Protokoll der Sitzung vom 21.03.2007

nahme zu berücksichtigen und in der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der Genehmigung genau die gleichen Punkte erneut zu prüfen. Soll heißen: Was nützt eine Strategische Umweltprüfung, wenn ihre Ergebnisse im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung möglicherweise nochmals geprüft werden? Das wäre doppelte Arbeit. Meine Kollegen haben darauf auch schon hingewiesen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich nenne hier nur ein Beispiel, in dem aus unserer Sicht die Landesregierung bereits im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung gegenüber der EU-Richtlinie für die Strategische Umweltprüfung draufgesattelt hat. Die EU verlangt, dass bei der Strategischen Umweltprüfung, also im Planungsstadium, auch die Auswirkungen von Planungen auf die menschliche Gesundheit und die biologische Vielfalt beachtet werden. Durch die Erweiterung des § 2 im Gesetzentwurf werden diese Prüfungsmaßstäbe auch für die Umweltverträglichkeitsprüfung, also dem Zulassungsverfahren für konkrete Vorhaben, eingeführt. Das schreibt die Richtlinie aber so gar nicht vor, weil sie eben nur die Strategische Umweltprüfung für das Planungsverfahren behandelt. So wird es also künftig möglicherweise einen doppelten Prüfungsaufwand geben.

Es gibt noch weitere Beispiele, die ich hier nicht im Einzelfall ausführen möchte. Sie werden sicherlich der Ausschussberatung und bei der zu erfolgenden Anhörung im Einzelnen noch vorgebracht werden.

Die FDP wird dieses Gesetz konstruktiv begleiten, weil wir das Ziel der Strategischen Umweltprüfung unterstützen. Nicht notwendige Doppelprüfungen werden wir allerdings ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union hat Richtlinien zur Strategischen Umweltprüfung bereits 2001 verabschiedet. In Deutschland, das eine große Neigung zur Verzögerung bei der Umsetzung von EUVorschriften hat, traf auch dies wieder einmal auf Widerstand. Was für ein Glück, dass wir die EU haben. Von den Großen Koalitionen in Bund und

Land ist umweltpolitisch nicht viel zu erwarten. Im besten Fall, muss man sagen: nichts; im schlechteren Fall beobachten wir leider allzu oft einen Abbau von umweltpolitischen Standards.

Dank Brüssel bekommen wir ein neues Umweltinstrument, die SUP, die Strategische Umweltprüfung. Sie wird, wie ich hoffe, dazu führen, dass Umweltbelange in einem möglichst frühen Stadium berücksichtigt werden und damit ein reibungsloserer Ablauf der Planungsaktivitäten sowie eine stärkere Berücksichtigung von Umweltbelangen, wie zum Beispiel dem Klimaschutz, möglich ist.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Umweltbelange sind kein Luxusgut, sondern handfeste volkswirtschaftliche Güter. Wir begrüßen dieses Instrument, das die EU-Richtlinien über die „Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme“ und die „Richtlinie über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne“ in Landesrecht umsetzt. Diese Richtlinien hätten wir schon 2004 umsetzen müssen, aber auch der Bund hat schon lange gebraucht, nämlich bis 2005. Und jetzt, nach ernsten Drohungen aus Brüssel, wird endlich auch in Schleswig-Holstein Rechtslage, was EUweit gelten soll. Nicht zu vergessen, die Angelegenheit musste natürlich auch noch im Vermittlungsausschuss geklärt werden, bevor sie dann jetzt in Landesrecht umgesetzt werden kann.

Die SUP stellt mit der Beteiligung der Öffentlichkeit und einem Bericht über die zu erwarteten Umweltauswirkungen eine strategische Umweltprüfung bei politischen Planungen und Programmen dar. In Zukunft kann man zum Beispiel schon im Vorfeld eines Verkehrsprojektes, bei der allgemeinen Verkehrsplanung, die Berücksichtigung der Umweltbelange erwarten und nicht erst bei der Umweltverträglichkeitsprüfung des Einzelprojekts. Davon erhoffe ich mir durchaus eine Erweiterung des Planungshorizonts.

Statt die A 20 und die Fehmarnbelt-Querung zu planen, hätte uns vielleicht von Anfang klar sein müssen, dass wir Nord-Süd-Verkehre und nicht Ost-West-Verbindungen ausbauen müssen.

Auch auf Flächennutzungspläne könnte die SUP eine positive Wirkung haben. Statt mehr Bürokratie erwarte ich daraus resultierend eine Erleichterung für Bau- und Verkehrsvorhaben, weil die Umweltbelange sehr frühzeitig einbezogen und von Anfang an berücksichtigt werden.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Das Gesetz allein nützt nicht. Man braucht auch einen Minister, der sein Amt so auffasst, wie es gemeint ist, nämlich für die Umwelt und nicht gegen sie. Dann könnte man dafür sorgen, dass in Zukunft umweltkritische Projekte nicht mehr so einfach durchgeführt werden können. Viele Projekte sind ökologisch nicht zu verantworten. Allerdings sorgt die UVP häufig nur dafür, dass Ausgleichsflächen bereitgestellt werden. Der immense Flächenverbrauch in Schleswig-Holstein spricht da eine eigene Sprache.

Mit der Strategischen Umweltprüfung könnte so manches Projekt vom Betonkopf auf die ökologischen Füße gestellt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht und damit auch in Landesrecht ist häufig ein langwieriger Prozess. Dies gilt auch für die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Prüfung von Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme.

Deutschland hätte die EU-Richtlinie bereits bis Juli 2004 umsetzen müssen. Umgesetzt wurde die Richtlinie jedoch erst ein Jahr später, nämlich in 2005. Da man sich auf Bundes- und Landesebene über den Anwendungsbereich des Gesetzgebungsverfahrens lange Zeit nicht einigen konnte und eine Einigung erst im Vermittlungsausschuss erzielt werden musste, hat es eben etwas länger gedauert. Doch nun liegt uns glücklicherweise der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Strategischen Umweltprüfung vor.

Und egal, wie man dazu steht: Ein Gesetz zur Strategischen Umweltprüfung wird kommen - so oder so. Denn es handelt sich hierbei um eine EURichtlinie, die es umzusetzen gilt. Anderenfalls droht die EU mit einem Vertragsverletzungsverfahren. Gleiches gilt auch für die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie.

Worum geht es nun bei der Strategischen Umweltprüfung? - Das Ziel besteht darin, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein

(Detlef Matthiessen)

hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bereits frühzeitig bei der Ausarbeitung von Plänen und Programmen einbezogen und entsprechend der Richtlinie einer Umweltprüfung unterzogen werden.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Soll heißen: Da bereits mit der Erstellung von Plänen und Programmen bestimmte Weichenstellungen getroffen werden, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, soll bereits in der frühen Phase eine systematische und vertiefte Prüfung der Umweltfolgen durchgeführt werden. Somit lassen sich bereits frühzeitig negative Umweltauswirkungen erkennen, Fehlplanungen ermitteln und gegebenenfalls Planungsalternativen erstellen. Durch die Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Planungsebene wird das Ziel einer transparenten Planung verfolgt. Ich halte diese Ansätze für durchaus sinnvoll und zielführend.

Da wir sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene ein Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung haben, stellt sich die Frage, warum wir nun die Strategische Umweltprüfung benötigen. - Die Erfahrungen mit der Umweltverträglichkeitsprüfung haben gezeigt, dass Projektprüfungen immer erst am Ende von Planungs- und Entscheidungsprozessen durchgeführt werden und damit häufig zu spät einsetzen. Projektübergreifende Umweltauswirkungen werden oft vernachlässigt und die Prüfung von Alternativen bleibt weitgehend unberücksichtigt. Dies ist eine bestehende Kritik an der UVP. Und da dies aus umweltschutzfachlicher Sicht nicht zufriedenstellend ist, soll die Strategische Umweltprüfung wie ein Frühwarnsystem vorgeschaltet werden und die UVP ergänzen.

Daher halte ich die Vorgehensweise der Landesregierung, die Strategische Umweltprüfung in das Landes-UVP-Gesetz einzubinden, anstatt jetzt ein eigenständiges Gesetz zu erstellen, für sinnvoll.

Unter dem Punkt „Kosten und Verwaltungsaufwand“ ist dem vorliegenden Gesetzentwurf zu entnehmen, dass die Landesregierung davon ausgeht, dass von dem vorhandenem Personal die Vorprüfung und die eigentliche Strategische Umweltprüfung erstellt werden kann. Daher geht die Landesregierung nicht davon aus, dass dem Landeshaushalt oder den kommunalen Haushalten in erheblichen Umfang zusätzliche Kosten entstehen; dabei ist das Wort „erheblich“ nicht definiert. Begründet wird dies damit, dass die Ergebnisse der Strategischen Umweltprüfung in etwaige UVPs einfließen können

und somit Kostensteigerungen kompensiert werden können.

Im nächsten Abschnitt weist die Landesregierung darauf hin, dass die zuständigen Behörden zeitlich und personell belastet werden. Jedoch lässt sich der Verwaltungsaufwand nicht quantifizieren. Natürlich wird der Verwaltungsaufwand steigen und es wird Personal gebunden, das andernorts nicht einsetzbar ist. Hier hätte ich mir von der Landesregierung eine Kostenaufstellung gewünscht, damit wir uns ein Bild davon machen können, was uns die neue Regelung kostet und was wir möglicherweise im UVP-Verfahren später sparen können.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Als Beispiel, wie umfangreich eine solche Prüfung sein kann und in welchen Fällen sie Anwendung findet, sei das Zukunftsprogramm des Landes Schleswig-Holstein zur Entwicklung des ländlichen Raumes genannt. Dort finden wir als Anhang 2 mit über 60 Seiten die Strategische Umweltprüfung des Zukunftsprogramms Ländlicher Raum, die genau in diesem Bereich zukünftig Fehlplanungen verhindern soll und hoffentlich auch verhindert.

Ich gehe davon aus, dass uns die Ausschussberatungen helfen werden, weitere Informationen über die Strategische Umweltprüfung und ihre Auswirkungen zu bekommen und dass wir insbesondere die Kostenfrage auf der einen Seite und mögliche Einsparpotenziale auf der anderen Seite behandeln. Denn die europäische Richtlinie, die dem Ganzen hier zugrunde liegt, ist nicht dazu da, die Menschen vor Ort zu quälen. Vielmehr soll sie dazu dienen, dass Planungsverfahren zum einen sicher und zügig durchgeführt werden und zum anderen soll Geld gespart werden.

(Beifall beim SSW)

Das Wort hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herr Dr. Christian von Boetticher.

Herr Matthiessen, ich gehe kurz auf den Zeitablauf ein, da Sie ungefähr die Hälfte Ihrer Redezeit dazu genutzt haben, nicht die Gemeinsamkeit zu loben, sondern die Verfehlung im Ablauf zu kritisieren.

Diese Landesregierung ist im April 2005 ins Amt gekommen, die neue Bundesregierung im Oktober

(Lars Harms)

2005. Der Umsetzungsraum der Richtlinie war vom 21. Juli 2001 bis zum 21. Juli 2004.

(Beifall bei CDU und FDP)

Können Sie mir sagen, wer in dieser Zeit sowohl auf Landesebene als auch auf Bundesebene im Umweltbereich verantwortlich gewesen ist? - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nach dieser Klarstellung nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1274 an den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich ums Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Nichtbeteiligung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – –

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hatte die Hände gehoben!)

Bei Beteiligung von Frau Birk und im Übrigen Nichtbeteiligung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben wir so beschlossen.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 30 auf:

Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) Rahmenplan 2007

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1283