverkehr und das ist der Schwerölbetrieb der Dieselmotoren.

Schweröl hört sich zunächst einmal gar nicht so schlimm an, aber der im Schiffsverkehr genutzte Treibstoff besteht aus den Reststoffen der Raffinerien. Schiffe stellen somit Verbrennungsanlagen für die Abfälle der petrochemischen Industrie dar. So muss man eigentlich formulieren, was dort stattfindet.

Genau diese Entwicklung soll mit der Innovationsoffensive „European Clean Ship“ umgedreht werden. Wir wollen den Schiffsverkehr stärken, ihn sicherer machen, aber auch ökologischer.

Die Nutzung des Schweröls macht betriebswirtschaftlich Sinn. Denn ein Liter kostet nur 10 ct. Die Bunkerpreise wirken sich unmittelbar auf die Schiffsrouten aus. Sinkt der Bunkerpreis in Dollar, so wird der Umweg über Skagen genommen, steigt der Bunkerpreis, dann wird der Nord-Ostsee-Kanal benutzt.

Die Diskussionen über Schiffsemissionen sind neu entfacht worden durch die Forderung „hafenliegende Schiffe ans Landstromnetz“. Fährschiffe und Kreuzfahrtschiffe liegen in den Häfen von Lübeck und Kiel in unmittelbarer Nähe der Wohnbebauung der Innenstadt. Die Stromerzeugung während der Liegezeiten durch die bordeigenen Dieselmotoren erzeugt schwarze Abgasfahnen mit hohen Schadstofffrachten. Das haben die Kollegen zum Teil schon ausgeführt. Lübeck-Travemünde droht die Aberkennung als Seebad, falls die Schadstofffrach

ten nicht gestoppt werden. Die Einrichtung von Landstromanschlüssen kann zu einer Win-Win-Situation führen für die Häfen, die Bewohner, die Reeder, für die sich das nämlich auch lohnt, die Schiffseigner und natürlich für unsere Stadtwerke.

Strom macht bei seiner Erzeugung allerdings auch Dreck und Klimagase. Wie saldiert das ökologisch? In einem Forschungsvorhaben zur Umsetzung der Agenda 21 in deutschen Seehäfen am Beispiel Lübeck-Travemünde, finanziert vom Bundesumweltministerium, wurde die dortige Emissionssituation ermittelt, und es wurden die Reduktionspotenziale durch den Landstromanschluss analysiert. Bei Versuchen wurden folgende Emissionsergebnisse erzielt: Schwefeldioxide um 70 % im Saldo reduziert, Stickoxide 77 %, Benzol-Emissionen um 75 % und Feinstaub um 63 %. Am Lübecker Nordlandkai wird ab Juni 2007 der erste Landstromanschluss in Betrieb gehen. Ich meine, diese eben von mir genannten Zahlen hinsichtlich der ökologischen Effekte jenseits der ökonomischen Bilanz sind sehr beeindruckend.

Am 30. September 2005 kam es in Turku zur Unterzeichnung des Memorandum of Understanding on Sustainable Port and Maritime Policy in the Baltic Sea durch 18 Ostseehäfen. Weitere Häfen werden darin aufgefordert, sich dem Memorandum anzuschließen. Kerngedanke dieser von der EU finanzierten Kooperation ist die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie zur Reduzierung von Emissionen, Abwässern und Müll in den Ostseehäfen.