Protokoll der Sitzung vom 02.09.2005

- Das ist mitberatend beantragt worden.

Wenn ich jetzt höre, dass das Plenum möchte, dass federführend an den Wirtschaftsausschuss überwiesen wird und mitberatend an den Umweltausschuss und wenn das Ihrer aller Zustimmung findet, dann wird so überwiesen. - Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist so mehrheitlich beschlossen. Damit verlassen wir den Tagesordnungspunkt 16.

Ich darf dem Plenum eine geschäftsleitende Mitteilung machen. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, den Tagesordnungspunkt 38, Umsetzung von Hartz IV zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit, abzusetzen und auf die nächste Tagesordnung zu setzen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Bundesweit einheitliche Basisfallwerte in Krankenhäusern

Antrag der Fraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/220 Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/231

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Zuge der Gesundheitsreform 2000 ist mit den Fallpauschalen ein neues Abrechnungssystem für die Krankenhäuser auf den Weg gebracht worden, aus meiner Sicht ein richtiger Schritt. Dieser Systemwechsel stellt im Bereich der Krankenhausfinanzierung

(Monika Heinold)

einen Quantensprung dar. Durch die Fallpauschalen wird nun die Behandlung nicht mehr nach der Liegezeit vergütet, sondern nach der jeweiligen Behandlung. Für jede Diagnose wird eine feste Pauschale vergütet. Diese neue Finanzierung soll im Interesse der Patientinnen und Patienten auch zur Qualitätssicherung führen.

Klar war, dass eine so komplexe Systemumstellung gerade auch für die Krankenhäuser eine große Herausforderung ist, dass Erfahrungen gesammelt werden müssen und dass das Fallpauschalensystem als lernendes System entwickelt wurde. Ziel war und ist ein Höchstmaß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Im Rahmen der beiden verabschiedeten Fallpauschalenänderungsgesetze wurde bereits nachgebessert. In der vereinbarten Übergangsphase müssen sich alle Akteure bis 2009 auf das vollständig neue Entgeltsystem einstellen. Wir haben damals im Vermittlungsausschuss einer Verlängerung der Übergangszeit von vier auf fünf Jahren zugestimmt. In dieser Zeit wird das Risiko für die Kliniken durch einen niedrigen Einstiegswinkel sowie durch eine zusätzliche Verlustbegrenzung abgefedert. Dies kommt vor allem den Universitätskliniken und Krankenhäusern der Maximalversorgung entgegen, die besondere Schwierigkeiten bei der Umstellung haben.

Dennoch gibt es Probleme vor allem in SchleswigHolstein.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin.

Es geht ja nur um unsere Krankenhäuser, das betrifft Sie nicht.

Die Krankenhäuser in unserem Land arbeiten schon seit vielen Jahren qualitätsbewusst und wirtschaftlich. Ihre Preise sind im Bundesvergleich niedrig. Dadurch erhalten sie auch im neuen System weniger Geld für die gleiche Leistung im Vergleich zu den anderen Bundesländern und werden so aus meiner Sicht dafür bestraft, dass sie schon vor Jahren dort angekommen sind, wo nun die anderen hin sollen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Es kann nicht sein, dass bei gleicher Qualität so unterschiedlich bezahlt wird und deshalb setzen wir uns mit unserem heutigen Antrag dafür ein, dass die Basisfallwerte bundeseinheitlich gestaltet werden und

angeglichen werden müssen, damit alle Krankenhäuser, auch unsere, die gleiche Chance im Wettbewerb haben. Die Konvergenzphase muss auch für eine neue stufenweise Angleichung auf Bundesebene genutzt werden, damit möglichst im Jahr 2009 ein bundesweit einheitlicher Wert erreicht ist.

Wichtig ist dabei, dass es nicht darum gehen kann, dadurch die Kosten insgesamt hochzutreiben, indem für alle Bundesländer nun der Höchstsatz vereinbart wird. Das kann es nicht sein, denn es sind die Versicherten, die diese Mehrbelastung, diese Mehrausgaben durch steigende Beitragssätze würden bezahlen müssen. Wir wollen eine kostenneutrale Umverteilung, in der die einen Bundesländer abgeben und die anderen Krankenhäuser in den Bundesländern eine gerechte und qualitätssichernde Vergütung erhalten.

Ich freue mich deshalb, dass es gelungen ist, gemeinsam mit dem SSW und mit der FDP zu einer Landtagsinitiative zu kommen, und ich finde es äußerst bedauerlich, um es vorsichtig zu formulieren, dass SPD und CDU diese Bereitschaft nicht haben

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

und dass sie jetzt unsinnigerweise auch noch einen Konkurrenzantrag auf den Tisch legen. Das ist umso unverständlicher, als SPD und CDU damit heute unserem Anliegen einer Bundesratsinitiative nicht zustimmen werden. Sie werden diese Bundesratsinitiative heute nicht mit beschließen, sondern ihren eigenen Antrag. Das macht die Sache so absurd, obwohl ihr eigener Staatssekretär de Jager, nachdem wir versucht hatten, das Ganze einheitlich zu klären, genau diese Bundesratsinitiative angekündigt hat. Ich zitiere Herrn de Jager aus der Pressemitteilung der Landesregierung vom 16. August:

„Darüber hinaus wird das Land eine Bundesratsinitiative ergreifen, um die Benachteiligung des UKSH im Fallpauschalensystem zur Krankenhausfinanzierung deutlich zu mindern.“

Nun sagen Sie, ich hätte den Antrag nicht zu stellen brauchen. Da sage ich Ihnen, ich werde dieses Parlament auch weiterhin ernst nehmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Wenn wir als Fraktion an alle Fraktionen herantreten, weil wir sagen, das Gesetz ist nicht parteipolitisch, sondern wir machen gemeinsame Sache, dann melden sich die großen Fraktionen nicht, sondern schicken ihren Staatssekretär vor, der diese Bundesratsinitiati

(Monika Heinold)

ve schon einmal ankündigt, dann sage ich Ihnen, deshalb ziehe ich nicht meinen Antrag zurück.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Wenn Sie heute unserem Antrag nicht zustimmen, dann machen Sie sich lächerlich und verhöhnen das Parlament.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold und erteile für die CDU-Fraktion der Frau Abgeordneten Ursula Sassen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits im Koalitionsvertrag haben sich CDU und SPD darauf verständigt, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, um die Benachteiligung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein bei den Fallpauschalen zu beseitigen. Eine entsprechende Bundesratsinitiative haben sie auf der Grundlage des Koalitionsvertrages auf den Weg gebracht, ganz ohne dass wir mit Ihnen darüber Rücksprache nehmen müssten - und schon gar nicht angeregt durch Ihren späteren Antrag.

(Beifall bei CDU und SPD)

Was Sie jetzt machen, ist eine öffentlichkeitswirksame Begleitmusik für einen Prozess, der von der Landesregierung bereits in Gang gesetzt wurde. Es ist aber in der Tat unbefriedigend, dass effizient arbeitende Krankenhäuser mit einer vergleichsweise niedrigen Base Rate auskommen müssen, während unwirtschaftlichere Krankenhäuser anderer Bundesländer die entsprechend höheren Base Rates anerkannt und finanziert bekommen und damit für ihre erbrachten Leistungseinheiten dauerhaft höhere Einnahmen erzielen.

In der individuellen Base Rate eines Krankenhauses spiegelt sich auch die Wirtschaftlichkeit wider. Man könnte die provokante Frage stellen, warum sich andere Bundesländer nicht an Schleswig-Holstein orientieren. Im Gegensatz zum Spitzenreiter Bremen mit circa 87 Betten pro 10.000 Einwohnern ist SchleswigHolstein mit 58 Betten das Schlusslicht aller Bundesländer und hat damit seinen Beitrag im Hinblick auf eine ausreichende Versorgung bei gleichzeitiger Reduzierung von Überkapazitäten und Kosten geleistet.

Es ist ungerecht, wenn Schleswig-Holsteins Krankenhäuser aufgrund des durch Einsparungen erzielten niedrigen Landesbasisfallwertes weniger Geld für

gleiche Leistungen erhalten als weniger wirtschaftliche Häuser anderer Bundesländer. Nach meiner Auffassung kann so ein bundesweit einheitlicher Basisfallwert nicht diktiert oder mit der Brechstange durchgesetzt werden. Er muss sich entwickeln und viele Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden. Für meine Fraktion ist es daher wichtig, die Stabilisierung der Krankenversicherungsbeiträge zu gewährleisten und eine Erhöhung von Lohnnebenkosten zu vermeiden.

Um die Schwierigkeiten eines solchen Vorhabens aufzuzeigen, möchte ich erwähnen, dass bei der Anhebung des schleswig-holsteinischen Basisfallwertes auf das durchschnittliche Bundesniveau allein bei der AOK eine Mehrbelastung von circa 75 Millionen € entstehen würde, die zur Erhöhung von zwei bis drei Beitragszehnteln führen könnte. Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschland e.V., Landesgruppe Schleswig-Holstein, ist hingegen der Auffassung, dass bundesweit einheitliche Basisfallwerte erreicht werden können, ohne Krankenkassen, die öffentlichen Haushalte, die Wirtschaft und die Beitragszahler zusätzlich zu belasten.

Wir fordern die Landesregierung auf, die schwierige Thematik auch in die Gesundheitsministerkonferenz einzubeziehen und Erkenntnisse aus den bevorstehenden Gesprächen mit dem Verband der Krankenhausdirektoren, mit der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein und auch mit den Vertretern der Krankenkassen einzubeziehen.

Wir hoffen, dass sich daraus Ergebnisse erzielen lassen, die im Hinblick auf die beschleunigte Einführung bundesweit einheitlicher Basisfallwerte Aussicht auf Erfolg haben. Ganz besonders hoffen wir, dass es der Landesregierung gelingen wird, bei der Bundesratsinitiative die Mehrheit der Bundesländer davon zu überzeugen, dass ein einheitlicher Basisfallwert nicht nur Schleswig-Holstein Nutzen bringt. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich danke der Kollegin Ursula Sassen und erteile nunmehr der Kollegin Jutta Schümann für die SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Heinold, liebe Monika, wir haben es nicht nötig, einen Staatssekretär vorzuschicken, wir können unsere Interessen auch selbst vertreten.

(Jutta Schümann)

Es gibt einen Koalitionsvertrag; Ursula Sassen hat es gerade beschrieben und sie hat auch darauf hingewiesen, was zum Thema Krankenhäuser darin steht. Diesem Koalitionsvertrag fühlen sich nicht nur die Fraktionen, sondern auch die Regierung verpflichtet. Insofern hat die Regierung so gehandelt, wie es sich gehört, und wir begleiten diesen Prozess.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein sind leistungsstark und innovativ. Wir haben sehr schnell und vorzeitig auf die Veränderungen im Gesundheitswesen reagiert. Das bedeutet zunehmend keine Trennung mehr von ambulant und stationär. Versorgungszentren, Gesundheitszentren, Portalkliniken und integrierte, durchlässige, ganzheitliche sowie interdisziplinäre Versorgungsangebote sind die Stichworte für die zukünftige Entwicklung.

Wir haben Angebote für besondere Zielgruppen, zum Beispiel geriatrische Abteilungen, und wir haben Angebote für spezielle Krankheitsbilder, wie zum Beispiel Stroke Unit Einheiten für Schlaganfallpatienten.