Protokoll der Sitzung vom 29.02.2008

- Herr Ministerpräsident, das müssen Sie gar nicht begründen. Das Präsidium wird entsprechend nachsichtig mit den Rednern der Fraktionen sein.

Bevor ich eine weitere Worterteilung gebe, möchte ich zunächst mit Ihnen eine weitere Gruppe der Klaus-Harms-Schule in Kappeln mit ihren begleitenden Lehrkräften sehr herzlich auf der Tribüne begrüßen. - Viel Freude!

(Beifall)

Das Wort für die CDU-Fraktion erhält der Fraktionsvorsitzende Dr. Johann Wadephul.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Frau Präsidentin! Einmal Lehrerin - immer Lehrerin.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag - eine der spannendsten Materien, insofern erleben die Schülerinnen und Schüler gleich auch ein Stück Landesgeschichte, die wir hier zu diskutieren haben - ist hier zu beraten.

(Unruhe)

Es gibt in der Geschichte der Rundfunkänderungsstaatsverträge viele Verträge, die mit weitreichenden Veränderungen für die Rundfunkteilnehmerinnen und -teilnehmer verbunden sind, aber auch für die betroffenen Organisationen und Gremien. Es gab auch einige, die einen nicht so großen Veränderungswert hatten. Der jetzt zu diskutierende Rundfunkänderungsstaatsvertrag gehört wahrscheinlich eher zur letzteren Kategorie, auch wenn es an der einen oder anderen Stelle aus den Reihen der Verbände und Kirchen Kritik an den neuen staatsvertraglichen Regelungen gibt, die im Innenund Rechtsausschuss zu diskutieren sein werden. Der Kollege Kalinka freut sich schon auf die Diskussion dieser Materie.

Worum es inhaltlich geht, hat der Ministerpräsident dem Haus freundlicherweise schon erläutert. Es geht zum einen um die Reform der Aufsicht über den privaten Rundfunk und zum anderen um die Regulierung von technischen Plattformen, über die Rundfunkprogramme verbreitet werden können.

Bei der Aufsicht über den privaten Rundfunk sollen den Landesmedienanstalten weitere einheitliche Entscheidungen im privaten Rundfunk ermöglicht werden. Dazu wird ein neues Gremium geschaffen - das ist immer eine Art, in Deutschland Probleme zu lösen. Dieses Gremium ist eine gemeinsame Kommission der Landesmedienanstalten für die Zulassung und Aufsicht - ZAK genannt. Es besteht aus den 14 Direktorinnen und Direktoren der Landesmedienanstalten und ist für die Zulassung bundesweiter privater Rundfunkanbieter und deren Aufsicht verantwortlich.

Sicherlich ist dies ein Weg - das muss man einräumen -, der gewährleisten kann, dass die Zulassungsverfahren bundesweit aktiver Rundfunkunternehmen einfacher und unbürokratischer ablaufen. Insofern schließe ich mich voll den Ausführungen des

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

Herrn Ministerpräsidenten an. Die Gremienkonferenz der Medienanstalten wird auch in Zweifelsfragen eingebunden werden.

Ich begrüße in diesem Zusammenhang, dass die neu geschaffene Medienanstalt von Hamburg und Schleswig-Holstein nun bereits vor gut einem Jahr ihre Arbeit aufgenommen und zu einer stärkeren Zusammenarbeit von Schleswig-Holstein und Hamburg im Bereich der Medienpolitik gefunden hat. Dies ist nicht nur wegen der Zusammenarbeit der beiden Bundesländer - Herr Kollege Kubicki - von Interesse, sondern auch deshalb, weil sich die Medienanstalt kürzlich bei einer Entscheidung der berühmten KEK widersetzt hat und hier im Norden ein Zeichen einer unabhängigen länderübergreifenden Medienpolitik gesetzt hat, was möglicherweise Ihrer Aufmerksamkeit entgangen ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Im Gegenteil!)

Ich darf Sie aber darauf hinweisen, dass es eine Erfolgsgeschichte ist. Diese Erfolgsgeschichte sollte fortgesetzt werden.

Der zweite Schwerpunkt des Staatsvertrages betrifft die Regulierung von allen technischen Verbreitungsplattformen, wobei die Plattformbetreiber von Kabelnetzen, Satelliten und so weiter bestimmte Belegungsvorgaben beachten sowie ein vielfältiges Gesamtangebot und einen diskriminierungsfreien Zugang sicherstellen müssen. Wer sich einmal die Medienangebote in anderen Staaten angeschaut hat, weiß, dass es keine Selbstverständlichkeit ist. Es ist eine kulturelle Errungenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, die es zu sichern gilt. Wir tun Gutes, wenn wir das an dieser Stelle fortschreiben.

(Beifall der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Ministerpräsident hat es angedeutet: Es werden noch spannendere Änderungsverträge kommen. Wir werden eine ausführliche Diskussion haben. Das kündige ich auch für meine Fraktion an, obwohl wir hier grundsätzlich sehr aufgeschlossen sind. Dennoch wird es zu diskutieren sein, dass die Rundfunkgebühren hier erhöht werden. Wir kommen jetzt in der Tat in ein Spannungsfeld, in dem die Belastungssituation für die Bürgerinnen und Bürger neu zu bewerten sein wird und wir auch mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu diskutieren haben werden, wie viel Engagement wirklich sein muss und wofür Geld ausgegeben wird.

Wir werden insgesamt sehr kurzfristig vor der Zukunftsfrage stehen, die der Ministerpräsident freundlicherweise auch angesprochen hat, nämlich, wie wir die Rundfunkgebühr angesichts immer neuer technischer Möglichkeiten zukunftssicher machen. Das klassische Fernsehen und das klassische Radio haben im Grunde ausgedient. Müssen wir an dieser Stelle ganz neu nachdenken?

(Beifall des Abgeordneten Johannes Callsen [CDU])

Ich bekenne mich für meine Fraktion ausdrücklich zu einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der auch öffentlich-rechtlich finanziert wird. Aber hier stehen wir vor spannenden Funktionen. Ich darf aus Sicht des Parlamentes festhalten: Wir sehen uns nicht in einer reinen Notarfunktion, die das, was in Ministerpräsidentenkonferenzen vereinbart worden ist, abnickt. Wir erwarten stattdessen, dass wir frühzeitig in die Diskussion eingebunden werden. Herr Vorsitzender, ich darf anregen, dass das im Innenund Rechtsausschuss auch geschieht.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich danke dem Fraktionsvorsitzenden der CDUFraktion und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was bringt der Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das fragen wir uns auch!)

Ich weiß, dass es eine Frage ist, die das Hohe Haus mit großer Spannung erwartet, vor allem die Antworten darauf.

Die wesentliche Änderung betrifft eine Reform der Landesmedienanstalten. Der Vertrag ist auf die künftige Organisation und Aufsicht der privaten Rundfunkanbieter und auf eine Reihe von technischen Verfahrensfragen ausgerichtet. Wie wir aber noch sehen werden - wir haben es zum Teil auch schon gehört -, verbirgt sich dahinter durchaus auch medienpolitischer Sprengstoff. Künftig soll es bei den Landesmedienanstalten eine neue Zulassungsund Aufsichtskommission (ZAK) geben, die für private Rundfunkprogramme mit bundesweiter Zulassung zuständig ist. Die Beschlüsse der ZAK sind

(Dr. Johann Wadephul)

dann bindend und müssen von den für die jeweiligen Sender zuständigen Landesmedienanstalten umgesetzt werden. Die Zuständigkeiten der Landesmedienanstalten für landesweite und regionale Programme bleiben unberührt.

Beteiligt an den Beschlüssen der ZAK ist die Gremienvorsitzendenkonferenz - GVK - der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten, soweit es um bundesweite Übertragungsrechte geht. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich, die schon bekannt ist - KEK -, wird von bisher sechs auf dann zwölf Mitglieder ausgeweitet. Schließlich soll die gemeinsame Kommission der Landesmedienanstalten, in der sich vier Kommissionen befinden, eine gemeinsame Geschäftsstelle bekommen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

Das ist nicht ohne Brisanz. Die politische Brisanz der Installierung der neuen Kommission liegt darin, dass wir bei der Aufsicht und Zulassung privaten Rundfunks bei den technischen Änderungen eine zunehmende Konzentration erfahren werden. Ursprünglich waren die Landesmedienanstalten im föderalen System der Kulturhoheit und damit auch der Rundfunkhoheit der Länder mit den Aufgaben betraut, die heute zunehmend von den gemeinsamen bundesweiten Kommissionen übernommen werden sollen. Es hat also durchaus schrittweise einen Konzentrationsprozess gegeben, der Wasser auf die Mühlen derjenigen ist, die die Landesmedienanstalten für ein verstaubtes Relikt aus alter Zeit halten und sich insgesamt für eine bundesweite Medienanstalt einsetzen.

Ob dieser Weg richtig ist - ich habe da Zweifel -, werden wir natürlich im zuständigen Ausschuss beraten, wir werden uns dort auch eindeutig positionieren, denn darauf, ob diese Entwicklung möglicherweise weitergeht oder auch nicht, haben wir durchaus Einfluss.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Bestandteil des Staatsvertrages ist die Regulierung aller technischen Verbreitungsformen für den Rundfunk. Das bedeutet: Neben den bereits regulierten Kabelnetzen kommen jetzt auch Satelliten unter deutscher Hoheit und Plattformen für das Handyfernsehen und Internet Protocol, IP, hinzu. Darüber hinaus sollen sich für bundesweit agierende Rundfunkanbieter vereinfachte Zulassungs- und Aufsichtsverfahren ergeben. Das alles sind sicherlich sinnvolle Maßnahmen, die dem Rechnung tragen, was wir im Bereich der Digitalisierung und der Veränderung der technischen Welt im Moment erleben.

Erfreulich ist, dass durch den Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag genaue Vorschriften über Gewinnspiele erlassen werden und dass der Jugendschutz einen besonderen Stellenwert erhält.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

- Ich wusste, dass das Hohe Haus gerade an dieser Stelle sehr zufrieden sein wird.

Im Bereich des Verbraucherschutzes gelten die Regeln des europäischen Verbraucherschutzes. Wichtig ist, dass in § 19 a, in dem die Digitalisierung enthalten ist, die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio ihrem Auftrag durch Nutzung aller Übertragungswege nachkommen können. Das bedeutet praktisch auch das Ende der analogen terrestrischen Übertragungswege - da sind wir wieder bei unserem Thema von gestern über den deutschdänischen Grenzraum -, aber dies soll nur möglich sein - auch dies steht im Staatsvertrag -, wenn der Empfang über einen anderen Übertragungsweg gesichert ist. An diesem Punkt sollten wir auch im Zusammenhang mit dem gestrigen Thema noch einmal genau hinsehen. Es ist nicht nur so, dass wir diese Schwierigkeiten nach Dänemark hinein haben, sondern auch im deutschen Grenzgebiet ist die digitale Versorgung nicht zu 100 % gesichert. Da gibt es zum Beispiel auf Fehmarn und in anderen Bereichen Lücken.

Rundfunk ist nach unserer Auffassung vor allem Kulturgut eines Landes und erst in zweiter Linie Wirtschaftsgut. Das wird in anderen Staaten und in Teilen der EU-Kommission anders gesehen. Das Recht der Bürger unseres Landes auf eine umfassende und von staatlichen Einflüssen freie Information beinhaltet auch ein Recht auf eine Information, die von finanziell-wirtschaftlichen Zwängen frei ist.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das duale Rundfunksystem in Deutschland hat sich grundsätzlich bewährt und muss erhalten bleiben. Kollege Wadephul hat schon darauf hingewiesen: Das Bundesverfassungsgericht hat sich dazu mehrfach deutlich geäußert und dabei das Grundrecht auf Informationsfreiheit unterstrichen. Es hat in diesem Zusammenhang nicht nur etwas zu den Gebühren gesagt, sondern auch zu dem nach seiner Auffassung durchaus weit gefassten Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen.

Der Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird diesem Auftrag gerecht, indem er notwendige Re

(Peter Eichstädt)

gelungen formuliert und Verantwortlichkeiten zuordnet. Rundfunkrecht ist dabei nicht nur einfache Juristerei, sondern wirkt auch unmittelbar auf die Gesellschaft ein.

Erlauben Sie mir den Schlusssatz: Ein größeres Interesse an solchen und ähnlichen Bestimmungen wäre durchaus wünschenswert. Das gilt natürlich nicht für dieses Haus. Hier ist dieses Interesse in vorbildlicher Weise vorhanden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Eichstädt und erteile für die FDP-Fraktion dem Oppositionsführer, Herrn Wolfgang Kubicki, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Eichstädt, ich frage nicht: „Was bringt der neue Rundfunkänderungsstaatsvertrag?“, sondern ich gebe gleich die Antworten. Im Wesentlichen werden folgende Änderungen eingeführt: