Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu den energiepolitischen Richtlinien für Schleswig-Holstein. Am 25. Juni 2007 hat mein Vorgänger das Grünbuch Energie Schleswig-Holstein 2020 vorgestellt. Das Grünbuch folgt dem energiepolitischen Ansatz, dass Energie dauerhaft planbar, das heißt zuverlässig, ökologisch und zu wettbewerbsfähigen Preisen den Bürgern und der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden muss.
Dies ist ein Dreiklang und in diesem Dreiklang müssen alle drei Komponenten gleichwertig berücksichtigt werden.
Ich komme zu den wichtigsten Thesen dieses Grünbuchs. Erstens. Ich muss ehrlich sagen, ich bin stolz darauf, dass Schleswig-Holstein sich dies auf die Fahnen geschrieben hat: Schleswig-Holstein wird bis zum Jahre 2020 seine Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, vor allem aus der Windenergie, aber auch aus Biomasse nahezu um das Fünffache steigern.
Absolut werden wir deutlich mehr Windstrom ernten, als in Schleswig-Holstein - jetzt kommt energiepolitisches Kauderwelsch - an Stromäquivalent verbraucht wird.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das verstehen wir gerade noch! - Thomas Stritzl [CDU]: Herr Kubicki nicht!)
Aus Gründen der Versorgungsstabilität und des bundesdeutschen Strombedarfs ist es allerdings unabdingbar, dass neue Kraftwerke gebaut werden, um die drohende Versorgungslücke, auf die ich gestern eingegangen bin, zu schließen.
Hierüber haben wir bereits gestern diskutiert. Ich habe darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke aus meiner Sicht keine Denkverbote geben darf.
Wir sind uns alle einig: Wer Wind will, wer Wind offshore und an der Küste erzeugen will, braucht Netze. Sonst werden wir diese Windenergie nicht los.
Ein nächster Gesichtspunkt, der ebenfalls im Grünbuch enthalten ist, ist die Nutzung der Kraft-Wärme-Systeme, das heißt die Koerzeugung von Strom und Wärme. Dort, wo es sinnvoll ist - ich habe gestern schon darauf hingewiesen -, kann dies zu deutlichen Effizienzsteigerungen und Verbesserungen der Wirkungsgrade führen.
Was bedeuten diese Feststellungen des Grünbuchs für die CO2-Bilanz? Wir wissen, dass der Klimaschutz eine ganz entscheidende Fragestellung für unsere Zukunft ist. In Schleswig-Holstein wurden im Jahr 2004 rund 20,6 Millionen t CO2 energiebedingt emittiert. Allein durch die für das Jahr 2020 angestrebte Windenergienutzung können 15 Millionen t CO2 vermieden werden. Weitere 11,6 Millionen t CO2 können durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen vermieden werden, durch die Erhöhung der Dämmstandards, die Nutzung der Effizienzpotenziale, die Nutzung des Biomassepotenzials, den Ausbau der Sonnenenergienutzung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung.
All dies wird, solange wir noch kein langfristiges Versorgungskonzept haben, immer darauf beruhen müssen, dass wir einen gesunden Energiemix haben, der den Dreiklang, den ich hier ausgeführt habe, entsprechend berücksichtigt.
Das Grünbuch ist im September 2007 mit 120 Fachleuten aus der Energiewirtschaft diskutiert worden. In der Diskussion gab es viel Zustimmung, aber auch Kritik. Das war auch nicht anders zu erwarten. Die Argumente der Kritiker dürften Ihnen bekannt sein.
Als neuer Minister, für den das Thema zukunftsfähige Energieversorgung nicht nur des Landes Schleswig-Holsteins, sondern auch Deutschlands ganz besonders am Herzen liegt - von SchleswigHolstein aus können gerade in dieser Frage ganz entscheidende Impulse für Deutschland ausgehen -, möchte ich die Diskussion, die wir heute geführt haben, nochmals aufgreifen und die Ergebnisse in dem erbetenen Konzept entsprechend berücksichtigen beziehungsweise einfließen lassen. Meine Damen und Herren, ich bin in dieser Frage offen und gesprächsbereit.
Ich danke dem Herrn Minister für seinen Bericht und gebe den Fraktionen bekannt, dass durch die Überziehung der Redezeit durch die Landesregierung den Fraktionen weitere drei Minuten zur Verfügung stehen. Herr Hentschel hat sich bereits ge
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf den Kollegen Ritzek eingehen, der von einem KWK-Potenzial von 5 % in Schleswig-Holstein gesprochen hat. Ich weiß nicht, was die Struktur Schleswig-Holsteins so von der Struktur Dänemarks unterscheidet, dass in Dänemark 65 % möglich sind und in SchleswigHolstein nur 20 %. Das kann ich nicht nachvollziehen. Man könnte argumentieren, dass in städtischen Zentren, in Industriezentren wie im Rheinland eine wesentlich höhere KWK-Rate möglich ist als im ländlichen Gebieten. Aber dass ausgerechnet Dänemark eine höhere KWK-Quote leisten kann als Schleswig-Holstein und Schleswig-Holstein dies nicht tun kann, ist mir unerklärlich.
Zur Frage der Münzautomaten. Das ist ein Vorschlag, der von den Sozialverbänden in die Diskussion eingebracht worden ist. Es geht um den Fall, dass Leuten Strom abgeschaltet wird, wenn sie Schulden bei den Versorgern haben. Wenn Menschen hohe Schulden bei Versorgern haben, kann man von diesen nicht erwarten, dass sie unentwegt weiter Strom liefern, auch wenn sie nicht bezahlt werden. Deshalb hat man dann ein Problem.
Die Forderung für den Fall einer Abschaltung ist, dass vorher ein Automat installiert wird, sodass die Leute zumindest bei Bedarf und Notwendigkeit die Möglichkeit haben, überhaupt Strom zu beziehen und ihnen dieser nicht völlig abgeschaltet wird. Das ist eine sinnvolle und pragmatische Forderung. Es ist kein Verschenken von Geld, aber eine pragmatische Lösung für Notfälle. Wenn man weiß, dass allein in Lübeck im letzten Jahr über 1.000 Menschen abgeschaltet worden sind
- über 4.000 Haushalte abgeschaltet worden sind, scheint mir das eine sinnvolle und notwendige Lösung zu sein.
Jetzt zu Herrn Marnette! Herr Marnette, ich freue mich, dass Sie angekündigt haben, ein Konzept vorzulegen. Das heißt, dass Sie die Grundlagen der Energiepolitik dieses Landes noch einmal überdenken wollen. Das finde ich erfreulich. Ich gebe Ihnen mit, dass das Grünbuch den Bau von Kohle
kraftwerken vorsieht, die keineswegs eine Einsparung von CO2, sondern eine Verdreifachung der CO2-Bilanz Schleswig-Holsteins bedeuten. Das kann mit einer Einsparung nicht kongruent gehen. Wir haben dort ein reales Problem.
Das Grünbuch geht davon aus, dass es ein dramatisches Ansteigen beim Stromverbrauch gibt. Ich gehe angesichts der Preisentwicklung und der Anstrengungen, die alle Bundes-, Landes- und europäischen Regierungen unternehmen, davon aus, dass wir in den nächsten Jahren, bis 2020, zu einem Einsparen von Strom kommen müssen. Wenn das der Fall ist, hat Schleswig-Holstein über 200 % des Verbrauchs an Strom durch Windenergie. Unser Problem ist dann nicht, Grundlast zu liefern. Unser Problem ist dann, Steuerstrom zu liefern, um Schwankungen der Windenergie auszugleichen.
Ich komme zum Schluss. - Steuerstrom können nicht Atom- oder Kohlekraftwerke sein; das geht nur mit KWK oder Wasserkraftwerken, also zum Beispiel durch den Austausch von Strom mit Norwegen. Das als Letztes für Ihr Konzept. Ich bin gespannt auf die Diskussion. Ich hoffe, dass wir in Schleswig-Holstein tatsächlich zu einem Konzept kommen, das nach vorn weist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz ein paar Bemerkungen. Ich fange mit den Stromautomaten an. Ich finde das zynisch und halte das für total daneben. Das darf es nicht geben. Der Strom darf nicht abgeschaltet werden, wenn die Stromrechnung nicht bezahlt wird. Strombezug gehört zur Daseinsfürsorge, zu den Grundbedürfnissen. Bei Familien mit Kindern geht das wegen einer möglichen Kindeswohlgefährdung überhaupt nicht. Die
Fälle, die bei den Singles noch übrig bleiben, müssen vergleichbar geregelt werden. Es geht nicht an, dass aus diesen Gründen ein Stück der Daseinsfürsorge abgeschnitten wird.
Herr Minister, auch wir fühlen uns nicht nur für Schleswig-Holstein, sondern natürlich auch für Deutschland, für Europa und sogar weltweit für die Energiepolitik verantwortlich. Wir sind auch selbstbewusst zu sagen, dass in den letzten 20 Jahren viele energiepolitische Impulse von diesem Land, von Schleswig-Holstein, ausgegangen sind.
Ich fange mit der Versorgungslücke an. Die Versorgungslücke ist, wenn pauschal behauptet wird, dass sie existiert, erst einmal ein Märchen. Es wird nämlich die reine Strommenge aufgrund der Abschaltung der Kohlekraftwerke beziehungsweise der aufgrund des Atomkonsenses abzuschaltenden Atomkraftwerke zusammengezählt und hingeschrieben und gesagt, diese müsse ersetzt werden. Stimmt nicht.
Wir rechnen nicht die Energieeffizienzgewinne mit hinein. Wir rechnen auch nicht die Gewinne mit hinein, die aus dem Energiesparen resultieren. Vielmehr wird die Zahl ganz pauschal aufgestellt und das ist unredlich. Wenn also jemand behauptet, wir hätten eine Versorgungslücke, dann kann man ruhig dagegenhalten und sagen, dass wir keine Versorgungslücke haben. Es kommt eben nicht darauf an, statische Zahlen miteinander zu vergleichen.
Herr Minister, ich hätte mich sehr gefreut, wenn Sie den von Herrn Schulze angesprochenen Punkt Kombikraftwerke aufgegriffen hätten. Es entsteht ja sehr schnell Unruhe, wenn man sagt, dass Windkraft durchaus zur Grundlast beitragen kann. Dann sagen alle, dass das nicht geht. Es geht aber doch. Es geht mit intelligenten Steuerungen durch Computertechnik. Und diese könnten wir sogar von hier bis Indien einsetzen. Wir könnten es auch hier in unserem Land realisieren, weil es funktioniert. Im Harz wird es schließlich schon gemacht. Es ist technisch möglich, kleinere Kraftwerke so zusammenzuschalten, dass am Ende der Kette bei demjenigen, der den Strom abnimmt, ein völlig gleichmäßiger Strom herankommt. Das heißt, man könnte Windkraft, Biomasse, Wasserkraft und dort, wo es möglich ist, auch Photovoltaik einsetzen. Diese Stromquellen könnte man so zusammenschalten, dass sie einen grundlastfähigen Anteil unserer Stromversorgung darstellen würden.