Weder ein Kinderschutzgesetz noch ein kostenfreies Kita-Jahr - alles, worüber Herr Wadephul gesprochen hat - gibt es in der Realität.
Die einzige Reform dieser Landesregierung - Stichwort: Gemeinschaftsschule - wird von der CDU nach Kräften boykottiert. Meine Damen und Herren, was machen Sie eigentlich mit dieser Schulreform? - Das Land bildet weiterhin lustig Lehrerinnen und Lehrer für Schularten aus, die es gar nicht mehr gibt. Lehrer bekommen an der gleichen Schule für die gleiche Arbeit unterschiedliches Gehalt. Die Schulen vergeben in Zukunft Schulartempfehlungen für Hauptschule, für Realschule, für Gymnasien. Es werden also Empfehlungen für Schularten gegeben, die es überhaupt nicht mehr gibt.
Jedes Komma in diesen verquasten Erlassen muss von den vereinigten Bildungspolitikern der Fraktionsarbeitskreise doppelt genehmigt werden. Ich glaube, darin liegt auch der eigentliche Grund für dieses gescheiterte Projekt: Was Sie hier anbieten, ist keine handlungsfähige Partnerschaft. Es gibt null Vertrauen. Das ist eine Ansammlung von sich misstrauisch belauernden Gartenzwergen.
Herr Kollege, ich bitte Sie, bei Ihrer Wortwahl wie „Mauschelei“ und Ähnlichem etwas vorsichtiger zu sein.
Meine Damen und Herren, das von Ihnen aufgeführte Theaterstück entbehrt nicht eines gewissen Unterhaltungswertes; das muss ich zugestehen. Der Innenminister ist gegen Online-Durchsuchungen. Der CDU-Sprecher Lehnert erklärt daraufhin, dem Innenminister mangele es an Kardinaltugenden.
Der Ministerpräsident will die Kulturbeauftragte hauptamtlich machen. Die SPD verhindert die Zustimmung im Finanzausschuss. Der Umweltminister wirft dem Innenminister vor - Zitat -: „Für Bilanzfälschung und Insolvenzverschleppung kommen andere in den Knast.“
Der SPD-Geschäftsführer Christian Kröning wirft dem Wirtschaftsminister - ich zitiere - „Mauscheleien“
Die Abgeordnete Herold kritisiert das von ihr mit verabschiedete Schulgesetz - Zitat -: „Die Gemeinschaftsschule ist ein fauler Kompromiss.“ - Der SPD-Abgeordnete Weber wirft ihr daraufhin vor, sie sei eine schlechte Verliererin; auch das ist ein Zitat.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Wadephul vergleicht Stegner mit Gysi und sagt: Das sehe ich mir nicht länger an. - Und der stellvertretende Vorsitzende der SPD, Breitner, antwortet, die Ausfälle von Wadephul seien - Zitat -: „überflüssig und kindisch“, und fordert seinen Rücktritt.
Meine Damen und Herren, das Niveau Ihrer gegenseitigen Beschimpfungen steigert sich von Woche zu Woche.
Politische Debatten wie die zur Schülerbeförderung werden hier zu psychologischen Dramen. Ihnen fehlt das Mindestmaß an Vertrauen, das man für eine konstruktive Zusammenarbeit braucht und der Ministerpräsident schaut hilflos zu und feiert mal lieber wieder.
Schon längst ist er nicht mehr in der Lage, etwas zu koordinieren. Er bekommt nicht einmal die Kulturarbeit, die er zur Chefsache erhoben und seiner Kollegin Ministerin Erdsiek-Rave entzogen hat, in seiner Staatskanzlei geregelt. Dann spricht er ein Machtwort und schmeißt den Innenminister raus, weil eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist aber erst in drei Monaten. Heißt das, dass die Regierung jetzt erst einmal drei Monate Pause macht?
Da schreibt der Journalist Uli Exner - bekannt als Chefredakteur der „ LN“ - in seinem Kommentar nicht zu Unrecht:
Da die Regierung handlungsfähig ist und sich das Klima der Eiszeit nähert, fragt man sich doch, warum sie weitermacht. Warum machen Sie eigentlich weiter? - Die offizielle Version lautet: Stegner ist nicht mehr Innenminister und alles wird gut.
Wer soll das glauben? - Als Innenminister hat Stegner doch stets buchstabentreu den Koalitionsvertrag eingehalten. Den Ärger gab es doch jedes Mal, wenn der Parteivorsitzende etwas sagte. Das wird sich nun nicht ändern. Immerhin hat Ralf Stegner bereits angedroht, dass er das nächste Jahr ab Januar mit einem permanenten Wahlkampf beglücken will, und als Fraktionsvorsitzender sitzt Stegner dann einem Wadephul gegenüber, der auch nicht immer durch besonders feinfühlige Äußerungen aufgefallen ist.
Glaubt denn jemand wirklich, dass zwischen diesen beiden nun plötzlich die Kuschelromantik im gemeinsamen Fraktionsvorstand beginnt?
Meine Damen und Herren, die CDU fährt eine simple Doppelstrategie: Wadephul, Wiegard und Co führen den Streit, um die Partei zu begeistern. Der Ministerpräsident hält jedoch an der Koalition fest, weil seine eigene Partei sonst alle notwendigen Reformen ablehnen würde.
Wie, meine lieben Damen und Herren von der CDU, wollen Sie denn Wahlkampf führen? - Ich sehe es schon vor meinem geistigen Auge: Da kämpfen die schwarzen Legionen - vielleicht Seite an Seite mit der FDP - gegen die Einheitsschule, gegen die Verwaltungsreform, für den Abbau von 5.000 Stellen und gegen das Vogelschutzgebiet Eiderstedt trotz EU-Klage.
Die gesamte Öffentlichkeit würde sich über dieses Programm nur totlachen. Zwei Jahre Regierungsbeteiligung haben gereicht, um aus diesen Wahlkampfschlagern von 2005 Lachnummern zu machen. Nein, Herr Carstensen will gar keine Neuwahlen. Er braucht verzweifelt die SPD als Buhmann, um all das zu tun, was die eigene Basis nicht will.
Und die SPD? - Die SPD bleibt in der Koalition, weil die Umfragen schlecht sind und sie sich selbst eine gute Wahlkampf-Performance zurzeit nicht zutraut. Da würde auch ein längeres Trainingslager im Moment nicht helfen. Die Genossen scharen sich verzweifelt um einen Vorsitzenden, von dem sie selbst nicht wissen, was sie von ihm halten sollen. Und wahrscheinlich ist die SPD noch nicht einmal sicher, ob ihre eigenen Abgeordneten ihn überhaupt wählen würden.
Es gibt noch einen dritten Grund, warum es - noch gequält weitergeht. Der heißt Berlin. Die beiden Koalitionäre trauen sich nicht, Neuwahlen zu machen. Aber sie dürfen es auch nicht. Mama und Papa in Berlin haben es verboten.
Meine Damen und Herren, trotzdem bin ich sicher, dass diese Koalition das nächste Jahr nicht überleben wird. Denn weder die CDU noch die SPD verfügen über ein Konzept, wohin das Land laufen soll.
Die nächste Krise kommt, die Koalition ist menschlich zerrüttet. Sie ist inhaltlich gescheitert. Sie hat kein einziges Projekt, das ihre Weiterexistenz rechtfertigt. Hier klammern sich zwei Fußkranke aneinander, weil sie Angst haben, sich loszulassen, weil sie sonst umfallen.