Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

(Wolfgang Kubicki [FDP]: In Dänemark darf man rauchen!)

Unsere Diskussion im Jahr 2006 ging in die gleiche Richtung. Seinerzeit hatte sich der Ministerpräsident bereit erklärt, sowohl mit der Bundesregierung als auch der dänischen Regierung Lösungswege zu suchen. Seitdem ist viel Zeit vergangen. 2009 und damit die mögliche TV-Bankrotterklärung zwischen Deutschland und Dänemark stehen unmittelbar bevor.

Das Problem ist grundsätzlich lösbar. Dies ist durch das Gutachten der Universität Flensburg im Auftrag der ULR deutlich geworden. Es geht um politischen Willen und auch um die Bereitschaft, Geld einzusetzen. In erster Linie - das will ich nicht verhehlen - liegt der Ball für die Lösung des Problems allerdings nach meiner Auffassung auf dänischer Seite und bei den Kabelbetreibern.

(Beifall bei SPD, SSW und des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP])

Es wird interessant sein, im Verlauf der weiteren Diskussion zu hören, was der Ministerpräsident nachher über seine Bemühungen berichten kann, die er in der Vergangenheit unternommen hat.

Der jetzt in unserem gemeinsamen Antrag enthaltene Vorschlag, eine Kommission einzurichten, ist ein Versuch, den Lösungsbemühungen noch einmal eine besondere Dynamik zu verleihen. Es wäre schon ein Treppenwitz der Geschichte, wenn Deutschland und Dänemark erfolgreich die Planungen über eine Milliardenbrücke zwischen den beiden Ländern am Fehmarnbelt voranbringen, auf der anderen Seite aber die Brücken der Kommunikation zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein abreißen.

(Beifall bei SPD, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion der FDP erteile ich dem Oppositionsführer und Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist bei uns Chefsache!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin medienpolitischer Sprecher meiner Fraktion, auch ich möchte darauf hinweisen, dass wir bereits vor zwei Jahren in diesem Haus eine Debatte zur Versorgung des Grenzgebiets mit dänischem Fernsehen geführt haben.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] - Dr. Johann Wadephul [CDU]: Die gesamte Fraktion der FDP applaudiert!)

Hintergrund war seinerzeit eine Auseinandersetzung zwischen den Veranstaltern dänischer Fernsehprogramme - man darf übrigens im Fernsehen in Dänemark rauchen - und Kabel Deutschland über urheberrechtlich begründete Vergütungen für die Einspeisung dänischer Fernsehsender in das deutsche Kabelnetz.

Seinerzeit haben die dänischen Fernsehsender Kabel Deutschland aufgefordert, die Verbreitung dänischen Fernsehens zu unterlassen, wenn eine entsprechende Vergütung nicht geleistet würde. Wir alle waren froh darüber, dass der Konflikt erst einmal beigelegt werden konnte und dass auch heute noch die Bevölkerung in Schleswig-Holstein dänisches Fernsehen empfangen kann, egal ob es sich um Angehörige der dänischen Minderheit handelt oder nicht. Auch ich muss sagen, dass ich gelegentlich dänisches Fernsehen schaue - nicht weil ich das verstehe, sondern weil dort mehr Handball als bei uns übertragen wird, was ich sehr begrüße.

(Peter Eichstädt)

(Anke Spoorendonk [SSW]: So ist es! - Bei- fall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Günter Neugebauer [SPD] - Zuruf des Ministerpräsidenten Peter Harry Carsten- sen)

- Die Regeln des Handballs, Herr Ministerpräsident, beherrsche ich schon, ich spiele aber nicht Handball, sondern mehr Kopfball.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Zwischenrufe von der Regierungsbank!)

Jedenfalls ist es ganz reizvoll, gelegentlich auf dänischen Sendern im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen, was in Deutschland sonst nur von den Sendern übertragen wird, die man bezahlen muss, beispielsweise Sportveranstaltungen, Formel-1Rennen und andere Dinge mehr.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Aus Sicht der FDP muss auch weiterhin die grenzüberschreitende Versorgung mit dänischem Rundfunkangebot in Schleswig-Holstein sichergestellt sein. Dass dies mit der Weiterentwicklung der Technik und beispielsweise der Einführung von DVB-T Abstimmungsprozesse notwendig macht, ist jedem klar. Bisher ist es so, dass durch das analoge Fernsehen auch im Grenzgebiet eine Versorgung mit dänischem Fernsehen möglich ist. Wenn DVB-T allerdings flächendeckend eingeführt wird und wenn der analoge Empfang abgeschaltet wird, weil sich ein Parallelbetrieb auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht lohnt, dann können sich Lücken in der Versorgung mit dem dänischem Fernsehen ergeben. Über diese Frage haben wir ebenfalls bereits vor Jahren im Ausschuss diskutiert. Richtig gelöst worden ist sie bedauerlicherweise bis heute noch nicht.

Man kann auch nicht darauf verweisen, dass ja ein Empfang über Satellit eine Alternative zum analogen oder zum DVB-T-Empfang darstellt. Im Gegensatz zur Möglichkeit, deutsche Programme im dänischen Grenzgebiet mit einer sogenannten einfachen Schüssel zu empfangen, ist dazu auf deutscher Seite ein zusätzlicher Decoder notwendig, um über Satellit gesendete dänische Programme zu entschlüsseln. Hieraus ergibt sich ein ganzer Strauß an Fragen, die geklärt werden müssen. Insofern tragen wir auch gern den Prüfauftrag mit. Ob hierzu eine Medienkommission aus deutschen und dänischen Vertretern notwendig ist, sei dahingestellt. Es ist aber ein guter Schritt. Es bleibt dabei: Es ist im Sinne der europäischen Idee, dass auch grenzübergreifend möglichst vielfältig informiert und unterhalten

wird. Für die deutsche Mehrheitsbevölkerung im Grenzgebiet ist es ein Gewinn, im nördlichen Landesteil Schleswig-Holsteins dänisches Fernsehen zu empfangen.

Für die dänische Minderheit im Lande stellen die beiden derzeit zu empfangenden Programme die wichtigsten Informationsquellen in den Bereichen dänischer Politik und Kultur dar. Dies gilt umso mehr, je weiter südlich sie von der Grenze beheimatet sind. Auch im Sinne der Weiterentwicklung der Grenzregion als gemeinsame Wirtschaftsregion ist die Vernetzung der Kommunikations- und Informationsquellen von wichtiger Bedeutung. Der Kollege Eichstädt hat darauf zutreffen hingewiesen. Wir werden daher gern dem gemeinsamen Antrag zustimmen.

(Beifall bei FDP, SPD und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir Grünen begrüßen die Aufnahme von Gesprächen und das Ziel der Einsetzung einer hochrangig besetzten deutsch-dänischen Expertenkommission, um die medienpolitischen und technischen Handlungsoptionen aufzuzeigen. Dies wird der Bedeutung der Bonn-Kopenhagener Erklärungen gerecht und ist ein wichtiges Handlungsziel der Minderheitenpolitik beidseits der Grenze. Davon unabhängig liegt es im Interesse jeder Grenzregion, den Sprach- und Kulturaustausch zu fördern. Hier haben wir zusätzlich die besondere Situation einer hohen Zahl grenzüberschreitender Pendler und eines intensiven Tourismus. Es sind übrigens nicht nur Deutsche, die in Dänemark Ferienhütten buchen. Auch Dänen kommen zunehmend zu uns. Das ist gut so.

Es ist wichtig, dass dänischer und deutscher Rundfunk ebenso wie das Fernsehen im jeweiligen Nachbarland, im deutsch-dänischen Grenzland, auch in Zukunft empfangen werden können. Sprachminderheiten sind auf den Zugang zu den modernen Medien unserer Gesellschaft angewiesen, damit kulturelle Auseinandersetzung und Sprachförderung angemessen stattfinden können. Ein Zugang zum Fernsehen und - nicht ganz so modern, aber auch wichtig - zum Hörfunk ist wichtig.

(Wolfgang Kubicki)

Darüber hinaus sollten staatliche Einrichtungen dort, wo es möglich ist, die Präsenz von Minderheitensprachen im Internet fördern. Kommunen, Landesregierungen und die Bundesregierung sollten darauf hinweisen und entsprechende Links setzen. Die Minderheiten müssen Gelegenheit haben, sich in unseren Medien darzustellen. Das ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass ihre Kulturen lebendig bleiben und sich immer wieder erneuern können. Dafür sollten wir zusammen eintreten.

Ich denke, jeder von uns hat die Erfahrung gemacht, wie gut es für das Erlernen einer Fremdsprache ist, Filme in dieser Fremdsprache anzuschauen. Noch heute sind englische und amerikanische Filme im Original ein Auffrischungskurs für Englisch zum Nulltarif. Ich darf hier meine Erfahrung kundtun: Die Dänen sprechen im Schnitt wesentlich besser Englisch als wir. Wenn man dort hinkommt, dann erfährt man dies auf erstaunlich hohem Niveau; das gilt für die Schuhverkäuferin oder für die Kassiererin im Freibad. Die Menschen dort können sehr gut Englisch sprechen, weil sie die Filme im Original mit dänischen Untertiteln sehen. Wir hier in Deutschland sehen diese Filme üblicherweise in deutscher Sprache synchronisiert. Für den Spracherwerb und für den Spracherhalt diesseits und jenseits der Grenze leisten Hörfunk und Fernsehen einen wichtigen Beitrag. Gerade jetzt, wo viele Menschen im deutschen Teil des Grenzlandes Dänisch lernen, um in Dänemark einer Arbeit nachgehen zu können, wäre es bedauerlich, wenn es hier kein dänisches Fernsehen mehr gäbe. Zum modernen Umgang mit Sprache gehören Funk und Fernsehen selbstverständlich dazu.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Selbst die Lehrpläne des bayerischen Kultusministeriums heben beim Erlernen von Fremdsprachen die Bedeutung des Fernsehens hervor. Neben dem sprachlichen Wert dieser öffentlichen Medien sind der Informationswert und die Möglichkeit, mitzubekommen, was im Nachbarland geschieht, nicht zu unterschätzen. Dies zeichnet das Grenzland aus. Das sollten wir erhalten und ausbauen. Deshalb unterstützen wir gern den vom SSW initiierten Antrag.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich bei den Fraktionen für die interfraktionelle Initiative und insbesondere beim SSW, der diese Initiative angestoßen hat. Sie stellt noch einmal ein wichtiges Anliegen der Politik für das deutsch-dänische Grenzland heraus. Es ist darauf hingewiesen worden, wir hatten bereits im Zusammenhang mit dem Minderheitenbericht das Problem skizziert. Es besteht zwischen allen Fraktionen des Landtages und auch zwischen dem Landtag und der Landesregierung absolute Übereinstimmung darüber, dass das grenzüberschreitende Fernsehen für die Minderheiten im Grenzland und weit darüber hinaus sowie für viele interessierte Menschen in den beiden Nachbarländern sehr wichtig ist und es auch bleibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Das grenzüberschreitende Fernsehen ist nämlich das beste Mittel, die Mehrsprachigkeit und die Minderheitensprachen zu fördern und das gegenseitige kulturelle Verständnis zu stärken.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Die Grundlagen der deutsch-dänischen Nachbarschaft, die Bonn-Kopenhagener Erklärungen sowie die europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen tragen dem auch Rechnung. Diesem Wesen und diesem Geist entsprechen der freie Fluss von Informationen und Kultur über die Grenzen hinweg. Das hat sogar über unser Grenzland hinaus eine wichtige Funktion für das Zusammenwachsen Europas. Nun hat sich die Fernsehwelt verändert. Die Digitalisierung ermöglicht es, Programme verschlüsselt auszustrahlen. Nur die Zuschauer, die über den passenden Schlüssel einer Smartcard verfügen, können das Programm sehen. Dänemark will sich diese Technologie, die wir nur beim privaten Bezahlfernsehen kennen, für die Finanzierung seines öffentlich-rechtlichen Fernsehens zunutze machen.

In Dänemark wird keine Rundfunkgebühr erhoben. Der Verkauf von Smartcards ist die Erlösquelle für die dänischen öffentlich-rechtlichen Programme. Es ist künftig völlig egal, ob der Empfang über Satellit oder über die Terrestrik erfolgt. Die Dänen, die das ganze Jahr über die Programme DR1 und TV2 sehen wollen, müssen insgesamt Codekarten im Wert von circa 260 € kaufen. Nebenbei gesagt: Unsere Rundfunkgebühr ist - bezogen auf das Jahr etwas niedriger. Dass Dänemark diesen Weg geht, um seinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu fi

(Detlef Matthiessen)

nanzieren, ist eine dänische Angelegenheit. Von uns aus ist dies grundsätzlich erst einmal nicht zu kritisieren. Das ist auch nicht gewollt. Gut nachbarschaftliche Gespräche oder ein informeller Workshop mit allen Beteiligten über die neue Medienwelt und über die Situation im Grenzgebiet müssen aber möglich sein.

Auch künftig können die Schleswig-Holsteiner selbstverständlich - wenn sie dies wollen - das dänische Programm zu den gleichen und natürlich auch zu den gleich teuren Bedingungen wie die Dänen selbst empfangen. Wer bei uns seine Empfangsanlage auf den skandinavischen Satelliten Thor ausrichtet und sich eine dänische Smartcard kauft, kann die dänischen Programme ebenso wie die Dänen empfangen. Unsere öffentlich-rechtlichen Programme von NDR, ARD und ZDF werden weiterhin unverschlüsselt ausgestrahlt und stehen der deutschen Minderheit und ganz Dänemark - jedenfalls über Satellit - flächendeckend und kostenfrei zur Verfügung. Das nutzt auch dem Ferienland Dänemark, wenn man an die Urlauber aus Deutschland denkt.

Die deutsche Rundfunkgebühr wird in Dänemark nicht erhoben. Die deutsche Medienpolitik unterstützt dieses Vorgehen der öffentlich-rechtlichen Sender. Das soll auch so bleiben. Der dafür notwendige Erwerb der Rechte wird aus der Rundfunkgebühr bei uns finanziert. Die Entwicklung auf dänischer Seite wird natürlich Auswirkungen auf den tatsächlichen Umfang der Nutzung der dänischen Programme hier bei uns haben. Es ist logisch, dies entzieht sich natürlich der deutschen Medienpolitik. Die Landesregierung ist aber nicht nur selbstverständlich bereit, sondern wir fühlen uns durch unsere Politik auch aufgefordert, mit der dänischen Regierung in Gespräche einzutreten und diese Frage zu erörtern.

(Beifall bei SPD und SSW)

Es geht darum, zu erörtern, wie angesichts dieser Faktenlage trotzdem ein Informations- und Kulturaustausch durch das Fernsehen verbessert werden kann. Hier sollten wir mit Blick auf die außenpolitischen Zuständigkeiten auch auf die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung aufbauen.

Ich meine, zunächst sollten wir mit der dänischen Seite gegenseitig Informationen über die vorhandenen Möglichkeiten und die dänischen Absichten und Pläne austauschen. Dabei sollten wir alle Möglichkeiten in den Blick nehmen - Stichwort Internet, was auch schon angeklungen ist. Wir sollten auch darüber sprechen, inwieweit es möglich ist, däni

sches Programm ins Netz zu stellen. Ich werde jedenfalls als ersten Schritt einige Fachleute sozusagen auf Erkundungstour ins Nachbarland schicken, um zu sehen, wie wir dort weiterkommen können.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Auf dieser Grundlage werde ich jetzt im Mai mit dem dänischen Kulturminister ein erstes Gespräch führen. Die heutige Debatte im Landtag gibt mir Rückenwind für die Gespräche mit unseren Freunden in Dänemark. Dafür bin ich dem Parlament sehr dankbar.

(Beifall bei CDU, SPD, SSW und vereinzelt bei der FDP)