Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Uns liegt es nicht vor! Der CDU schon!)

Vielleicht sind es ja auch 24 Millionen €. Wenn die CDU-Fraktion diese Unterlagen doch hat, dann ist hier gelogen worden. Uns ist gesagt worden, die anderen Fraktionen hätten dieses Gutachten nicht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir haben es nicht!)

Ich bitte die Landesregierung, dies aufzuklären. Wenn es so ist, dass die großen Fraktionen dieses Gutachten haben, dann wird es höchste Eisenbahn, dass die Opposition das auch bekommt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Wolfgang Ku- bicki [FDP])

Wenn es nicht so ist, dass die großen Fraktionen dieses Gutachten haben, dann frage ich mich, wie es sein kann, dass man so vorschnell mit Urteilen und Botschaften umgeht, für die es keine Grundlage gibt außer vielleicht den einen oder anderen Folienvortrag. Sollte es so sein, dann hätten wir jedoch auch diesen Folienvortrag gerne. Was also ist die Grundlage Ihres Rückzugs?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Ministerpräsident, Sie haben vorhin noch einmal gesagt, bei der Verwaltungsreform gehe es einzig und allein um eine Sache, und das sei das Sparen. Dem möchte ich widersprechen. Denn meine Fraktion hat immer gesagt: Wir brauchen die Gebiets- und Verwaltungsreform, um innerhalb der Verwaltung einzusparen. Wir haben aber auch gesagt - und das war uns genauso wichtig -: Die Neuschneidung von Strukturen muss die Grundlage dafür legen, dass wir Aufgaben von unten verlegen können und dass wir mehr Zuständigkeiten in die Kommunen, in die Regionen, in die Kreise hineintragen.

(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW] - Zurufe von der CDU)

Es kann nicht nur darum gehen, die Cents zu zählen. Denn dann würde man genau dort enden, wo Sie es heute gesagt haben. Dann fragt man sich zum Schluss: Lohnt es sich bei 15 Millionen € noch?

Aber auch diese Frage möchte ich beantworten. 15 Millionen € sind für den Landeshaushalt sehr, sehr viel Geld. Wenn wir das innerhalb der Verwaltung sparen können und wenn wir diese Summe nur innerhalb der Verwaltung einsparen können, ist das schon Geld, das wir dringlichst in den Bildungshaushalt investieren müssen.

(Zuruf von der CDU: Auch die Kommunen müssen dazu beitragen!)

- Auch die Kommunen investieren in Bildung. Sie wissen es doch genauso gut wie ich: Es sind 15 Millionen €, die jetzt innerhalb der Verwaltung ausgegeben werden und die wir im Bildungsbereich brauchen. Ob dieses Geld das Land einsetzt oder ob die Kommunen dies einsetzen, ist mir schnurzpiepegal. Die Hauptsache ist, dass dieses Geld im Bildungsbereich landet und den Bildungsausgaben zugute kommt.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf von der CDU: Man muss nicht immer so tun, als ob wir das alles alleine machen müssen!)

Noch eine Anmerkung zur Verfassungsgrenze, Herr Sauter. Sie haben ja noch einmal darauf hingewiesen, wie toll Sie sind, wenn es darum geht, die Verfassungsgrenze einzuhalten. Ich frage Sie: Hätten Sie diese Frage ernsthaft anders beantworten können in einer Zeit, wo die Steuereinnahmen innerhalb von fünf Jahren um 1,8 Milliarden € steigen?

(Monika Heinold)

(Zurufe von der CDU)

Hätten Sie ernsthaft verantworten können, in dieser Zeit einen Haushalt vorzulegen, der nicht verfassungskonform ist? Nur damit Sie noch einmal eine Vorstellung entwickeln - Sie haben es ja damals nicht miterlebt, und Ihre Kollegen haben es ja nicht so richtig wahrgenommen -: Ich möchte, dass Sie eine Vorstellung davon bekommen, welche Hürden und welche Schwierigkeiten es in den Jahren davor gab.

Wir hatten in derselben Zeitspanne, 2000 bis 2005, also auch über einen Zeitraum von fünf Jahren, Steuermindereinnahmen von über 500 Millionen €. Sie haben Mehreinnahmen von 1,8 Milliarden €. Das liegt natürlich auch an der von uns gemeinsam beschlossenen Steuerreform in Berlin. Das ist keine rot-grüne Steuerreform gewesen, das ist eine Steuerreform gewesen, die im Vermittlungsausschuss von Ihnen noch einmal so beeinflusst worden ist, dass es erhebliche weitere Mindereinnahmen gab.

Frau Heinold, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stritzl?

Frau Kollegin Heinold, können Sie sich erinnern, zu den von Ihnen dargelegten Steuereinnahmen in dem von Ihnen genannten Zeitraum 2000 bis 2005: Waren das Mindereinnahmen in Höhe von 500 Millionen € gegenüber dem SteuerIst oder gegenüber dem Steuer-Soll?

- Also, ich habe verglichen - wir haben ja die IstZahlen - die Nettosteuereinnahmen, so wie die Landesregierung das auch immer rechnet, mit LFA und Bundesergänzungszuweisungen. Wenn Sie die IstZahl dieser Nettoeinnahmen, also der Steuereinnahmen, von 2000 nehmen und mit der Ist-Zahl von 2005 vergleichen, haben Sie 530 Millionen € weniger. Wenn Sie die Ist-Zahl von 2005 nehmen - ich kann leider nicht die Ist-Zahl von 2010 nehmen; das mögen Sie mir verzeihen, da kann ich nur die Soll-Zahl nehmen -, dann werden wir - so der Finanzminister, das habe ich mir ja nicht ausgedacht 1,8 Milliarden € mehr haben.

Da sage ich ganz nüchtern: In so einer Situation muss es dem Land gelingen, die Verfassungsgrenze einzuhalten. Wann, wenn nicht jetzt?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD] und Lars Harms [SSW])

Herr Stritzl, wir können uns gern noch einmal mit der Frage beschäftigen, wie hoch die Zinslasten und wie hoch die Nettokrediteinnahmen waren. Denn Sie sagen ja auch: Mensch, super, wir schaffen es jetzt, die Nettokreditaufnahme unter die Höhe der Zinsausgaben zu bringen. - Das war bis 2002 üblich. Schauen Sie in die Dokumente rein, die wir haben! Aus dem Ruder gelaufen ist das 2002 und 2003.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Da hattet ihr nichts mehr zu verkaufen!)

- Natürlich haben wir auch aufgrund von Verkäufen den Landeshaushalt gestützt, das ist kein Dissens. Aber das ist natürlich auch aufgrund der Steuerentwicklung so. Wenn wir die Landesregierung messen, können wir sie natürlich an von uns aufgestellten Maßstäben messen, wir können die Landesregierung aber auch an ihren eigenen Maßstäben messen. Die Landesregierung hat nach langem Ringen ein Personaleinsparkonzept auf den Tisch gelegt, zu dem wir gesagt haben: Das ist ein bisschen klein geraten. Die CDU hat dazu gesagt: Das reicht alles überhaupt nicht aus, das werden wir ändern.

Nun schauen wir uns einmal an, was aus diesem Ziel der Landesregierung, dem Personaleinsparkonzept, geworden ist. Da sollten über 29 Millionen € bis 2005 eingespart werden. Schauen Sie in die mittelfristige Finanzplanung! Dort steht: Von diesem Konzept, das wir uns vorgenommen haben, werden wir 1,8 Millionen € Einsparung nicht erreichen, sondern in die nächste Legislaturperiode verschieben. Da kann ich doch die Landesregierung nicht loben, wenn sie ihre eigenen Konzepte nicht einhält!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt auch für die Ausgabenplanung. Die mittelfristige Finanzplanung von 2006 - gerade zwei Jahre her -, die habe ich nicht gemacht, die hat der Finanzminister gemacht. In dieser mittelfristigen Finanzplanung sagt er, was an Ausgaben für die Jahre 2009 und 2010 geplant ist. Daran hält er sich aber nicht, sondern im Jahr 2009, im nächsten Jahr, werden 466 Millionen € mehr ausgegeben, als die eigene Landesregierung vor zwei Jahren prognostiziert hat. Und im Jahr 2010 werden 670 Millionen € mehr ausgegeben, als die eigene Landesregierung prognostiziert hat. Dazu sage ich: Irgendetwas stimmt da nicht.

(Monika Heinold)

Deshalb trauen wir auch Ihrer mittelfristigen Finanzplanung für 2011 und 2012 nicht. Auch dort haben Sie wieder erhebliche globale Minderausgaben drin - genau das, was Sie auch vorher gemacht haben. Mit diesen Zahlen und mit dieser Haushaltsdisziplin des Landes werden Sie keine Verfassungskonformität erreichen. Vielleicht denken Sie sich: Nach uns die Sintflut, dann ist ja die Wahl gewesen, dann kann man sich das irgendwie zurechtschummeln oder zusammenbauen.

Lassen Sie sich an Ihren eigenen Zahlen messen, an Ihrem eigenen Maßstab! Setzen Sie die richtige Priorität in diesem Haushalt, und tischen Sie uns vor allen Dingen keine Märchen auf, sondern arbeiten Sie so mit den Zahlen, wie sie sind, wie sie nachzulesen sind und wie wir sie natürlich auch kennen und hier auch immer wieder anbringen werden!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold. - Das Wort für den SSW im Landtag hat jetzt dessen Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Alle, die jetzt hier sind, sind auch aufgefordert zuzuhören.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich mich in dieser zweiten Runde nicht zu Wort melden, weil ich finde, diese zweite Runde ist eigentlich mehr unter der Überschrift Verschiedenes zusammenzufassen. Eigentlich ist auch schon alles gesagt worden.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Ich habe zum Beispiel in meinem Redebeitrag die grundsätzliche Position des SSW zum vorgelegten Haushaltsentwurf deutlich gemacht. Dass ich dafür vom Ministerpräsidenten gelobt wurde, ist für mich keine Schande.

(Beifall beim SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist keine Schande!)

Denn ich möchte auch noch einmal deutlich machen, dass der SSW - das gehört auch zu unserer grundsätzlichen Position - Haushaltsberatungen immer etwas anders sieht. Es gehört zu der Aufgabe der Regierung, einen Haushaltsentwurf vorzulegen.

Das hat sie getan. Wir als Opposition haben nicht die Aufgabe - unserer Meinung nach -, unbedingt das Rad neu zu erfinden. Das ist Quatsch und hilft uns nicht weiter.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Denn das, was aus Sicht des SSW wichtig ist, ist, im vorgelegten Haushalt dort etwas zu kritisieren, wo es etwas zu kritisieren gibt, und ihn dort zu verändern, wo wir meinen, dass er verändert werden muss. Wir finden, das ist der richtige Weg, und das haben wir in der Vergangenheit auch immer so gehalten.

Ich möchte aber noch zwei andere Punkte aufgreifen: Noch einmal zum Thema Verwaltungsstrukturreform. Ich finde es ärgerlich, es nervt mich auch, dass wir beim Thema Verwaltungsstrukturreform immer nur fragen: Wie hoch ist die Einsparquote, die erreicht wird? Wie hoch sind die Einsparungen? Als sei das Ziel der Verwaltungsstrukturreform - das, lieber Herr Ministerpräsident, ist dann auch eine Kritik - und als könnte das Ziel einer Verwaltungsstrukturreform ausschließlich sein, unter dem Strich etwas einzusparen. Ich vermisse in dieser ganzen Diskussion, auch in den Diskussionen, die wir dazu gehabt haben, inhaltliche Ziele. Ich vermisse eine Diskussion darüber, was für die Bürgerinnen und Bürger dabei herauskommt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wie viel Dienstleistung soll bei den Bürgern ankommen? Wie viel Beteiligung soll für die Bürger dabei herauskommen?

(Beifall bei SSW und FDP - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Genau das ist das Entscheiden- de!)

Wie soll es überhaupt mit der lokalen Demokratie vor Ort aussehen, wenn wir Verwaltungsstrukturen verändern, ohne die politischen Strukturen zu verändern? Jetzt können Sie natürlich sagen: Ach Gott, schon wieder die Gemeindestrukturreform. Aber das ist doch der Punkt. Wir können doch nicht Großkreise bilden -

(Günter Neugebauer [SPD]: In Dänemark hat das auch funktioniert! Gucken Sie doch ein- mal nach Dänemark!)