Ich erteile dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gemeinschaftsaufgabe zwischen dem Bund und den Ländern „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ - kurz: GAK - ist ein wichtiges Finanzierungsinstrument für eine Vielzahl von Maßnahmen im ländlichen Raum. Ein wichtiges Ziel dabei ist nach wie vor, eine leistungs- und zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft aufrechtzuerhalten und insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Europäischen Union und im Rahmen der immer stärker werdenden Globalisierung zu ermöglichen.
Das Maßnahmespektrums der GAK umfasst darüber hinaus Ernährungswirtschaft, Wasserwirtschaft, integrierte ländliche Entwicklung und als zweite große Säule - und dies ist für SchleswigHolstein besonders wichtig - Küstenschutz.
Der nun vorgelegte Bericht über die Anmeldung des Landes Schleswig-Holstein zum Rahmenplan 2007 ist augrund der Berichtspflicht der Landeshaushaltsordnung nach § 10 Abs. 4 abzugeben. Bevor ich auf das Nähere eingehe, möchte ich einige grundsätzliche Bemerkungen machen.
Zunächst einmal ist die GAK das wichtigste Kofinanzierungsinstrument für die Umsetzung der europäischen ELER-Verordnung und unser Zukunftsprogramm Ländlicher Raum. Ich sage immer ganz einfach: Für jeden Euro, den wir einwerben, bekommen wir durch die GAK 1 € aus Berlin dazu. Und mit den 2 € können wir zwei weitere aus Brüssel abrufen. Das ist dann gut verzinstes eigenes Geld. Insofern können wir dann mit einem großen Teil Fremdgeld in unserem Land wirken und das ist angesichts der Haushaltslage notwendig.
Von daher versetzt uns nur diese Gemeinschaftsaufgabe in die Lage, die EU-Mittel auch tatsächlich abzurufen. Die GAK und das europäische Programm sind aus diesem Grund nicht nur finanztechnisch, sondern auch strategisch und programmatisch immer enger miteinander verzahnt worden.
Damit ist die GAK für uns in Schleswig-Holstein bedeutsamer als je zuvor. Es gibt, auch das darf ich sagen, laufende Anpassungsprozesse. Einer davon war der Beschluss des Planungsausschusses Bund und Länder im April 2006 über neue Fördergrundsätze, bei denen es galt, die Fördertatbestände an die europäische ELER-Verordnung anzupassen. Das war ein wichtiger Schritt, um die kommende Förderperiode konzeptionell und finanziell abzusichern.
Nach wie vor aber sind GAK- und EU-Förderung nicht deckungsgleich. Um es einfach zu sagen, könnte man formulieren, die GAK-Tischdecke ist für den EU-Tisch ein bisschen klein geraten. Das bedeutet, nicht alle EU-Fördertatbestände, gerade die landwirtschaftsfernen, können mit Mitteln der GAK kofinanziert werden. Das mag man bedauern, wie dies jüngst auch in der OECD-Studie zur deutschen Politik für die ländlichen Räume ausgeführt worden ist, aber die Grenzen des Förderkanons der GAK sind bei uns durch das Grundgesetz abgesteckt.
Nun zur Anmeldung Schleswig-Holsteins zum GAK-Rahmenplan 2007. Der Bund stellt den Ländern im Haushaltsjahr 2007 ein Finanzvolumen von
insgesamt 615 Millionen € bereit. Davon stehen Schleswig-Holstein rund 6 % zur Verfügung, das sind 37 Millionen €. Das entspricht ungefähr dem Vorjahresniveau. Diesen Bedarf haben wir auch angemeldet. Ich habe darüber hinaus einen Brief an Herrn Seehofer geschrieben und um zusätzliche Bundesmittel für die erforderlichen Küstenschutzmaßnahmen gebeten, insbesondere für die durch die Winterstürme entstandenen Schäden an den sandigen Küsten der Insel Sylt.
Es ist ein wichtiges Ziel der Landesregierung, eine vollständige Ausschöpfung der verfügbaren Bundesmittel zu erreichen. Sie wissen, dass das angesichts der Haushaltslage und angesichts der Tatsache, dass mein Ministerium komplett seinen Haushaltsanteil zur Sanierung beigebracht hat, ein wirklicher Kraftakt ist. Aber wir sind stolz darauf, dass dies in diesem Haushalt nach wie vor gelingt und wir darum auch die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, durch das Bereitstellen eigener Mittel abrufen können.
Die GAK, das Hauptfinanzierungsinstrument für das Zukunftsprogramm Ländlicher Raum, deckt dabei den größten Teil des ELER-Förderspektrums ab. Aus der heutigen Sicht werden GAK-Kofinanzierungsmittel von insgesamt 152 Millionen € für den Zeitraum 2007 bis 2013 benötigt. Dies entspricht einem jährlichen Bedarf an Landesmitteln von insgesamt etwa 21,7 Millionen €. Ich werde alles daran setzen, dass diese erforderliche Kofinanzierung auch in den kommenden Haushaltsjahren zu sichern ist, und bitte natürlich den Landtag als Haushaltsgesetzgeber dafür um seine Unterstützung.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Herr Abgeordnete Claus Ehlers.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bedeutung der Gemeinschaftsaufgabe für Schleswig-Holstein hat der Minister in seinem Bericht hervorgehoben. Ich brauche dies nicht zu wiederholen und mache daher nur einige ergänzende Anmerkungen. Vorher möchte ich der Verwaltung für den Bericht danken, der jährlich gegeben werden muss und nicht viel Spielraum für Variationen zulässt. Darüber hinaus wissen wir alle, dass die Mittel der GAK untereinander deckungsfähig
Rund 37 Millionen € im Rahmen der GAK-Anmeldung allein aus Bundesmitteln sind für uns unverzichtbar. Umso erfreulicher ist, dass der angemeldete Bedarf diese Mittel voraussichtlich ausschöpft, eine Tatsache, die in früheren Jahren ganz anders aussah. Millionen wurden nicht abgerufen und letztlich haben andere Bundesländer mit besserer Finanzausstattung davon profitiert.
Schon im vergangenen Jahr hat unser Bundesland die Mittel zu 100 % ausgeschöpft. Ich bin zuversichtlich, dass uns dies auch 2007 wiederum gelingen wird. Darüber hinaus befinden wir uns in der Situation, eventuell frei bleibende Mittel anderer Bundesländer für den Küstenschutz einsetzen zu können. Dies ist nicht etwa Beleg für eine neu gewonnene Finanzstärke unseres Landes, sondern ein vernunftbetonter Umgang mit spärlichen Mitteln. Die Bund-Land-Finanzierung ist für SchleswigHolstein gerade im Küstenschutz wegen des 70:30-Verhältnisses sehr hilfreich. Ohne die Gemeinschaftsfinanzierung ist der Küstenschutz bei uns nicht durchführbar. Aber auch die anderen Finanzierungen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe sind eine große Hilfe, die wir dringend benötigen. Die strukturellen Defizite im Vergleich zu den finanzstärkeren Bundesländern werden wir ausschließlich aus eigener Kraft nicht verringern können. Umso bemerkenswerter ist die Diskussion, im Zuge der Föderalismusreform die Gemeinschaftsaufgabe zu verändern. Wir wollen auch in die Lage kommen, künftig zu den stärkeren Geberländern zu gehören. Bis dahin ist es aber noch ein sehr weiter Weg.
Die Verteilung der GAK-Mittel innerhalb des Rahmenplanes entspricht den Erfordernissen unseres Landes. Die Mittel werden voraussichtlich auch 2007 ausgeschöpft und wir kommen wieder einen Schritt voran. Darum geht es jetzt. Deshalb unterstützen wir die Landesregierung bei der Umsetzung des Rahmenplanes 2007.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass wir heute über die Anmeldung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ sprechen können. Mein Dank gilt in erster Linie der Verwaltung. Lange Zeit hat es in der Föderalismuskommission danach ausgesehen, dass diese unverzichtbare Gemeinschaftsaufgabe des Bundes und der Länder auf dem Altar der Entflechtung geopfert werden sollte. Letztlich hat hier Gott sei Dank die Vernunft gesiegt. Die GAK wurde nicht abgeschafft, sie bleibt bestehen.
So können Bund und Länder weiterhin auch in der neuen EU-Förderperiode ab 2007 dieses Kofinanzierungsinstrument nutzen, um Investitionen in der Landwirtschaft, im Küstenschutz und insgesamt für die ländlichen Räume in Deutschland zu unterstützen. Diese richtige Entscheidung sorgt weiterhin dafür, dass europäische Genehmigungsprozesse nicht durch jedes Bundesland, sondern durch den GAK-Rahmenplan einheitlich erfolgen können. Dies dient auch dem vom Grundgesetz geforderten Auftrag, in ganz Deutschland möglichst einheitliche Lebensverhältnisse zu schaffen - trotz aller föderalen Grundstrukturen.
Dieser Auftrag gilt nicht nur für die ländlichen Räume. Die GAK hat im Zuge der Weiterentwicklung der europäischen Politik eine wichtige Weichenstellung erfahren. Sie dient nicht nur mehr nur der Umsetzung einer ausschließlich nationalen Politik, sondern ist immer mehr an die europäischen Ziele angepasst worden und ist die zentrale Finanzierungsgrundlage, um europäische Fördermittel für den ländlichen Raum kozufinanzieren.
Dies führt zu einer erstaunlichen Hebelwirkung beim Einsatz von Landesmitteln. 1 € Landesmittel steuert der Bund in der Regel 1,5 € hinzu. Aus den europäischen Fördertöpfen der ELER-Verordnung wird in Zukunft der Zuschuss aus der GAK meist verdoppelt. Geht man von einer damit kombinierten GAK-EU-Förderung von 50 % einer Maßnahme aus, legen Private und Kommunen noch einmal die Hälfte dazu, um eine Investition tätigen zu können. Dies führt dazu, dass durch 1 € Landesmittel 10 € Investitionen ausgelöst werden. Es sollte daher in unserem gemeinsamen Interesse sein, dass die zur Verfügung stehenden GAK-Mittel weiterhin von Landesseite finanziert werden. Dies dient der Landwirtschaft, der Wirtschaft und allen Menschen in der ländlichen Region.
Angesichts begrenzter und in Zukunft noch weiter zurückgehender Bundesmittel sind wir auch auf Landesebene gezwungen, über die Zukunft von Fördermaßnahmen nachzudenken und Schwerpunkte zu verschieben. Genaueres werden wir erst wissen, wenn der Bund seinen Haushalt und damit auch die Mittel für die GAK endgültig beschlossen hat. Für meine Fraktion erkläre ich, dass wir in der dann ansetzenden Haushaltsberatung unseren Grundsatz, Förderung der Infrastruktur in den ländlichen Räumen nicht zulasten der einzelbetrieblichen Förderung der Landwirtschaft zu kürzen, nicht aus den Augen verlieren werden.
Der uns vorliegende Bericht der Landesregierung zur GAK stellt grundsätzlich die zu begrüßende Grundlage für die Fortsetzung unserer erfolgreichen Politik für die Zukunft der Förderpolitik in den ländlichen Räumen in Schleswig-Holstein dar. Mit 2007 sind laut Zweitem Rahmenplan Anmeldungen in Höhe von 56,5 Millionen € vorgesehen und mit Landesmitteln ausfinanziert.
Die interne Verwendung muss trotz der festgesetzten Korridore flexibel bleiben, um auf besondere Situationen reagieren zu können. So dürfen wir vor den Folgen des Orkans „Kyrill“ nicht die Augen verschließen, die zusätzliche Haushaltsmittel - auch des Landes - erforderlich machen werden. Wenn wir aus Berlin die Bereitschaft zur Bereitstellung weiterer Bundesmittel erhalten, werden wir das Thema im Ausschuss gezielt wieder aufrufen und beraten.
Ich danke Frau Abgeordneter Ulrike Rodust. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Günther Hildebrand das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir im letzten Jahr sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene rückläufige Fördermittel hinzunehmen hatten, kommt es in diesem Jahr schon fast einer guten Nachricht gleich, dass die Fördermittel, die Schleswig-Holstein 2007 voraussichtlich zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes zur Verfügung stehen, zumindest weitestgehend gleich bleiben. Das ist einerseits erfreulich, denn das GAK-Förderangebot stellt
nach wie vor einen inhaltlichen und finanziellen Kern des Landesprogramms zur Bindung der EUFördermittel für die Entwicklung des ländlichen Raums dar. Andererseits bleibt die Frage, ob wir mit diesen Mitteln auch effektiv umgehen. Ich will dieser Frage an zwei Beispielen nachgehen.
Erstens zur Förderung einer markt- und standortangepassten Landwirtschaft. Bereits seit 1990 fördert das Land die Einführung und Beibehaltung ökologischer Anbauverfahren. Im Sinne einer Anschubfinanzierung ist das ohne Frage ein erfreulicher Ansatz. Inzwischen ist diese Förderung aber keineswegs mehr marktangepasst, denn der Ökomarkt boomt und bedarf dieser Förderung daher ganz offensichtlich nicht mehr in der bisherigen Form. Standortsangepasst ist diese Förderung leider auch seit jeher nicht gelaufen, denn der ökologische Landbau in Schleswig-Holstein ist vornehmlich auf den sogenannten Gunststandorten im östlichen Hügelland lokalisiert und hat sich im Wesentlichen auf die Spezialisierung Marktfrucht konzentriert. Mit einer standortangepassten landwirtschaftlichen Bodennutzung hat das gar nichts zu tun.
Im Gegenteil: Erst letzte Woche hat Professor Taube vom Versuchsgut Lindhof während der Agrarausschusssitzung wieder einmal erklärt, dass die Situation im Land geradezu im diametralen Gegensatz zu dem steht, was man unter standortangepasst versteht. Wir haben uns im Ausschuss allerdings schon darauf verständigt, dass wir die Förderung unter diesem Gesichtspunkt noch einmal überdenken sollten.
Zweitens zum Beispiel Küstenschutz: 42,9 % der Mittel sollen nach der Zweiten Rahmenplananmeldung 2007 in die Maßnahmen zum Küstenschutz fließen. Das sind immerhin 4,2 % mehr als im Vorjahr; was ein kleines, aber erfreuliches Plus bedeutet.
Wir sind uns alle einig, dass unsere Küsten so gut wie möglich befestigt und geschützt sein müssen. Küstenschutz ist für Schleswig-Holstein geradezu existenziell. Nur so können Gefahren für Menschen, Tiere, Natur und Vermögen abgewehrt werden. Das gilt umso mehr, weil Küstenschutz nie wirklich abgeschlossen ist, weil beispielsweise Deiche nachgebessert werden müssen oder der Meeresspiegel langsam, aber sicher steigt. Ich will es deshalb auch gar nicht kritisieren, dass die Landesregierung die inhaltliche Schwerpunktsetzung der Anmeldung für 2007 auf den Küstenschutz gelegt hat.
Kritik - und zwar sehr deutliche Kritik - übe ich jedoch daran, wie die Landesregierung über diese Maßnahmen hinaus in den nächsten drei Jahren noch weitere 14 Millionen € in den Küstenschutz der Nordseeinsel Sylt investieren will. Es kann nicht sein, dass ohne große Planungen und ohne abgestimmtes Konzept mal eben 14 Millionen € lockergemacht werden,
auch wenn es äußerst medienwirksam war, zufällig einen Tag nach „Kyrill“ einen lange geplanten Syltbesuch vorzunehmen und eine Sponti-Zusage machen zu können. Es ist eben die Frage, ob es reicht, wenn der Ministerpräsident sagt: „Das, was ich gesehen habe, reicht mir.“
Die 14 Millionen € sind im Haushalt nicht abgesichert, sodass der Landwirtschaftsminister jetzt größere Probleme hat, die Mittel bereitzustellen. Auch nach einem Schulbesuch oder nach dem Besuch eines Kindergartens oder eines Seniorentreffs fließen schließlich nicht gleich Mittel an die Kommunen. Das hat mit entsprechender Planung nichts zu tun.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich können und wollen wir Sylt nicht einfach den Witterungsbedingungen preisgeben.
Wir sind auch gern auf der Insel. Ausweislich der oben genannten Zahlen will das keiner. Aber - bei aller Werteschätzung für Sylt - Küstenschutz muss auch auf dieser Insel mit Augenmaß und in der Verantwortung für das ganze Land betrieben werden. Fachleute sind sich bereits heute darin einig, dass ständige Sandvorspülungen nur ein Mittel sind, die Insel dauerhaft zu retten. Der Agrar- und Umweltausschuss hat beispielsweise eine Exkursion nach Dänemark unternommen, um sich andere Küstenschutzmaßnahmen anzugucken. Diese müssten eventuell noch einmal überprüft werden.