Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Neuregelung für die Finanzierung des Bus-ÖPNV wird von den Grünen grundsätzlich begrüßt. Es ist richtig, die Finanzmittel zu bündeln und vom Land auf die Kreise und kreisfreien Städte zu übertragen. Deren Aufgabenträger erhalten künftig eine jährliche Pauschale zur Sicherstellung einer ausreichenden ÖPNV-Verkehrsbedienung.
Ich will aber auch deutlich darauf hinweisen, dass nach meinen Informationen die Anregungen und Forderungen der Aufgabenträger des ÖPNV noch nicht in den Gesetzesentwurf eingearbeitet sind. In der Begründung des Gesetzes wird suggeriert, dass ein Einvernehmen mit den Aufgabenträgern, den Kreisen und kreisfreien Städten, den Verkehrsunternehmen und den kommunalen Landesverbänden hergestellt wurde. Das ist nach unseren Informationen aber nicht abschließend geschehen.
Die Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr werden bislang an die Verkehrsunternehmen gezahlt. Die Mittel gehen künftig an die Kreise und kreisfreien Städte. Diese schließen eine Finanzierungsvereinbarung mit den jeweiligen Verkehrsunternehmen.
Spannend ist hierbei natürlich die Verteilung der Mittel auf die Kreise. Das Ministerium wird ja durch Gesetz ermächtigt, die Finanzierung des BusÖPNV durch Rechtsverordnung zu regeln. Es geht um die Höhe der Mittel, es geht um die Verteilung auf die Kreise und kreisfreien Städte. Diese Verord
nung liegt noch nicht im Entwurf vor. Wir wollen die Verteilung und die Auswahl des Basisjahres im Ausschuss sorgfältig beraten.
Für 2007 sind 59,76 Millionen € für den Busverkehr vorgesehen. Im Jahre 2008 sinkt der Betrag auf 58,26 Millionen € und für 2009 auf 57,26 Millionen €. Damit werden die Reduzierungen bei den Regionalisierungsmitteln des Bundes durch die Große Koalition aus CDU und SPD in Berlin an die Aufgabenträger weitergereicht. Das wird von uns Grünen scharf kritisiert, denn die Bewohnerinnen und Bewohner Schleswig-Holsteins als Flächenland sind auf einen attraktiven und bezahlbaren ÖPNV angewiesen. Es ist ein großes Ärgernis, dass wir die mühsam erkämpften Standards im ÖPNV bei Schiene und Bus schrittweise wieder verlieren. Aus grüner Sicht muss die Landesregierung eine deutliche Priorität bei den Haushaltsmitteln setzen. Ich frage mich: Wo bleibt an dieser Stelle der Einsatz der SPD?
Nach zwei bis drei Jahren ist vorgesehen, den Verteilungsschlüssel der ÖPNV-Mittel schrittweise mit Anreizkomponenten auszustatten. Das kann sich auf die jeweiligen Fahrgastzahlen beziehen. Dies halten wir für einen guten Weg.
Einen weiteren Punkt jedoch sehen wir kritisch. Die Aufstellung des landesweiten Nahverkehrsplans und die Aufstellung der regionalen Nahverkehrspläne sind keine Pflichtaufgaben mehr. Hier gilt jetzt eine Kann-Bestimmung. Das ist eine Standardabsenkung, bei der sicherlich auch Mittel eingespart werden, allerdings, wie ich glaube, nur in einem sehr geringen Umfang. Es hat sich aber gezeigt, dass die Aufstellung und die Beschlussfassung über die Verkehrspläne dazu geführt haben, dass sich die Politiker mit dem Thema intensiv beschäftigen: Was wollen wir im Nahverkehr? Welche Ziele gibt es? Wollen wir neue Modelle ausprobieren, Angebote verändern et cetera? Damit hat sich die Politik vor Ort jeweils intensiv befasst. Dies droht wegzufallen und das ist ein verkehrspsychologischer Nachteil für die Fläche und für die Organisation des ÖPNV hier im Land.
Dem Gesetzentwurf liegt keine „Mustervereinbarung" bei. Dies wäre sicher hilfreich, um eine Vergleichbarkeit zu haben und die Mittelverteilung transparent zu halten.
Auch sollte es eine Möglichkeit der Mittelübertragung geben. Die Aufgabenträger könnten so Mittel für größere Investitionsprojekte ansparen.
Nach der Kommunalisierung der ÖPNV-Mittel könnte im Weiteren die Konzessionshoheit über die Linien auf die Aufgabenträger übertragen werden. Das halten wir im Sinne einer vernünftigen Ausschreibungspolitik, die auch zu Kreisdegressionen führen kann, für erforderlich.
Wir Grüne begrüßen die Bündelung und die Kommunalisierung der Bus-ÖPNV-Mittel, wir erwarten aber auch, dass die Forderungen und Anregungen der Aufgabenträger und der kommunalen Landesverbände berücksichtigt werden.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile nun für den SSW dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr wird das Ziel verfolgt, der Bevölkerung im Land eine ausreichende Bedienung mit Leistungen des öffentlichen Verkehrs zu gewährleisten. Damit ist der ÖPNV ein Teil der Daseinsvorsorge und gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ist dies eine wichtige Aufgabe.
Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise, der Diskussion um den Klimawandel und dem daraus resultierenden Ziel, den Individualverkehr stärker auf den ÖPNV zu verlagern, gewinnt der ÖPNV auch künftig weiter an Bedeutung. Dieses Ziel lässt sich jedoch nur erreichen, wenn der ÖPNV entsprechend gestärkt wird.
Um die Aufgaben zu erfüllen, stehen dem Land, den Kreisen und kreisfreien Städten Mittel aus verschiedenen Finanzierungsquellen zur Verfügung: Regionalisierungs- und GVFG-Mittel, Mittel nach dem FAG sowie Landesmittel für Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr. Doch wie wir wissen, hat es bei den Mittelzuweisungen in den letzten Jahren erhebliche Kürzungen und Neuausrichtungen gegeben. Insbesondere die Kürzung der Regionalisierungsmittel hat die Länder schwer getroffen. Demnach muss Schleswig-Holstein bis 2011 auf rund 109 Millionen € für den ÖPNV verzichten. Auch die Neuausrichtung der GVFG-Mittel hat zur Folge, dass der ÖPNV schlechter gestellt wird.
sind, und unsere Busunternehmen, die hiervon betroffen sind, Probleme bekommen werden. Gerade im ländlichen Bereich werden diese Einschnitte erhebliche Spuren hinterlassen.
Wir wissen, dass die Landesregierung bereits im letzten Jahr die Beteiligten über die Änderung, die heute vorliegt, informiert hat. Dass die Landesregierung im Vorfeld das Gespräch mit der kommunalen Ebene und den betroffenen Verkehrsunternehmen gesucht hat, begrüßen wir. Dadurch wurden jene, die es betrifft, bereits früh ins Boot geholt.
Grundsätzlich begrüßt die kommunale Ebene den Ansatz, die ÖPNV-Mittel zu kommunalisieren. Jedoch - so geht es aus einem Schreiben des Kreises Nordfriesland hervor - herrscht Unklarheit über die Höhe der Mittel, die den Kreisen zur Verfügung gestellt werden. Die Befürchtung ist dort groß, dass die zu verteilende Finanzmasse bei Weitem nicht ausreichen wird, um den heutigen ÖPNV-Standard im Busbereich zu halten.
Es wird davon ausgegangen, dass dem Kreis Nordfriesland durch die Kommunalisierung jährlich über 900.000 € fehlen werden. Dies würde eine Kürzung von fast 20 % bedeuten. Dies allein durch die Einführung von Elternbeteiligung in der Schülerbeförderung oder durch Tarifsteigerungen auszugleichen, wird für unrealistisch gehalten. Im Gegenteil. Durch die Elternbeteiligung wird die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die Busse nutzen, fallen. Das heißt, die Busunternehmer werden weniger Einnahmen haben und möglicherweise die Preise erhöhen.
Was die regierungstragenden Fraktionen zur Schülerbeförderung beschlossen haben, schadet den Schülern im ländlichen Raum, es schadet den hiesigen Busunternehmen und schadet dem ÖPNV im Allgemeinen.
Es bleibt festzuhalten: Der Kreis Nordfriesland befürchtet, dass es durch die Kommunalisierung der ÖPNV-Mittel zu einer erheblichen Verschlechte
rung des ÖPNN und zu einer Angebotsreduzierung kommen kann. Damit wäre die ÖPNV-Grundversorgung in der Fläche des Kreises Nordfriesland nicht mehr gegeben. In anderen Kreisen sieht es sicherlich nicht anders aus. Eine solche Entwicklung kann und darf nicht gewollt sein.
Das Bestreben der Landesregierung, die Entscheidungsprozesse über die weitere Entwicklung und Gestaltung des ÖPNV auf die kommunale Ebene zu verlagern, hat durchaus seinen Reiz. Dies darf aber nicht zu einer Verschlechterung des ÖPNV in den Kreisen führen. Die Gefahr ist groß, dass maßgeblich die struktur- und einkommensschwachen Kreise davon betroffen sein werden.
Ein weiterer negativer Effekt, der mit der möglichen Kürzung der Mittel einhergeht, ist unsere Befürchtung, dass sich der Wettbewerb im ÖPNV verstärken wird. Dem steht natürlich grundsätzlich nichts im Wege; Wettbewerb muss sein. Wenn aber von Neustrukturierung die Rede ist, sehe ich die Gefahr, dass die Kreise und kreisfreien Städte - sozusagen auf dem Weg durch die kalte Küche - gezwungen werden, bei künftigen Ausschreibungen auf Sicherheits- und Umweltstandards zu verzichten. Eine solche Entwicklung werden wir nicht akzeptieren. Im Gegensatz hierzu muss - wie schon der Kollege Schröder sagte - die Tariftreue im Bereich des ÖPNV schnellstens eingeführt werden, damit hier Verwerfungen ausgeschlossen werden.
Hier sehen wir Klärungsbedarf. Die flächendeckende Daseinsvorsorge ÖPNV darf nicht aus Kostengründen geopfert werden. Die Finanzfragen und die Fragen der Standards müssen geklärt werden, bevor wir dieses Gesetz beschließen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Das Wort für einen weiteren Redebeitrag erhält Herr Minister Dietrich Austermann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war klug, vorhin auf einen Teil meiner Redezeit zu verzichten, damit ich das aufnehmen kann, was gerade von Herrn Harms gesagt worden ist. Ich möchte unterstreichen, was die Kollegen Schröder und Jasper gesagt haben: Das Niveau kann gehalten werden.
Wir sind gerade vom Kreis Nordfriesland zu dieser Regelung gedrängt worden. Der Kreis hat uns gesagt, es gebe erhebliche Wettbewerbspotenziale, die zum Wohle des Nahverkehrs von den Kreisen genutzt werden könnten, ohne dass deswegen die Leistungen schlechter werden.
Die Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr haben sich in den letzen Jahren von 30 Millionen € auf 52 Millionen € entwickelt. Es kann sich jeder seine Gedanken darüber machen, wo das Ganze wohl geblieben ist. Wir wollen jetzt eine mittelfristige Festschreibung des Durchschnittsbetrags der letzten Jahre bei 45,5 Millionen € haben.
Ich denke, es wird kein Kreis weniger Geld haben, es wird nicht weniger Effizienz geben, sondern wir hoffen auf mehr Effizienz, darauf, dass mit dem gleichen Geld noch mehr erreicht werden kann.
Unsere Garantie für dieses Gesetz ist: Das Niveau kann gehalten werden. Wir werden keine Verschlechterung des Busverkehrs in den Kreisen haben.
Ich danke Herrn Minister Austermann. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1276 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist einstimmig so beschlossen.