len Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass diese Konzepte nicht nur als lästige formale Pflichtübung verstanden, sondern sehr ernst genommen werden. Ich erinnere hierbei an die Diskussion über die Schulprofile. Hier haben wir ähnliche Erfahrungen zu verzeichnen.
Das, was ich bei den vorliegenden Zahlen allerdings sehr schade finde, ist, dass ausgerechnet in der Landeshauptstadt Kiel die Uhren ein wenig anders, nämlich nachgehen. Von der Landeshauptstadt hätte man eigentlich erwarten sollen, dass sie die Funktion eines landesweiten Leuchtturms übernimmt. Bisher liegen von ihr überhaupt keine Umwandlungsanträge vor. Die Hansestadt Lübeck hat immerhin für die Holstentor-Realschule einen Umwandlungsantrag in eine Regionalschule sowie einen Antrag auf Zusammenführung einer bisherigen Grund- und Hauptschule und einer Realschule zu einer Gemeinschaftsschule beantragt.
Niemand von uns weiß, wie sich die Wählerinnen und Wähler in den einzelnen Kreisen, Städten und Gemeinden unseres Landes bei den Kommunalwahlen im Mai entscheiden werden. Die Hoffnungen und die Erwartung darauf, dass sich kommunale Mehrheiten ändern werden, sind unter unseren Fraktionen natürlich sehr unterschiedlich ausgeprägt und verteilt. Manche wünschen sich sogar, dass sie in die Kommunalparlamente überhaupt hinein gewählt werden. Natürlich wird es so sein, dass neu gewählte Kommunalparlamente früher gefasste Beschlüsse wieder ändern können, solange noch keine unumkehrbare Schritte eingeleitet worden sind. In solchen Fällen können die Schulträger beim Bildungsministerium beantragen, eine bereits erteilte Genehmigung wieder aufzuheben und einen neuen Beschluss zu fassen. Dadurch ergeben sich natürlich Verzögerungen bei der Errichtung einer neuen Gemeinschafts- oder Regionalschule.
Ich hoffe, dass die Diskussion über die bessere Schule für unsere Kinder auch in den Monaten des Kommunalwahlkampfs unemotional und an den Interessen der Kinder ausgerichtet bleibt und dass die Schulträger die Chance nutzen, durch überlegte Entscheidungen ihre Schulstandorte auch durch mögliche Kooperationen miteinander langfristig zu sichern. Das wäre ein Appell an die Schulstandorte in der Region, die Schulstandorte im ländlichen Raum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In ihrer Pressemitteilung vom 5. Dezember hat Ministerin Erdsiek-Rave erklärt:
„Ziel bleibe es, in den jeweiligen Kreisen ein wohnortnahes und alle Schularten umfassendes Angebot zu schaffen.“
-Dieses Ziel wird jedoch, wie man unschwer auch aus der veröffentlichten Liste, die das Ministerium herausgegeben hat, ablesen kann, mit einiger Sicherheit verfehlt. Von den 39 Anträgen auf Einrichtung von Regionalschulen entfallen nämlich gerade nur drei Anträge auf das Hamburger Umland: zwei auf die Stadt Pinneberg, einer auf Bad Oldesloe. Folglich entwickelt sich die Regionalschule in erheblichen Teilen des Landes zu einer seltenen Randerscheinung. Man kann sagen: Größere Regionen des Landes entwickeln sich zu regionalschulfreien Zonen.
In den Landtagsdebatten des letzten Jahres und Anfang dieses Jahres zur Schulgesetznovelle habe ich übrigens diese Entwicklung vorausgesagt.
Wenn vielerorts vor allem Gemeinschaftsschulen an die Stelle der bisherigen Realschulen und Hauptschulen treten, so ergeben sich daraus mehrere Konsequenzen. Zum einem wird die Schulgesetzbestimmung, der zufolge Gemeinschaftsschulen nicht zur „örtlich zuständigen Schule“ erklärt werden können, auf mittlere Sicht nicht zu halten sein. Gleiches gilt für die Klausel in der Landesverordnung für Gemeinschaftsschulen, die besagt, dass diese Schulen sich ihre Schüler auswählen, das heißt fallweise auch Schüler abweisen können. Wenn in ein bis zwei Jahren in einigen Regionen neben den Gymnasien faktisch nur Gemeinschaftsschulen existieren und erreichbar sein werden, dann wird man das Schulgesetz und die Gemeinschaftsschul-Verordnung in diesen beiden Punkten ändern müssen, anders geht es dann schlicht nicht.
Ich möchte auf einen Punkt hinweisen, der in der Schulentwicklung bislang nicht hinreichend beachtete worden ist. Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen die geringe Größe der neuen Schulen voraus
sichtlich bereits in absehbarer Zeit erhebliche Probleme aufwerfen wird. Das gilt übrigens für Gemeinschaftsschulen und Regionalschulen gleichermaßen. Falls die neuen Schulen nämlich relativ nahe an den verordneten Mindestgrößen liegen, werden sie durch die demografische Entwicklung in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen. Wenn eine neue Schule beispielsweise dreizügig mit einer Klassenstärke von 25 Schülern eingerichtet wird, also mit 75 Schülern pro Jahrgang, so würde ein 20-prozentiger Rückgang der Schülerzahlen die Jahrgangsstärke auf 60 absenken. In diesem Fall gäbe es zwei Alternativen: entweder die Dreizügigkeit aufrechtzuerhalten oder zur Zweizügigkeit zu wechseln. Bildet man weiterhin drei Klassen, dann mit je 20 Schülern, so bewirkt aber die schülerzahlbezogene Personalzuweisung an die Schulen zwangsläufig eine massive Kürzung des Unterrichtsangebots. Wechselt man hingegen zur Zweizügigkeit, so würde in dem Modellbeispiel, das ich genannt habe, die Klassenstärke, also die Zahl der Schüler pro Klasse, auf 30 nach oben klettern.
- Diese Entscheidung muss dann so oder so vor Ort getroffen werden. - Ich will nur sagen: Wenn wir beim Start relativ kleine Einheiten haben - das gilt für beide neuen Schularten gleichermaßen -, dann wird die demografische Entwicklung dazu führen, dass man die Wahl zwischen Pest und Cholera hat: entweder in kleinen Klassen ein deutlich reduziertes Unterrichtsangebot oder aber relativ hohe Klassenfrequenzen. Das Rechenbeispiel, das ich vorgestellt habe, macht es deutlich. Gerade für Schularten mit einer heterogenen Schülerschaft, wo es auf Förderung, Differenzierung und Unterstützung des Einzelnen ankommt, ist das eine ziemlich schwierige Arbeitssituation.
Von den sieben neu eingerichteten Gemeinschaftsschulen, die es schon in diesem Schuljahr gibt, liegen immerhin zwei mit Jahrgangsstärken von 70 beziehungsweise 71 Schülern genau in der von mir beschriebenen Problemzone. Die Landesregierung sagt ja für das kommende Jahrzehnt einen landesweit durchschnittlichen Rückgang der Schülerzahlen von 20 % voraus und sie plant die Streichung von 2.900 Lehrerstellen, was bei dem Mechanismus einer schülerzahlbezogenen Lehrerzuweisung für diese Schulen selbstverständlich Probleme aufwerfen wird. Das heißt, das berühmte Wort von der demografischen Rendite ist für die Schulpolitik ein echtes Problem. Wenn wir Schul
strukturen haben, die von relativ kleinen Einheiten ausgehen, dann wird die Streichung von Lehrerstellen parallel zum Schülerzahlrückgang viele Schule in eine erheblich Schieflage bringen. Sie haben eine Reihe von relativ kleinen Einheiten schon genehmigt. Ich kann deshalb sehr gut verstehen, dass Kollege Holger Astrup in den „Schleswiger Nachrichten“ vom 29. November die Schulträger zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung in der Schulentwicklungsplanung mahnt: „Es sollte nicht so sein, dass jede Schule ihr eigenes Süppchen kocht.“ - Dies ist recht drastisch. Aber es ist natürlich richtig. Ein Verfahren nach dem Motto „Wünsch dir was“ führt da ziemlich in die Irre.
In der „Eckernförder Zeitung“ vom 30. November liest man, dass eine Schule von 152 Schülern meint, sie könne eine Regionalschule werden. Daran sieht man, dass es mancherorts Vorstellungen gibt, die sich in der Praxis als wenig realistisch herausstellen.
Letzte Anmerkung! Frau Erdsiek-Rave, vielleicht könnten Sie noch etwas zu der Meldung in der „Lauenburgische Landeszeitung“ vom 3. Dezember sagen, wonach in Schwarzenbek vonseiten Ihres Ministeriums gefordert wurde, dass eine Gemeinschaftsschule eine Mindestgröße von „dauerhaft 400 Schülern“ erreichen solle. Planen Sie, die Mindestgrößenzahlen heraufzusetzen? Zumindest ist dies in der regionalen Berichterstattung im Herzogtum Lauenburg thematisiert worden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dazu eine Antwort hätten.
Für die Abgeordneten des SSW erteile ich der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.
hob die Ministerin hervor, dass der Umbau des Schulsystems in Schleswig-Holstein zügig vorangeht. Auch hat sie wörtlich gesagt:
„Das zeigt uns, dass die Verantwortlichen vor Ort die neue Schullandschaft aktiv mit gestalten und mit einer Entscheidung nicht bis 2010 warten wollen.“
Dennoch bleiben wir dabei, dass es nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Weiterentwicklung der Schullandschaft in Schleswig-Holstein besser gewesen wäre, wenn alle Schulen in SchleswigHolstein in Gemeinschaftsschulen umgewandelt worden wären,
Nicht weil Gemeinschaftsschulen per se gute Schulen sind, sie haben aber viel bessere Möglichkeiten, es zu sein, als Schulen des gegliederten Schulsystems. Sie geben eben den Schülerinnen und Schülern mehr individuellen Freiraum, unterstützen Stärken und gleichen Schwächen aus. Soll heißen: Sie können im Rahmen ihrer pädagogischen Arbeit wesentlich schneller auf Veränderungen bei ihren Schülerinnen und Schülern reagieren. Das ist das ganz Zentrale bei der Gemeinschaftsschule.
Darum sage ich zum wiederholten Mal: Mit den Schulen des Dänischen Schulvereins können wir auf funktionierende Beispiele im Land verweisen, die Wankelmutige, die sich schwer tun, zu neuen Ufern aufzubrechen, mit ihrer lebendigen Praxis ermutigen können. Man muss eben nicht nach Finnland fahren, um mitzuerleben, wie sich Schüler gegenseitig stärken und vorurteilsfrei zusammen lernen.
Die Eltern nehmen die neuen Angebote der Gemeinschaftsschulen auf breiter Front an. 56 Anträge - so hörten wir - lagen dem Ministerium Anfang Dezember zur Genehmigung vor. Wer allerdings meint, dass nun allerorts die neue Struktur im Handumdrehen umgesetzt wird, sieht sich leider getäuscht.
Ich sehe hier zumindest zwei Probleme. Erstens wünsche ich mir, dass das Bildungsministerium noch stärker als bisher den Entscheidungsprozess vor Ort positiv begleitet. Ich propagiere hier keine Friede-Freunde-Eierkuchen-Politik, weil mir be
wusst ist, dass im Bereich der Schulpolitik einstimmige, also unstrittige Entscheidungen eher die Ausnahme bilden; dennoch wird eine große Chance vertan, wenn die Betroffenen nicht ausreichend über alle Entscheidungen informiert werden. Dann ist es kein Wunder, wenn Eltern verunsichert werden. Dazu hat es laut Presseberichten einige unschöne Situationen gegeben.
Das zweite Problem ist die Missachtung des Elternwillens durch die Politik vor Ort. Die Eltern machen sich ihre Entscheidungen nicht leicht. Sie wissen um die Tragweite der Entscheidung und möchten das Beste für ihre Kinder erreichen. Wenig hilfreich waren daher die Versuche einzelner Kreistage, den Elternwillen zu kippen, weil er angeblich nicht mit der Schulentwicklungsplanung des Kreises zu vereinbaren war.
Als wir vor der Sommerpause den Antrag des SSW zur Umsetzung des Schulgesetzes hier im Plenum debattierten, ging ich ausführlich auf dieses Problem ein, weil es zu dem Zeitpunkt ganz aktuell war. Ich weiß nicht, ob sich die Wogen in dieser Hinsicht inzwischen geglättet haben.
Dennoch gibt es weiterhin Beispiele im Land, wo der Elternwille nicht zum Zug kommt. Ich sage das ganz übergeordnet. Das hat weniger mit Regionaloder Gemeinschaftsschulen zutun. Ich hörte beispielsweise aus Eckernförde, dass sich ein Schulbeirat mit 24:1 für die Fusion mit der Nachbarschaftsschule aussprach. Die Stadt will als Schulträger anders verfahren und die Schule mit einer anderen Schule zusammenlegen. Da geht viel Porzellan zu Bruch, wenn denjenigen, denen die Entscheidungsrechte zugesprochen werden, dann doch nicht das letzte Wort haben. Das Schulgesetz will erklärtermaßen gerade nicht von oben eine neue Struktur aufoktroyieren, sondern setzt auf die Kräfte von unten.
Wir wissen aus Gesprächen, aus Presseberichten, dass die Eltern vor Ort viel weiter sind als manche Kommunalpolitiker. Dass einige Honoratioren ihre Schwierigkeiten damit haben, ist bedauerlich. Damit müssen sie aber leben. Der SSW wollte ein Schulgesetz aus einem Guss. Stattdessen haben wir mit der Regionalschule und dem G-8-Gymnasium weiterhin ein mehrgliedriges Schulsystem, das letztlich notwendige schulpolitische Weichenstellungen konterkarieren wird, wenn es zum Beispiel darum geht, Chancengleichheit für Kinder aus sozial schwachen Familien herbeizuführen.
schulen als Regelschulen aufgefasst werden. Die breite Akzeptanz der Gemeinschaftsschule ist da und sollte endlich auch von selbsternannten konservativen Strukturwächtern anerkannt werden.
Zu einem Kurbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mich hat schon etwas gereizt, was Sie gesagt haben, Frau Herold. Ausgerechnet die CDU, die lange Zeit für mehr Wettbewerb im Schulsystem und sogar dafür eingetreten ist, die Schuleinzugsbereiche abzuschaffen - das ist auch gelungen; das finde ich gut -, hat jetzt Angst vor freiem Wettbewerb. Sie erklären in der Zeitung, Anträge auf Einrichtung von Gemeinschaftsschulen müssten abgelehnt werden, wenn in der Nähe keine Regionalschule mehr sei. Sie haben Angst vor dem Wettbewerb, wenn ihnen der Wettbewerb nicht mehr passt, wenn das Ergebnis des Wettbewerbs anders, ist als sie es wollen.
Es gibt in einer Reihe von Städten in SchleswigHolstein Auseinandersetzungen. Ich denke dabei nur an die Auseinandersetzungen in Bad Segeberg, die Auseinandersetzungen in Lübeck, aber auch an die Auseinandersetzungen in Kiel. In Kiel wollen die Schulen Gemeinschaftsschulen, die Eltern wollen Gemeinschaftsschulen und Sie versuchen, das zu verhindern. Und jetzt kommen sie mit ihrem Wettbewerb.
Ich sage ihnen - auch an die SDP gerichtet -: Wir haben es in Kiel erreicht - ich habe an den Gesprächen teilgenommen -, eine flächendeckende Elterbefragung an allen Grundschulen durchzuführen. Das ist der Weg, den wir gehen sollten. Es ist demokratisch, mit den Eltern zu reden. Wir alle wissen, dass sich die Eltern im Interesse ihrer Kinder entscheiden werden. Das ist ein guter Weg. Das ist in vielen Gemeinden so gemacht worden. Dann haben sie ein gute Grundlage zu entscheiden. Es wäre ganz schlecht gewesen, jetzt mit der CDU vor der Kommunalwahl faule Kompromisse auszuhandeln, die hinterher keinen Bestand mehr haben. Dann nämlich müssten Anträge wieder zurückgenommen