Protokoll der Sitzung vom 15.06.2005

3. aus laufenden Erträgen seines Vermögens

zu beschaffen.“

(Wolfgang Kubicki)

Nunmehr heißt es:

„Der NDR hat die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen regelmäßigen Einnahmen vorrangig

1. aus Rundfunkgebühren,

2. aus Werbung und Sponsoring,

3. aus laufenden Erträgen seines Vermögens

zu beschaffen.“

Nun werden viele Leute fragen: Was ist da eigentlich der Unterschied? - Der Unterschied ist, dass vorher vorrangig die Gebührenfinanzierung tatbestandsmäßig war und nun gleichrangig alle Finanzierungsformen tatbestandsmäßig sind.

(Beifall bei der FDP)

Das hat zur Folge, dass auch überwiegend aus Sponsoring und Werbung finanziert werden kann und der Tatbestand erfüllt ist, etwas, was vorher ausgeschlossen war. Damit wird der Tatbestand nicht nur um das Sponsoring erweitert - das ist ja EU-weit zulässig -, es wird - wie gesagt - eine Erweiterung der Finanzierungsquellen der öffentlich-rechtlichen Rundfunksanstalten zulasten - wie wir glauben - der Privaten vorgenommen.

Da die Einnahmen zur Erfüllung der Aufgaben des NDR dienen, wäre genau an dieser Stelle auch die Frage einer genaueren Definition des öffentlichrechtlichen Auftrags der Rundfunkanstalten notwendig gewesen. Dieser wird aber nicht präzisiert, sondern noch erweitert. Von nun an darf der NDR auch im Bereich der Filmförderung tätig werden, eine bereits in der Vergangenheit umstrittene und von meiner Fraktion abgelehnte Erweiterung des Programmauftrages.

Wir hätten zu diesen Problemkomplexen gern eine Stellungnahme der privaten Rundfunkanbieter gehabt. Aufgrund der zeitlichen Vorgaben zur Umsetzung des Staatsvertrages und der heute zu erwartenden Abstimmung hätte eine solche Befragung allerdings keinen Einfluss mehr auf den Inhalt des Staatsvertrages gehabt. Wir bedauern das und wiederholen die Kritik an dem Verfahren.

Angesichts der Tatsache, dass sich die ARD-Intendanten nun darauf verständigt haben, den Gebührenstaatsvertrag zu beklagen, will ich noch einmal darauf hinweisen, dass das keine Entscheidungen der Ministerpräsidenten sind, sondern Parlamentsentscheidungen. Ich glaube, es wäre im Interesse des Parlamentarismus insgesamt, wenn wir uns unsere Hoheit über das Verfahren zurückerobern würden. Das ist mein Appell an alle Fraktionen des Hauses.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW und vereinzelt bei der SPD)

Wir danken dem Herrn Oppositionsführer. - Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Johann Wadephul das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kubicki, ich bin weit davon entfernt, Ihnen mit Häme entgegenzutreten.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die Hochachtung vor Ihrer stets geschätzten parlamentarischen Arbeit, aber insbesondere vor dem Verfassungsamt, das Sie demnächst auch durch Änderung der Verfassung ganz offiziell hier in diesem hohen Haus bekleiden werden, hält mich davon ab - und der Redebeitrag von Ihnen gerade eben erst recht.

Ich möchte ausdrücklich das unterstützen, was der Kollege Kubicki zum Ausdruck gebracht hat. Die Regelungen, die hier zu treffen sind, sind durch die Parlamente zu treffen. Wir werden Wert darauf legen, dass in künftigen Verfahren die Rolle der Landesparlamente nicht zu einer so genannten „Abnickerfunktion“ degradiert wird, sondern dass wir an dieser Stelle handelnd sind.

(Vereinzelter Beifall)

Der Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk ist 1992 in Kraft getreten und es sind zwischenzeitlich Änderungen erforderlich geworden, die auch zwischen Staatsvertragsländern verhandelt werden mussten und denen der vorliegende Gesetzentwurf - ich schließe mich damit den Äußerungen des Herrn Ministerpräsidenten an - im Wesentlichen Rechnung trägt.

Es ging dabei insbesondere um die Steigerung der Effizienz der Gremien Rundfunkrat und Verwaltungsrat. Ich möchte mir an dieser Stelle die Nebenbemerkung erlauben: Ich finde gerade die Begrenzung der Amtszeit, die kein grundsätzliches Misstrauen gegenüber einzelnen Amtsinhabern ausdrückt, eine wichtige Angelegenheit. Denn die Gremien, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kontrollieren und führen sollen, brauchen eine Ferne von den einzelnen Anstalten. Dem wird regelmäßig dadurch Rechnung getragen, dass man die Amtszeit begrenzt. Das ist eine gute Regelung und wir beglückwünschen die Landesregierung ausdrücklich, dass diese Regelung getroffen werden konnte.

(Dr. Johann Wadephul)

Zweitens. Es gibt eine Verbesserung der Transparenz im Finanzbereich des NDR. Ich teile insofern die Kritik des Kollegen Kubicki, als wir uns schon sehr genau entscheiden müssen. Wir müssen eine Trenngrenze zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem Privatrundfunk haben. Wer sich zum Dualismus und zur Grundversorgung bekennt, muss sich einerseits zu einer klaren Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekennen, muss aber auf der anderen Seite natürlich auch den Privaten ihren Markt und ihre Marktchancen lassen. Das ist für uns ebenfalls ein wichtiger Punkt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Kollege Kubicki, indes müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kaum noch möglich sein würde, Sportveranstaltungen zu übertragen, schränkten wir die Werbung, auch das Sponsoring, in einer Art und Weise ein, wie Sie, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dies andeuteten. Ich bin schon der Auffassung, dass wir den Anspruch der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten unterstützen sollten, die darauf bestanden und sich darum bemüht haben, beispielsweise die Fußballweltmeisterschaft für ein breites Publikum zur Verfügung zu stellen. Das finde ich im Grundsatz richtig.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir begrüßen den Ausbau der Prüfungskompetenz der Landesrechnungshöfe auf die Tochtergesellschaften des Norddeutschen Rundfunks. Das ist auch nicht zu unterschätzen. Wir begrüßen die Konkretisierung des Programmauftrages insbesondere mit einer stärkeren Betonung der Regionalität und einer Überarbeitung des Kulturauftrages.

Diese Punkte sind in die vorgelegte Fassung eingeflossen. Der Herr Ministerpräsident hat dies begründet. Die CDU-Fraktion wird dem Gesetzentwurf deshalb zustimmen.

Gestatten Sie, dass ich noch auf zwei weitere aktuelle Vorgänge eingehe. Einen davon hat Herr Kollege Kubicki bereits angesprochen, den anderen noch nicht.

Es gibt ein Schleichwerbungsverbot. Die Vorgänge, die wir in der ARD haben feststellen müssen und die sich um die Serie „Marienhof“ ranken, sind ein veritabler Skandal.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Bei- fall des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Auch das muss hier angesprochen werden. Dem Ansehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt, aber auch der ARD wird großer Schaden zuge

fügt. Die immer wieder bekundeten eigenen hehren Ansprüche müssen eingehalten werden. Diese Vorgänge werden nicht dazu beitragen, dass die EUKommission ihren wachen Blick vom öffentlichrechtlichen Rundfunk in Deutschland abwendet. Nein, sie bedeuten eine zusätzliche Gefahr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland.

Zweitens möchte ich die von der ARD erhobene Verfassungsbeschwerde gegen das Verfahren der Gebührenfestsetzung ansprechen. An dieser Stelle möchte ich noch einmal das wiederholen, was Sie vielleicht gestern bereits den Medien entnommen haben. Es wird eine Initiative - jedenfalls der CDULänder - geben, über eine Indexierung in der nächsten Gebührenperiode nachzudenken, um das Verfahren der KEF, das manchmal undurchschaubar und auch sehr aufwendig ist, vielleicht zu ersetzen.

Ich möchte aber den Intendanten an dieser Stelle auch zurufen: Nehmen Sie die Verfassungsbeschwerden zurück! Die Gebühren haben mittlerweile - auch im Hinblick auf die erreichte Breite des Programmangebots - eine Höhe erreicht, bei der wir uns nicht in der Lage sehen, eine weitere Gebührenerhöhung, so wie sie die ARD gerne hätte und sie auch das ZDF ursprünglich wollte, zu rechtfertigen. Wir müssen bei den Rundfunkgebühren wie auch in den übrigen Bereichen finanzieller Belastungen der Bürgerinnen und Bürger darauf achten, was den Menschen noch vermittelbar ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

An dieser Stelle muss ich sagen: Das Maß ist erreicht. Nehmen Sie die Klage zurück!

Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Peter Eichstädt das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit den Änderungen des Staatsvertrages über den Norddeutschen Rundfunk ist eine weitere Anpassung an rechtliche Notwendigkeiten und gesamtgesellschaftliche Erfordernisse erreicht worden, allerdings nicht ohne eine politische Auseinandersetzung zwischen den vier NDR-Vertragsländern, die durch den niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff ausgelöst wurde. Für die drei weiteren Länder war der Vorschlag Niedersachsens, jederzeit abrufbare staatliche

(Peter Eichstädt)

Vertreter in den Verwaltungsrat zu entsenden, aus verfassungsrechtlichen und auch aus medienpolitischen Gründen nicht hinnehmbar. Denn damit wäre eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgehebelt worden: die Staatsferne, die den unmittelbaren Einfluss der Politik auf die Sender und auf die Programminhalte verbietet. Es ist gut, dass dieses Ansinnen Niedersachsens abgewendet werden konnte.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Durch den jetzt vorliegenden Vertrag ist die in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschriebene Rundfunkfreiheit gesichert. Auch die Zusammensetzung des Rundfunkrates, der seine Kontrollfunktion unabhängig und ohne parteipolitische Ausrichtung ausgeübt hat, bleibt in ihrer Grundstruktur erhalten. Es wird keine politische Dominanz geben.

Somit konnte der NDR als Vier-Länder-Anstalt erhalten bleiben, die Staatsferne ist weiterhin gesichert. Die Forderungen nach mehr Transparenz und Kontrolle sind erfüllt. Damit wird der NDR auch europafähig und für die Zukunft gut gerüstet sein.

Besonders hervorzuheben ist die größere regionale Ausrichtung der Vier-Länder-Anstalt. Täglich werden 30 Minuten Regionalprogramm - nicht Regierungsprogramm - hinzukommen und in den Mitgliedsländern produziert werden. Schließlich wird die Position der Landesfunkhäuser durch die neue Regelung gestärkt. Mehr Geld wird es für den NDR aber nicht geben, denn das neue Programm muss aus den vorhandenen Mitteln finanziert werden.

Meine Damen und Herren, Gebührenzahler haben ein Recht zu erfahren, was mit ihrem Geld geschieht. Dieser Forderung wird der neue Staatsvertrag gerecht, da neben den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit jetzt der Grundsatz der Klarheit von Einnahmen und Ausgaben in der Buchführung verankert wird. So sind die Kontrollbefugnisse der Landesrechnungshöfe erstmalig staatsvertraglich geregelt und das Informationsrecht der Landtage ist erweitert worden. Der NDR wird zeitnah nach Vorliegen des Berichtes der KEF, mindestens alle zwei Jahre, den Parlamenten einen schriftlichen Bericht über seine wirtschaftliche und finanzielle Lage geben müssen.