Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

(Günter Neugebauer [SPD]: In Dänemark hat das auch funktioniert! Gucken Sie doch ein- mal nach Dänemark!)

- Oh, Herr Kollege. Ich sage jetzt zum einhundertachtzigsten Mal: Ich kann Ihnen gern Nachhilfeunterricht über die Strukturreform in Dänemark und

(Monika Heinold)

über die Kompetenzen der Gemeinden geben. Das kann ich gern machen.

(Beifall bei SSW und FDP)

Die Gemeinden und Kommunen in Dänemark können das, was die Kreise hier in Deutschland nicht können. Sie haben eine eigene Steuerhoheit, sie können selbst Steuern eintreiben, und sie sind für alles zuständig, was mit dem täglichen Leben von Menschen zu tun hat. Lieber Kollege, das bringt uns nicht weiter.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Jetzt noch einmal zurück zu dem, was ich vorhin sagte. Die Verwaltungsstrukturreform muss inhaltlich definiert werden. Sie kann nicht über Einsparziele definiert werden.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Das bringt doch nichts.

(Weitere Zurufe)

Frau Spoorendonk hat das Wort und nicht das Publikum.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich komme jetzt zum Schluss.

Noch einmal, weil mir das wichtig ist: Bei der Änderung der Verwaltungsstruktur wurde immer nur an die Verwaltung gedacht, immer nur an Einsparungen, und wir haben uns überhaupt nicht mit inhaltlichen Zielen befasst. Darum noch einmal das, was für den SSW in der ganzen Debatte auch immer wichtig gewesen ist: Wir können die Verwaltungsstrukturen nicht ändern, ohne dass wir auch die politischen Strukturen verändern. Ansonsten werden sie weiter auseinanderklaffen. Und das kann so nicht weitergehen. Würden wir jetzt auch noch Großkreise einrichten, dann würde sich der Abstand zwischen diesen großen Großkreisen und den ganz kleinen Kommunen so weit vergrößert, dass das für die Demokratie vor Ort ein riesiges Problem darstellen würde.

(Beifall beim SSW)

Das ist für uns ein wichtiger Punkt. Ein wichtiger Punkt ist auch - was ich auch schon in meinem Redebeitrag gesagt habe -: Uns fehlt zunächst einmal

eine Funktionalreform. Uns fehlt auch, dass man keine Aufgabenanalyse durchgeführt hat. Man hat das alles in einen Topf geworfen. Daher kann es niemanden verwundern, dass man heute eigentlich wieder bei null steht.

Eine letzte Bemerkung möchte ich machen, weil es mir regelmäßig gegen den Strich geht. Der Herr Oppositionsführer hat in seiner Wut oder in seiner Paranoia - ich weiß nicht, wie ich es auffassen sollte - dem SPD-Fraktionsvorsitzenden bestimmte Sachen gesagt. Diese will ich jetzt nicht für Herrn Stegner aus der Welt schaffen; das kann er selbst machen. Allerdings finde ich es ärgerlich, dass hier in der Diskussion gesagt wird, man bekäme eine Gesellschaftsstruktur wie in der ehemaligen DDR, wenn man nicht für Privatisierung einträte.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das habe ich doch gar nicht gesagt!)

- Doch, genau das.

Man bekäme eine Gesellschaftsstruktur wie in der früheren DDR, wenn man nicht dafür eintreten würde, was jetzt in der Bundesrepublik von der FDP propagiert wird.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Quatsch!)

- Doch, das muss einmal gesagt werden, weil ihr damit alleine steht.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Anke, da sind Leute eingesperrt worden, und wenn sie raus woll- ten, wurden sie erschossen! Ich bitte dich!)

- Ja, aber der Kollege hat es so gesagt. Lieber Kollege Garg, man kann im Protokoll nachlesen, was der Kollege Kubicki gesagt hat.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das können wir gern tun!)

Also, man muss auf dem Teppich bleiben, und es ist nicht gerechtfertigt, solch einen Rundumschlag zu machen.

(Beifall beim SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk und erteile Herrn Minister Wiegard das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich kein weiteres Mal zu Wort melden, aber nachdem die Kollegin Heinold noch einmal mit einer Art Rechtfertigungsarie eingestie

(Anke Spoorendonk)

gen ist, sollten wir doch ein bisschen Sachaufklärung leisten.

Es ist in der Tat so, dass Sie in den Jahren 2000 bis 2005 zunächst dezente Einbrüche bei den Steuereinnahmen hatten. Diese haben Sie zu einem bedeutenden Teil durch erhebliche Vermögensveräußerungen und Einmalerlöse ausgeglichen. Das heißt, die Nettoeinnahmeentwicklung ist nicht so dramatisch, wie Sie sie eben dargestellt haben.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die Steuereinnahmen!)

- Okay, aber wir reden über den Haushaltsausgleich, und dazu zählen die Nettoeinnahmen.

Ich möchte nun darauf eingehen, wie Sie in einer solch krisenhaften Phase mit der Ausgabensituation umgegangen sind. Sie kritisieren nämlich, dass wir auf der Ausgabenseite nicht genügend kürzen. Gleichzeitig werfen Sie uns vor, dass wir in bestimmten Bereichen nicht genügend tun. Die Primärausgaben - diese enthalten nicht die Zinsen, die wir Ihnen als Ihre eigenen Schulden ankreiden könnten - sind im Zeitraum 2000 bis 2005 um 12,1 % gestiegen. In der Folgeperiode werden sie um 7,8 % steigen. Und die konsumtiven Primärausgaben das sagt jetzt etwas darüber aus, wie Sie mit den Investitionen umgegangen sind - sind in Ihrer Regierungszeit von 2000 bis 2005 um über 15 % gestiegen. In unserer Regierungszeit werden sie um 6,4 % steigen. Das heißt, Sie haben auf eine Krise, die damals da war, überhaupt nicht mit Ausgabensenkungen reagiert. Das ist der ganz entscheidende Punkt, und damit müssen wir nun fertig werden.

(Beifall bei der CDU)

Mich überrascht im Übrigen die Fortune, die sowohl Herr Hentschel als auch Frau Heinold hier an den Tag legen, was die Frage der Verfassungsmäßigkeit angeht. Sie haben schließlich in einer unglaublichen Art und Weise die Verfassung gebrochen. In einer Zeit, in der von den vier Kriterien, die für das wirtschaftliche Gleichgewicht maßgebend sind, drei positiv waren, haben Sie die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ausgerufen. Dies finde ich nach wie vor erheblich unanständig. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten heute die Kraft gehabt, sich dazu zu äußern. Ich stelle mich schließlich hier hin und entschuldige mich bei der schleswig-holsteinischen Öffentlichkeit für das Finanzdesaster, das wir von Ihnen übernommen haben, aber Sie finden nicht einmal ein einziges Wort dazu. Das finde ich wirklich unglaublich.

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.

Meine Damen und Herren! Es wäre besser, Sie hätten zugehört, Herr Wiegard. Ich habe sehr wohl gesagt, dass ich zu der Verantwortung stehe und dass ich mit den Sparmaßnahmen, die wir vollzogen haben, nicht zufrieden war. Ich habe das übrigens schon sehr frühzeitig gesagt, nämlich noch während unserer Regierungszeit, und es hat über die Frage viele Auseinandersetzungen gegeben.

Ich möchte auch nicht dem Koalitionspartner die Schuld in die Schuhe schieben, aber es ist immer so, dass von außen Proteste ins Landeshaus getragen werden, und die Proteste, die uns damals erreichten, wurden an der Spitze meistens von der großen Oppositionspartei angeführt. Es waren stets Proteste, die Zigmillionen an Mehrausgaben forderten.

Ich gebe zu, ich war nicht zufrieden, dass wir diesen nicht den nötigen Widerstand entgegengesetzt haben. Ich glaube, das gilt auch für Kollegen aus den Reihen der Sozialdemokraten. Das gilt nicht nur für die Grünen. Trotzdem muss man der Ehrlichkeit halber klarstellen, welche Anstrengungen damals erfolgt sind und welche Anstrengungen Sie nun unternehmen.

Ich habe sehr gewürdigt, wie Sie hier angetreten sind und dass Sie eingeräumt haben, dass es Probleme gibt. Sie haben gesagt, dass wir uns mit den Problemen ernsthaft auseinandersetzen müssen. Wenn Sie jetzt aber sagen, dass Sie so hohe Ausgaben haben, weil Sie im Grunde genommen nur Zinsen abbezahlen müssen, dann kann ich Ihnen nur entgegenhalten, dass das die ganze Zeit so gewesen ist.

(Widerspruch bei der CDU)

Das ist bis auf die Steuereinbrüche 2002 und 2003 nichts Neues. Sonst ist es immer so gewesen.

Da Sie sagen, dass es jetzt geringere Ausgabensteigerungen gibt als in der vorigen Legislaturperiode, müssen wir die Möglichkeit haben, diese Aussage richtigstellen. Tatsache ist, dass es nicht stimmt, was Sie erzählen. Es stimmt schlicht und einfach

(Minister Rainer Wiegard)

nicht, weil Sie den aufgeblasenen Haushalt 2004/ 2005 als Maßstab nehmen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Er hat die Peri- oden genommen!)

Würden Sie den Haushalt 2004 nehmen, dann käme Folgendes heraus: Vergleicht man 1999 bis 2004 mit 2004 bis 2009, dann kommt eine Steigerung heraus, die doppelt so hoch ist wie die in den Jahren zuvor.