Es ist beantragt worden, in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 16/1873 (neu) einstimmig angenommen worden.
Ich erteile das Wort der Berichterstatterin des Sozialausschusses, der Frau Abgeordneten Siegrid Tenor-Alschausky.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Gesetzentwurf zur Ausführung des Transplantationsgesetzes durch Plenarbeschluss vom 25. Januar 2006 dem Sozialausschuss zur Beratung überwiesen. Dieser hat den Gesetzentwurf in neun Sitzungen, zuletzt am 14. Februar 2008, beraten. Dazu hat der Ausschuss eine mündliche Anhörung durchgeführt.
Die Fraktionen von CDU und SPD haben im Rahmen der Beratungen einen eigenen Gesetzesantrag eingebracht. Dazu hat der Ausschuss schriftliche
Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP, Drucksache 16/501, abzulehnen, die Überschrift des Gesetzes in „SchleswigHolsteinisches Gesetz zur Ausführung des Transplantationsgesetzes“ zu ändern und den Gesetzentwurf in der aus der Drucksache 16/1889 ersichtlichen Fassung anzunehmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst ein paar Vorbemerkungen zur Organspende. Die Organtransplantation stellt eine der erfolgreichsten medizinischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts dar, gelingt es doch, mit einem Spenderorgan in lebensbedrohlichen Situationen lebensrettend einzugreifen oder chronisch Kranken eine wesentliche Verbesserung ihrer Lebensqualität zu ermöglichen.
Das 1997 von Bundestag und Bundesrat in breitem Konsens verabschiedete Transplantationsgesetz regelt die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben. Mit dem Transplantationsgesetz ist der Organhandel unter Strafe gestellt. In Deutschland ist bisher kein einziger Fall von Organhandel bekannt geworden. Im Transplantationsgesetz ist geregelt, dass die Wartelisten der Transplantationszentren als einheitliche Warteliste zu behandeln sind, um allen Patienten, die auf eine Organtransplantation warten, die gleichen Chancen einzuräumen. In Deutschland ist das Aufkommen von Organspenden weiterhin geringer als in anderen europäischen Ländern. Schleswig-Holstein nimmt derzeit in diesem Punkt das Schlusslicht unter den Bundesländern ein. Daher waren die populistischen Äußerungen des Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wodarg im Dezember letzten Jahres bezüglich einer Zweiklassenversorgung bei Organtransplantationen schädlich und haben nicht dazu beigetragen, die Bereitschaft zur Organspende zu stärken.
In der Frage für oder gegen eine Organspende gibt es kein Richtig oder Falsch. Diese Frage muss jeder für sich persönlich beantworten und niemand hat
das Recht, eine solche Entscheidung zu kritisieren. Wichtig ist jedoch, dass eine Entscheidung getroffen, diese in einem Organspendeausweis dokumentiert und mit einem Angehörigen oder einer anderen nahestehenden Personen besprochen wird.
In Deutschland gilt die erweiterte Zustimmungslösung, bei der eine postmortale Organentnahme nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Spenders beziehungsweise der Angehörigen erfolgen kann. Bei der in Österreich, Italien oder Spanien praktizierten Widerspruchslösung ist die Organentnahme im Todesfall die Regel, es sei denn, man hat zu Lebzeiten der Explantation ausdrücklich widersprochen. Die deutsche Regelung zur Organspende ist eine Entscheidung aus innerer Überzeugung: Ja zur Hilfe für schwache, schwer Kranke, die ohne Organspende keine Überlebenschance hätten!
Die Aufklärung über Voraussetzungen und Chancen einer postmortalen Organspende müssen daher intensiviert werden, um Ängste auszuräumen, damit sich angesichts der langen Warteliste mehr Spender finden.
Mit dem schleswig-holsteinischen Gesetz zur Ausführung des Transplantationsgesetzes wollen wir diesem Ziel ein Stück näherkommen und begrüßen, dass die FDP die Initialzündung zu dem Gesetzentwurf gegeben hat. Es hat eine Anhörung auf der Grundlage des FDP-Entwurfes gegeben, eine weitere schriftliche Anhörung nach dem Entwurf der Koalitionsfraktionen, sodass wir uns wirklich ein umfassendes Meinungsbild machen konnten. Während der Gesetzentwurf der FDP vorsieht, dass Transplantationsbeauftragte Ärztinnen oder Ärzte sein müssen, können nach unserem Gesetz auch Gesundheits- und Krankenpflegerinnen oder -pfleger mit langjähriger Erfahrung in der Intensivpflege zu Transplantationsbeauftragten ernannt werden, zumal Transplantationsbeauftragte nicht direkt an der Transplantation eines Organs beteiligt, sondern für die Organisation zuständig sind. Dies führt zur Entlastung des Ärzteteams. Die Befürchtung mangelhafter Akzeptanz solcher Beauftragten, wenn sie nicht Ärztinnen oder Ärzte sind, sollte nicht ausschlaggebend sein, sondern einzig und allein ihre Qualifikation und Persönlichkeit.
Transplantationsbeauftragte nehmen eine herausragende Aufgabe wahr. Sie sind Vertrauenspersonen für alle Beteiligten. Es wäre wünschenswert, dass sie auch in der Lage sind, Angehörige einfühlsam zu begleiten.
wig-Holstein einen höheren Stellenwert gewinnt, es kann wohl aber unterstützend wirken. Vielleicht fragen sich manche, warum in unserem Gesetz festgeschrieben ist, dass dieses mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft tritt. Das hat den Zweck, dass es dann auf seine Praxistauglichkeit hin überprüft werden und festgestellt werden kann, ob nachgebessert werden muss.
Vielleicht trägt die heutige Debatte dazu bei, dass sich auch ein jeder von uns näher mit dem Thema beschäftigt. Organspenderausweise und mehr gibt es unter www.organspende-info.de. Organspende schenkt Leben!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte, der Kollege Garg hat hier den Vortritt, weil er diesen in der Tat in dieser Debatte hat. Denn schließlich hat zunächst einmal die FDP - das muss man hier auch noch einmal erwähnen - einen Gesetzentwurf mit dem Ziel eingebracht, die Situation im Bereich der Organspende zu verbessern. Wir haben dieses im Ausschuss intensiv beraten und sind zum Schluss zu dem Ergebnis gekommen, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen. Allerdings gab es an bestimmten Detailpunkten unterschiedliche Auffassungen, die wir möglicherweise jetzt in der Debatte deutlich machen. Wir sind uns aber darüber einig, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen. Fairerweise muss festgestellt werden, dass die Initiative durch den Kollegen Garg ausgelöst worden ist.
Nach Angaben der Techniker Krankenkasse vom 22. Februar 2008 haben im vergangenen Jahr 31 Menschen aus Schleswig-Holstein nach ihrem Tod anderen Menschen mit einer Organspende geholfen. Mit 10,9 Organspenden je 1 Million Einwohner liegt Schleswig-Holstein allerdings im Ländervergleich damit weiterhin auf dem letzten Platz, das heißt Schleswig-Holstein ist Schlusslicht. Bundesweit haben 1.313 Menschen nach ihrem Tod mit einer Organspende geholfen; dies entspricht 16 Spendern je 1 Million Einwohner. Bei diesen Angaben beruft sich die Techniker Krankenkasse auf
Zahlen der Deutschen Stiftung für Organtransplantationen. Die TK weist ebenfalls darauf hin, dass obwohl 80 % der Deutschen dem Thema Organspenden positiv gegenüberstehen - nur 12 % einen Organspendeausweis besitzen.
Die Zahlen machen deutlich, dass es uns dringend um eine Verbesserung der Situation gehen muss. Deshalb ist auch der heute vorgelegte Gesetzentwurf ein zusätzlicher Beitrag, Rechtssicherheit zu schaffen und die Situation zu verbessern.
Einige wichtige Punkte dieses Gesetzentwurfs sind einmal eine bessere Absicherung der Position der Transplantationsbeauftragten. Wir beschreiben in diesem Gesetz, dass sowohl Ärztinnen und Ärzte mit langjähriger Erfahrung in der Intensivmedizin, aber auch Gesundheits- und Krankenpflegerinnen beziehungsweise -pfleger mit langjähriger Erfahrung in der Intensivpflege bestellt werden können. Das war ein entscheidender Dissens zum Gesetzentwurf der FDP.
Wir legen weiterhin fest, dass die Transplantationsbeauftragten bei der Wahrnehmung ihrer wichtigen Aufgabe keinen Weisungen unterliegen dürfen und dass sie jederzeit zugangsberechtigt sind zu Intensivstationen und Beatmungsbetten.
Erstmalig definieren wir auch in § 4 Abs. 6 die Aufgaben der Transplantationsbeauftragten im Detail. Auch dies ist sicherlich ein weiterer Fortschritt, dass sie von ihren sonstigen Tätigkeiten im notwendigen Umfang freigestellt werden und dass sie an den erforderlichen Aus- und Fortbildungen teilnehmen können. Außerdem sehen wir eine jährliche Berichtspflicht der ärztlichen Leitung des Krankenhauses gegenüber den obersten Landesgesundheitsbehörden vor und schaffen somit Transparenz im Verfahren.
In § 2 schreiben wir noch einmal die Zusammensetzung der Gutachterkommission bei Lebendspenden fest, die in erster Linie allerdings im Bundesgesetz geregelt ist. Auch hier haben wir ein schleswig-holsteinisches Spezifikum: Bereits seit einigen Jahren arbeitet in der Gutachterkommission in Schleswig-Holstein ein Medizin-Ethiker beziehungsweise eine Medizinethikerin mit. Diese bewährte Regelung der letzten Jahren haben wir nunmehr auch in diesem Gesetz festgeschrieben, wie wir in diesem Gesetz auch festgelegt haben, dass die Ärztekammer der obersten Landesgesundheitsbehörde jährlich einen Bericht über die Kommissionstätigkeit abgibt.
Viele dieser Regelungen und Abläufe gab es bereits durchaus auch erfolgreich bei uns in SchleswigHolstein, allerdings nicht definiert und ausgeführt in einem Gesetz. Dies holen wir heute mit unserer Entscheidung durch Ihre und eure Zustimmung nach, in der Hoffnung auf eine verbesserte Versorgungssituation und klarere Ablaufstrukturen in diesem Lande für Menschen, deren Leben durch eine Organspende gerettet werden kann.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Als wir im Januar 2006 die erste Lesung des von meiner Fraktion vorgelegten Gesetzentwurfs durchgeführt haben, war nicht abzusehen, dass wir heute ein Transplantationsausführungsgesetz verabschieden. Denn die Stimmung insbesondere in den die Regierung tragenden Fraktionen war eher abhaltend, um nicht zu sagen: sehr skeptisch. Es wurde angezweifelt, dass wir ein solches Ausführungsgesetz überhaupt bräuchten. Vor diesem Hintergrund ist es in der Tat ein Fortschritt, dass heute ein solches Gesetz verabschiedet werden kann.
Frau Vorsitzende, schon allein deswegen hat es sich gelohnt, neunmal im Sozialausschuss darüber zu beraten. Ich möchte mich bei Ihnen persönlich für die sachliche und offene Atmosphäre im Ausschuss bedanken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Gesetzentwurf, dem Sie heute vermutlich zustimmen werden, geben Sie den Transplantationsbeauftragten bei ihrer schweren Vermittlungstätigkeit mehr Sicherheit. Sie wissen, dass ich mir ein Argument nie zu eigen gemacht habe, das in der ersten Lesung immer wieder hervorgehoben wurde. Ich glaube bis heute nicht, dass ein Transplantationsausführungsgesetz wirklich einen nennenswerten Beitrag zur Erhöhung der Organspendebereitschaft leisten wird. Dieses Argument wurde in der ersten Lesung immer wieder genannt. Ich glaube, dass ein solches Gesetz allein dazu nicht reichen wird.
der Transplantationsbeauftragten verbessern, indem er sie über ein solches Ausführungsgesetz rechtlich absichert. Diese rechtliche Absicherung soll den Transplantationsbeauftragten mit dem Gesetzentwurf gewährt werden.
Die Transplantationsbeauftragten müssen in einer extremen Ausnahmesituation bei den Angehörigen eines Menschen, der kurz zuvor für hirntot erklärt worden ist, dafür werben, dass sie die Organe ihres Kindes, Ehegatten, Bruders oder ihrer Schwester für einen ihnen völlig unbekannten Menschen spenden, dessen Leben möglicherweise von der Organspende abhängt. Für diese Vermittlungstätigkeit brauchen Transplantationsbeauftragte nicht nur bestimmte Freiräume, sie brauchen Akzeptanz, sie brauchen Autorität. Genau an dieser Stelle greift aus unserer Sicht der Entwurf der Großen Koalition zu kurz. Das ist der Grund dafür, dass wir unseren Gesetzentwurf in der Ursprungsfassung erneut zur Abstimmung stellen.