Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

Ich fasse zusammen: Das neue Jugendstrafvollzugsgesetz ist aus Sicht des SSW kein richtig schlechtes Gesetz. Viele haben daran mitgewirkt. Lobenswert ist aus Sicht des SSW auch, dass es ein transparentes Verfahren bei der Erarbeitung des Gesetzes gegeben hat. Anders können wir es nicht beurteilen. Wir werden dem Gesetz dennoch nicht zustimmen, aus den von mir vorhin genannten Gründen.

Zu den vorliegenden Änderungsanträgen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch ein paar Anmerkungen! Die Anträge unterscheiden sich nicht grundlegend voneinander - in Nuancen schon, auch in wichtigen Nuancen. Aus unserer Sicht wirkt der grüne Antrag „visionärer“, er stellt ein Bild des modernen Strafvollzuges dar, ein Bild, auf das hingearbeitet werden sollte. Wir werden aber dem FDP-Antrag zustimmen, weil er stringenter ist und damit eine klarere Alternative zu dem Gesetz der Landesregierung bietet. Bei dem Antrag der Grünen werden wir uns der Stimme enthalten.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk und erteile für einen Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung Herrn Abgeordneten Werner Kalinka das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Hentschel hat hier von einem „Tiefpunkt des Parlamentarismus“, von „schäbig“, vom „Wettlauf der Schäbigkeiten“ gesprochen und gesagt, im letzten Augenblick hätten wir eine Anhörung gemacht. Herr Kollege Hentschel, ich finde es unglaublich, was Sie angesichts der tatsächlichen Beratungen glauben, uns an den Kopf werfen zu können.

(Beifall bei CDU und SPD)

Der Innen- und Rechtsausschuss hat ausführlichst schriftlich, mündlich beraten. Wer so spricht wie Sie, kann eigentlich nur an Wahrnehmungsstörungen leiden.

Ich will Ihnen genau sagen, wie die letzte Anhörung zustande kam: Der Kollege Hentschel sprach mich an und fragte, ob wir noch eine mündliche Anhörung durchführen könnten. Dann habe ich bei den beiden Fraktionen der Koalition dafür geworben, dass wir auch dies noch tun. Beide haben zugestimmt. Auf Ihren Wunsch, über mich dorthin gebracht, ist dies zustande gekommen. Und dann disqualifizieren Sie in einer unglaublich pöbelnden Weise eine solche Geschichte. Herr Kollege Hentschel, entschuldigen Sie sich für Ihr Verhalten!

(Beifall bei CDU und SPD)

Herr Kollege Kubicki, wenn Sie sagen, die Anhörung, alles war umsonst. Gut, bei der letzten Anhörung konnten Sie nicht dabei sein. Da hat man Ihnen wahrscheinlich den falschen Zettel aufgeschrieben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, ich gucke mir das Ergebnis an!)

- Sie waren ja nicht dabei. Ich will Ihnen das einmal ganz ruhig sagen; leider ist meine Redezeit begrenzt. Ich habe ja Erfahrungen im Abklingeln.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, bei der letzten Anhörung hatten wir genau ein 50:50-Verhältnis der Verbände, von denen die einen gesagt haben: „Wir wollen Veränderungen“, und die anderen gesagt haben: „Wir wollen genau den Gesetzentwurf“. Für genau den Gesetzentwurf haben die GdP-Vertretung und die Beamtenvertretung plädiert, also die Mitarbeiter, die in dem Bereich tätig sind. Da können Sie nicht von einem einhelligen Votum sprechen. Ganz im Gegenteil, es stand fifty-fifty.

Insofern ist Ihre Aussage, es sei alles umsonst gewesen, völlig falsch. Das Urteil war von uns in der

(Anke Spoorendonk)

CDU-Fraktion und - ich nehme an auch bei der SPD - durch vorherige und nachfolgende Gespräche tief umrahmt. Man muss Gespräche nicht nur während einer Anhörung oder im Ausschuss führen, es gibt auch andere Möglichkeiten der Information.

Herr Kollege Hentschel, Sie sagen, die Rückfallquote in Schleswig-Holstein liege bei 80 %. Auch dies ist schlicht falsch. Die Rückfallquote liegt im Bundesdurchschnitt bei 80 %. In Schleswig-Holstein liegt sie unter 50 %. Das sind die tatsächlichen Zahlen. Auch diese haben Sie verwechselt. Herr Minister, wenn wir den Gesamttenor dieser Betrachtung zugrunde legen, dann wollen wir uns darüber freuen, dass das Land bisher von ganz schlimmen Sachen verschont geblieben ist. Auch das ist ein Urteil über die bisherige Justizpolitik in diesem Bereich.

Natürlich ist die Überleitung in die Gesellschaft wichtig. Natürlich ist es notwendig, mehr Personal einzustellen, insbesondere dann, wenn es am Wochenende eine schwierige Situation gibt. Dann braucht man Personal. Das haben wir uns schildern lassen. Unsere Ressourcen sind aber begrenzt. Die sorgsame Vollzugsregelung ist eine Selbstverständlichkeit.

Nun sagen Sie, es sei kein richtig schlechtes Gesetz. Wir sagen, es ist ein richtig gutes Gesetz. Das ist bei uns eine bewusste Entscheidung. Wir wollten mit unserem Ja dem Herrn Minister, dem Herrn Staatssekretär und auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sagen, dass wir uns natürlich noch mehr Maßnahmen wünschen. Das wünscht sich jeder von uns. Wir wollen aber ein klares Signal dahin gehend geben, dass wir hinter Ihrer justizpolitischen Arbeit stehen. Deswegen sagen wir bewusst und ohne Vorbehalte Ja zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei CDU und SPD)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Anna Schlosser-Keichel das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lasse mich nicht oft zu einem Dreiminutenbeitrag hinreißen. Der Redebeitrag des Kollegen Hentschel hat mich jedoch herausgefordert. Ich finde es sehr bedauerlich, dass diese Diskussion, die in der Tat schon ein Jahr lang und im Vorfeld des Regie

rungsentwurfs in der Fachöffentlichkeit, in meiner Fraktion, in meinem Arbeitskreis und auf allen Ebenen sehr engagiert und durchaus strittig geführt wurde, so einen Zungenschlag bekommt. Das finde ich sehr bedauerlich.

(Beifall bei SPD und CDU)

Zum Verfahren: Auch mich hat der Vorwurf der schriftlich Angehörten getroffen, wir hätten im Gegensatz zu anderen Bundesländern keine mündliche Anhörung vorgesehen. Daraufhin habe ich den Ablaufplan angesehen und festgestellt, dass nicht ein Ausschusstermin verschlampt worden ist. Ich bin kein Ausschussmitglied. Alles war immer im Zeitrahmen auf der Tagesordnung. Es ist gehandelt worden. Es wurde beschlossen, eine Anhörung durchzuführen, die auch ausgewertet wurde. In der Sitzung, in der dieses Thema auf der Tagesordnung stand und in der die Ergebnisse der schriftlichen Anhörung vorlagen, wurde kein Antrag von den Grünen gestellt, noch eine mündliche Anhörung anzuschließen. Es war keine Zeit. Wir haben heute den Termin. Dieser Vorwurf ist also nicht gerechtfertigt.

Zu dem Vorwurf der Schäbigkeit: Auch ich zitiere gern Herrn Ostendorf. Mit ihm haben wir uns in der Fraktion auch beraten. Wenn Sie ihn zitieren, dann müssten Sie bemerken, dass er ausdrücklich und schriftlich festgestellt hat, dass die Befürchtung, dass es zu einem Wettlauf der Schäbigkeiten kommen würde, durch diesen Gesetzentwurf nicht eingetreten ist. Ich finde das, was hier abläuft, wirklich sehr bedauerlich.

Nun zu den drei Kleinigkeiten, die Sie nennen, zu den Paketen: Natürlich haben auch wir uns darüber unterhalten. Es hat darüber durchaus strittige Diskussionen gegeben. Schließlich hat uns überzeugt, dass von den Fachleuten vor Ort gesagt wird, dass dies die Einflugschneise für Drogen sei. Das hat uns überzeugt, das sind die Fachleute. Außerdem ist uns berichtet worden, dass das Plätzchenpaket von der Oma nicht mehr der große Renner ist, sondern dass die Leute einkaufen. Man kann anders entscheiden, aber das, was wir machen, ist keine Schäbigkeit.

Zu Neumünster habe ich deutlich gesagt, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Das geht so nicht weiter, 23 Stunden Einschluss gehen nicht. Der Herr Minister und der Herr Staatssekretär haben im Finanzausschuss berichtet, dass hier jetzt mit drei neuen Stellen Abhilfe geschaffen wird. In Neumünster ist viel zu machen. Das geht so nicht, das ist klar.

(Werner Kalinka)

Die Ausbildung ist im Gesetz geregelt, sie kann in der Anstalt durchgeführt werden, das ist vorgesehen. Unser Ziel muss jedoch sein, dass die jungen Leute dann, wenn sie aus der Anstalt gehen, draußen einen Ausbildungsplatz haben. Wenn es aber nicht anders geht, dann können sie ihre Ausbildung in der Anstalt fortsetzen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist um.

Insgesamt ist das Gesetzeswerk sehr offen. Man kann viel machen, man kann damit arbeiten. Wir als Parlamentarier werden zusammen mit dem Ministerium sehen, dass die Möglichkeiten, die das Gesetz gibt, auch ausgeschöpft werden.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für einen weiteren Redebeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man kann über die Qualität und über die Bewertung der von uns gestellten Änderungsanträge und der Gründe für ihre Nichtberücksichtigung sicherlich unterschiedlicher Meinung sein. Ich fand das Ergebnis nach dem, was vorher gesagt worden ist, wirklich bedrückend.

Werner Kalinka, zu der Frage der Ausschussberatungen möchte ich sagen: Es ist völlig richtig, dass Sie sich sehr dafür eingesetzt haben, dass es überhaupt noch zu einer Ausschussberatung kam. Das rechne ich Ihnen auch hoch an. Es ist aber anders, als es eben geschildert worden ist. Es ist so, dass ich bereits im Sommer, als wir die Zeitplanung gemacht haben, darauf hingewiesen habe, dass dieses Gesetz zum Ende des Jahres im Ausschuss verabschiedet werden muss. Ich habe darum gebeten, eine mündliche Anhörung frühzeitig einzuplanen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Werner Kalinka?

Herr Kollege Hentschel, ist meine Erinnerung richtig, dass sämtliche Vorschläge für die mündliche Anhörung von Ihnen gekommen sind und dass aus dieser Anhörung ein Fifty-Fifty-Bild resultierte?

Herr Kalinka, ich habe damals, als wir die Zeitplanung für das zweite Halbjahr gemacht haben, darauf hingewiesen, dass wir hierfür frühzeitig einen Beratungstermin brauchen. Es wurde gesagt, dies habe bis nach den Herbstferien Zeit. Nach den Herbstferien war es tatsächlich so, dass wir keinen zusätzlichen Termin gefunden haben. Ich habe dann darum gebeten, dass diese Beratung neben einer normalen Ausschusssitzung stattfinden möge. Ich habe vielleicht keinen formellen Antrag gestellt, der im Protokoll steht, ich habe das aber mehrfach angesprochen.

Als am Schluss keine Ausschussberatung mit den Gutachtern mehr möglich war, sind die Gutachter persönlich zu mir gekommen und haben darum gebeten, dass es noch zu einer Ausschussberatung kommen möge. Daraufhin habe ich mit Werner Kalinka geredet. Wir haben dann in der letzten Woche, am letzten Tag der Beratung, eine Anhörung von einer Stunde durchgeführt. Anschließend war die Abstimmung. Nein, wir haben anschließend eine Woche später - noch eine Sonderberatung durchgeführt.

Herr Abgeordneter Hentschel, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka?

Herr Hentschel, stimmen wir überein, dass die mündliche Anhörung knapp zwei Stunden gedauert hat? Herr Kollege Kollege Hentschel, geben Sie mir bitte eine präzise Antwort auf die Frage, ob die mündlich Angehörten ausschließlich von Ihnen vorgeschlagen wurden. Stimmt es, dass wir hier keinerlei Veränderungen vorgenommen haben?

(Anna Schlosser-Keichel)

- Herr Kalinka, die mündlich Angehörten waren nicht ausschließlich von mir vorgeschlagen. Es waren auch Vertreter der beiden Gewerkschaften eingeladen worden, was ich auch gut fand. Es ist völlig selbstverständlich, dass bei einer mündlichen Anhörung mehrere reden. Die mündliche Anhörung hat -

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist um.

Das tut mir leid. Es ist ein Problem unserer Geschäftsordnung, dass man dann, wenn man Zwischenfragen zulässt, anschließend nicht die Möglichkeit hat, darauf zu antworten. Das werden wir demnächst ändern. Ich bitte Sie darum, dass ich zumindest noch die Antwort auf die Frage von Herrn Kalinka abschließen kann.

Tatsache ist, dass zum Zeitpunkt der Anhörung die Beschlüsse des Arbeitskreises der beiden Fraktionen schon feststanden und dass es keine Revision mehr gab. Das ist eine Tatsache, das können Sie bestätigen. Es gab eine schriftliche Vorlage von der SPD, auf der dargestellt war, welche Punkte sie gern anders hätte.