Dort begreift man die Chance, die sich aus der Gemeinschaftsschule ergibt, und hat auch keine Angst vor notwendigen Investitionen. So positiv kann Schulpolitik aussehen. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass SPD und SSW in Harrislee mit Mehrheit beschlossen haben, dass auch dort eine Gemeinschaftsschule eingerichtet wird. Meines Wissens wird das auch in Schafflund geschehen.
Das heißt, im Norden des Landes haben wir jetzt Gemeinden, die wirklich Gemeinschaftsschulen wollen. Sie wollen sie, weil sie ihre Gemeinden stärken wollen, weil sie attraktive Gemeinden sein wollen und weil sie ihre Schulen erhalten wollen. Ich denke, das ist es, worauf es letztendlich ankommt.
Die Grünen schlagen nicht nur die Erhaltung bestehender Standorte vor, sondern wollen im Schulgesetz auch die Möglichkeit einbauen, dass Gemeinschaftsschulen ganz neu gegründet werden können. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das mit dem neuen Gesetz zu machen sein soll, aber ich lasse mich im Ausschuss gern belehren. Wir stehen dem Ganzen jetzt erst einmal offen gegenüber.
Anders beurteilt der SSW die Forderung nach gebundenen Ganztagsschulen. Ich möchte davor warnen, hier den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Und genau das ist es - denke ich -, was die Grünen fordern. Richtig ist, dass pädagogische Angebote in den offenen Ganztagsschulen am Nachmittag noch immer nicht durchgehend professionellen Standards entsprechen. Das mag daran liegen, dass die Schulträger den Kindern nach einem langen Unterrichtstag nicht mehr so viel zumuten wollen, es kann aber auch falsche Sparsamkeit hinter diesen Maßnahmen stecken.
- Ja, das denke ich auch. Ich möchte hier nicht einem Acht-Stunden-Tag für die Kleinen das Wort reden, denn genau das würde eine Überforderung mit sich bringen und den Kindern die Freude am Entdecken neuer Zusammenhänge und dem Lernen vergällen. Doch oftmals wird die Arbeit - ich denke, das ist das Problem - von pädagogischen Laien auf 400-€-Basis durchgeführt oder von Ehrenamtlichen aus Sportvereinen mit erledigt. Eine Fortbildung ist unüblich, das müssen wir ändern. Wir brauchen für den Nachmittag professionelle Betreuungskräfte mit pädagogischem Know-how, die auch angemessen bezahlt werden.
Soll heißen: Der SSW hat sich in der Vergangenheit für die Einführung der offenen Ganztagsschule ausgesprochen. Schon 2004, als das Bildungsministerium eine erste Bestandsaufnahme über die Einführung von offenen Ganztagsangeboten im Parlament vorstellte, haben wir hervorgehoben, dass wir bei dieser Art der Nachmittagsbetreuung ohne die Einstellung von zusätzlichem sozialpädagogischem Personal den Qualitätsanforderun
gen der KMK letztlich nicht gerecht werden. Wie ich vorhin schon andeutete, meinen wir damit nicht die Einführung von ganztägigen Schulen, gemeint ist vielmehr, dass Sozialkompetenz, Kreativität und das Erkunden der Welt auch pädagogisch organisiert werden muss. Dieser Ansatz ist uns wichtiger als ein flächendeckendes Umsatteln auf das Konzept der gebundenen Ganztagsschule.
Letztlich bin ich davon überzeugt, dass wir diese Ganztagsangebote zusammenführen müssen. Ich sehe nicht, wie wir langfristig mit offenen Ganztagsangeboten und gebundenen Ganztagsschulen weiterkommen können. Wenn wir uns überlegen, wie wir unsere begrenzten Ressourcen so effizient wir möglich einsetzen können, glaube ich, kann das nur geschehen, indem wir von einer Ganztagsschule ausgehen, also einer offenen Form mit qualifiziertem pädagogischen Personal, gern auch mit Ehrenamtlichkeit. Ich denke, das ist auch etwas Wertvolles. Aber die Strukturen brechen uns weg, wenn wir nicht dafür sorgen, dass sozialpädagogisches Know-how, Sozialpädagogen, mit eingebunden werden.
Mit einem weiteren Antrag wollen die Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erreichen, dass die Pflichtstundenzahl für Lehrerinnen und Lehrer an den weiterführenden Schulen neu festgesetzt wird. Der Antrag sieht vor, dass für alle Schularten die gleichen Regelungen gelten. Wir unterstützen diese Position.
Dabei geht es uns nicht um Gleichmacherei, sondern um die Anerkennung gleicher Ansprüche, die aus gleichwertiger Arbeit erwachsen. In der Schule kommt es auf die angemessene pädagogische Vermittlung an, bei der es keine Rolle spielt, ob Sechsjährige oder 16-Jährige unterrichtet werden. Beide Schülergruppen stellen spezifische Ansprüche und denen muss Genüge getan werden. Demzufolge ist es nur folgerichtig, die Pflichtstundenzahl unabhängig von der Schulform festzulegen.
Es hat inzwischen Bewegung in der Sache gegeben. Wir haben inzwischen einen Kompromissvorschlag der Großen Koalition vorliegen. Wir können mit diesem Kompromissvorschlag auch leben. Ich teile aber auch die Kritik, die laut geworden ist, dass es nicht hinnehmbar ist, dass dieses jetzt mit Verzöge
rung umgesetzt wird. Ich weiß, dass Gemeinschaftsschulen erst nach und nach etabliert werden. Das ist mir schon bewusst. Ich denke aber, es wäre gut, wenn man diese neuen Regelungen auch jetzt schon einführen würde.
Letztlich ist ein Geschmäckle dabei, nämlich dass die frei werdenden Mittel in den Landeshaushalt zurückfließen, nicht in den Bildungshaushalt. Ich denke, wir müssen daran festhalten, dass Schule und Bildung für uns eine wichtige Zukunftsinvestition sind. Das hört sich wie ein Allgemeinplatz an, das ist aber natürlich so. Vor diesem Hintergrund bin ich sicher, dass wir uns in den Ausschüssen und in weiteren Plenardebatten mit diesem Thema beschäftigen werden. Das kann nicht anders sein, das muss auch so kommen.
Ich danke Frau Abgeordneter Spoorendonk. - Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Jürgen Weber.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin, keine Angst, es wird nicht besonders leidenschaftlich.
In der Sache geht es noch einmal um einen Punkt, den Frau Spoorendonk mit einem Halbsatz am Schluss angesprochen hat. Aber auch Frau Birk und Herr Klug haben noch einmal sehr scharf formuliert und kritisiert, dass die gemeinsame Stundenverpflichtung für Lehrer an Regional- und Gemeinschaftsschulen erst 2010 startet.
Der Fairness halber muss man aber auch darauf hinweisen, dass diese Schulen nicht von heute auf morgen verschmolzen werden und über die gesamte Sekundarstufe I gehen, sondern dass sie mit dem fünften Jahrgang beginnen und in den ersten zwei oder drei Jahren die Lehrer an diesen Schulen - jetzt erst einmal an den Gemeinschaftsschulen und ab
dem nächsten Jahr vielleicht auch an den ersten Regionalschulen - noch überwiegend im gegliederten Bereich unterrichten. Das darf man nicht ganz außer Acht lassen. Ich glaube, das ist ein vernünftiger Übergang.
Es ist übrigens auch kein Kompromiss oder ein Einlenken der Großen Koalition, jetzt für 26 Stunden für Lehrer an den neuen Schularten einzutreten. Es ist von uns immer klargestellt worden, dass es, wenn wir diese neuen Schularten schaffen, innerhalb dieser Schularten eine gemeinsame Stundenverpflichtung für alle Lehrer, die in diesen Schularten unterrichten, geben soll. Das ist nicht neu, das haben wir immer schon gesagt und das setzen wir jetzt um.
Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass wir bei den Gründungen der Integrierten Gesamtschulen in den letzten 17/18 Jahren exakt so vorgegangen sind. Mit dem Aufwachsen der Schulen sind wir dann zu einer gemeinsamen Stundenverpflichtung gekommen.
Das ist relativ unaufregend. Natürlich kann man wünschen, dass alles schneller geht und früher kommt und man kann sagen, das regeln wir, auch wenn wir das im Haushalt gar nicht etatisiert haben.
Ich glaube, das ist eine nützliche Regelung, mit der alle sehr gut leben können. Es fällt auch nichts zurück. Die Kontingentstundentafel und die Größenordnung der Kontingente in der Sekundarstufe I werden in der Verordnung festgelegt und diese Stunden werden auch als Unterricht erteilt. Sie haben das alles nachlesen können, was wir da vereinbart haben. Es fällt kein Unterricht aus. Die tatsächliche Anpassung der Stundenzahlen für die Lehrer in den Schulen, in denen gemeinsam unterrichtet wird, wird kommen. Das haben wir zugesagt, das wird auch umgesetzt. Ich meine, das muss man an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen. Deshalb bedarf es nicht des Antrages der Grünen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Weber. - Das Wort für die Landesregierung hat nun die Bildungsministerin Frau Ute Erdsiek-Rave.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Schulgesetz ist ein ziemlich großes Rad, das wir drehen. Bei einer so umfassenden Reform stellen sich natürlich auch nach Verabschiedung des Ge
setzes viele Einzelfragen rechtlicher Art, organisatorischer Art und natürlich auch finanzieller Art. Aber, lieber Karl-Martin Hentschel, liebe Frau Birk, wenn ich Ihnen so zuhöre, wie Sie mal eben besoldungsrechtliche, beamtenrechtliche Fragen außer Acht lassen und auch, was die finanzielle Dimension angeht, nach dem Motto „irgendwo kommt es schon her“ vorgehen und Anträge stellen, dann stelle ich fest: Sie sind endgültig in der Opposition angekommen!
Sie werfen mit Ihren Anträgen einige Einzelfragen auf, die ich in aller Sachlichkeit beantworten und erläutern will. Zunächst zu den Fragen, die sich um die Schulleiterstellen ranken.
Sie wollen, wie Sie sagen, eine Lücke im Schulgesetz schließen, und Sie meinen damit die Möglichkeit, eine Gemeinschaftsschule neu zu gründen und zugleich die Schulleiterstellen über den Wahlausschuss neu zu besetzen. Also, an zu wenigen Schulen leiden wir in Schleswig-Holstein wirklich nicht. Es geht doch eher darum, mit den vorhandenen Schulen das Beste zu machen.
- Nein, nein, nein, Sie sind falsch davor. Ich habe es erläutert, ich will es aber gern noch einmal tun, damit es auch im Protokoll steht.
Ich kann natürlich sehr gut nachvollziehen, dass sich manche der Beteiligten an den neuen Schulen ein anderes Auswahlverfahren gewünscht haben. Aber zu solchen Verfahren kann es nur in Einzelfällen kommen, entweder dann, wenn eine Stelle frei wird, oder dann, wenn ein Schulleiter, eine Schulleiterin sagt, dass er beziehungsweise sie diese neue Schule explizit nicht leiten will. Dann ist die Stelle frei und kann neu besetzt werden. Die Gemeinschaftsschulen entstehen in der Regel durch Umwandlung bestehender Schulen. Da gibt es keine freie Schulleiterstelle, die ausgeschrieben werden könnte. Das liegt auch an dem Rechtsanspruch auf eine angemessene Weiterbeschäftigung, den die Schulleiter natürlich haben. Übrigens würde das weder unserem Umgang mit Schulleiterinnen und Schulleitern entsprechen noch mit den Schulen insgesamt, wenn wir das einfach - das müssten wir dann nämlich tun - durch eine Versetzung an eine andere Schule im Land lösen würden, unabhängig davon, ob wir diesen Weg rein rechtlich und faktisch überhaupt gehen könnten.
Wir werden also in der Regel die Schulleitung einer Gemeinschaftsschule einsetzen. Eine solche Einsetzung ist auch keine Erfindung im neuen Schulgesetz, sondern war bereits im alten enthalten. Dahinter steht auch - das will ich hier in aller Klarheit sagen -, dass wir die neue Schullandschaft umsichtig mit dem Personal der vorhandenen Schulen in die Wege leiten wollen. Deswegen sieht das Gesetz vor, dass Gemeinschaftsschulen durch Schulartänderung oder durch organisatorische Verbindung entstehen.
Ich sage Ihnen in aller Klarheit: Ich habe Vertrauen nicht nur in die sieben Schulleiter und Schulleiterinnen der neuen Gemeinschaftsschulen, sondern generell in die Beweglichkeit und die Bereitschaft unserer Lehrkräfte, sich den neuen Herausforderungen zu stellen.
Wenn man Schulen komplett neu gründen würde, würde sich das übrigens gravierend auf die umliegenden Schulen und deren Personal auswirken. Angesichts der demografischen Entwicklung wäre das überhaupt nicht zu verantworten.
Nun zum Thema Ganztagsschulen. Neue Gemeinschaftsschulen, neue Regionalschulen können oder sollen sich zu Ganztagsschulen in offener Form entwickeln. Dabei, mittelfristig weitere Ganztagsschulen in gebundener Form für alle Schulen der Sekundarstufe I einzurichten und bereits im kommenden Schuljahr neue Ganztagsschulen zu genehmigen, wie Sie es fordern, lassen Sie leider offen, wo die notwendigen Mittel und die Lehrerstellen herkommen sollen. Eigentlich hätten Sie zeitgleich zu all Ihren Forderungen einen Nachtragshaushalt einbringen müssen. Das ist wirklich fern aller Realität, meine Damen und Herren!