Meine Damen und Herren, ich erzähle diese Geschichte, weil mir im Juli aus Brüssel mitgeteilt wurde, dass die Landesregierung Schleswig-Holstein den Antrag bei der EU für das Programm „Extensive Weidelandwirtschaft Eiderstedt“ zusammen mit fünf anderen Vertragsnaturschutzprogrammanträgen zurückgezogen hat. Damit ist das Notifizierungsverfahren gestoppt. Dieser Verzicht auf die Notifizierung bedeutet auch den Verzicht auf die Chance, die Effektivität der anderen Programme zu verbessern. Gleichzeitig bietet die Landesregierung auch für die bestehenden Muster keine neuen Fünfjahresverträge mehr an. Ende dieses Jahres fliegen allein auf Eiderstedt über 800 ha Fläche aus dem Programm. Die Bauern verlieren damit eine wichtige Einkommensquelle.
Herr Minister, mit dieser Aktion sind Sie den Hardlinern der Aktion „Pro Eiderstedt“ aufgesessen. Den Bauern, die im Vertragsnaturschutz eine zusätzliche Einkommensquelle sehen, haben Sie erheblichen Schaden zugefügt.
Dieser Schaden wird durch den Verzicht auf die Option der Länder zur Grünlandbewirtschaftung noch erhöht. Damit lassen sie ausgerechnet die Grünlandbauern an der Westküste im Regen stehen, denen
Ihre Parteifreunde in den letzten Jahren ständig versprochen haben, dass es bei einem Wechsel besser wird. Ihre Entscheidung ist auch vor dem Hintergrund unverständlich, dass im Wahlprogramm Ihrer Partei, im schwarz-roten Koalitionsvertrag und auch in Ihren eigenen Äußerungen dem Vertragsnaturschutz angeblich immer ein besonderer Stellenwert eingeräumt wird.
Vorige Woche habe ich bei einem Treffen mit Verbandsvertretern gehört, dass das Programm „Extensive Weidelandwirtschaft Eiderstedt“ nun doch als Modellprojekt fortgesetzt werden soll. Das kling gut. Aber was bedeutet das? Was bedeutet das für den Landeshaushalt? - Man kann es kaum glauben: Denn ein Modellprojekt muss aus eigenem Etat, zu 100 % aus Landesmitteln, bezahlt werden. Ein Programm, das bei der EU notifiziert wird, wird zu über 80 % von der EU und vom Bund gezahlt und das Land muss nur 16 bis 18 % zuschießen. Wenn das stimmt, wenn das so ist, dann bedeutet das, Herr Minister: Sie verschenken hier bares Geld oder Sie haben vor, das jetzt noch ein Jahr weiterzumachen und dann die Bauern völlig im Trocknen stehen zu lassen. Sie müssen einmal erläutern, was dabei herauskommt.
Wenn Sie das vorhaben, können Sie auch gleich sagen, dass Sie das Ganze für Unsinn halten. Ich glaube, dass dieses Programm sehr sinnvoll ist, dass sich immer mehr Menschen dafür melden, dass Vertragsnaturschutz eine ausgesprochen sinnvolle Angelegenheit ist. Ich verstehe nicht, dass ein Minister, der sich die ganze Zeit für Vertragsnaturschutz ausgesprochen hat, ausgerechnet in dieser Situation ein wichtiges Programm stoppt, das aus Landesmitteln weiter finanziert und damit Geld verschenkt.
Noch ein Letztes: Wenn Sie behaupten, das liege an der Novellierung der Programme im nächsten Jahr, stimmt auch das nicht. Auch ein EU-Programm hätten Sie den Bauern vorübergehend - das hätten Sie sowieso machen können - bis zum nächsten Jahr zur Verfügung stellen können.
Denn es ist sowieso so, dass ab 2007 neue Richtlinien kommen. Das gilt für alle Programme. Das heißt, Sie werden ab 2007 sowieso die Kulisse neu
definieren müssen. Das ist uns allen bewusst. Das ist aber kein Grund dafür, im kommenden Jahr 80 % der Mittel für dieses Programm zu verschenken. Das machen Sie aus einem einzigen Grund: Weil Sie „Pro Eiderstedt“ versprochen haben, das Programm zu kippen. Jetzt bekommen Sie kalte Füße, weil sich so viele Bauern angemeldet haben. Damit sind Sie nichts weiter als den Hardlinern aufgesessen, Herr Minister. Es tut mir Leid, aber das muss man hier sagen.
Ich fordere Sie auf, die Notifizierung der Programme bei der EU zu beantragen, das nachzuholen, sozusagen Ihren Rückzug rückgängig zu machen und damit dafür zu sorgen, dass die Bauern ihre Programme in Brüssel bekommen und diese aus Brüssel mit finanziert werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDUFraktion unterstützt das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und ländliche Räume in seinen Bestrebungen, eine nachhaltige Weiterentwicklung des ländlichen Raumes sicherzustellen. Unsere Grundlage sind dabei die gleichwertigen Ziele Ökonomie, Ökologie und Soziales, so wie die Agenda 21 sie nennt.
Die Förderprogramme, die von der EU zur Verfügung gestellt werden, sollen dazu im Kulturlandschaftsprogramm gebündelt werden. Es ist unser ausdrückliches Ziel, auch Umweltleistungen in diesem Rahmen zu würdigen und landwirtschaftliche Betriebe stärker in Umweltschutzprojekte einzubinden. Und genau dazu ist der Vertragsnaturschutz ein wesentliches Element. Genau deshalb hat die Landesregierung auch zusätzliche Muster für den Vertragsnaturschutz bei der Europäischen Union angezeigt.
Da nun aber die bisherige „ZAL“-Förderung der EU 2006 ausläuft, unterstützen wir die Bemühungen der Landesregierung, eine neue, dauerhafte Fördergrundlage mit der EU zu erarbeiten. Um den Anforderungen der EU zu genügen, müssen wir auch die bestehenden Programme kritisch prüfen, effizienter gestalten und besser mit anderen Programmen verknüpfen. Es ist unser Bestreben, die Betroffenen in den NATURA-2000-Gebieten verstärkt einzubinden. Gerade hier sind vertragliche Vereinbarungen das
geeignete Mittel, um dem Vertrauensverlust, den grüne Umweltpolitik über Jahre verursacht hat, zu begegnen.
„Es besteht kein naturschutzfachlich oder administrativ begründbarer Anlass, den Vertragsnaturschutz auf die NATURA-2000Kulisse zu beschränken.“
Ich zitiere diesen Satz, weil ich bemerkenswert fand, dass in einem Satz von Herrn Hentschel gleich zwei richtige Aussagen stehen.
Erstens: Es ist richtig, dass auch künftig außerhalb der NATURA-2000-Kulisse Vertragsnaturschutz möglich ist, und zwar insbesondere auch in der ETSRegion, im Einzugsgebiet von zahlreichen Seen, in Naturschutzgebieten, bei Vorkommen bestimmter geschützter Arten und auf Biotopflächen gemäß § 15 a Landesnaturschutzgesetz.
Zweitens ist auch richtig: Administrativ - das Ministerium ist gut aufgestellt - und vielleicht auch naturschutzfachlich wäre gegen eine landesweite Streuung von Vertragsnaturschutzangeboten wenig einzuwenden.
Leider haben die Grünen auch an dieser Stelle offenbar vergessen, dass wir jede Maßnahme mit geliehenem Geld finanzieren. Ich finde es richtig, dass wir die Ausgabe jedes einzelnen Euros gründlich daraufhin prüfen, ob die nachfolgenden Generationen, die ihn werden zahlen müssen, diese Ausgabe für effizient und in der Sache für gerechtfertigt halten werden. Das bedeutet für uns, dass eine Konzentration der begrenzten Mittel auf die Räume, wo sie besondere Synergien hervorrufen, nicht nur zu vertreten, sondern geradezu geboten ist.
Vor diesem Hintergrund ist es auch klar, dass wir Verträge, die mit europäischen Mitteln kofinanziert werden, außerhalb der NATURA-2000-Gebiete nur für eine Dauer anbieten können, für die entsprechende Mittel zugesagt sind. Sie wissen - spätestens seit der letzten Sitzung des Umwelt- und Agrarausschusses -, dass hier bundesweite Abstimmungen zur Umsetzung des künftigen Programms des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums laufen. Dieses Programm ist auf europäischer Ebene jedoch noch nicht durchfinanziert, da eine Einigung über die finanzielle Vorausschau aussteht.
Verträge, auch und besonders im Vertragsnaturschutz, sind feste Abmachungen, auf deren Einhaltung wir strikt achten. Deshalb müssen auch die Grundlagen, mit denen wir als Land in die Verträge
einsteigen, sicher und stabil sein. Die Weiterentwicklung des Vertragsnaturschutzes im Rahmen des Kulturlandschaftsprogramms wird einen effektiven Schutz der Umwelt mit neuen Perspektiven für die Betroffenen verknüpfen.
Wir lehnen deshalb den Antrag Drucksache 16/195 von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab, da seine Inhalte teilweise in der Umsetzung befindlich sind, über das Kulturlandschaftprogramm verwirklicht werden oder die Realitäten des Schleswig-Holsteinischen Landeshaushaltes in bemerkenswerter Kontinuität zu grüner Regierungstätigkeit schlicht ignorieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wollen erfolgreichen Vertragsnaturschutz in SchleswigHolstein sichern und weiterentwickeln. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und CDU klar dazu bekannt, dass zur Umsetzung der europäischen Schutzgebiete nach NATURA 2000 freiwillige vertragliche Vereinbarungen Vorrang vor ordnungsrechtlichen Maßnahmen haben.
Dazu stehen wir. Wir wollen gleichzeitig die bestehenden Vertragsmuster erhalten und weiterentwickeln.
Wir müssen - das muss auch der Kollege Hentschel zu Kenntnis nehmen, der gerade wieder abgelenkt ist; Karl Martin, dein Antrag! - Folgendes zur Kenntnis nehmen.
Allerdings müssen wir - das gilt auch für den Kollegen Hentschel - zur Kenntnis nehmen, dass das europäische Rahmenrecht ab 2007 fundamental geändert werden wird. Die Landesregierung hat im Februar 2005 der EU-Kommission noch eine Änderungsnotifizierung vorgelegt, unter anderem für Eiderstedt und ETS - das ist hier schon ausgeführt worden -, die im Übrigen auf großes Interesse der Landwirtschaft in diesen Regionen gestoßen ist - das ist deutlich und bekannt -, die auch andere Vertragsmuster ändern soll. Die EU-Kommission hat aber aktuell zu erkennen gegeben, dass sie angesichts des 2006 auslaufenden Förderungszeitraums für „ZAL“ die Notifizie
rung nicht mehr vornehmen wird. Vielmehr sollen die Inhalte der neuen und geänderten Vertragsmuster inhaltlich und finanziell auf Grundlage der neuen ELER-Verordnung ab 2007 in ein neues Landesprogramm aufgenommen werden. Dabei werden auch wir sorgsam prüfen und gegenüber anderen Maßnahmen abwägen müssen, mit welchem Mitteleinsatz effektiver Naturschutz über den Vertragsnaturschutz erreicht werden kann. Wir wissen: Diese langfristigen Verträge binden erhebliche Mittel und stehen in der Laufzeit nicht für andere Maßnahmen im ländlichen Raum zur Verfügung. Deshalb müssen wir diese Maßnahmen auch prüfen und so einsetzen, dass sie wirklich die Ziele erfüllen, die wir anstreben.
Für die Zwischenzeit werden wir uns mit der Landesregierung dafür einsetzen, dass die vorgesehene Förderung für die im Antrag genannten Vertragsmuster aus Landesmitteln weiter erfolgen wird.
Zur Klarstellung: Alle bestehenden Verträge für notifizierte Vertragsnaturschutzmuster innerhalb der Fördergebietskulisse, die 2005 ausläuft, können verlängert werden. Dies gilt auch für neue Flächen in dieser Kulisse, die für fünf Jahre abgeschlossen werden können.
Angesichts der besonderen Situation auf Eiderstedt und in der ETS-Region ist die Ausfinanzierung bis Ende 2006 vor allem für das Demonstrations- und Versuchsprojekt „Extensive Weidewirtschaft Eiderstedt“ von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz vor Ort. Die Finanzierung ist bis Ende 2006 gesichert, die Erfahrungen aus dem Projekt sollen in die neue Phase ab 2007 einfließen und im Rahmen des neuen Landesprogramms fortentwickelt werden.
Dieser Sachstand, lieber Kollege Hentschel, ist Ihnen in der Sitzung des Umwelt- und Agrarausschusses am 10. August mitgeteilt worden, und zwar so, dass wir den Eindruck hatten, es lohnte sich nicht, weiter darüber zu debattieren. Ich sage nicht, man solle im Ausschuss und im Landtag nicht darüber debattieren, aber an dieser Stelle war es nach meinem Dafürhalten abschließend geklärt. Deshalb lehnen wir die Nummer 1 Ihres Antrages, der leider nicht zum Ziel führt, ab.
In Nummer 2 Ihres Antrages wird gefordert, in Zukunft den Vertragsnaturschutz nicht nur auf die in der NATURA-2000-Gebietskulisse liegenden landwirtschaftlich genutzten Flächen zu begrenzen. Angesichts beschränkter Haushaltsmittel und der Tatsache, dass wir hier mit Steuergeldern landwirtschaftliche Betriebe für Auflagen des Naturschutzes entschädigen, bedarf es einer sorgfältigen Prüfung vor einer Förderzusage. Vor der Aufstellung einer Fördergebietskulisse muss daher eine Prioritätenfestlegung
erfolgen. Den Aussagen, die Herr Bernstein hier zum Haushalt gemacht hat, kann ich mich nur anschließen. Dabei hat die Umsetzung von NATURA 2000 - ich sehe hier den ehemaligen Umweltminister an - wie auch unter der früheren Landesregierung absolute Priorität.