Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

einen neuen Haushalt aufstellt, und damit dokumentiert, dass die Regierung tatsächlich nicht in der Lage ist, dieses Land voranzubringen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Johann Wade- phul [CDU])

- Ja, darauf sind wir vorbereitet. Es kommen mehrere Dinge. Wir machen die erste Lesung des Haushalts heute, wir gehen in die Beratungen hinein, aber ich will Ihr Gedächtnis noch einmal kurz auffrischen, bevor ich zu dem komme, was wir noch machen werden, nämlich zu dem, was wir bereits vorgeschlagen haben, und was gewesen wäre, wenn man dem gefolgt wäre.

Wir haben 2005 die Forderung erhoben, die HSH Nordbank-Anteile zum damaligen von Flowers berechneten Wert von 1,7 Milliarden € zu veräußern.

(Zuruf von Minister Dr. Christian von Boetti- cher)

- Ja, Herr Kollege von Boetticher, Sie können sich auf die Schenkel schlagen, Sie werden sich demnächst noch weiter auf die Schenkel schlagen müssen bei dem, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert. Sie kommen dann natürlich und sagen, wir hätten Haltevereinbarungen, aber Sie als Jurist wissen genau, dass man Verträge im Zweifel auch neu ausverhandeln kann. Jedenfalls hätte das bis 2010 - und zwar bei Abzug der Entlohnung für die stille Einlage und die Dividendenzahlung - eine Einsparung von 150 Millionen € an Zinsen bedeutet, abgesehen davon, dass wir keine Kapitalerhöhung im Jahre 2008 hätten bewirken müssen.

Wir werden das diesmal nicht wieder vorschlagen, weil es gegenwärtig keinen Sinn macht, die Anteile zu verkaufen, wir finden dafür überhaupt gar keinen Käufer. Aber ich sage Ihnen voraus, wenn wir 2010 noch etwas machen wollen, müssen wir dazu noch in der einen oder anderen Form in die Tasche greifen. Und wenn der Finanzminister sich hier heute hinstellt und der Kollege Sauter gleich und sagt, das stimme nicht -

(Frank Sauter [CDU]: Ich habe noch über- haupt nichts gesagt!)

- Aber kommt ja noch!

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich möchte gern, dass im Protokoll festgehalten wird, dass wir noch einmal in die Tasche greifen müssen.

(Wolfgang Kubicki)

Wir haben gefordert, die einzelbetriebliche Wirtschaftsförderung einzustellen, sobald sie über EUund Bundesforderungen hinausgeht - Einsparvolumen 70 Millionen €, Zinsersparnis bis 2010 11,2 Millionen €. Sie machen das im Haushalt 2009/2010 in Teilbereichen, aber ich kann mich erinnern, dass Sie beim letzten Mal gesagt haben, das sei unverantwortlich. „Das sei unverantwortlich“, waren die Worte, die an die FDP-Fraktion gerichtet wurden.

Wir haben erklärt, dass man bei Umstellung auf zentrale, im Wettbewerb ausgeschriebene Beschaffung bei Kommunikations- und Informationstechnologien Einsparungen bis 20,6 Millionen € erzielen kann. Das haben wir belegt. Die Zinsersparnis allein bis 2010: 3,3 Millionen €. Herr Finanzminister, wenn Sie wirklich sparen wollen, müssen wir uns über die GMSH-Konstruktion wirklich noch einmal unterhalten, weil wir Regiekosten für Leistungen übernehmen, die von der GMSH in Wirklichkeit gar nicht erbracht werden. Damals, als sie geschaffen wurde, wurden Personalkosten dahin verschoben. Aber dass es eine wirtschaftliche Veranstaltung ist, das glauben nicht einmal Sie.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben erklärt, dass durch konsequente Umsetzung des Personalkosteneinsparkonzeptes und die Erwirtschaftung der Personalkostensteigerungen aus den eigenen Budgets Ausgaben in Höhe von 55 Millionen € hätten eingespart werden können. Zinsersparnis bis 2010: 8,8 Millionen €. Wir können das so weitermachen, wollen wir aber nicht. Nun kommen wir zu der Frage, was wir in großen Bereichen vorschlagen werden.

Herr Kollege Sauter, wir werden wieder vorschlagen, das UK S-H in die alten Bestandteile zu zerlegen, den Lübecker Bereich teilzuprivatisieren und die Uni dort zu einer Stiftungsuniversität zu machen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Klasse Vor- schlag!)

Auf Ihren Vorschlag hin, mit Einsparvolumina von - von Ihnen berechnet - 10 Millionen € im Jahr und schwarzen Zahlen, ist dieses Konstrukt geboren worden. Mittlerweile sind wir bei 80 Millionen € Miesen. Und Sie müssen doch einmal erklären, wie das UK S-H bei der gegenwärtigen Budgetierung im Gesundheitswesen diese Miesen wieder abbauen soll, unabhängig von der Frage, ob es jemals zu einer schwarzen Nulllinie kommt.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

- Ach Herr Baasch, es hat wahrscheinlich einen Grund, dass Sie in Lübeck nicht mehr gewählt worden sind. Es hat einen Grund. Sie streuen den Beschäftigten immer Sand in die Augen, bis es nicht anders geht, um dann zu sagen, wir sind nicht daran schuld, dass es so eingetreten ist, sondern das böse Kapital oder die Weltwirtschaft oder wer auch immer.

Wir werden - und das wissen wir doch alle - zwei Medizinische Fakultäten mit dieser Qualität aus eigenen Landesmitteln auf Dauer nicht finanzieren können. Warum um alles in der Welt gehen wir nicht, um Lübeck als Standort zu erhalten, den Weg einer Stiftungsuniversität - von denen selbst gewollt -, weil wir da die Möglichkeit haben, dort über weiteres privates Kapital ein Exzellenzcluster für Schleswig-Holstein zu erhalten, was wir aus Landesmitteln definitiv, Herr Stegner, auf Dauer nicht finanzieren können.

(Beifall bei der FDP)

Sie sind überhaupt so ein nettes Kerlchen. Sie sagen, Studiengebühren wollen Sie nicht und mit der SPD in Schleswig-Holstein werde es keine Studiengebühren geben, auch keine nachgelagerten Studiengebühren, was ja Sinn machen könnte, weil Sie und ich, nachdem wir herausragend studiert haben - Sie besser als ich -, mit höheren Einkommen auch in der Lage gewesen wären, Studiengebühren zurückzuzahlen. Ich habe übrigens mein BAföG auch zurückzahlen müssen, und es hat mir nicht geschadet, wie man heute sieht.

Aber abgesehen davon stellen Sie sich gleichzeitig hin und sagen, für die Kindertagesstättenfinanzierung können wir gern mehr Schulden machen, als uns die Verfassung eigentlich erlaubt. Sie müssen mir einmal erklären, warum wir dafür mehr Schulden machen können, denn die Kinder in den Kindertagesstätten müssen künftig die Schulden zurückzahlen, und warum Studenten mit einem höheren Einkommensniveau nicht nachgelagert Studiengebühren zahlen können,

(Beifall bei FDP und CDU)

wenn wir gleichzeitig sicherstellen, dass das zusätzliche Geld in die Universitäten fließt. Wir haben ja die OECD-Studie gesehen. Wir haben da bisher viel zu wenig getan. Wir haben auch relativ wenig Zeit, um uns im internationalen Wettbewerb ordentlich zu positionieren und aufzustellen. Jede weitere Verzögerung, Herr Stegner, schadet den jungen

(Wolfgang Kubicki)

Menschen und schadet uns allen im Land, und daran sind die Sozialdemokraten schuld. Wir werden wie gesagt Studiengebühren auch wieder vorschlagen und einfordern. Herr Kollege Wadephul, glauben Sie nur, wir werden es anders machen als die Union in der Vergangenheit.

Wir werden auch ein Konzept vorlegen, wie man zur strukturellen Einnahmeverbesserung des Haushalts durch eine aktivierende Wirtschaftspolitik kommt. Sie sagen doch zu Recht, dass in der Vergangenheit viel versäumt worden ist und wir deshalb schlechtere Einnahmesituationen als andere Bundesländer haben. Selbstverständlich haben wir bei der Wirtschaftsansiedlung und Wirtschaftsförderung in der Vergangenheit und in Teilbereichen auch jetzt noch - ich sage nicht, dass die Union daran schuld ist - gravierende Fehler gemacht. Wer Investitionen aus dem Land vergrault, weil sie ideologisch nicht passen, muss sich nicht wundern, dass dadurch keine Arbeitsplätze entstehen und keine Steuereinnahmen generiert werden können. Wer sich hinstellt - machen Sie das einmal so weiter und sagt, wir wollen hier in Kiel kein Kohlekraftwerk, wir wollen eigentlich gar nichts, der muss erklären, wie die Menschen in dieser Stadt künftig ihren Strom beziehen, was sie dafür bezahlen müssen, sodass sie damit zurechtkommen und leben können. Herr Kollege Stegner, ich bin gespannt und sehr gern bereit, diese Auseinandersetzungen auch im Wahlkampf mit Ihnen durchzustehen, weil die Menschen mittlerweile begriffen haben, dass ihre soziale Attitüde, die Sie nach wie vor an den Tag legen, von Ihnen in Ihrem praktischen Handeln nicht untermauert wird.

Herr Kollege Wadephul, ich habe gesagt, wir als FDP müssen ein Interesse daran haben, dass Personen wie Steinmeier und Müntefering in der SPD wieder das Sagen bekommen, weil sie, jedenfalls von den Grundstrukturen, auf einem vernünftigen Kurs sind. Und ich frage mal zurück, was dagegen spricht, dass wir mit denen reden sollen. Sie haben gesagt, Sie arbeiten doch vernünftig mit denen zusammen.

(Lachen bei der FDP)

Herr Kollege Wadephul, wenn es Ihnen gelingt, selbst mit Herrn Stegner vernünftig zusammenarbeiten, wie Sie immer sagen, warum glauben Sie, dass uns das nicht gelingen sollte? Aber ich sage von dieser Stelle aus nicht nur für meine Fraktion, sondern auch für meine eigene Partei: Wir werden nicht mit politischen Kräften sprechen, die in der Wirtschaftspolitik einen Kurs einschlagen wollen,

der schon die ehemalige DDR und das Lebensglück von Millionen von Menschen ruiniert hat.

(Beifall bei der FDP - Zuruf des Abgeordne- ten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Das hat mit „mein Gott“ gar nichts zu tun, Sie haben vieles nicht begriffen, und ich denke, die Wählerinnen und Wähler dieses Landes werden Ihnen das auch noch einmal dramatisch zeigen. Wir in der FDP organisieren jedenfalls mittlerweile große Bürgerinitiativen, die vor der MuK demonstrieren sollen mit der Überschrift: „Stegner muss Spitzenkandidat der SPD werden“. Denn etwas Besseres können wir uns in der Auseinandersetzung nicht wünschen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Ministerpräsident, nun zu Ihnen. Ihr Angebot, Nachhilfe im Lesen zu nehmen, nehme ich gern an. Wie gesagt, auch ich bin ein Anhänger des lebenslangen Lernens. Ich bin auch gern bereit dazuzulernen. Sie müssen mir aber erklären, was die Bildungsministerin für diese Tagung vorgelegt hat. Das, was ich meine, trägt das Datum vom 2. September 2008. Es ist die Drucksache 16/2212. Dort steht hinten: Von Lehrkräften erteilte Unterrichtsstunden je Schülerin und Schüler an öffentlichen und privaten allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in den Ländern der Bundesrepublik im Vergleich. Sie müssen mir schon erklären, warum Platz zehn bei den Schulkindergärten, Platz zwölf bei der Grundschule, Platz zehn bei der Hauptschule, Platz 15 bei den Förderzentren, bei denen es am meisten darauf ankommt, Platz 13 bei den Klassenstufen fünf bis zehn der Gymnasien und Platz elf bei den Klassenstufen 11 bis 13 der Gymnasien sowie Platz zwölf bei berufsbildenden Schulen in Vollzeitform vordere Plätze sind, wenn wir 16 Bundesländer haben.

(Beifall bei der FDP)

Ich nehme ernst, dass Sie in den letzten drei Jahren etwas gemacht haben. Es wäre ja auch komisch, wenn dies nicht der Fall wäre. In drei Jahren Regierungszeit nichts zu tun, wäre in der Tat verwunderlich. Wir und die Menschen in diesem Land messen Sie aber nicht an den Worten, die wir gern hören. Wir messen Sie an den Ergebnissen. Die Ergebnisse sind nach wie vor unterdurchschnittlich. Ich sage: Diejenigen, die das heute beklagen, wobei der Genosse Stegner hier in der ersten Reihe sitzt, tragen seit 20 Jahren in diesem Land Verantwortung dafür, dass wir heute da stehen, wo wir stehen. Es sind die Letzten, denen man die Zukunft der Kinder unseres Landes anvertrauen darf.

(Wolfgang Kubicki)

(Beifall bei der FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Kubicki. Pflichtgemäß stelle ich nach § 52 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung die Frage, ob die Herren Fraktionsvorsitzenden das Rederecht in Anspruch nehmen wollen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das lohnt danach nicht!)

- Wenn dem nicht so ist, dann rufe ich für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Frank Sauter auf. Herr Sauter, Sie haben reichlich Zeit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Oppositionsführer hat zum Ausdruck gebracht, dass er in der Lage ist, Dinge zu hören, die ich noch gar nicht gesagt habe. Er ist sozusagen in der Lage, Dinge im Vorwege zu empfangen. Da ich aber der Meinung bin, dass er in dieser Frage zu einer Minderheit hier im Hause gehört, habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet, um die Dinge zu sagen, die er möglicherweise schon kennt. Ich hoffe, ich werde die 16 Minuten nicht in Anspruch nehmen; zumindest habe ich mir das vorgenommen.

In aller Kürze möchte ich einige Anmerkungen zu der heutigen Debatte machen: Erstens. Vor noch nicht langer Zeit hat niemand von uns erwartet, dass wir auch nur in die Nähe eine verfassungsmäßigen Haushalts kommen. Heute erweckt die Opposition den Eindruck, als sei das Erreichen der Verfassungsgrenze das Selbstverständlichste auf der Welt. Diejenigen in der Opposition, die bis 2005 Verantwortung getragen haben, schreien am lautesten. Das ist nur sehr schwer zu ertragen.

(Beifall bei der CDU)

Die Tatsache, dass wir heute über die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts sprechen, möchte ich zum Anlass nehmen, dem Finanzminister im Namen meiner Fraktion herzlichen Dank auszusprechen.

(Beifall bei der CDU)

Ich tue dies nicht nur, weil Sie, Herr Minister, als Politiker dieses Thema für sich sozusagen vereinnahmt und transportiert haben, sondern weil Sie es darüber hinaus zu Ihrer persönlichen Sache gemacht haben. Jeder, der Sie kennt, weiß, was das bedeutet. Der weiß auch, was das für einen Einsatz bedeutet hat. Das ist möglicherweise mehr, als man