Protokoll der Sitzung vom 19.06.2008

Ich gebe ja zu, dass ich mir, nachdem ich die Anzeige das erste Mal gelesen habe, nachdem mich reichlich Telefonanrufe, E-Mails und SMS erreicht haben, was denn da los sei, die dann gründlich anguckt habe. Das wird Frau Birk gemacht haben, das habe auch ich gemacht. Da man nicht jeden Tag in Stellenanzeigen reinguckt - zurzeit suche ich jedenfalls noch keinen Job, also gucke ich da nicht jeden Tag rein -,

(Heiterkeit)

ist man in der Situation, die Sache nachlesen zu müssen.

Ich will noch einmal deutlich sagen - auch wenn es Sie langweilen mag; Frau Birk hat korrekt zitiert, was ich der Presse gegenüber und auch hier mehr als einmal gesagt habe -: Nach Auffassung der SPD-Fraktion ist es sinnvoll, weiter einen dreiköpfigen Vorstand zu haben.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist gleichfalls sinnvoll, einen Vorstand für Pflege und Patientenservice zu haben. Damit gibt es keine Veranlassung, das Gesetz zu ändern.

(Beifall bei SPD, FDP und SSW)

Ich kenne keinen Gesetzentwurf der Regierung, ich kenne keinen Antrag irgendeiner Fraktion, das Gesetz zu ändern. Wir würden einer Gesetzesänderung in diesem Punkt auch nicht zustimmen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es wird eine solche Gesetzesänderung nicht geben. Ich bin Kollege Sauter sehr dankbar dafür, dass er

(Frank Sauter)

deutlich gemacht und vollkommen unzweideutig klargemacht hat, dass eine Ausschreibung in der Form, wie es im Gesetz vorgesehen ist, stattfinden muss und wird.

Es macht großen Sinn, in der strategischen Verantwortung des Vorstandes dies dann zu tun, wenn der jetzige Vorstand des UK S-H in Kombination mit dem Sanierer, unterstützt und eingebracht vom Fachministerium im Kabinett, sein Konzept vorlegt. Das wird ja noch in diesem Monat der Fall sein. Dann ist die Zeit da, auch diese Vorstandsposition entsprechend auszuschreiben und dafür Sorge zu tragen - das ist keine parlamentarisch Aufgabe, sondern eine Fachaufgabe -, innerhalb des Vorstandes zu einer vernünftigen Aufgabenverteilung zu kommen.

Was wesentlich ist, nämlich die Verantwortung für Pflege und Patientenservice, erwarten wir, weil wir wissen, dass dieser Bereich eine enorme Bedeutung hat für die Ergebniserzielung im DRG-Bereich, für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Klinikums. Da gibt es überhaupt keine zwei Meinungen.

Nun will ich konzedieren, dass man, wenn man die Anzeige in die Hand nimmt, zuerst auf die Idee kommen kann: Da ist irgendetwas im Busch. Das ist der normale Weg, und ich habe volles Verständnis dafür, dass die Opposition Anträge stellt und die Regierung und die Regierungsparteien in die Situation bringen möchte, sich hier zu erklären. Ich bitte aber darum, in einer solchen Situation, in der sich das UK S-H jetzt befindet, nach den vielen Diskussionen, die wir hier geführt haben, nach den ganzen Schwierigkeiten, die wir dort erlebt haben, und mit der positiven Perspektive, die das Klinikum jetzt hat, diese Dinge auch zu Ende zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, wenn dort eine Leitungsebene unterhalb des Vorstandes ausgeschrieben wird, und keine politischen Unterstellungen in den politischen Raum zu bringen. Denn Sie alle wissen, was daraus gemacht wird.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU)

Wenn man den Text zu Ende liest, wird man erkennen, dass es hier in der Tat nicht um die Vorstandsposition geht. Auch in anderen Bereichen des Klinikums, zum Beispiel im IT-Bereich, gibt es Direktoren oder Abteilungsleiter. Das ist auch für den Pflegebereich sinnvoll und notwendig.

Wenn wir die Vorstandsposition Pflege und Patientenservice besetzt haben und darunter, im operativen Geschäft, eine herausragende Kraft finden können, die den Megabereich Pflege im Klinikum ver

nünftig auf den Weg bringen und verbessern - verbessern! - kann, dann ist das doch etwas, was wir alle begrüßen sollten. Deswegen sehen wir keine Veranlassung, den beiden Oppositionsanträgen zuzustimmen. Wir werden sie ablehnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Jürgen Weber. Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bereich Krankenpflege trägt ungefähr zu 30 % zu den DRG-Erlösen und damit zum Betriebsergebnis eines Universitätsklinikums bei. Im Pflegeund Patientenmanagement liegen nach Auffassung von Experten zudem wesentliche Möglichkeiten, durch Prozessoptimierung die wirtschaftliche Situation des Klinikums zu verbessern. Gleichzeitig ist dieser Bereich aber auch mitentscheidend für die Qualität der Hochleistungsmedizin. Es gilt dabei einerseits spezialisierte Behandlungsverfahren und spezialisierte Versorgungsstrukturen zu sichern, andererseits aber auch angesichts der steigenden Zahl von chronisch und/oder mehrfach erkrankten Patienten eine sektorenübergreifende Patientenversorgung zu koordinieren und dabei zu verhindern, dass bei einem in lauter kleine Teilfürstentümer zersplitterten Universitätsklinikum letzten Endes erhebliche Ressourcen vergeudet werden.

Diese und andere Gründe haben den Gesetzgeber vor Jahren veranlasst, im Vorstand des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein eine Vorstandsposition für Krankenpflege und Patientenservice vorzusehen. Die FDP-Fraktion hält dies nach wie vor für eine richtige Entscheidung.

(Beifall bei der FDP)

Wie Kollegin Anke Spoorendonk vom SSW in der Landtagsdebatte, die wir am 13. Dezember 2007 zum Thema UK S-H geführt haben, darlegte, ist die Krankenpflege in immerhin 26 deutschen Universitätsklinika auf der Vorstandsebene verankert. Will man von dieser geltenden Gesetzeslage und der in Deutschland weithin üblichen Praxis nun wieder abweichen, bedarf dies einer schlüssigen Begründung. In dieser Hinsicht haben wir jedoch von der Landesregierung bisher nichts gehört.

Stattdessen schafft man durch die monatelange Vakanz dieser Vorstandsposition praktisch vollen

(Jürgen Weber)

dete Tatsachen. Wie anders lässt sich erklären, dass am UK S-H Anfang Juni mit zweiwöchiger Bewerbungsfrist die Position einer Pflegedirektorin/eines Pflegedirektors unterhalb der Vorstandsebene ausgeschrieben wurde? Hatte die Landesregierung in der Plenardebatte zu Jahresbeginn nicht noch erklärt, man wolle bis zum Sommer ein Gesamtkonzept für die Zukunft des UK S-H vorlegen? Dabei sollte unter anderem auch über die Frage entschieden werden, ob es weiterhin eine dritte Vorstandsposition, ein Vorstandsmitglied für den Pflegebereich, geben sollte.

Herr Kollege Jürgen Weber hat bereits in der Plenardebatte vom 31. Januar 2008 das erklärt, was er heute wiederholt hat, dass nämlich die SPDFraktion diese dritte Vorstandposition für unverzichtbar hält. Herr Herbst hat am 31. Januar 2008 für die CDU-Fraktion geäußert, man wolle zunächst einmal das angekündigte Gesamtkonzept abwarten, bevor man sich in dieser Frage entscheide. Herr Austermann nannte damals ausdrücklich die Monate Juni/Juli als Termin für den noch ausstehenden Klärungsprozess, und zwar auch im Hinblick auf die personellen Fragen.

Das ist der Kernpunkt der Kritik. Kurz vor der anstehenden Vorlage eines mehrfach angekündigten Gesamtkonzepts schafft die Ausschreibung der Position eines Pflegedirektors unterhalb der Vorstandsebene praktisch vollendete Tatsachen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Denn eines ist klar: Dieser Pflegedirektor wäre so überflüssig wie ein Kropf, sollte am Ende doch wieder ein Vorstandsmitglied für den Pflegebereich berufen werden. Es handelt sich dabei um eine außertariflich bezahlte Führungsposition.

Dem Argument, der künftige Pflegevorstand bräuchte Mitarbeiter im operativen Bereich, halte ich Folgendes entgegen: Wenn Sie den Pflegevorstand berufen, nachdem die Stelle des Pflegedirektors besetzt ist - zeitlich wird das gar nicht anders möglich sein -, dann nehmen Sie ihm die Möglichkeit, über das Personal auf der mittleren Ebene mitentscheiden zu können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Durch dieses Vorgehen wird auch der Gesetzgeber düpiert. Wenn die Landesregierung die Streichung der Vorstandsposition Krankenpflege wünscht, dann sollte sie das hier mit offenem Visier beantragen. Stattdessen lassen es der zuständige Minister

und sein als UK S-H-Verwaltungsratsvorsitzender amtierender Staatssekretär zu, dass der Gesetzgeber im Grunde vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Denn eines ist klar: Ein Minister, der unter diesen Umständen behaupten würde, es handele sich nicht um eine Vorausfestlegung, ist entweder selbst zu dumm - was ich aufgrund der Vorerfahrungen mit dem Minister keineswegs annehmen möchte - oder versucht, Parlament und Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Leider haben es die Grünen Herrn Austermann mit ihrer falsch begründeten Kritik leicht gemacht, sich aus der Affäre zu ziehen. Die Ausschreibung der Position des Pflegedirektors ist - anders als Frau Birk es formuliert hat - formal gerade nicht rechtswidrig.

(Beifall bei der FDP)

Das ist der Kernpunkt. Es geht um politische Kritik, um die Art und Weise, wie man mit dem Parlament umspringt und darum, dass man vor einem halben Jahr gegebene Zusagen, wonach diese Sache im Sommer im Rahmen des Gesamtkonzepts zur Entscheidung anstehen sollte, nicht einhält. Diese politische Kritik ist für uns der entscheidende Punkt. Dies hat aber nichts mit der angeblichen Rechtswidrigkeit der Ausschreibung zu tun, mit der sich die Grünen befasst haben. Wir haben unseren Antrag anders begründet als die Grünen, weil wir die politische Stoßrichtung der Kritik in den Mittelpunkt stellen wollten. Der Minister soll sich nicht einfach mit dem Hinweis, er habe formal nicht rechtswidrig gehandelt, aus der Affäre ziehen können; denn rechtswidrig gehandelt hat er in der Tat nicht.

Für den SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der SSW hat sich immer wieder eindeutig für die Besetzung der Vorstandsposition für Krankenpflege und Patientenservice so, wie sie im Gesetz aus gutem Grund vorgeschrieben ist, ausgesprochen. Umso erstaunter waren wir, als wir uns die Stellenausschreibung genauer angesehen haben und dabei feststellten, dass die Position unterhalb der Vorstandsebene angesiedelt sein soll.

(Dr. Ekkehard Klug)

Dieses lässt aus unserer Sicht nur zwei Rückschlüsse zu: Es handelt sich hierbei entweder um einen klaren Verstoß gegen § 88 des Hochschulgesetzes Schleswig-Holsteins, in dem die Position des Vorstandes für Krankenpflege und Patientenservice festgeschrieben ist, oder es ist beabsichtigt, Doppelstrukturen einzuziehen, indem diese Position einmal auf Vorstandsebene und einmal darunter also doppelt - besetzt wird.

Das eine wie das andere ist nicht akzeptabel und wirft viele Fragen auf. Man hat den Eindruck, dass weder Herr Austermann noch der Aufsichtsratsvorsitzende großes Interesse an der Besetzung der Vorstandsposition für Krankenpflege und Patientenservice haben. Dadurch wird dieses Vorgehen aber nicht richtiger, und das Hochschulgesetz ist diesbezüglich eindeutig. Eine Doppelbesetzung kann außerdem auch keine ernst gemeinte Strategie sein. Eine solche ist aus unserer Sicht weder wirtschaftlich noch qualitativ und organisatorisch begründbar.

Ist das also wieder einmal nur blinder Aktionismus in Sachen UK S-H oder gar scharfes Kalkül? Werden bei diesem Thema schon einmal Grenzen und Widerstände bezogen auf eine Änderung des Hochschulgesetzes ausgelotet? - Aus Sicht des SSW wäre es jedenfalls ein fataler Fehler, die Pflege nicht auf Augenhöhe mit dem Kaufmann beziehungsweise der Kauffrau und der ärztlichen Leitung im Vorstand anzusiedeln.

Mittlerweile sollte es allen Verantwortlichen und Entscheidern klar sein, dass die Bedeutung der Pflege in Zukunft noch weiter steigen wird. Sie ist schon jetzt diejenige Berufsgruppe im Krankenhaus, die maßgeblich für die Steuerung und Optimierung und damit für die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Prozesse verantwortlich ist. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es in Krankenhäusern immer mehr ältere Patienten mit einer höheren Pflegebedürftigkeit geben. Pflegerische und ärztliche Versorgung müssen auf Augenhöhe stattfinden, da beide Seiten über Spezialisierungen und wissenschaftliche Erkenntnisse verfügen, die nur im Ganzen eine sinnvolle und qualitativ hochwertige Versorgung sicherstellen.

(Beifall beim SSW)

Verstärkt wird dieses durch die Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf die Gesundheitsfachberufe. In anderen Ländern - wie zum Beispiel der Schweiz - ist das übrigens schon der Normalfall, und Pflegekräfte, die längere Zeit dort gearbeitet haben, sind regelrecht schockiert über das in Deutschland im

mer noch vorherrschende hierarchische System in den Krankenhäusern.

Wir meinen, dass das UK S-H auf einem guten Weg war, als die klinischen Zentrumsleitungen gleichberechtigt mit ärztlicher, pflegerischer und kaufmännischer Leitung besetzt waren - bei gleichzeitiger Besetzung der Vorstandsposition für Krankenpflege und Patientenservice. Die Zerschlagung dieser Strukturen hat zu großer Verunsicherung geführt und ist eine rückwärtsgewandte Unternehmenspolitik. Für den viel gelobten Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein wäre es eindeutig ein Rückschritt, wenn die Uniklinik des Landes mit schlechtem Beispiel vorangeschickt würde.