Protokoll der Sitzung vom 22.11.2007

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Ich erinnere daran, wie Sie sich gestern in der Debatte verhalten haben!)

Das Präsidium ist Herrscher aller Reußen. Etwas anderes werden wir nicht einführen, Herr Wadephul!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Höhe der Einkünfte aus Nebentätigkeiten muss in drei Stufen angezeigt werden. Regelmäßige monatliche Einkünfte werden als solche gekennzeichnet. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2007 diese Handhabung als rechtskonform und zulässig gebilligt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Völliger Unsinn!)

Die grüne Fraktion bringt heute einen Gesetzentwurf ein, damit diese Regelung zukünftig auch für den Schleswig-Holsteinischen Landtag gilt. Wir haben uns entschieden, das Berliner Modell eins zu eins zu übernehmen,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Auch sprach- lich?)

um von Anfang an eine rechtlich geprüfte Lösung auf dem Tisch zu haben. Wir hoffen auf eine breite Zustimmung. Denn ich sehe keinen ernsthaften Grund dafür, warum eine Lösung in Berlin richtig und in Schleswig-Holstein falsch sein sollte.

(Beifall von Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Bei der Diätenerhöhung sehen Sie das ganz anders!)

Zusätzlich zur Transparenz der Abgeordneteneinkünfte fordern wir, dass auch die Nebentätigkeiten der Minister und Staatssekretäre zukünftig im Internet für alle Bürgerinnen und Bürger nachlesbar veröffentlicht werden sollten. Bisher muss dazu eine Kleine Anfrage von einem Mitglied des Landtages gestellt werden. Aus unserer Sicht wäre dies zukünftig ein überflüssiger Verwaltungsvorgang, wenn eh alles im Netz stünde.

Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, Transparenz dient dazu, Vertrauen in Politikerinnen und

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

Politiker und in die Politik zu stärken. Transparenz dient auch dazu, mögliche Interessenkonflikte zwischen Politik, Verbänden und einzelnen Unternehmen aufzuzeigen. Ich bin der Auffassung, dass es ein Recht der Bürgerinnen und Bürger gibt zu erfahren, welche Einkünfte aus anderen Tätigkeiten Abgeordnete neben ihrem Mandat noch haben.

Nun zum zweiten Themenkomplex unserer Anträge, nämlich der Beendigung der Doppelversorgung ausgeschiedener Landesministerinnen und Landesminister. - Meine Damen und Herren, das Ministergesetz war über die Jahre immer wieder Gegenstand von Veränderungen und Reformen. Die letzte weitgehende Reform der Versorgung von Regierungsmitgliedern fand im Jahr 2000 statt. Es war die sogenannte Lex Müller. Denn mit Klaus Müller stellte die grüne Partei den jüngsten Minister in Deutschland. Nach der damals gültigen Rechtslage hätte Klaus Müller nach fünfjähriger Ministerzeit bereits mit 34 Jahren einen Anspruch auf lebenslange Altersversorgung gehabt.

Es bestand über die Parteigrenzen hinweg Einigkeit, dass das Ministergesetz geändert werden musste, und zwar auch und gerade weil an einem Einzelfall deutlich wurde, dass die Rechtslage so nicht hinnehmbar war. Bei der damaligen Änderung des Ministergesetzes war es erklärte Absicht des Parlaments, zukünftig eine Altersgrenze für den Versorgungsanspruch festzuschreiben und Überund Doppelversorgung abzuschaffen. Dieses sollte sich insbesondere auch auf das Zusammentreffen von Bezügen und Übergangsgeldern aus der Abgeordnetentätigkeit in Verbindung mit der Ministertätigkeit beziehen.

Ich möchte insoweit aus der Drucksache 15/117 aus dem Jahr 2000 zitieren. Dort heißt es in der Begründung des von der Landesregierung ausgearbeiteten Ministergesetzes in § 14:

„Absatz 2 regelt das Zusammentreffen von Erwerbseinkommen mit Übergangsgeld. Dabei findet eine Vollverrechnung statt. Erwerbseinkommen im Sinne des Gesetzes ist auch eine Entschädigung aus der Mitgliedschaft in einer gesetzgebenden Körperschaft.“

Dass damals bei der Ausformulierung des Gesetzes ein Fehler unterlaufen war, der dazu führte, dass genau dieses Ziel, nämlich ein Ende der Doppelversorgung, nicht erreicht wurde, ist mir erst durch die Presseberichterstattung im September dieses Jahres klar geworden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aha!)

Meine Damen und Herren, ich gebe zu, dass ich dieses nicht gewusst habe, gern aber schon vor zwei Jahren gewusst hätte, um schon damals, als Grüne von dieser Regelung profitiert haben, einen Vorschlag zur Änderung des Ministergesetzes einzubringen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Ha, ha, ha! - Peter Lehnert [CDU]: Das Geld kann man spenden!)

Es ist immer einfacher, eine Änderung eines Versorgungsgesetzes vorzuschlagen, wenn auch eigene Parteimitglieder davon betroffen sind - so, wie wir es im Jahr 2000 mit der erwähnten Lex Müller gemacht haben. Das kann aber im Umkehrschluss nicht heißen, dass wir als Opposition keine Vorschläge machen dürfen, weil wir keine Ministerin oder keinen Minister stellen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Gott sei Dank!)

Ich begrüße es, dass CDU und SPD inzwischen Zustimmung und eine zügige Beratung signalisiert haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Detail schlagen wir vor, im Sinne einer konsequenten Gegenrechnung die §§ 14 und 15 des Ministergesetzes neu zu fassen und dort die Bezugnahme auf das Abgeordnetengesetz zu streichen. Im Gegenzug muss im Abgeordnetengesetz klargestellt werden, dass trotz Übergangsgeld die volle Diät erhalten bleibt.

Meine Fraktion ist für andere Vorschläge offen und bedankt sich beim Landesrechnungshof, dass er dem Parlament bereits ergänzende Vorschläge gemacht hat. Ziel muss es sein, dass zukünftig alle Einkünfte - auch die aus der Abgeordnetentätigkeit - auf die Übergangsgelder der Ministerinnen und Minister angerechnet werden. Denn Übergangsgelder - so sagt es schon der Name - sollen den Übergang aus der Ministertätigkeit in eine andere berufliche Tätigkeit finanziell absichern. Sie sind nicht als zusätzliche Versorgung zu Einnahmen aus einer anderen Tätigkeit gedacht.

Nach der heutigen Rechtslage werden alle Einkünfte auf das Übergangsgeld von Ministerinnen und Ministern angerechnet; die einzige Ausnahme bilden Abgeordnetenbezüge, wenn im Abgeordnetengesetz selbst schon eine Anrechnung vorgesehen ist. Dieses ist im Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetz der Fall; allerdings gibt es nur eine geringe Kürzung.

(Monika Heinold)

Meine Damen und Herren, diese Rechtslage entsprach damals und entspricht auch heute nicht unserer Absicht.

Der dritte Punkt unseres Antragspakets betrifft die grundsätzliche Umstellung der Altersversorgung für Ministerinnen und Minister. - Nachdem der Landtag 2006 die eigenverantwortliche Altersversorgung für Abgeordnete beschlossen hat, schlagen wir vor, diese Regelung auch im Ministergesetz zu verankern. Mit dem Abgeordnetengesetz haben wir eine gute und praktikable Lösung für die eigenständige Altersversorgung von Politikerinnen und Politikern gefunden - wir sind damit bundesweit an der Spitze der Bewegung - und es wäre nur konsequent, dieses Modell jetzt auch auf die Ministerinnen und Minister zu übertragen. Damit wären auch die Minister hinsichtlich ihrer Versorgung vom überkommenen Dienstrecht für Beamte abgekoppelt. Der Wechsel aus der Wirtschaft in die Politik und andersherum würde erleichtert, wenn die Versorgungssysteme kompatibel wären.

Dieses System dient auch der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit: Wie bei den Abgeordneten fallen dann zukünftig die Kosten für die Altersversorgung in den aktuellen Haushalten an und werden nicht der zukünftigen Generation aufgebürdet.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion hofft auf eine konstruktive Beratung im Ausschuss, auf eine zügige Behandlung und - wie ich bereits sagte - wir sind offen für andere Formulierungsvorschläge.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Heinold. - Für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Thomas Stritzl das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat uns heute einen Fächer von Anträgen und Gesetzentwürfen vorgelegt. Sie befassen sich, wie vorhin dargestellt, im Wesentlichen mit Nebentätigkeiten, Versorgungsbezügen und Verhaltensregeln für Minister, Beamte und Abgeordnete. Anlass hierfür war die aktuelle Frage, ob Minister, welche aus dem Amt ausscheiden und in eine mit Zusatzdotation versehene Parlamentsfunktion wechseln, gleichwohl Anspruch auf die vollen Übergangsgelder haben, die ihnen nach den gesetzlichen Bestimmun

gen zustehen. Ich betone: nach den gesetzlichen Bestimmungen, denn hier geht es nicht um den Fall eines persönlichen Gestaltungsgeschicks.

Wir sind uns, wie ich hoffe, in der Beurteilung einig, dass es Sinn und Zweck der Übergangsgelder ist, Minister und Ministerinnen den Übergang in eine andere Berufstätigkeit zu ermöglichen, dass sie also diesen Übergang finanziell für einen gewissen Zeitraum absichern helfen sollen. Nicht gewollt auch nicht im Einzelfall - war der mögliche Effekt, der diese Lebensstandardsicherungsklausel im Ministergesetz in ihr Gegenteil, nämlich in eine Meistbegünstigungsklausel verkehrt. Diese Verkehrung des ursprünglich Gewollten muss zügig korrigiert werden, und zwar einerseits im Interesse des diesbezüglich öffentlich in Rede Stehenden selbst, andererseits aber auch deshalb, weil die Glaubwürdigkeit der Politik selbst auf dem Prüfstand steht.

Meine Fraktion tritt deshalb für eine Neuregelung ein, welche einerseits den Anspruch von Ministern und Ministerinnen im bestehenden Umfang sichert, andererseits jedoch gewährleistet, dass im Falle der zeitgleichen Übernahme einer bezahlten Tätigkeit die dadurch neu erworbenen Einkünfte auf den eigentlich gegebenen Anspruch auf Auszahlung von Übergangsgebührnissen in voller Höhe angerechnet werden,

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

egal ob das Kabinettsmitglied seine Tätigkeit im öffentlichen oder aber im privatwirtschaftlichen Bereich neu gefunden hat. Eine Änderung des Ministergesetzes ist deshalb qualifiziert in Angriff zu nehmen, und zwar qualifiziert deshalb, weil sichergestellt werden muss, dass nicht nur der diskutierte Fall, sondern auch andere Eventualitäten von der Neuregelung grundsätzlich abgedeckt werden. Dies kann bedeuten, dass der Blick auch auf andere Gesetze zu richten ist.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Über die aktuelle Frage hinaus hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter anderem Neuregelungen im Hinblick auf Nebentätigkeiten, Versorgungsbezüge und den Verhaltenskodex vorgelegt. Auch hierüber sollten wir im Ausschuss mit Sorgfalt beraten. Den Zeitdruck, den wir in Bezug auf die vorgenannte Fragestellung haben, haben wir hier aber nicht.

Frau Kollegin Heinold, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang zwei Anmerkungen, weil die Ge

(Monika Heinold)

fahr entsteht, dass Ihre Ausführungen in der öffentlichen Diskussion zu Missverständnissen führen. Das Schleswig-Holsteinische Abgeordnetengesetz sieht vor, dass Abgeordnete ihre Tätigkeit in Bereichen außerhalb des Mandates öffentlich darlegen.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das tun sie aber nicht!)

- Schauen Sie bitte in das Handbuch für Abgeordnete! Dort sind die entsprechenden Angaben zu finden. Nicht darin enthalten - darin gebe ich Ihnen recht - sind Bezüge in geldwertem Umfang. Es ist aber schon heute für jedermann ersichtlich, wer im Schleswig-Holsteinischer Landtag ein Mandat wahrnimmt und wer neben dem Mandat welche Nebentätigkeiten ausübt. Diesen Transparenzschritt haben wir schon getan, und zwar schon sehr viel früher, als andere es getan haben, übrigens auch eher, als die Berliner ihn getan haben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Die Nebentätigkeit von Ministern ist, wenn ich richtig informiert bin, von dem Hohen Hause selbst zu genehmigen. Ich glaube, das Ministergesetz beinhaltet die Regelung, dass Nebentätigkeiten von Ministern dem Landtag zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Wenn das so ist, will ich aufgrund der Situation, die wir haben, dem vielleicht fälschlich erweckten Eindruck entgegentreten, dass Mitglieder der Kabinette - dabei geht es nicht nur um unsere Mitglieder, sondern auch um frühere Mitglieder der Kabinette - eventuell heimlich und im Dunkeln irgendwelche Nebentätigkeiten ausüben, von denen das Hohe Haus keine Kenntnis hat. Konkret gesagt: Wenn ein Minister um die Genehmigung für eine Nebentätigkeit nachsucht, liegt es im Ermessen des Landtages, ihm diese eventuell auch zu untersagen.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])