Auch wenn wir uns jetzt darauf einstellen müssen, in dieser Angelegenheit dicke Bretter zu bohren, haben wir immer noch die Möglichkeit, im Land auf bestimmte regionale Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Ich nenne das Stichwort Bäderregelung. Für ein Land wie Schleswig-Holstein, in dem der Tourismus eine große wirtschaftliche Rolle spielt, ist es wichtig, dass auch das Kaufverhalten der Touristen berücksichtigt wird. Deshalb kann es nicht angehen, dass wir den Medien entnehmen müssen, dass man in Mecklenburg-Vorpommern in dieser Sache viel weiter ist. Mecklenburg-Vorpommern hat auf das Kaufverhalten der Touristen längst reagiert, und Schleswig-Holstein schaut derzeit nur hinterher. Wenn wir nicht wollen, dass uns vergleichbare Tourismusregionen in Deutschland uns das Wasser abgraben, müssen wir reagieren. Daher begrüßen wir den Vorstoß von CDU und SPD, die bisherige Bäderregelung zu öffnen.
Wir alle genießen es, in anderen Ländern, in denen wir Urlaub machen, an jedem Tag einkaufen zu können. Warum sollte es der Urlauber also nicht auch in unserem Land genießen können, unbeschwert einzukaufen? Ich glaube, hier sollte man keine Ideologiedebatte anzetteln, sondern ganz pragmatisch feststellen, dass sowohl die Beschäftigten - weil ihr Arbeitsplatz sicherer wird - als auch die Unternehmen selbst große Vorteile haben werden. Die deutschen Arbeitsschutzregelungen werden dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer nicht über Gebühr belastet werden. Im schwarz-roten Antrag wird hierauf ebenfalls deutlich abgehoben. Ich habe mich auch gefreut, dass der Kollege Garg Tarifverträge angesprochen hat. Denn für mich ist gerade das ein ganz wichtiges Thema. Ich nenne hier nur das Stichwort der Flächentarife. Diese sichern solche Bedingungen nämlich auch. Deswegen machen diese Tarifverträge auch Sinn.
Was für Kellner und Zimmermädchen, für Hotelfachleute und Restaurantkaufleute in touristischen Gebieten und darüber hinaus gilt, kann durchaus auch für Bereiche des Einzelhandels gelten. Ich glaube nicht, dass wir so vor dem Untergang des Abendlandes stehen. Vielmehr geben wir den Menschen, die hier bei uns Urlaub machen, die Möglichkeit, möglichst viel bei uns zu kaufen. Die alten bisherigen Regelungen haben dies in weitem Maße nicht zugelassen und waren deshalb ein Wachstumshemmnis. Deshalb muss hier etwas geändert werden.
Hierbei sollte sich die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten aber nicht nur auf die Küstenregionen beschränken. Denn wir haben über unsere Küstenregionen hinaus auch im Binnenland touristisch attraktive Standorte. Diese müssen unserer Auffassung nach bei einer Öffnung der Ladenschlusszeiten gemäß der Bäderregelung berücksichtigt werden. Hierbei denke ich beispielsweise an die ETS-Region oder an das Grüne Binnenland. Dies sind Regionen im Land, die sich zusammengeschlossen haben und die sich jetzt gemeinsam als Tourismusstandort präsentieren. Diese teilweise kreisübergreifenden Zusammenschlüsse sind enorme Kraftakte in den Regionen gewesen. Mittlerweile zeigt es sich, dass sich diese Anstrengungen auch gelohnt haben.
Ich bin der Auffassung, dass wir derartige Leistungen berücksichtigen und eine Regelung schaffen sollten, die dann auch in der Fläche ihre Gültigkeit hat. Dadurch würden wir das Tourismusland SchleswigHolstein an sich stärken. Eine derartige Öffnung würde auch eine Verwaltungsvereinfachung bei den Kreisen und Ämtern nach sich ziehen, da eine Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen künftig entfallen würde. Auch aus diesem Grunde befürworten wir einen solchen Schritt.
Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass ganz Schleswig-Holstein eine touristische Destination ist und deshalb auch überall die gleichen Möglichkeiten, auch beim Ladenschluss, gegeben sein müssen. Das ist aber wieder unser Fernziel. Erst einmal geht es um die Bäderregelung, später um die Ladenöffnungszeiten insgesamt.
Wenn der Gast einen Ausflug macht und von einer stark touristisch geprägten Region in eine weniger vom Fremdenverkehr geprägte Region kommt, wird er kein Verständnis dafür haben, dass ihm an dem einen Ort die gesamte Infrastruktur zur Verfügung steht und andernorts alles beim alten unzureichenden Zustand bleibt. Für den Gast ist dies nicht einsehbar,
und er würde auch die individuellen Begründungen, die wir ihm liefern, nicht akzeptieren - genauso wenig wie wir alle dies in anderen Ländern tun. Wer in bestimmte Länder fährt oder fliegt, weiß, dass er überall einkaufen kann und dass solche Regelungen landesweit sind. Dies kann man mit Recht auch in Deutschland oder zumindest in einem einzelnen Bundesland wie Schleswig-Holstein erwarten.
Dass die vorgesehene Öffnung der Bäderregelung nicht überall auf Gegenliebe stößt, ist klar. So geht der IHK Kiel der vorliegende Vorschlag nicht weit genug, und sie mahnt an, nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben. Auf der anderen Seite haben die Gewerkschaften sowie die Kirche bereits in der Vergangenheit Bedenken gegen Öffnungszeiten am Sonntag erhoben. Daher begrüßen wir den Vorschlag, dass es zur Öffnung der Bäderregelung ein Anhörungsverfahren durchzuführen, um die unterschiedlichen Stellungnahmen zu hören. Wir werden also im Ausschuss die Gelegenheit bekommen, näher über die Erweiterung der Bäderregelung zu diskutieren.
Für uns als SSW ist das Ganze aber nicht nur eine Frage der Bäderregelung und des Fremdenverkehrs, sondern wir meinen, dass eine generelle Erweiterung der Öffnungszeiten durchaus dazu beitragen kann, dass mehr konsumiert wird, und dass so zumindest zu einem geringen Teil auch die Binnenkonjunktur angekurbelt werden kann.
Natürlich wird immer wieder eingewandt, man könne sein Geld nur einmal ausgeben. Der Kollege Garg hat das ebenfalls angesprochen. Aber wir wissen auch, dass in unserer Gesellschaft enorm viel gespart wird. Die Sparquote liegt in unserem Land bei 11 %, was wesentlich höher ist als in allen anderen EU-Ländern. Wenn wir nur einen kleinen Teil dieses großen Sparstrumpfes öffnen könnten, würde sich die Erweiterung der Ladenöffnungszeiten schon rentieren.
Wir können eigentlich nur gewinnen. Entweder steigt der Konsum nicht; dann nützt das Ganze nichts, aber es schadet auch nicht. Oder der Konsum steigt; dann können wir uns alle freuen, dass wir durch Bürokratieabbau zu mehr Wachstum beigetragen haben. Daher sollten wir dies auf jeden Fall versuchen und die Ladenöffnungszeiten erweitern. Der FDP-Antrag geht allerdings in unseren Augen zu weit, und der Antrag der Grünen springt leider zu kurz. Wir sind der Meinung, dass Feiertagsregelungen mit einbezogen werden müssen. Selbstverständlich muss am Feiertag weiterhin die Arbeit ruhen. Auch Sonntagsregelungen im Sinne der Kirchen müssen weiter gelten und weiter greifen.
Deswegen meinen wir, dass uns der Antrag von CDU und SPD weiterbringt, und deshalb werden wir diesem Antrag auch zustimmen.
Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg für die FDP-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Eichstädt, ich werde das Kompliment gern an die ehemalige Kollegin weitergeben. Aber Sie glauben gar nicht, wie ich den wirtschaftpolitischen Sachverstand in der SPD vermisse. Sie war vor zehn Jahren schon einmal deutlich weiter als Sie heute mit Ihrem komischen Redebeitrag.
Herr Kollege Harms, was mir gefallen hat: Sie haben zwei Dinge genannt, bei denen ich dachte: Gut, jetzt ist er auf dem richtigen Weg. Sie haben gesagt, Sie genießen es, im Urlaub abends, rund um die Uhr, einkaufen zu können. Sie wissen, dass Sie in Spanien, in Italien und in Frankreich auch am Sonntag einkaufen können. Ich weiß nicht, ob Sie dort schon einmal Urlaub gemacht haben. Aber wenn, dann haben Sie auch das dort genossen. Da frage ich Sie: Warum wollen Sie das den Menschen hier grundsätzlich weiterhin verwehren? Wenn Sie es dort genießen, dann wäre es vielleicht auch hier nicht das Falscheste.
Ein weiterer Punkt! Hier wird immer so getan, als ob wir den Geschäftsinhabern und den Leuten vorschreiben, dass Sie rund um die Uhr verkaufen oder rund um die Uhr einkaufen müssten. Das ist völliger Unsinn. Ich habe lediglich gesagt, wir wollten es ihnen ermöglichen. Wenn jemand davon Gebrauch macht, ist es gut, und wer das nicht will, der lässt es schlicht und ergreifend bleiben.
Noch etwas hat mir beim Kollegen Harms sehr gut gefallen. Er hat nämlich nichts anderes gesagt als ich vorhin in meiner Einbringungsrede: Ganz SchleswigHolstein soll Urlaubsland sein.
Diese Lippenbekenntnisse haben wir auf dieser Seite und auf jener Seite gehabt, bei jeder tourismuspolitischen Debatte. Und was lesen wir im Antrag der Großen Koalition? Genau das Gegenteil: Nicht ganz Schleswig-Holstein ist Tourismusland, sondern Tou
Wir wollen mit unserem Vorstoß erreichen, dass tatsächlich ganz Schleswig-Holstein Tourismusland wird - und dies das ganze Jahr über.
Ich freue mich auf die nächste tourismuspolitische Debatte, auf die Lippenbekenntnisse zur Verlängerung der Saison. - Das kennen Sie alles, nicht wahr? Ich freue mich darauf.
Wir werden bei getrennter Abstimmung der Ziffer 1 des Antrages der Großen Koalition selbstverständlich zustimmen, weil damit nichts anderes bezweckt wird, als wir auch mit unserem Antrag bezwecken. Im Übrigen werden wir uns der Stimme enthalten, weil wir glauben: Das ist zwar ein Schrittchen in die richtige Richtung; es bringt aber mehr Bürokratie und nicht weniger Bürokratie, es macht die ganze Sache komplizierter und nicht unkomplizierter. Wir haben eine klare Regelung vorgelegt.
Wer heute immer noch Arbeitnehmerschutzrechte als Grund dafür anführt, das Ladenschlussgesetz nicht zu kippen, der hat mir entweder nicht zugehört oder wollte mir nicht zuhören - nein, Sie nicht, Herr Kollege Harms - um dann hinterher im eigenen Beitrag zu sagen, was ich zehn Minuten vorher schon gesagt habe. Das ist albern, das ist unredlich, aber das macht nichts.
Wir stellen unseren Antrag selbstverständlich zur Abstimmung und ich würde mich freuen, wenn Sie noch einmal in sich gehen und dem Ihre Zustimmung erteilen würden.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung gebe ich Herrn Abgeordneten Klaus Müller von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe spätestens bei Lars Harms den Eindruck gewonnen, unser Antrag könnte missverstanden worden sein. Du hast gesagt, wir gingen nicht weit genug. Ganz im Gegenteil: Wir gehen mit unserem Antrag weiter, das will ich noch einmal deutlich sagen.
Unser Antrag ist lediglich eine Ergänzung zu dem Antrag der großen Koalition Drucksache 16/111. Wir nehmen nichts davon weg, wir gehen nur an einer Stelle darüber hinaus, indem wir sagen: Es soll die
Möglichkeit geben, erstens bestimmte Ortsteile zu definieren und zweitens auch den Städtetourismus aufzunehmen. Das heißt, wir gehen darüber hinaus. Insofern verstehe ich deine Kritik nicht, wir würden hinter dem Antrag zurückbleiben. Wir wollen ihn gern in einem wesentlichen Punkt ergänzen und bitten insofern um Zustimmung zu diesem Anliegen, weil wir glauben, dass es eine wertvolle Ergänzung für Städte wie Kiel und Lübeck wäre, diese Möglichkeit auf sie auszudehnen.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Eichstädt das Wort.
Herr Kollege Garg, ich will gern versuchen, es Ihnen noch einmal zu erklären, obwohl nicht ich der Jurist bin, sondern Sie.
Das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom Juni 2004, das die Landschaft in diesem Bereich wirklich verändert hat -
- hören Sie mir doch zu, sonst verstehen Sie es wieder nicht! -, hat zu zwei Dingen Stellung genommen: Zum einen hat es gesagt, dass die Frage der Ladenschlussregelung zur konkurrierenden Gesetzgebung gehört und deshalb auf die Länder zu übertragen ist. Die Länder hätten dann tatsächlich die Möglichkeit zu sagen, wir schaffen das Gesetz für die Zeit von montags bis sonnabends ganz ab. Das wollen wir tun, da sind wir uns einig, jedenfalls fast.
Das ist aber etwas völlig anderes als die Frage, was wir mit dem Sonntag machen. Das Bundesverfassungsgericht hat im gleichen Urteil gesagt, dass der Sonntag besonders geschützt ist, und hat auf Artikel 139 Grundgesetz „Schutz von Sonn- und Feiertagen“ hingewiesen. Es hat gesagt, aufgrund dieses Artikels ist es nicht zulässig zu sagen, wir schaffen die Ladenöffnungsregelungen für den Sonntag ab. Der Sonntag steht unter einem besonderen Schutz.
gentlich nicht wollte, weil es nicht hilfreich für die Debatte um die Bäderregelung ist - mit den Regelungen, die es getroffen hat, schon weit in die Beschränkung eingegriffen hat, hat es Klagen und Gerichtsurteile gegeben, die möglicherweise dazu führen, dass die Bäderregelung in Mecklenburg-Vorpommern kippt.
Deshalb müssen wir sehr vorsichtig mit der Bäderregelung umgehen und darauf achten, dass sie widerrufbar ist, dass sie sich auf bestimmte Bereiche bezieht, dass sie sich nur auf bestimmte Zeiten bezieht und dass es Ausnahmeregelungen bleiben. Denn sonst würden wir genau das Gebot des Artikels 139 verletzen. Vielleicht lassen Sie sich das von Ihrem Juristen noch einmal erklären. Darum geht es. Deshalb bleiben wir dabei.