Protokoll der Sitzung vom 02.09.2005

Deutschland steht nicht allein da, sondern Deutschland befindet sich in guter Gesellschaft einer Reihe von Ländern, die auf dem gleichen Weg sind und die die gleiche Vernunft an den Tag legen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Hentschel, es freut mich, dass sogar ich bei Ihnen vielleicht eine klitzekleine Wissenslücke schließen kann. Nach den Aussagen des Wirbelsturmexperten Dr. Christopher Landsea haben weder die Häufigkeit noch die Stärke von Wirbelstürmen irgendwo in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Nach den Aussagen des Wirbelsturmexperten Dr. Christopher Landsea wird sich die Erderwärmung in diesem Jahrhundert nur schwach auf die Häufigkeit und die Stärke von Wirbelstürmen auswirken, bis 2080 werden die durchschnittliche Windstärke und der durchschnittliche Niederschlag von Wirbelstürmen um höchstens 5 % steigen.

(Günter Neugebauer [SPD]: Die Erde ist eine Scheibe! Wer ist Herr Landsea?)

- Herr Neugebauer, ich weiß, Sie sind Experte für alles und gar nichts. Das mag im Widerspruch zur Meinung vieler Menschen stehen und es gefährdet die ideologische Basis vieler politischer Argumente, auch das ist mir klar. Nichtsdestotrotz ist es Stand unseres Wissens.

(Konrad Nabel [SPD]: Ihres Wissens!)

- Um Gottes willen, ist Ihnen das dauernde Dazwischengequatsche eigentlich nicht peinlich?

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das macht Herr Kubicki genauso! Das ist hier kein Maßstab!)

Dr. Landsea ist Anfang dieses Jahres aus dem IPCC - das ist eine Forschungsgruppe der Vereinten Nationen, die untersucht, wie sich das Weltklima entwickelt und welche Auswirkungen menschliches Tun auf unser Klima haben - ausgetreten, weil der Sprecher des IPCC entgegen dem Stand des wissenschaftlichen Wissens in der Öffentlichkeit behauptet hat, die heftigen Wirbelstürme der letzten Jahre seien eine Folge der von Menschen verursachten Erwärmung der Atmosphäre.

Lieber Kollege Hentschel, ich habe Ihnen das deswegen - ich glaube auch, ziemlich ruhig und sachlich - vorgetragen, weil Sie gesagt haben, Sie kennen keinen. Sie müssen die Auffassung überhaupt nicht teilen. Ich habe nur gesagt, es gibt auch andere Auffassungen als die von Ihnen vorgetragene. Die anderen Zwischenrufe ignoriere ich einfach, weil sie so sachdienlich waren wie auch der meiste Teil Ihres Bei

(Dr. Heiner Garg)

trags, Herr Nabel. Herzlich Dank, insbesondere an Sie, für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP - Anne Lütkes [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben jetzt was gelernt!)

Für die Landesregierung erteile ich der Sozialministerin, Frau Dr. Trauernicht, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem schönen Spätsommerwetter beginnt auch in Schleswig-Holstein die Pilzsaison. Erfahrene Sammler erwarten in diesem Jahr eine besonders reiche Ernte, wenn zur Sonnenwärme auch noch reichlich Regen kommt. Dieses Szenario scheint die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN inspiriert zu haben, es doch einmal mit der Züchtung von Spaltpilzen zu versuchen, um einen Keil in die Regierungskoalition zu treiben.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

- Warten Sie ab, Herr Kollege.

Drei Wochen vor der Bundestagswahl formulieren BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN listig einen Antrag zur Energiepolitik und hoffen dabei auf reiche Medienernte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Blick in den Koalitionsvertrag, der Grundlage für die Arbeit aller Regierungsmitglieder ist, hätte deutlich gemacht: Die Züchtung von Spaltpilzen gelingt trotz feuchtwarmen Wetters nicht. Ich zitiere - mit der Erlaubnis der Präsidentin:

„Es besteht Einigkeit, dass die Landesregierung nicht initiativ wird, den Energiekonsens aufzukündigen.“

Dafür gibt es gute Gründe. Der Energiekonsens ist ein Konsens, der einen jahrzehntelangen offenen Konflikt in der Gesellschaft beendet hat. Es ist ein Konsens, der Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürger geschaffen hat, ein Konsens, der Planungssicherheit für die Unternehmen gibt.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und der Atomkonsens hat eine entscheidende Wende im Umgang mit der Atommüllproblematik gebracht. Wir entsorgen nicht mehr zulasten anderer Länder, der Atommüll liegt jetzt vor unserer Tür. Mit den drei

Kernkraftwerken und entsprechend vielen Zwischenlagern sind wir hier in Schleswig-Holstein ganz besonders betroffen.

Eine Verlängerung der Laufzeit - das wissen alle - würde auch eine Erhöhung dieser Atommüllmenge bedeuten. Dabei haben wir die Lösung für das Problem der Endlager noch nicht gefunden. Das ist ein Thema, das im Übrigen der Bundesumweltminister noch nicht zu Ende gebracht hat.

Nun wissen wir aber - die Öffentlichkeit weiß das auch -, dass die Parteien unterschiedliche Positionen zur Kernenergie haben und dies gerade auch im Bundestagswahlkampf deutlich machen. Die SPD ist weiterhin für die konsequente Umsetzung des Atomkonsenses - es ist bereits gesagt worden -, wie übrigens die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung auch. Rund 70 % aller Bürgerinnen und Bürger lehnen die weitere Nutzung der Kernenergie ab.

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen aber auch, dass die CDU programmatisch für eine Verlängerung der Restlaufzeit der Atomkraftwerke ist. Das war uns bei der Koalitionsbildung klar. Deshalb auch die Formulierung - ich zitiere wiederum den Koalitionsvertrag -:

„Wir werden uns im Bundesrat enthalten, wenn widerstreitende Auffassungen, wie zum Beispiel bei der Kernenergie, vorliegen.“

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das sind die Pilze!)

- Völlig einig, Herr Kollege, sind sich die Koalitionspartner in der Einschätzung, dass die Energiepolitik der Zukunft vor allem drei Dinge braucht, die Förderung des - ich sage: beziehungsweise eines echten - Wettbewerbs; die Verbreitung des Energiemixes und nicht zuletzt auch im europäischen Vergleich akzeptable Strompreise. Auch dieses war Thema der Debattenbeiträge.

Meine Damen und Herren, hier müssen wir handeln. Die Verbraucher werden bei den derzeitigen Strompreisen überstrapaziert. Den energieintensiven Unternehmen wird der Boden entzogen, Arbeitsplätze sind in Gefahr. Existentiellen Belastungen bei den einen stehen Höchstsätze an Gewinnen bei den Stromkonzernen gegenüber. Wir brauchen eine harte Hand im Umgang mit den Monopolunternehmen,

(Beifall des Abgeordneten Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

wir brauchen neue Instrumente wie die Bundesnetzagentur. Der aktuelle Preisanstieg ist weder mit der kurzfristigen Änderung der Erzeugungshersteller

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

noch mit gestiegenen Öl- oder Gaspreisen zu begründen. Dafür ist ihr Anteil an der Stromerzeugung viel zu gering. Es sind die vier großen Unternehmen, die ihre Macht ausspielen. Wettbewerb tut Not.

Als Ministerin für die Sicherheit der Kernkraftwerke in Schleswig-Holstein sage ich: Sicherheit hat für die Arbeit der schleswig-holsteinischen Reaktorsicherheitsbehörde aller oberste Priorität. Das wissen auch die Kernkraftwerksbetreiber und das schätzen sie auch. Ich kann Ihnen versichern, dass die Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde trotz oder gerade wegen unserer hohen Sicherheitserwartungen ausgesprochen gut ist. Denn letztlich wissen alle, dass nur Sicherheit auch die Wirtschaftlichkeit des Betriebes in der festgelegten Restlaufzeit garantiert.

Angesprochen ist, dass wir einen vernünftigen Energiemix brauchen. Herr Abgeordneter Müller, es gehört ganz offensichtlich auch zu den Märchen - das haben Sie nicht vollendet -, dass eine moderne zukunftsweisende Energiepolitik eine grüne Erfindung ist. Das halte ich für ein Märchen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Bei- fall der Abgeordneten Siegrid Tenor- Alschausky [SPD])

Deshalb sorgt die Landesregierung auch weiterhin mit neuen Initiativen dafür, dass die Nutzung der erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein vorangetrieben wird. Ich will das auch belegen.

Natürlich ist uns klar, dass Schleswig-Holstein ein besonders Potenzial für die Nutzung von Biomasse und Windenergie hat. Das ist ein Standortvorteil. Das gehört zu den wirtschaftlichen Stärken unseres Landes. Und deshalb wollen wir diese Vorteile auch für die weitere Beschäftigungsentwicklung und wirtschaftliche Entwicklung nutzen. Deshalb wird auch im neuen Schleswig-Holstein-Fonds ein besonderer Akzent auf die Förderung von Energiewirtschaft und -technologie gesetzt.

Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag heißt es:

„Übergeordnetes Ziel der Energiepolitik ist eine sichere, ist eine nachhaltige, ist eine preisgünstige Versorgung der Bevölkerung und der Unternehmen.“

Zur dynamischen Verfolgung dieses Ziels bedarf es des Antrags der Grünen nicht.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke der Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Herr Dr. Garg hat empfohlen, den Punkt 3 zusammenzufassen. Die Anträge werden so in die Ausschüsse überwiesen. Es ist beantragt worden, die Anträge federführend dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen.

(Zuruf: Und Umwelt!)

- Und Umwelt, das nehmen wir auf.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum in den Sozialausschuss?)