Protokoll der Sitzung vom 21.03.2007

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in Drucksache 16/1291 federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenenthaltungen? Dann ist einstimmig so beschlossen.

Wir dürfen nunmehr auf der Tribüne wiederum Schülerinnen und Schüler des Klaus-Harms-Gymnasiums Kappeln mit ihren Lehrern begrüßen. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinien 2001/42/EG und 2003/35/EG (LSUPG) vom MLUR

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1274

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Herrn Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das im Jahre 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung, kurz SUP, dient - das ist ja nicht das erste Mal in diesem Hohen Haus - der Umsetzung einer europäischen Richtlinie, nämlich der über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme in das deutsche Recht. Die EURichtlinie sieht vor, dass zukünftig Pläne und Programme vor ihrem Erlass einer vertieften Überprüfung ihrer Auswirkungen auf die Umwelt unterzogen werden. Damit sollen nachfolgende Umweltfolgen einer Planung weitgehend frühzeitig im Planungsprozess erkannt und berücksichtigt werden. Gleichzeitig werden im Übrigen auch die Beteiligungsrechte von Bürgerinnen und Bürgern und von Verbänden gestärkt.

Der Vorteil gegenüber der bisherigen Umweltverträglichkeitsprüfung ergibt sich daraus, dass bisher immer regelmäßig erst auf Projektebene die Frage gestellt worden ist, welche Auswirkungen ein Projekt für die Umwelt hat. Das kam sehr spät. Der Vorteil einer Strategischen Umweltprüfung ist, dass sie lange vor den Einzelprojekten einsetzt, dass wir schon dort die vorausgehende strategische Planung hinsichtlich der Umweltverträglichkeit durchleuchten können. Das betrifft vor allem Pläne und Programme in den Bereichen Verkehr, Abfallwirtschaft, Energie- und Wasserwirtschaft, um nur einige zu nennen.

Die SUP-Richtlinie - auch darauf darf ich hinweisen - trat bereits am 21. Juli 2001 in Kraft. Es gab dann eine Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten bis zum 21. Juli 2004. Sie merken, auch das ist lange her. Der Bund hat sich mit der Umsetzung reichlich viel Zeit gelassen. Jetzt müssen wir wieder ein Vertragsverletzungsverfahren befürchten und deshalb müssen wir als Land zügig in die Puschen kommen, um es einmal lax auszudrücken. Bisher haben das Gesetz Hamburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt. Wir befinden uns derzeit im Geleitzug mit einigen anderen Bundesländern, um dieses Gesetz immer noch rechtzeitig umzusetzen.

Wir haben, wie auch auf Bundesebene, die Regelung dieser SUP-Richtlinie in unser Landes-UVPGesetz integriert. Im Übrigen haben wir bei dieser Gelegenheit gleichzeitig die Anforderungen anderer europäischer Richtlinien, beispielsweise für die Beteiligung der Öffentlichkeit und den Zugang zu Gerichten, umgesetzt.

(Anke Spoorendonk)

Der Ihnen jetzt vorliegende Gesetzentwurf umfasst die noch auf Landesebene umzusetzenden Anforderungen der genannten Richtlinien im Landes-UVPGesetz sowie im Landeswassergesetz und Landeswaldgesetz. Wie wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, ist Ziel eine 1:1-Umsetzung europäischer Vorgaben. Zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Regelungsmaterie wurde bei der Formulierung des Gesetzestextes weitestgehend auf das Bundesgesetz verwiesen. Insgesamt schaffen wir mit der Vorgehensweise, die diesem Gesetz zugrunde liegt, für die betroffenen Investoren und Planungsträger eine transparente Regelung und gewährleisten durch die teilweise identisch zuständigen Planungsbehörden einen übersichtlichen Gesetzesvollzug.

Inhaltlicher Schwerpunkt ist bei der Verträglichkeitsprüfung von Plänen und Programmen die Erarbeitung eines Umweltberichtes. Dabei geht es um die Ermittlung voraussichtlicher erheblicher Auswirkungen eines Planes oder eines Programms auf die Umwelt, die dann in diesem Umweltbericht zu bewerten sind. Der Umweltbericht muss bestimmte Details enthalten, wobei die Detailtiefe nach Art und Ausgestaltung und nach Bedeutung des Planes stark variieren kann. Ausschlaggebend sind hierfür insbesondere Inhalte und Detaillierungsgrade des Planes oder Programms und dessen Stellung im Entscheidungsprozess.

Sie hören jetzt von Vereinfachungen und bekommen die Notwendigkeit einer zusätzlichen Umweltverträglichkeitsprüfung erläutert. Der eine oder andere mag fragen: Kann das funktionieren? Ich glaube, ja, wenn die Regelungsspielräume der SUPRichtlinie zur Vereinfachung von Prüfungen bei mehrschichtigen Planungs- und Entscheidungsprozessen auf Bundes- und Landesebene konsequent genutzt werden. Damit können Doppelprüfungen vermieden werden. Das gilt auch für die Verknüpfung der Strategischen Umweltprüfung mit anderen Prüfungsverfahren, zum Beispiel mit einer ProjektUVP oder einer Verträglichkeitsprüfung für Natura 2000.

Schon vorhandene Umweltdaten und Erkenntnisse aus anderen Verfahren können in der Umweltverträglichkeitsprüfung verwendet werden. Neue Ermittlungen werden dadurch entbehrlich, sodass das Verfahren insgesamt auf dieser Grundlage effektiver und unbürokratischer geführt werden kann.

Ob sich die Strategische Umweltprüfung als geeignetes Instrument der Umweltpolitik bewährt, müssen zukünftige Erfahrungen zeigen. Aber ich glaube, die Grundlage dafür haben wir mit der Umsetzung geschaffen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Herrn Abgeordneten Axel Bernstein das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die europäische Richtlinie zur Strategischen Umweltprüfung aus dem Jahr 2001 sollte eigentlich seit fast drei Jahren geltendes Recht sein. Allerdings wurde das entsprechende Bundesgesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung erst im Jahre 2005 erlassen. Eine landesrechtliche Umsetzung ist nicht nur alternativlos, sie drängt auch zeitlich. Der Grundgedanke der europäischen Vorgabe erscheint ja auch durchaus sinnvoll.

Eine frühzeitige Verträglichkeitsprüfung von Plänen und Programmen, die voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf Umweltaspekte haben, kann einem verträglichen Miteinander von Entwicklung und Umwelt dienen. Das ist zu begrüßen. Zu begrüßen sind grundsätzlich auch die erweiterten Beteiligungsrechte für Bürger und Verbände.

Ich möchte in dieser ersten Lesung jedoch auch kritisch anmerken, dass wir es einmal mehr mit einer detaillierten Vorgabe der Europäischen Union zu tun haben, ohne die es bislang auch ging. Dennoch ist das Instrument der Strategischen Umweltprüfung dann zu begrüßen, wenn es sich auch unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren bewährt und zur Deregulierung beiträgt. Mit einer konsequenten 1:1-Umsetzung der Vorgaben leistet das Umweltministerium dazu einen wichtigen Beitrag. Ob die Regelung in der Praxis diesen Ansprüchen gerecht werden kann, wird sie erst noch unter Beweis zu stellen haben.

Dazu finden sich gute Ansätze im Gesetzentwurf. Es wird das Ziel formuliert, dass doppelte Prüfungen gleicher Sachverhalte vermieden werden. Das ist zu begrüßen, wenn es denn in der Praxis tatsächlich gelingt. Wir sollten alles tun, damit das Gesetz mit dem zusätzlichen Aufwand, den es notwendigerweise mit sich bringt, an anderen Stellen zu Vereinfachungen führt. Wenn es gelingt, Verfahren bei konkreten Vorhaben und konkreten Umweltverträglichkeitsprüfungen zu beschleunigen, wäre das schon ein Erfolg. So, wie sich Ansätze zeigen, die auf Beschleunigung und Vereinfachung hinweisen, gibt es jedoch auch Ansätze, die eher Mehraufwand und Verzögerungen befürchten las

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

sen. Auch daraufhin sollten wir den Gesetzentwurf im Ausschuss untersuchen.

Noch eine letzte Anmerkung: Auch wenn eine Regelung grundsätzlich europaweit gilt und auch wenn wir sie 1:1 in Bundes- und Landesrecht umsetzen, ist leider nicht ausgeschlossen, dass eine solche Regelung ausgerechnet bei uns zu einem Standortnachteil wird.

Wir müssen also nicht nur bei der Gesetzgebung darauf achten, dass wir nicht über europäische Vorgaben hinausgehen, wir müssen auch im Gesetzesvollzug darauf achten, dass wir voller Stolz auf hoch qualifizierte Verwaltungsarbeit nicht durch die Hintertür draufsatteln.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Das sollten wir in der Folgezeit im Auge behalten, auch mit Blick auf die Verwaltungspraxis in anderen europäischen Staaten.

Ich beantrage die Überweisung in den Umwelt- und Agrarausschuss.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Frau Abgeordneter Sandra Redmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heute zur ersten Lesung vorliegende Gesetzentwurf ist zugegebenermaßen etwas sperrig und vom Redetext her deswegen auch nicht ganz einfach. Das muss ich zugeben. Der Inhalt erschließt sich weitestgehend nur Fachleuten.

Die Strategische Umweltprüfung, SUP, ergänzt die Umweltverträglichkeitsprüfung, UVP, die bei konkreten umwelterheblichen Vorhaben ansetzt, bereits auf der Planungsebene. Neben der Sachnähe ist für mich daher der gewählte Weg, kein eigenes Gesetz, sondern Integration der SUP in das bestehende Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, richtig und effizient. Diese Paketlösung führt zu einem einfachen und transparenten Gesetzesvollzug durch die teilweise identischen Planungsbehörden.

Wie wir wissen, stehen wir bei diesem Gesetz vor einem unverschuldeten Zeitdruck. Das Land ist letztlich der EU gegenüber verpflichtet, eine eigene Regelung zu erlassen. Nicht nur deshalb wünschen wir uns eine fundierte, aber schnelle parlamentarische Befassung und zweite Lesung.

Wie bei vielen Umsetzungsschritten europäischer Vorgaben stehen wir vor der üblichen gegensätzlichen Argumentation: Neue überflüssige Vorgaben, die nur Verzögerungen von Genehmigungen durch Öffentlichkeitsbeteiligung bringen - argumentiert die betroffene Wirtschaft mit dem Bauernverband an der Spitze. Senkung von Standards durch die Landesregierung bei Wegfall der Verbandsbeteiligung im Scoping-Termin bei der 1:1-Übernahme von Bundesrecht - kritisieren die Umweltverbände. Wir werden im parlamentarischen Verfahren diese Argumente gern prüfen und gegebenenfalls den Gesetzesentwurf nach der struckschen Maxime „Kein Entwurf verlässt das Parlament so, wie er rein gekommen ist“ verändern.

Ich sehe allerdings im Vergleich zur parlamentarischen Behandlung zum Beispiel des Landesnaturschutzgesetzes vergleichsweise wenig Konfliktpotential. Zwar sind zum Verständnis der Regelungen in der Tat mehrere Gesetzestexte des Bundes- und Landesrechtes erforderlich, sie wenden sich jedoch an wenige Experten, die damit keine Mühe haben werden.

Durch den vorliegenden Gesetzesentwurf soll nicht nur die SUP eingeführt, sondern auch die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie umgesetzt werden. Auch hier besteht aufgrund der vorgegebenen Umsetzungstermine Zeitdruck. Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie erleichtert unter anderem den Zugang zu Gerichten in umweltrechtlichen Verfahren, in denen Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit vorgesehen sind. Zu diesem Zweck ist auch ein eingeschränktes Verbandsklagerecht der Umweltverbände vorgesehen. Ich freue mich - auch wenn die EU dies vorgibt - über die Einsicht der Landesregierung und wohl auch in der CDU, dass dieses Klagerecht für Verbände sinnvoll ist.

Die Einführung der Strategischen Umweltprüfung und die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Öffentlichkeitsbeteiligung sind wichtige Mosaiksteine für ein modernes, auf die aktiven Bürgerinnen und Bürger ausgerichtetes Umweltrecht. Es ist kein Genehmigungsverhinderungsgesetz. Aus meiner Sicht gibt es keine Alternative zur überfälligen Umsetzung der zugrunde liegenden EU-Vorschriften.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

(Axel Bernstein)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie so oft in diesem Haus oder auch in der Republik hinken wir auch mit diesem Gesetzentwurf einer europäischen Entwicklung hinterher. Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass wir die entsprechenden Beschlüsse schon vor mehr als drei Jahren hätten fassen müssen.

Mit der Einbringung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Einführung der Strategischen Umweltprüfung sowie der Umsetzung der europäischen Richtlinien zur Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme liegt die Landesregierung bereits zwei beziehungsweise drei Jahre hinter dem Zeitplan zurück, den die EU dem Land für die Umsetzung vorgegeben hat.

Trotzdem kann ich Ihnen sagen und versprechen: Wir werden uns bei der inhaltlichen Diskussion dieses Gesetzes und der Durchführung der Anhörung nicht mit dem Argument hetzen lassen, man löse sonst ein Vertragverletzungsverfahren aus. Wir werden auch hier genau darauf achten, ob das, was die Landesregierung vorschlägt, wirklich nur eine 1:1-Umsetzung der Richtlinie ist oder aber wieder einmal draufgesattelt wurde, wie das beim Bundesgesetz für die Strategische Umweltprüfung geschehen ist.

(Beifall bei der FDP)

Dort hat nämlich der Bundesgesetzgeber die Strategische Umweltprüfung auch für Lärmminderungund Luftreinhaltepläne und bei der Festsetzung von Überschwemmungsgebieten vorgesehen, obwohl dieses weder zwingend noch zweckmäßig gewesen ist.

(Beifall bei der FDP)

Die FDP begrüßt grundsätzlich das Instrument der Strategischen Umweltprüfung. Bereits bei der Aufstellung von Plänen und Programmen durch die Behörden sollen durch die Strategische Umweltprüfung die Belange der Natur und Umwelt berücksichtigt werden. Darüber hinaus wird die Öffentlichkeit bereits frühzeitig an Planungen beteiligt. Insgesamt hilft dieses Verfahren, Fehlplanungen zu vermeiden. Es ist also ein wichtiges und grundsätzlich richtiges Instrument der Umweltpolitik.

Problematisch wird die Prüfung für uns aber, wenn sie mehr Bürokratie und Doppelprüfungen verursacht. Die Strategische Umweltprüfung setzt bereits bei ersten Planungen an. Es würde aus unserer Sicht keinen Sinn machen, diese Ergebnisse nicht bei dem eigentlichen Zulassungsverfahren einer Maß

nahme zu berücksichtigen und in der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der Genehmigung genau die gleichen Punkte erneut zu prüfen. Soll heißen: Was nützt eine Strategische Umweltprüfung, wenn ihre Ergebnisse im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung möglicherweise nochmals geprüft werden? Das wäre doppelte Arbeit. Meine Kollegen haben darauf auch schon hingewiesen.