Protokoll der Sitzung vom 18.06.2008

(Beifall des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

nämlich in einem bestimmten Zeitraum die Vollständigkeit der Antragsunterlagen und die Vollständigkeit der Antworten aus den zuständigen Behörden zu organisieren. Deshalb ja Verfahrensmanager. Wenn wir nur eine Einbahnstraße erreichen wollen, oder wenn wir zulassen wollen, dass einzelne Behörden, die über den Einheitlichen Ansprechpartner mit auf den Weg gebracht werden, Genehmigungsverfahren zu betreiben, an diesem vorbei dann ihre Genehmigung erteilen, dann ist die Funktion des Einheitlichen Ansprechpartners nicht mehr gewährleistet. Dann können wir das gleich vergessen.

Dies ist eine Sache, von der ich sehr überzeugt bin, dass sie uns weiterbringt. Ich habe an anderer Stelle schon gesagt, dass ich mich eigentlich darüber ärgere, dass erst die Europäische Kommission uns auf den Weg bringen musste, dies zu tun. Wir hätten selbst längst auf die Idee kommen dürfen, eine solche Bündelung von Verwaltungszuständigkeiten als Angebot zu machen.

(Werner Kalinka [CDU]: Den Vorschlag gab es 2004 schon!)

- Okay. Herr Kalinka, wir hätten es alle miteinander noch ein bisschen schneller auf den Weg bringen können. Ich denke aber, wir sind jetzt gut davor. Ich hoffe nur, dass andere Länder unserem Beispiel folgen und diesen Weg gehen, das gemeinschaftlich zu organisieren. So wird das in Schleswig-Holstein in gut einem Jahr auf dem Weg sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/2112 federführend an den Europaausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um

(Lars Harms)

das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist das so geschehen.

Meine Damen und Herren, wir gehen in die Mittagspause. Wir setzen die Sitzung um 14 Uhr mit dem Tagesordnungspunkt 16 fort.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 12:34 bis 14:01 Uhr)

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Für diejenigen, die mich über Lautsprecher hören und noch nicht hier sind: Wir beginnen um 14 Uhr.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, teile ich Ihnen mit, dass die Minister Hay und Wiegard ab heute Mittag beurlaubt sind. Des Weiteren haben sich die Fraktionen darauf verständigt, dass der Tagesordnungspunkt 19 - Bericht des Petitionsausschusses - heute nach dem letzten Tagesordnungspunkt aufgerufen wird. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Dem Vorsitzenden, Herrn Abgeordneten Detlef Buder, wird eine Redezeit von zehn Minuten gestattet.

Ich begrüße auf der Besuchertribüne die Diakoniegemeinschaft Flensburg. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Berichtsantrag Wärmelastplan Elbe

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2119

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Da mit dem Antrag ein mündlicher Bericht in dieser Tagung erbeten wird, lasse ich zunächst darüber abstimmen. - Wer den Bericht in dieser Tagung hören will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig. Dann bitte ich den Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, um den Bericht.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass ich heute die Gelegenheit habe, mich auch einmal zu den Presseveröffentli

chungen zu diesem Wärmelastplan zu äußern. Vielleicht zunächst den Hinweis darauf, dass Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sich bereits Anfang 2007, also zu einer Zeit, als in Hamburg noch ein Umweltminister Gedaschko im Amt war, der der CDU angehört, darauf verständigt haben, einen neuen Wärmelastplan für die Tideelbe zwischen Geesthacht und Cuxhaven zu erarbeiten. Wir haben als Schleswig-Holsteiner den Vorschlag unterbreitet. Das liegt daran, dass Schleswig-Holstein den Vorsitz im Wasserrahmenrichtliniengebiet der Tideelbe hat. Dadurch soll der alte Plan aus dem Jahre 1973 durch ein modernes hydronumerisches Modell ersetzt werden.

Der Hintergrund erschließt sich Ihnen sicherlich sogleich. Dies ist die neue und weitere Kraftwerksplanung in Hamburg-Moorburg, an der Unterelbe in Stade und in Brunsbüttel. Wir wissen, dass die zunehmende Häufung von Wärmeeinleitungen an den Standorten an der Elbe zu gegenseitigen Beeinflussungen und zu Summationswirkungen führen kann. Darum geht es in einem solchen Wärmelastplan zunächst auch einmal darum, die zu erwartenden Belastungen zu minimieren. Dazu verpflichtet uns auch die Wasserrahmenrichtlinie, die wir dort umsetzen wollen.

Auf der anderen Seite soll der Wärmelastplan auch der Verfahrensbeschleunigung dienen. Hierzu enthält der Entwurf beispielsweise gemeinsame Empfehlungen für die Genehmigungsbehörden zum Umfang der notwendigen Antragsunterlagen für Wärmeeinleitungen, denn nur so kann bei wasserrechtlichen Erlaubnisanträgen für neue Wärmeeinleitungen beurteilt werden, wie sich diese auf den Wärme- und Sauerstoffhaushalt der Tideelbe auswirken können und ob gegebenenfalls Überschreitungen der Einleitungsbedingungen zu erwarten sind. Dies ist in von der Tide beeinflussten Gewässern besonders schwierig, weil es dort zu wechselnden Strömungsrichtungen mit zwischenzeitlichen Stillstandsphasen kommt. Auch Wärmevorbelastungen der Elbe und der Wärmeaustausch mit der Atmosphäre müssen berücksichtigt werden.

Mit einer solchen länderübergreifenden Empfehlung können Genehmigungsverfahren beschleunigt und fachlich besser abgesichert werden. Klare länderübergreifende Anforderungen bieten dabei auch mehr Planungssicherheit für Antragssteller.

Vielleicht einige Worte zum erreichten Stand. Wie gesagt, seit Mai 2007 hat eine Arbeitsgruppe mit Fachleuten aus den drei Ländern unter Leitung Schleswig-Holsteins gearbeitet. Diese Arbeitsgruppe hat mit Unterstützung mehrerer renommierter

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

Ingenieurbüros fachliche Rahmenbedingungen für den neuen Wärmelastplan erarbeitet. Kernpunkt dieses neuen Wärmelastplans ist ein hydraulisches Rechenmodell, mit dem die Ausbreitung von Wärmebelastungen unter Tidebedingungen simuliert werden kann. Damit können die Auswirkungen aktueller und zusätzlicher Wärmeemissionen auf das Gewässer sicher prognostisiert und beurteilt werden.

Das Modell steht künftig den Antragstellern für die Planung künftiger Kraftwerke zur Verfügung und kann auch als Orientierungshilfe für die Standortwahl genutzt werden.

Die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Anforderungen der europäischen Richtlinien abgeleiteten Einleitungsbedingungen gelten nach der Durchmischung des eingeleiteten Kühlwassers mit dem Elbewasser etwa 500 m von der Einleitungsstelle entfernt. Die höchstzulässige Gewässertemperatur am Übergabepunkt beträgt 28° C nach Durchmischung. Ich sage das ganz bewusst, weil ich gelesen habe, dass die Norddeutsche Affinerie sich Sorgen macht, weil ihre Einleitungstemperatur 33° C beträgt. Das vermischt sich allerdings so schnell, dass es dort mit den 28° C bisher keine Probleme gegeben hat. Ich sage das, weil diese 28° auch im alten Wärmelastplan bereits galten.

Zusätzlich und neu sind nur die Zielwerte für die Sauerstoffkonzentration von 6 mg pro Liter und eine Mindestkonzentration von 3 mg pro Liter, die festgelegt wurden. Sie wissen, dass wir im Bereich Brunsbüttel/Stade bisher keine Sauerstoffprobleme gehabt haben. Es gab Sauerstoffprobleme im Bereich kurz vor Hamburg. Dort gibt es allerdings schon seit einiger Zeit einen Hamburger Aktionsplan zur Verringerung dieses Sauerstofflochs.

Das hydronumerische Modell des Wärmelastplans Tideelbestrom gibt aber einen Überblick über die Unterscheidungshäufigkeit von Sauerstoffkonzentrationen für verschiedene Szenarien.

Die Entwicklung des hydraulischen Rechenmodells ist weitgehend abgeschlossen, sodass Antragsteller und Genehmigungsbehörden es für eine Beurteilung der Auswirkungen nutzen können. Außerdem liegt den Arbeitsgruppen und den Fachbehörden der drei beteiligten Länder ein abgestimmter Entwurf eines gemeinsamen Wärmelastplans vor, der jetzt den betroffenen Ressorts zur Abstimmung zugeht. Anfang Juli soll er von den Abteilungsleitern der Länder verabschiedet werden.

Ich darf am Ende sagen, dass wir kaum Beeinflussungen zwischen den Bereichen Stade und Bruns

büttel auf der einen und Hamburg-Moorburg auf der anderen Seite befürchten. Derzeit wird von den Hamburger Medien hochgezogen, dass ein solcher Wärmelastplan genutzt werden soll, um Moorburg zu verhindern. Es ist schon heute ersichtlich, dass die Planungen, die bei uns in dem Teil Stade/Brunsbüttel anstehen, zu keiner Beeinflussung im Hamburger Bereich führen. Insofern sind wir bereit, an der Stelle jeder Spekulation eine deutliche Absage zu erteilen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Minister für den Bericht. Der Herr Minister hat eine halbe Minute mehr gebraucht; die steht den Fraktionen selbstverständlich auch zu.

Ich eröffne die Aussprache und erteile für den Antragsteller BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Vielen Dank erst einmal an das Ministerium für diesen Bericht, den wir heute entgegengenommen haben. Unsere Flüsse brauchen Wärmelastpläne das ist der eigentliche Skandal. Zurzeit wird ein Wärmelastplan Elbe mit dem Ziel erarbeitet, die Wärmeeinleitungen der Großkraftwerke zu untersuchen und die negativen ökologischen Folgen zu reduzieren. Wir haben alle noch die Abschaltungen beziehungsweise das Herunterfahren in den Teillastbetrieb der Atomkraftwerke an der Elbe in heißen Sommerwochen in Erinnerung.

Im Prinzip ist es aus unserer Sicht richtig, dass die Folgen der Wärmeeinleitungen länderübergreifend dargestellt werden. Das ist sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe für die Fachleute, weil es sich um einen stark tidenbeeinflussten Wasserlauf handelt. Es sollen dann Eckwerte und Empfehlungen erarbeitet werden, sodass ein Temperaturgradient von drei Grad zwischen Ansaugung des Kühlwassers und Ausstoß nicht überschritten wird, damit die Temperatur des Wasser der Elbe nicht über eine bestimmte Gradzahl erhöht wird.

Was ist jedoch der Hintergrund der ganzen Übung? Warum bezeichne ich es als Skandal, dass wir solche Wärmelastpläne überhaupt brauchen? - Das Aufstellen solcher Pläne zeigt doch eines überdeut

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

lich: Großkraftwerke vernichten Energie, das Aufheizen der Elbe ist Ausdruck von Wirkungsgradzerstörung. Wenn der Wirtschaftsminister von „modernster Kraftwerkstechnik“ redet, was meint er damit? Ist es etwa modern, in einem Technologiestandort Deutschland den Löwenanteil an Energie wegzukühlen und damit die Flüsse und Förden zu erwärmen?

Dass wir uns mit dem Thema Wärmelastplan Elbe beschäftigen müssen, ist einer führenden Technologienation und des Exportweltmeisters Deutschland unwürdig.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir heizen auf der einen Seite mit dem überwiegenden Teil der Primärenergie den Fluss auf und produzieren nur Strom, mit dem Frau Meier dann zu Hause auf dem Cerankochfeld das Spagettiwasser kocht. Auf der anderen Seite bedeutet das, dass das Haus der Familie Meier mit ihrer teuer und immer teurer eingekauften Primärenergie nur heizt und keinen Strom erzeugt.

Wir wissen, dass es auch anders geht: Es gibt Blockheizkraftwerke in großen und kleinen Dimensionen bis runter zum Heizbedarf der Kleinfamilie Meier. Es gibt zum Beispiel den von Fichtel & Sachs entwickelten Dachs, es gibt den von OTAG entwickelten Lion-Generator. Das sind Maschinen, die hoch effektiv mit Wirkungsgraden von über 90 % Ausnutzung der Primärenergie Stromund Heizbedarf gleichzeitig abdecken.

In Deutschland wird 12 % des Stroms in KraftWärme-Kopplung erzeugt. In Dänemark beträgt dieser Anteil über 60 %, obwohl die Wärmeabnahmedichte dort wegen der dünneren Besiedlung geringer ist als in Deutschland.

Es liegt also nicht an der Physik, es geht um die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland, die einen Ausbau der Kraft-WärmeKopplung verhindern. Auch unter der Klimakanzlerin geht es kein Stück weiter. Das ist ein Trauerspiel.