Protokoll der Sitzung vom 22.02.2007

Am 30. September 2005 kam es in Turku zur Unterzeichnung des Memorandum of Understanding on Sustainable Port and Maritime Policy in the Baltic Sea durch 18 Ostseehäfen. Weitere Häfen werden darin aufgefordert, sich dem Memorandum anzuschließen. Kerngedanke dieser von der EU finanzierten Kooperation ist die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie zur Reduzierung von Emissionen, Abwässern und Müll in den Ostseehäfen.

Die Schiffsemissionen auf hoher See, im NordOstssee-Kanal und in den Häfen müssen verringert werden. Schiffe sind Hauptverursacher giftiger Emissionen wie Stick- oder Schwefeloxide. In Hafenstädten verursachen Schiffe 75 bis 90 % der Belastung mit diesen Gasen. Europaweit macht der Schwefel immer noch 90 % als Beitrag aus dem Schiffsverkehr aus. Das sind die Dimensionen. Diese Grenzwerte müssen runter und stark begrenzt werden.

In Hamburg hat der rot-grüne Senat auf Initiative des damaligen Umweltsenators Alexander Porschke das Programm „Green Shipping“ eingeführt, das für Schiffe, die bestimmte Umweltstandards erfüllen, ermäßigte Hafengebühren vorsah. Der CDU-Senat hat dieses Programm leider gestoppt.

Wir müssen auch Alternativen bei den Schiffsantrieben neu diskutieren. Der Flettner-Rotor hat eine andere Segeltechnik, es gibt aber auch den Maltese Falcon, also eine Kunststoffbesegelung, die per Elektromotor bewegt und in den Mast eingerollt wird. Das System kann im Winkel von 40O gegen

(Dr. Ekkehard Klug)

den Wind segeln. Der Flettner-Rotor wird interessanterweise gerade hier auf der Lindenauwerft in ein Schiff zum Transport von Windmühlen für den Export eingebaut. Das ist eine sehr spannende Geschichte. Das ist dann ein wirkliches „clean ship“. Es gibt in Hamburg eine Entwicklung hin zu Großdrachen, wo dann solch ein Schiff an einem Drachen durchs Meer gezogen wird und dadurch eine Entlastung - je nach Windrichtung - von 80 % erfahren kann. Das ist keine Utopie, und ich denke, das sind auch Dinge, die wir auf unserer Konferenz ansprechen sollten. Ich beantrage daher mit den Kollegen zusammen die Annahme des gemeinsamen Antrages der europapolitischen Sprecher der Fraktionen des Hohen Hauses.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Frau Vorsitzende, die Kollegin Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Anmerkungen angesichts der fortgeschrittenen Zeit!

Mit der Einbringung dieses Antrages für die Resolution der Ostseeparlamentarierkonferenz haben wir eine weitere Plattform, die dann auch dazu beiträgt, dass dieses nicht nur ein EU-Thema ist. Dieses Thema läuft damit nicht nur über den Ausschuss der Regionen, wo unser Berichterstatter, Minister Döring, dankenswerterweise dieses schon für uns eingebracht hat. Die Stellungnahme der Landesregierung ist einstimmig in der Stellungnahme des Ausschusses akzeptiert worden. Wir bekommen jetzt eine weitere Möglichkeit, das Thema zu transportieren und die Bedeutung des Politikfeldes allen in Erinnerung zu rufen. Meerespolitik ist wichtig für uns alle. Ich denke, es macht Sinn, dass wir uns schwerpunktmäßig auf die Schiffsemissionen konzentriert haben. Wir können nicht alles in eine Resolution hineinbekommen. Das Wichtigste ist jetzt erst einmal, weiter dafür zu werben.

Die eigentliche Arbeit liegt, wie die Kollegin Höfs schon sagte, bei uns, liegt in den Parlamenten vor Ort. Das Zentrale dieses Themas ist von meinen Vorrednern bereits deutlich gemacht worden. Ich möchte nur noch einmal die Kollegin Happach-Kasan zitieren, die in Reykjavik auf der Parlamentarierkonferenz im letzten Jahr sagte, eigentlich müsse das Ganze kurzgefasst so dargestellt werden, dass für die Schifffahrt nur das erlaubt sei, was eigentlich auch an Land erlaubt sei.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich denke, das ist eine sehr griffige Formel, die man sich gut merken kann und die eigentlich als Motto der künftigen Debatten formuliert werden kann.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat der Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Uwe Döring, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr über diesen interfraktionellen Antrag in der jetzt vorliegenden Form. Er hat meine volle Unterstützung. Wir haben hier tatsächlich ein ganz konkretes Thema. Der Europapolitik wird immer vorgeworfen, dass es so allgemeine Dinge seien, die auf der Metaebene stattfänden. Hier haben wir ein ganz konkretes Thema.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Ich weiß, der Abgeordnete Neugebauer ist jemand, der das immer sehr unterstützt hat. Das ist gar keine Frage.

Wenn ich an die gestrige Debatte über Klimaschutz denke, haben wir hier praktische Möglichkeiten, etwas zu tun, und zwar mehr, als nur gemeinsam darüber zu reden.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben hier tatsächlich eine der wenigen Chancen, die ein Bundesland überhaupt hat. SchleswigHolstein kann an dieser Stelle europäische Politik beeinflussen. Das ist von großer Seltenheit. Das haben wir auch nur für gewisse Zeit, nur in diesem Jahr. Im nächsten Jahr ist das vorbei. Wir können die deutsche Präsidentschaft nutzen, wir können die Ostseeparlamentarierkonferenz nutzen. Das ist so etwas wie das Fenster zum Mondschuss. Wenn wir das nutzen, haben wir etwas Vernünftiges erreicht. Wenn sich das Fenster wieder schließt, ist es vorbei, dann werden das andere realisieren. Das wird dann der Mittelmeerraum sein mit anderen Prämissen, als wir sie setzen.

Zum Antrag selbst. Ich freue mich, dass hier die maritime Modellregion Ostsee von Ihnen als so wichtig angesehen wird, wie wir das schon im letzten Jahr in der Debatte hatten. Ich darf Ihnen berichten, ich habe mich in der Zwischenzeit an den

(Detlef Matthiessen)

schwedischen Außenminister Carl Bildt gewandt und habe ihm unsere Initiative übersandt und ihn gebeten, im Rahmen des Ostseerates dieses aufzugreifen. Sie wissen, in diesem Jahr hat Schweden den Vorsitz. Ich hoffe, dass wir dieses dort gut platzieren können. Auch unseren Außenminister FrankWalter Steinmeier habe ich entsprechend angeschrieben, um dort die notwendige Unterstützung im Ostseerat zu bekommen.

Wir haben des Weiteren eine Initiative zur Realisierung der maritimen Modellregion Ostseeraum im Bereich der Fördermöglichkeiten INTERREG für die Ostsee. Dieses bereiten wir vor und das wird von uns entsprechend umgesetzt. Ziel ist es, das Projekt eines maritimen Clusters im Ostseeraum ins Leben zu rufen. Wir haben hier erste Kontakte und haben Zusagen von maritimen Clustern in Norwegen, Finnland und Polen. Darüber hinaus hat Schleswig-Holstein die Federführung für europäische Meerespolitik im Rahmen der Kooperation der Subregionen des Ostseeraums übernommen. Wir werden auch hier von unseren Partnern gebeten, diese Rolle politisch für sie mit wahrzunehmen.

Über das konkrete Projekt, das angesprochen wurde, haben wir schon einmal diskutiert: Schiff an die Steckdose. Auch hier haben wir die Möglichkeit, in Schleswig-Holstein real etwas vorzuzeigen. Wir haben tatsächlich die Möglichkeit, das mit Fähren zu nutzen. Es gibt eine finnische Reederei, die gesagt hat: Wir machen das. Ich freue mich, dass eine solche Pilotanlage umgesetzt werden kann, und ich bin mir mit dem Kollegen Austermann einig, dass das eine Sache ist, wo wir wirklich innovativ tätig werden können. Mit dieser modernen Technik können wir Maßstäbe setzen. Das ist auch von hohem wirtschaftlichen Interesse.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich habe vor zwei Wochen an den Bundesfinanzminister Peer Steinbrück geschrieben und darum gebeten, die EU-rechtliche Möglichkeit der Steuerbefreiung für Landstrom zu nutzen. In Schweden ist davon bereits Gebrauch gemacht worden. Wir werden in dieser Hinsicht hier wahrscheinlich noch etwas intensiver tätig werden müssen. Es kann ja nicht sein, dass es für luftverschmutzende Schiffsdiesel steuerliche Privilegien gibt, während es solche für den Landstrom nicht gibt. Sonst wäre das Ganze unwirtschaftlich. Das kann nicht sein.

(Beifall bei SPD, FDP und SSW)

Ich will zur Verdeutlichung hier noch eine Zahl nennen. Viele sagen ja: Die paar Schiffe machen nicht viel aus; das Ganze ist also nicht so schlimm. Ich habe in diesem Zusammenhang von den Stadt

werken etwas gehört, was sehr beeindruckend ist. Es geht hier um Fähren, nicht um Kreuzfahrtschiffe; über Letztere liegen uns ganz andere Zahlen vor. Die „Queen Mary“ hat beispielsweise einen Stromverbrauch wie eine Kleinstadt mit 200.000 Einwohnern. Ich rede hier aber über Fähren, die einen viel geringeren Bedarf haben. Die Stadtwerke Lübeck sagen mir, die Versorgung einer Fähre mit Strom hätte den gleichen Effekt wie die Stilllegung von 10.000 Diesel-Pkws. 10.000 Diesel-Pkws bescheren uns zwar eine größere Atembeklemmung, weil wir mit der Nase dichter am Auspuff der Autos als am Schornstein eines Schiffes sind, aber für den Klimaschutz ist das ziemlich egal.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Mein Wagen hat einen Rußpartikelfilter!)

- Wunderbar, Herr Garg.

Zum Thema „European Clean Ship“ brauche ich nicht mehr viel zu sagen. Die wesentlichen Punkte sind von den Vorrednern schon genannt worden. Um noch einmal auf die Landstromversorgung zurückzukommen: Das ist nur eine Möglichkeit. Wir müssen natürlich auch alle anderen Möglichkeiten nutzen, insbesondere für Kreuzfahrtschiffe und für den Schiffsverkehr. Es müssen also schwefelärmere und schadstoffarme Treibstoffe gefunden werden. Es geht um alternative Energien. Warum soll man die Brennstoffzellentechnologie nur für U-Boote, nicht aber für Überwasserschiffe einsetzen können? An solchen Fragen müssen wir arbeiten. In diesen Fragen können wir in Schleswig-Holstein mit unseren Werften und mit unserer Technologie weit vorn sein. Wenn wir diese Chance nutzen, werden wir großen Erfolg haben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wir müssen natürlich auch die internationalen Verpflichtungen der IMO berücksichtigen. Es muss internationale Vorschriften geben. Das wurde von einigen Vorredner hier bereits gesagt.

Hier eröffnet sich für uns alle also eine Riesenchance. Lassen Sie uns diese Chance nutzen.

Lassen Sie mich noch eine letzte Bemerkung machen! In einem Punkt ist der Antrag von der Realität schon überholt worden. Ich beziehe mich auf die Förderrichtlinien zum 7. Forschungsrahmenprogramm. Diese Richtlinien sind bereits im November 2006 verabschiedet worden. Wichtig ist, dass diese jetzt bei der jährlichen Ausschreibung berücksichtigt werden. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt. Deswegen schlage ich Ihnen vor, den entsprechenden Punkt in dem Antrag wie folgt umzuformulieren:

(Minister Uwe Döring)

„Deswegen muss die EU ihr Engagement für energiesparende und energieeffiziente Technologien für die Schifffahrt durch entsprechende Ausrichtung ihrer Ausschreibungen im 7. Forschungsrahmenprogramm verstärken.“

In diesem Sinne wäre die Formulierung jetzt richtig, denn die Förderrichtlinien sind bereits verabschiedet.

Insgesamt wünsche ich uns allen in dem angesprochenen Zusammenhang einen Erfolg im Interesse des Landes. Wir können in diesem Bereich konkret mit dem beginnen, worüber wir gestern allgemein diskutiert haben.

(Beifall im ganzen Haus)

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich unterstelle, dass wir dabei unter Einbeziehung des von dem Herrn Minister gerade unterbreiteten Formulierungsvorschlages in der Sache abstimmen. - Okay.

Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 16/1219 mit der eben besprochenen Änderung mit den Stimmen aller Fraktionen und des SSW angenommen.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 26 auf:

7. Forschungsrahmenprogramm 2007 bis 2013 der EU

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1213

Das Wort hat der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herr Dietrich Austermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren auch weiterhin über Europapolitik. Die Europäische Union hat sich darauf verständigt, im nächsten Finanzierungszeitraum die Forschung mit 55 Milliarden € zu fördern. Im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU wird der von mir genannte Betrag ausgewiesen. Wenn man davon ausgeht, dass etwa 20 % der Einwohner der Europäischen Union in der Bundesrepublik leben, ergibt sich, dass uns in den nächsten sieben Jahren etwa 11 Milliarden € zustünden. Für Schleswig-Holstein würde das für den gleichen Zeitraum eine Summe

von 300 bis 350 Millionen € bedeuten. Wir sind weit davon entfernt zu erreichen, dies abzuarbeiten. Deswegen ist es gut, dass wir uns heute mit dem Bericht, den wir auf Wunsch der Koalitionsfraktionen vorlegen, befassen und überlegen, wie wir in Schleswig-Holstein noch mehr Forschung ermöglichen, mehr Exzellenz aufbauen, mehr Wissen generieren, mehr Innovationen erreichen und langfristig natürlich auch mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätze schaffen können.