Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

Ich tue dies nicht nur, weil Sie, Herr Minister, als Politiker dieses Thema für sich sozusagen vereinnahmt und transportiert haben, sondern weil Sie es darüber hinaus zu Ihrer persönlichen Sache gemacht haben. Jeder, der Sie kennt, weiß, was das bedeutet. Der weiß auch, was das für einen Einsatz bedeutet hat. Das ist möglicherweise mehr, als man

von einem Minister erwarten kann. Ich empfinde das so, und ich möchte Ihnen auch für den Haushaltsentwurf, den wir heute vorliegen haben, meinen Respekt und meinen Dank ausdrücken.

(Beifall bei der CDU)

Der Oppositionsführer hat sinngemäß und so, wie ich es empfangen habe, das Folgende gesagt. Ich bin immer noch darauf angewiesen, nicht die Gedanken, sondern die Worte wahrzunehmen, obwohl wir ein sehr vertrautes Verhältnis haben.

(Zurufe)

- Doch, das ist allgemein bekannt. Es wurde gesagt, bildungspolitisch sei nichts geschehen. Aus finanzpolitischer Sicht würde eine Handlungsunfähigkeit bestehen und so weiter. Auch wenn ich meinen eigenen Ruf als Finanzpolitiker möglicherweise in Mitleidenschaft ziehe, so lobe ich doch die Bildungsministerin, die uns in harten Verhandlungen abgerungen hat, was wir eigentlich nicht geben wollten. So ist das aus der Sicht der Bildungspolitik und auch aus der Sicht der Handlungsfähigkeit, die aus diesem Haushalt heraus erwachsen ist, bemerkenswert.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein Lob!)

- Vielen Dank, Herr Hentschel. Ja, das war ein Lob. Sie unterstützen an dieser Stelle auch einmal die Regierungsfraktionen. Lieber Kollege Kubicki, 300 Stellen an den Gymnasien, Gemeinschafts- und Regionalschulen, 50 Stellen für die gebundenen Ganztagsschulen an sozialen Brennpunkten, 209 Stellen für die Verkürzung der Schulzeit im Rahmen von G8 machen zusammen 559 Stellen. Hinzu kommen 650 Stellen, die unter dem Stichwort Rückführung der Vorgriffsstunde zu nennen sind. Dagegen zu setzen sind 279 eingesparte Stellen aufgrund der Demografieentwicklung. Das macht zusammen 930 zusätzliche Stellen im Bildungsbereich. Der Kostenpunkt pro Haushaltsjahr liegt hier bei ungefähr 250 Millionen €.

Hinzu kommen ein beitragsfreies Kindergartenjahr und die Umsetzung des Hochschulpakts. Wenn das Stillstand ist, dann frage ich mich, was Bewegung sein soll. In der Regierungspolitik und in der Politik der Koalition ist Bewegung. Wenn Ihnen, Herr Oppositionsführer, Bildungspolitik wirklich am Herzen liegt, dann müssen Sie die Regierung hierbei unterstützen und die Regierungsfraktionen ermuntern, diesem Haushaltsentwurf tatsächlich zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU)

(Wolfgang Kubicki)

Nicht nur die Opposition, sondern auch die Regierungsfraktionen verfolgen natürlich die Entwicklung möglicher Haushaltsrisiken. Über die kann man auch nicht hinwegdiskutieren, das ist völlig klar. Angesichts des geringen Abstands zur Verfassungsgrenze in unserem Doppelhaushalt bedarf es eines genauen Hinsehens, da uns schon vergleichsweise geringe Überschreitungen irgendwelcher Ausgabenansätze in ein problematisches Fahrwasser bringen.

In der öffentlichen Diskussion gibt es vier Bereiche, die mit behafteten Risiken in Verbindung gesetzt werden. Hier sind die Entwicklung der Zinsen, die Entwicklung der Konjunktur sowie am Rande die Frage der Konnexität im Zusammenhang mit dem Schulgesetz beziehungsweise die Frage, ob Konnexität besteht, sowie die Geschäfts- und Ertragslage der HSH Nordbank in Verbindung mit ihrer Dividendenfähigkeit zu nennen, die Anlass zu Spekulationen geben. Der Herr Oppositionsführer hat darauf hingewiesen. Ich füge hinzu: Das größte Haushaltsrisiko haben wir zurzeit nicht, denn das ist eine rot-grüne Landesregierung.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Darüber bin ich sehr froh. Von Regierungsfraktion zu Regierungsfraktion möchte ich dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Stegner, sagen, dass wir nicht vergessen haben, dass neben seinem Harvard-Abschluss ebenfalls zu seiner Biografie gehört, in der Legislaturperiode 2000 bis 2005 Finanzminister gewesen zu sein. Das werden wir auch nicht vergessen.

(Zuruf: Er ist nicht da!)

- Er ist nicht da, dann möge man ihm das berichten. Das kann von uns auch niemand erwarten. Wir werden die SPD und Herrn Stegner in den Haushaltsverhandlungen, die jetzt auf uns zukommen, an Ihren Taten messen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Erstens. Zum Thema Zinsen: In den vergangenen Jahren ist es der Landesregierung gelungen, ein sehr erfolgreiches Zinsmanagement zu betreiben. Auch die Zinsentwicklung selbst gestaltete sich vergleichsweise günstig. Sie war zumindest günstiger, als viele Experten es erwartet haben. Die Zinsausgaben sind zuletzt nur moderat gestiegen. Für 2009 und 2010 sind die Zinsausgaben bei der Haushaltsaufstellung entsprechend kalkuliert worden. Vorsicht ist trotzdem wichtig. Zumindest im Bereich der kurzfristigen Zinsen haben wir auch auf

grund der internationalen Krisen relativ hohe Sätze. Man muss allerdings auch sehen, dass wir im langfristigen Bereich seit Anfang August eine langsame Entwicklung in Richtung einer Absenkung haben. Ob daraus ein Trend abzusehen ist, bleibt abzuwarten. Feststellen kann ich nur, der Finanzminister hat in angemessenem Umfang Vorsorge getroffen. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Haushaltsansätze für Zinsausgaben alle heute erkennbaren Risiken enthalten und dass somit eine ausreichende Risikovorsorge getroffen ist. Für düstere Prognosen und vage Fantasien ist kein Raum.

Zweitens. Zur Konjunkturentwicklung: Die Steuerschätzung vom Mai 2008 ist von Wachstumsprognosen ausgegangen, die bei 1,7 % für das laufende, bei 1,2 % für das kommende und bei 1,5 % für das darauffolgende Jahr liegen. Damit liegt man nach wie vor unterhalb der Erwartung mehrerer Wirtschaftsinstitute. Entsprechend vorsichtig wurden auch die Einnahmeerwartungen formuliert. Im Entwurf des Haushalts ist eine Risikovorsorge eingeplant, falls die Entwicklungen eine andere Richtung nehmen sollten. Auch hier prägen Solidität und die vorsichtige Herangehensweise eines ordentlichen Kaufmanns das Handeln des Ministeriums. Und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.

Drittens. Ob im Bereich der Schulbaufinanzierung Konnexitätsfragen berührt sind, wird zunächst das Bildungsministerium zu bewerten haben, und zwar sowohl juristisch als auch politisch. Fakt ist, dass ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags vorliegt, das bemerkenswert deutlich ist. Wer mit Juristen zu tun hat, ist von dieser Deutlichkeit in der Tat beeindruckt - ich bin es. Schon aus diesem Grund wird dieses Gutachten von uns ernst genommen. Allerdings trifft das Gutachten keine Aussagen über konkrete Zahlen. Außerdem müssen wir sehen, dass die Entscheidungen über konkrete Fragen der Schulentwicklung von den Gremien vor Ort getroffen werden und dass der Entscheidungszwang erst im Laufe des zweiten Jahres unseres Doppelhaushalts eintreten wird. Das ist möglicherweise keine juristisch abgesicherte Position, aber doch eine Position, die man in der politischen Debatte hört und die für uns durchaus nachvollziehbar ist. Hier bleiben aber viele Dinge offen; das müssen wir einfach sehen.

Viertens. Über die HSH Nordbank werden wir im weiteren Verlauf der heutigen Sitzung gegen 16 Uhr noch ausführlicher diskutieren können. Zum jetzigen Zeitpunkt nur so viel: Wir können als Parlamentarier zurzeit nur die Zahlen zur Kenntnis nehmen, die uns der Bankenvorstand vorlegt. An

(Frank Sauter)

dere Zahlen haben wir nicht, andere Zahlen kennen wir nicht. Auch die Opposition kennt keine anderen Zahlen. Der Wagen rollt mit uns, aber wir sitzen nicht auf dem Fahrersitz, sondern auf der Rückbank; dort war es früher immer am sichersten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Man kann schon fragen, wer die Verantwortung trägt!)

Es gilt das Wort des Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank, nach dem die Bank dividendenfähig bleibt,

(Lachen des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

und es gibt keine Veranlassung, an dieser Einschätzung zu zweifeln, weil die vorliegenden Zahlen nun einmal die Zahlen sind, die wir alle zugrunde legen müssen.

Wir sehen also zweierlei. Erstens: Es gibt Risiken auch für den kommenden Doppelhaushalt. Zweitens: Das Finanzministerium verschließt vor diesen Risiken nicht die Augen, sondern begegnet ihnen mit der Vorlage eines Etatentwurfs, der von der erforderlichen Vorsicht und Vorsorge geprägt ist. Dieser Kurs findet die volle Unterstützung meiner Fraktion. Im Übrigen sind wir ja auch erst am Beginn der Haushaltsberatungen und der politischen Debatte.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Das Ziel Nummer eins der Landespolitik heißt: verfassungsmäßiger Doppelhaushalt. Das wird so bleiben, und ich freue mich auf die weitere Debatte.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Frank Sauter.

Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, darf ich auf der Besuchertribüne sehr herzlich Vertreterinnen und Vertreter von Veteranen aus Weißrussland begrüßen. Das sind Partisanen und Juden, die Überlebende des Holocaust und des Zweiten Weltkrieges sind. Ich kenne ihr Schicksal sehr gut. Wir sollten jetzt eigentlich schon zusammensitzen. Ich freue mich sehr, dass Sie an unseren Haushaltsberatungen teilnehmen. Seien Sie uns sehr herzlich willkommen!

(Beifall)

Vonseiten der SPD-Fraktion wird das Wort nicht gewünscht. Das Wort für die Fraktion der Grünen hat nun Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie wollten gerne, dass wir uns noch einmal mit dem Einzelplan 03 - Staatskanzlei, Bundesangelegenheiten - beschäftigen. Das können wir gerne tun. 2007 lagen die Einnahmen bei 2 Millionen €. Sie lagen schon im Jahr darauf um 300.000 € höher, und Sie werden es nicht schaffen, bis zum Jahr 2010 auch nur den Stand des Jahres 2007 zu erreichen, sondern dort ist immer noch eine erhebliche Steigerung zu erwarten.

Der Rechnungshof hat nicht kritisiert - hier war der Zusammenhang nicht ganz richtig wiedergegeben -, dass die „Häppchenveranstaltungen“ zu häufig stattfänden, sondern er hat schlicht darauf hingewiesen, dass 2006 die Personalkosten in der Landesvertretung im Vergleich zum Jahr 2004 um fast 30 % gestiegen sind. Sie lagen 2006 um 400.000 € höher.

Frau Abgeordnete Heinold, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Peter Harry Carstensen?

Ich habe hier noch nie eine Zwischenfrage gestellt; das ist für mich neu. Ich hoffe, das Mikrofon ist eingeschaltet. - Frau Kollege Heinold, können Sie erstens bestätigen, dass Sie Soll und Ist miteinander vergleichen - das sollte man tun -, und können Sie zweitens bestätigen, dass die Sollzahlen 2006 2,5 Millionen € betragen haben, 2007 2,35 Millionen €, 2008 2,32 Millionen €, 2009 2,2 Millionen € und 2010 2,1 Millionen €?

- Ich habe die Sollzahlen für die Jahre vor 2007 nicht hier, die kann ich nicht bestätigen. Wir haben gesagt: Im Vergleich zu den Ist-Ausgaben im Jahr 2007 haben Sie in der Sollzahl 2008 um 300.000 € draufgesattelt. Man wird sehen, wie sich das in diesem Jahr entwickelt; das wissen Sie besser als ich. Und ich habe gesagt, Ihre Sollzahl für 2010 liegt immer noch über dem Ist 2007.

Da sind wir uns einig. Ich habe außerdem gesagt, dass der Rechnungshof darauf hingewiesen hat, dass innerhalb von zwei Jahren, von 2004 bis 2006, die Personalkosten um über 28 % gestiegen sind, und zwar unter Ihrer Verantwortung. Ich kann auch

(Frank Sauter)

noch darauf hinweisen, wenn Sie möchten, dass für 10.000 € Designermöbel gekauft wurden. Ich kann auch noch darauf hinweisen, dass mehr Dienstwagen als notwendig im Einsatz waren. Das wurde inzwischen zurückgefahren. Ich kann auch noch darauf hinweisen, dass der Rechnungshof sagt, dass Sie in Einzelfällen in dem Bereich gegen Beamtenrecht und gegen Haushaltsrecht verstoßen haben.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Nur weil Sie auf Apfelsinenkisten sitzen, müssen wir das noch lange nicht!)

Herr Ministerpräsident - oder Herr Abgeordneter Carstensen -, wenn Sie die Auseinandersetzung wünschen: Ich bin bereit zu dieser Auseinandersetzung.

(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Weiter mit der Verwaltungsreform. Gestern habe ich vernommen, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU sagte: „Verwaltungsreform? Mal gucken! Das bringt nur 15 Millionen €. Wir müssen einmal sehen, ob wir das überhaupt noch machen wollen.“ Heute höre ich, wenn es denn stimmt, dass das Gutachten noch überhaupt nicht vorliegt. Es scheint also so zu sein, als hätte es bislang nur Mundpropaganda gegeben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Uns liegt es nicht vor! Der CDU schon!)