Protokoll der Sitzung vom 21.11.2007

Zur Dringlichkeit hat der Herr Abgeordnete Jürgen Weber das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf den Hinweis des Kollegen Klug hin will ich hier doch etwas sagen, weil er die ernste Ermahnung enthielt, dass das Parlament der Ort sei, an dem aktuelle Themen beraten werden sollten. Das ist richtig, Herr Kollege Klug. Diese Auffassung

(Dr. Ekkehard Klug)

teilen wir natürlich. Es steht Ihnen ja frei, jederzeit eine Aktuelle Stunde zu beantragen.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Die Frist war ab- gelaufen!)

Herr Kollege Klug, wir haben uns hier explizit nach der Geschäftsordnung des Landtages mit der Frage der Dringlichkeit von Anträgen befasst. Es liegt ein Gesetzentwurf vor. Es wurde deutlich gemacht, dass es bezüglich dieses Gesetzentwurfs eine Dringlichkeit nicht gibt.

Hier liegt jetzt ein Antrag des SSW vor. Er zielt darauf ab, dass die Konsequenzen aus der Entscheidung eines Kreistages betrachtet werden. Hier ist deutlich gemacht worden, dass es ein klares, gesetzlich geregeltes Verfahren gibt, das außerhalb von Dringlichkeit steht. Deswegen ist es meines Erachtens kein Widerspruch zu sagen, dass dieses Thema aktuell ist und überall dort, wo es hingehört, gern auch brennend diskutiert werden soll, dass die Anträge in der Sache andererseits aber keine Dringlichkeit aufweisen. Man darf vor dem Hintergrund der Anträge jetzt nicht eine Debatte fordern, die meines Erachtens geschäftsordnungsmäßig nicht akzeptabel ist. Deswegen werden wir auch in diesem Fall gegen die Dringlichkeit stimmen. Die Diskussion steht uns offen, aber nicht zu diesen Anträgen, die keine Dringlichkeit aufweisen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Zur Dringlichkeit hat der Herr Abgeordnete KarlMartin Hentschel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es so ist, dass ein Kreis ein Gesetz nicht umsetzen will und der Innenminister deutlich macht, dass er nicht einzugreifen gedenkt, ist es nicht Sache der Kommunalaufsicht zu reagieren, sondern Aufgabe des Parlaments, sich mit dieser Frage zu beschäftigen.

(Zuruf von der SPD: Das ist die Aufgabe des Landrats!)

Das Parlament kann nicht dulden und akzeptieren, dass Gesetze, die das Parlament als Legislative beschlossen hat, in diesem Lande nicht mehr umgesetzt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Herr Kollege, Sie wollten zur Dringlichkeit sprechen.

Ja, ich habe zur Dringlichkeit gesprochen. - Wenn von der Landesregierung, wenn - in diesem Fall waren es sowohl der Fraktionsvorsitzende der SPD als auch der Fraktionsvorsitzende der CDU - von beiden Koalitionsfraktionen erklärt wird, dass sie die Schülerkostenbeteiligung nicht mehr wollen, obwohl sie im geltenden Gesetz vorgesehen ist, das der Landtag beschlossen hat, ist es dringend erforderlich, dass der Landtag sich mit dieser Frage beschäftigt. Es ist selbstverständlich, dass die Landesregierung an dieser Stelle berichten muss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es kann überhaupt nicht anders sein. Wenn das hier abgelehnt wird, dann hat dies nichts mehr mit dem Selbstverständnis des Parlaments zu tun, mit dem Souverän, der letztlich über diese Fragen entscheiden muss. Hier werden aus Koalitionsdisziplin Diskussionen im Landtag verhindert, die notwendigerweise zum Parlamentarismus gehören und hier geführt werden müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Nun noch zu der Frage, ob ein Rechtsbruch vorliegt oder nicht. Die Äußerung von Frau Heinold war keine Äußerung, die von ihr stammt, sondern ihre Äußerung beinhaltete einen Hinweis auf eine Äußerung von Ingbert Liebing, der - er ist hier persönlich zitiert worden - sehr deutlich in einer Zeitung gesagt hat: Das Gesetz wird von vielen Gemeinden und zwei Kreisen fröhlich unterlaufen. Der Innenminister ermuntert diese Gemeinden und Kreise zum Rechtsbruch. - Das ist nicht die Aussage von Frau Heinold. Das ist die Aussage von dem CDU-Bundestagesabgeordneten Ingbert Liebing. Auf diese Aussage ist Bezug genommen worden. Ich denke, dass er etwas ausgesprochen hat, was Tatsache ist. Ich sehe es auch so wie er. Wenn jetzt gesagt wird, dies wäre eine einseitige Behauptung vonseiten der Opposition, dann ist zu sagen, dass dies nicht der Fall ist. Die Äußerung gibt die Stim

(Jürgen Weber)

mung von großen Teilen der Regierungsfraktionen wieder. Das muss hier festgehalten werden. Wenn das aber die Stimmung in den Regierungsfraktionen ist und dies auch die öffentliche Debatte bestimmt, ist es allerdings dringend notwendig, dass das Parlament sich mit dieser Frage beschäftigt. Deswegen ist die Debatte, die die Abgeordnete Spoorendonk beantragt hat, dringlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki hat das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich bemühen, in der von Ihnen, Herr Präsident, bereits zugelassenen gemischten Debatte aus Dringlichkeitsbegründung und Sachbeitrag darzulegen, warum man über den Antrag des SSW über die Frage, ob hinsichtlich der Einbringung eines Gesetzentwurfs Dringlichkeit gegeben ist, kann man trefflich streiten - heute debattieren muss. Ich wollte nur sagen, dass ich dazu eine dezidierte Auffassung habe. In den 18 Jahren meines parlamentarischen Lebens ist dies bisher nicht vorgekommen.

Dass man aber über das Thema, das Frau Spoorendonk angesprochen hat, diskutieren muss, erschließt sich für mich bereits aus der öffentlichen Debatte, auf die der Kollege Hentschel Bezug genommen hat. Herr Präsident, wenn der Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU, Herr Liebing, der immerhin Bundestagsabgeordneter ist, öffentlich erklärt, was heute in der „sh:z“ nachzulesen ist, der Innenminister dieses Landes trage Mitschuld - ich darf das zitieren - „an dem Hickhack“ ich zitiere weiter -, „weil er das Landesgesetz auf kommunaler Ebene nicht durchgesetzt hat“, wenn er weiterhin erklärt, dass der Innenminister offen Rechtsbruch betreibe, indem er die Gemeinden und Kreise zum Rechtsbruch auffordere und „den Kompromiss aus dem Koalitionsausschuss von Anfang an boykottiert“, dann ist das ein Vorgang, mit dem sich das Parlament beschäftigen muss, und zwar aktuell in der Form, dass dieser Vorwurf von der Regierung entweder zurückgewiesen oder erläutert wird. Wenn die Große Koalition glaubt, sie könne zur Tagesordnung übergehen, dann empfinden wir das als Bestätigung dieser Aussage von Herrn Liebing.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Ich habe dazu etwas gesagt!)

- Herr Kollege Wadephul, ich habe nicht gehört, dass Sie gesagt hätten, das sei unzutreffend. Ich hätte gern gehört, dass Sie sagen, die Aussage Ihres ersten Repräsentanten der Kommunalpolitiker sei in dieser Frage unzutreffend.

Herr Präsident, ein Angriff dieser Art auf ein Mitglied der Landesregierung muss im Parlament behandelt werden, wenn wir uns nicht selbst aufgeben wollen. Deshalb ist dies tatsächlich dringlich. Andernfalls müssen die Sozialdemokraten hier erklären, Vorwürfe dieser Art gegen ihren Minister seien nicht dringlich. Dann haben wir eine andere Waffenlage.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Herr Oppositionsführer, ich darf auch Sie darauf hinweisen, dass zur Dringlichkeit des Antrages Drucksache 16/1716 gesprochen werden sollte. Es sollte nicht etwa eine allgemeine Debatte erfolgen. Hinweise darauf, dass Dringlichkeit dadurch begründet werden kann, dass man etwas als dringlich bezeichnet, helfen nicht weiter. Ich weise noch einmal darauf hin: Es ist zur Dringlichkeit des Antrages Drucksache 16/1716 zu sprechen.

Herr Abgeordneter Harms, Sie haben das Wort.

(Holger Astrup [SPD]: Meine Güte, alle wollt ihr in die Zeitung!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! - Lieber Kollege Astrup, für uns ist in erster Linie wichtig, noch einmal festzustellen, warum wir keine Aktuelle Stunde beantragt haben. Dies hat in der Debatte eben eine Rolle gespielt. Es gibt einen ganz einfachen Grund. Wir haben deshalb keine Aktuelle Stunde beantragt, weil die Frist dafür abgelaufen war. Wir mussten also ein anderes Mittel wählen und das ist ein solcher Dringlichkeitsantrag.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weiterhin möchte ich Sie noch einmal daran erinnern, dass innerhalb der nächsten zwei Wochen aufgrund dieses Beschlusses des nordfriesischen Kreistages irgendwie gehandelt werden muss, und zwar natürlich im ersten Moment durch den Land

(Karl-Martin Hentschel)

rat, möglicherweise aber auch durch den Innenminister, abhängig von der Frage, wie der Landrat sich verhält.

Nun kommt es: Wir haben den Antrag gestellt zu klären, welche Konsequenzen dieser Beschluss hat. Diese Konsequenzen kann man in zwei Teile teilen. Da wären zum einen die gesetzlichen Konsequenzen und zum anderen die Frage, inwiefern unser Gesetz, das wir einmal - zwar nicht mit unseren Stimmen - beschlossen haben, umgesetzt wird und welche Eingriffsmöglichkeiten möglicherweise genutzt werden, auch durch das Ministerium und somit durch den Innenminister. Das würde mich schon interessieren. Das ist eine rein gesetzliche Frage: Welche Lage haben wir derzeit? Welche Maßnahmen müssen wir erwarten? Ich möchte gern wissen, wie mein Innenminister - wenn man so will - mein Gesetz umsetzt.

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

- Lieber Kollege Astrup, ich weiß, dass es wehtut, wenn Sie sich dies jetzt anhören müssen.

(Holger Astrup [SPD]: Überhaupt nicht!)

Der viel wichtigere Teil der Frage ist aber die Frage, welche politischen Konsequenzen wir haben. Herr Kollege Astrup, Sie sind doch auch Politiker.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, ich stelle fest, das sind viele allgemeine Fragen. Kommen Sie bitte zur Dringlichkeit!

Lieber Herr Landtagspräsident, genau das ist die Dringlichkeit. Wir haben eine Äußerung unseres Ministerpräsidenten dahin gehend, dass er das Ganze ändern will. Wir haben ein Parlament, in dem man das eigentlich debattieren muss. Wenn ich jetzt höre, dass man das nicht debattieren will, dann kann ich nur den Schluss ziehen, dass man aus Sicht der Mehrheitsfraktionen doch keine Änderung will. Hier möchten wir gern Klarheit haben. Das ist dringlich. Es ist auch dringlich für die Bevölkerung, hier Klarheit in der Frage zu erhalten, ob Sie den Mumm haben, das Gesetz zu ändern, oder ob alles beim Alten bleiben soll. Diese Fragen sind mit Sicherheit dringlich.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Johann Wade- phul [CDU])

- Lieber Kollege Wadephul, diese Fragen sind mit Sicherheit dringlich. Ich finde, Sie sollten zumindest so viel Mumm haben, dies auch in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Sie sollten nicht alles abbügeln und hoffen, dass sich bis zur Dezembersitzung alles geregelt haben werde. Dies wird sich auch bis Dezember nicht geregelt haben. Sie müssen sich der Diskussion stellen und das sollten Sie lieber gleich tun.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Lothar Hay hat das Wort zur Dringlichkeit.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erkenne in dem Antrag des SSW keinen dringlichen Antrag. Erstens. Wenn der Kreistag Nordfriesland am Ende der letzten Woche einen offensichtlich rechtswidrigen Beschluss gefasst hat, dann ist es nach dem Gesetz des Landes Schleswig-Holstein Aufgabe des Landrats, diesen Beschluss zu beanstanden. Sollte er dies nicht tun, ist in einem nächsten Schritt das Ministerium zuständig, das für die Ausführung des Schulgesetzes zuständig ist. Es ist dann aufgefordert, hier ein Gespräch zu führen.

Im Fall Dithmarschen ist das zuständige Bildungsministerium tätig geworden. Sollte dies ebenfalls zu keiner Veränderung des Beschlusses des Kreistages Nordfriesland führen, ist die Kommunalaufsicht zuständig. Das ist das Innenministerium. Das ist das Verfahren, das im Gesetz des Landes SchleswigHolstein steht. Wir haben hier die Verpflichtung abgegeben, Gesetz und Verfassung des Landes Schleswig-Holstein zu achten. Das sage ich nur zur Erinnerung.