Spricht man nun aber mit den Eltern und den Lehrern, die mit großem Engagement an ihrer neuen Schule arbeiten, dann bekommt man erschreckende Reaktionen. Hier komme ich auf die Politik der Landesregierung zu sprechen. Von ganz vielen Eltern und Lehrern wird an mich herangetragen, dass sie sich von der Regierung und von dem Landtag im Stich gelassen fühlen. Es fängt damit an, dass für die neue Schulart kaum eine geeignete Weiterbildung angeboten wird. Jede Schule muss sich die Konzepte für einen binnendifferenzierenden Unterricht selbst mühsam neu erarbeiten. Besonders schlimm wird empfunden, dass das Schulgesetz eine Schulleiterwahl in den neuen Gemeinschaftsschulen nicht zulässt. Gerade in der Aufbauphase ist es aber eine Katastrophe, wenn neue Schulen Schulleiter bekommen, die das neue Konzept mehr oder weniger offen ablehnen, Frau Ministerin.
Völlig absurd aber ist die Benachteiligung der Gemeinschafts- und der Regionalschulen gegenüber den Gymnasien. Sie sind nicht nur durchweg schlechter ausgestattet. Welchen Grund gibt es bitteschön dafür, dass die Lehrer an Gemeinschaftsschulen schlechter bezahlt werden sollen, dass sie weniger Aufstiegschancen haben und dass sie mehr arbeiten müssen als Gymnasiallehrer? Das gibt doch keinen Sinn. Ist es denn so, dass an den Gymnasien schwierigere Schüler zu unterrichten sind? Warum bekommen die Gymnasien mit dem Übergang zu G 8 auch noch vier Stunden mehr Unterricht und damit über 10 % mehr Lehrerstunden als die Gemeinschaftsschulen? Das kann doch nicht wahr sein, das ist doch nicht gerecht! Nicht akzeptabel ist auch, dass die meisten Gemeinschaftsschulen keine Oberstufe bekommen. Die Schüler müssen nach Abschluss der 10. Klasse wechseln. Da wäre es kein Problem, wenn mehrere Schulen Gymnasien und Gemeinschaftsschulen - jeweils ein gemeinsames Oberstufenzentrum bekämen.
Last, but not least: Die gesamte Lehrerbildung muss endlich auf das neue Schulsystem umgestellt werden, und zwar hin zu Richtung mehr Pädagogik und Psychologie, mehr Praxis und mehr Didaktik. Es kann nicht sein, dass wir ein neues Schulsystem schaffen und mit der Lehrerausbildung so weitermachen wie bisher.
Wer im Land herumfährt, der stellt fest, dass die Begeisterung von Eltern und Lehrern für das neue Schulsystem an vielen Orten geradezu beflügelnd ist. Sie fühlen sich aber von der Regierung im Stich gelassen. Herr Driftmann hat übrigens auch Recht ich muss das einmal deutlich sage -, wenn er sagt, dass man den Schulen endlich mehr Freiheiten und dass man vor Ort endlich mehr Gestaltungsraum geben muss.
Selbst Niedersachsen, das rein konservativ regiert wird, ist hier wesentlich weiter als Schleswig-Holstein.
Herr Ministerpräsident, Sie haben es möglich gemacht, dass die Türen für die neue Schule geöffnet wurden. Das war mutig. Sorgen Sie jetzt dafür, dass Ihre Parteifreunde aufhören, den engagierten Eltern und Lehrern Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Lassen Sie sich nicht zu einem Hampelmann machen, der hier etwas beschließt, was vor Ort immer wieder umgekippt wird.
Herr Kollege Hentschel, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Hampelmann kein parlamentarischer Ausdruck ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hentschel, offensichtlich haben Sie die Inhalte der jetzt in Schleswig-Holstein anberaumten Schulreform nicht verstanden. Ansonsten könnte ich mir nicht erklären, wie Forderungen, die auch schon vor zehn Jahren von Ihnen hier vorgetragen
Meine Damen und Herren, mit dem neuen Schulgesetz haben wir in Schleswig-Holstein eine Straffung der Schulformen zum Säulensystem „2 plus“ vorgenommen. Die erste Säule sind die Haupt- und Realschulen, die zukünftig als Regionalschulen arbeiten werden. Die zweite Säule wird von den Gymnasien getragen. Und als Angebot haben in diesem Jahr Gemeinschaftsschulen ihre Arbeit aufgenommen. Mit der Einführung dieses Systems hat die Große Koalition in Schleswig-Holstein einen langwährenden bildungspolitischen Grundsatzstreit beendet und eine parteiübergreifende Einigung zur Reform des Schulsystems in der Sekundarstufe erzielt. Übrigens, in neun anderen Bundesländern hat dieser Prozess schon stattgefunden. Dort besteht bereits ein Zwei-Säulen-System. Die Gemeinschaftsschule wird zurzeit lediglich in SchleswigHolstein angeboten.
Meine Damen und Herren, zum kommenden Schuljahr, in dem auch Regionalschulen zunächst auf freiwilliger Basis ihre Arbeit aufnehmen können, wurden 39 Regionalschulen und 55 Gemeinschaftsschulen und ein Gymnasium mit Regionalschulteil beantragt. Diese Zahlen machen deutlich, dass die Umstrukturierung der Schulstrukturen greift und die Verantwortlichen vor Ort die Veränderung der Schullandschaft in Schleswig-Holstein aktiv begleiten.
Vor dem Hintergrund, dass Regionalschulen per Gesetz im Jahre 2010 aus Real- und Hauptschulen erwachsen, zeigt die erfreuliche Antragslage zum kommenden Schuljahr, dass nach dem Start mit sieben Gemeinschaftsschulen im Lande nun auch die Regionalschulen mit 39 Anträgen auf einem guten Weg sind. Die CDU geht davon aus - Sie haben das bereits erwähnt, Frau Ministerin -, dass sich die Bildungsministerin ebenso engagiert für den Start der Regionalschulen einsetzen wird, wie dies bei den Gemeinschaftsschulen der Fall ist.
Meine Damen und Herren, unser gemeinsames Ziel ist und bleibt es, wie auch im Schulgesetz verankert, in den Kommunen ein flächendeckendes, wohnortnahes Angebot aller Schularten vorzuhalten. Die Wahlfreiheit der Eltern muss dabei gewährleistet sein. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es daher unbedingt notwendig, Schulentwicklungspläne zur entscheidenden Grundlage zu machen. Dies muss auch bei der Bewilligung der Einrichtung einer Regionalbeziehungsweise Gemeinschafts
schule zu Beginn des Schuljahres 2008 der Fall sein. Nicht ohne Grund ist in den Verordnungen das Vorhandensein eines Schulentwicklungsplanes als Voraussetzung für die Genehmigung formuliert. Haben wir beim Start der sieben Gemeinschaftsschulen im letzten Jahr noch ein Abweichen von diesem Prinzip zugelassen, so ist die abgestimmte Schulentwicklungsplanung von Schulträgern und Kreisen zum kommenden Schuljahr unbedingt einzuhalten. Nur so kann zukünftig verhindert werden, dass ein unkoordinierter Flickenteppich der schulischen Versorgung in unserem Land entsteht.
Präferenzen für ein bestimmtes System darf es bei der Bewilligung seitens des Bildungsministeriums nicht geben. Wenn CDU und SPD von der Überwindung gegensätzlicher bildungspolitischer Grundüberzeugungen sprechen, muss dies auch bei der Umsetzung des Schulgesetzes eingehalten werden. Daher kann und darf es nicht sein, meine Damen und Herren, dass Vertreter des Bildungsministeriums und der Schulaufsicht durch die Kreise und Städte reisen, um Gemeinschaftsschulen schmackhaft zu machen.
Es kann nicht darum gehen, mit möglichst hohen Antragszahlen den Eindruck zu erwecken, ein System sei dem anderen überlegen. Regionalschulen und Gemeinschaftsschulen dürfen nicht in den Wettbewerb gegeneinander gestellt werden. Sie sollen vielmehr mit der Regionalschule als Regelschule und der Gemeinschaftsschule als Angebot gemeinsam die Weiterentwicklung der Sekundarstufe I sichern. Es geht um pädagogische Entwicklungen, die wir mit dem neuen Schulsystem transportieren wollen und die zum Wohl unserer Kinder umgesetzt werden müssen. Es geht nicht um äußere Strukturen von Schule, es geht nicht um die sechzigste Gemeinschaftsschule, es geht um innere Reformen von Schule, die lange überfällig sind und mit den Rahmenbedingungen des neuen Schulgesetzes jetzt in Angriff genommen werden müssen.
- Sehr wohl, Herr Kollege! - Eine mechanische Zusammenlegung von Haupt-, Real- beziehungsweise Gesamtschulen ist wenig effektiv. Die neuen Schulformen können nur dann erfolgreich arbeiten, wenn sie ein innovatives pädagogisches Profil erhalten.
Wir brauchen ein an der Lebenswirklichkeit und der Berufswelt orientiertes Bildungskonzept, das mit gut ausgebildeten, hoch motivierten Lehrkräften arbeitet, denen in ausreichendem Maße schulinterne Fortbildung und externe Beratung zur Seite gestellt werden.
In diesem Sinne packen wir es gemeinsam an, finden wir eine ragmatische und auf den schulischen Erfolg der Schülerinnen und Schüler in unserem Lande ausgerichtete Lösungen!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst eine Vorbemerkung oder zwei Vorbemerkungen! Es freut mich, dass wir gestern aus berufenen Mündern in den „KN“ lesen konnten, dass wir es hier in Schleswig-Holstein mit dem fortschrittlichsten Schulgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu tun haben und dass wir uns auf den Weg begeben sollen, die Pädagogik in Schleswig-Holstein zu befördern. Das war natürlich der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Wadephul, der sich dort besonders hervorgetan hat.
Es freut mich auch, dass wir gemeinsam im Schulgesetz festgelegt haben, dass die Schulentwicklungspläne bei den Kreisen gestaltet werden sollen und dass die Träger der neuen Schulen die Kreise sein werden, die sich natürlich - darauf komme ich noch zurück - mit den Eltern kurzschließen werden, wenn sie neue Schulen einrichten. Das Land darf hier keine hervorragende Rolle spielen, sondern die Schulentwicklung in Schleswig-Holstein wird ausschließlich in den Gemeinden, und zwar dort, wo sich die Schulen befinden, gestaltet.
Ich bin ausgesprochen erstaunt darüber, dass sich bei den Grünen noch nicht herumgesprochen hat, dass wir es in Schleswig-Holstein unter anderem auch mit einer Fortbildungsinitiative zu tun haben, die sich erstens an die Schulleiter richtet, die sich zweitens an die neue Organisationsgestaltung richtet und die sich drittens an die Weiterentwicklung in den Schulen richtet. Die Kollegen werden intensiv geschult und über neuere pädagogische Konzepte aufgeklärt, sofern Sie es ohnehin nicht schon wissen.
- Die Diskussion, dass dort kein Geld vorhanden sei, haben wir schon lange geführt, und wir haben schon in der Vergangenheit festgestellt, dass das nicht stimmt.
Wir können außerdem feststellen, meine Damen und Herren, dass es dann, wenn Hamburg und Rheinland-Pfalz ihre Schulsysteme umgestellt haben, elf Bundesländer gibt, die die Dreigliedrigkeit endgültig aufgegeben haben. Wir bewegen uns also in einem guten Kreis.
Der Bericht, den die Ministerin uns eben gegeben hat, zeigt außerdem, dass unser neues Schulgesetz angenommen wird. Es gibt auf der kommunalen Seite nicht mehr oder nur noch ganz vereinzelt Mauer- und Verzögerungstaktiken, sondern es ist überall eine große Bereitschaft, die Schulen entsprechend dem neuen rechtlichen Rahmenwerk umzugestalten, zu verzeichnen. Das hat nicht nur pädagogische und inhaltliche Gründe, sondern steht natürlich auch mit dem demografischen Druck im Zusammenhang. Deswegen werden bei der Entscheidung für Regional- oder Gemeinschaftsschulen die Debatten überwiegend nicht von parteipolitischen Frontlinien bestimmt. Die Beratung der Schulträger durch das Bildungsministerium lässt die Vor- und Nachteile der jeweiligen Optionen klar erkennen.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist der Wille der Eltern, die nicht obligatorisch befragt werden müssen. Daher ist das auch nicht statistisch zu erheben. Aber im Hinblick auf die Langzeitperspektive wird es sich kein vernünftiger Schulträger leisten können, am Elternwillen vorbeizuplanen. Die Entwicklung in den einzelnen Kommunen, die wir überblicken, spricht da eine deutliche Sprache.
Aus sozialdemokratischer Sicht freut uns deshalb natürlich, dass sich sehr viele Schulträger entschlossen haben, den Weg zur Gemeinschaftsschule zu gehen. Dabei spielt natürlich die Überlegung eine wesentliche Rolle, den Weg zum gymnasialen Bildungsabschluss vor Ort zu sichern. Aber darüber hinaus bin ich mir auch sicher, dass die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse von IGLU und PISA die Debatte um die Chancen und Grenzen eines längeren gemeinsamen Lernens neu belebt haben.
len Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass diese Konzepte nicht nur als lästige formale Pflichtübung verstanden, sondern sehr ernst genommen werden. Ich erinnere hierbei an die Diskussion über die Schulprofile. Hier haben wir ähnliche Erfahrungen zu verzeichnen.