Protokoll der Sitzung vom 08.10.2008

Grundsätzlich sollen Verwaltungsakademie und Verwaltungsfachhochschule selbstständig bleiben. Die Landesregierung begründet dies wie folgt: Der Status der Verwaltungsfachhochschule werde benötigt, um auch bei der Gewinnung von qualifiziertem Lehrpersonal wettbewerbsfähig zu bleiben. Darüber hinaus eröffne der Hochschulstatus die Möglichkeit von Kooperationen mit anderen Hochschulen innerhalb und außerhalb Schleswig-Holsteins. Hier liegt dann wohl auch der nächste Prüfauftrag parat, den zumindest eine Abordnung der Kampfgruppe Schlie zu bearbeiten haben wird.

(Thomas Rother)

Apropos Entbürokratisierungsstaatssekretär: Es gibt ihn wirklich, auch wenn manche schon den Glauben daran verloren haben. Man fühlt sich bei diesem Gesetzentwurf fast wie ein Archäologe, der einen seltenen Fund zur sagenumwobenen Expedition Schlie gemacht hat, von der man immer wieder in alten Geschichten etwas gehört hat, deren Existenz aber nie richtig bewiesen worden ist.

(Beifall bei der FDP)

Das Ausbildungszentrumsänderungsgesetz ist der Beweis: Irgendwo da draußen gibt es ihn - den Entbürokratisierungsstaatssekretär! So freuen wir uns auch bei diesem Gesetz über kleine Fortschritte bei der Verwaltungsverschlankung. Von einem großen Wurf zu sprechen wäre allerdings überhöht. Wenn wir ehrlich sind, Kollege Rother, haben wir das aber auch nicht erwartet.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki und erteile das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Angelika Birk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir begrüßen die geplanten Reformschritte in der Ausbildung öffentlicher Verwaltungsfachkräfte und die Einbindung in das Bachelor-Master-System. Auch die Einführung von Qualitätssicherung ist überfällig. Allerdings droht die Ausbildung des öffentlichen Dienstes trotzdem eine Closed-Shop-Veranstaltung zu werden oder so man kann auch sagen - zu bleiben.

Die Gewerkschaften werden in keinem Leitungsoder Aufsichtsgremium beteiligt. Kollege Rother ist gerade darauf eingegangen und hat die die Argumentation des Innenministeriums referiert, das das für entbehrlich hält. Trotzdem finden wir, dass zu einer modernen Kultur der Mitbestimmung dazugehört, dass man auch angesichts einer schwierigen Gesetzeslage nach einer Lösung sucht, die angemessen ist. Kollege Rother hat schon gezeigt, wo der Hase im Pfeffer liegt. Die Gewährsträger möchten es nicht. Sie wollen es nicht. Sie wollen noch nicht einmal einen Gaststatus. Was haben die für eine Angst vor Gewerkschaften! Was ist das für ein antiquiertes Verhältnis des öffentlichen Dienstes, mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzugehen! Ich kann nur sagen, da ist die Chance ver

passt worden, für eine andere Kultur zu sorgen. Das gilt auch, wenn man den Vergleich mit den anderen Hochschulen zieht.

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki?

Auch wenn ich den Kollegen Kubicki hier so erwartungsvoll stehen sehe - lassen Sie uns diese Debatte doch rasch und friedlich beenden! Wir haben noch so viele andere wichtige Themen.

Wir haben erstaunt festgestellt, dass an allen Hochschulen des Landes ein Hochschulrat existiert, nur bei der Hochschule für den öffentlichen Dienst ist offensichtlich der Rat von Persönlichkeiten aus gesellschaftlich relevanten Organisationen nicht gewollt. Da das Vorhaben der Landesregierung ausschließlich nach Effizienzgesichtspunkten, die wir sehr begrüßen, aber nicht nach Demokratie- und Beteiligungsgesichtspunkten, nach gesellschaftlicher Verantwortung - dies vermissen wir hier - geordnet ist, können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen und werden uns enthalten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Birk. - Jetzt guckt mich der Abgeordnete Kubicki erwartungsvoll an.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Jetzt kommt Frau Spoorendonk!)

- Vielen Dank. Das hätte ich auch so gewusst. - Das Wort für den SSW im Landtag erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. Ich setze Herrn Kubicki auf die Rednerliste. Richtig?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ja!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussionen über Studien- und Strukturreformen an der Verwaltungsfachhochschule fingen bereits in den 1990ern an. Wir hörten gerade vom Kollegen Kubicki: Eigentlich fing alles schon viel früher an. In den 1990ern wurde eigens dafür ein Wissenschaftlicher Beirat eingerichtet, der 2001 seinen Abschlussbericht vorlegte. Die dort vorgestellten Vorschläge führten 2003 zur ersten Neufassung des Ausbildungszentrumsgesetzes. Die entscheidende Veränderung war damals die Umwand

(Wolfgang Kubicki)

lung der Verwaltungsfachschule in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Umwandlung der Verwaltungsakademie in eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Beides wurde vom SSW damals ausdrücklich begrüßt, da beiden somit mehr Selbständigkeit in ihrem zukünftigen Handeln zukommen würde. Durch die Anwendung des Hochschulgesetzes auch für die angehenden Fachleute der Landesverwaltung ergaben sich sowohl für die Lehre wie auch für die Studierenden neue Perspektiven, die seitdem in erfreulicher Weise genutzt werden konnten.

Die heute zu beschließende Novellierung des Ausbildungszentrumsgesetzes ergibt sich aus den veränderten Hochschulstrukturen, also aus der Neufassung des Hochschulgesetzes und der Einführung von Bachelor-Abschlüssen. Diese Änderung findet die Unterstützung des SSW. Auch wenn wir uns ein anderes Hochschulgesetz gewünscht hätten, ist es folgerichtig, diese Anpassung vorzunehmen.

Wir unterstützen auch die im Gesetz vorgesehenen organisatorischen Änderungen. Gleichwohl sind wir der Meinung, dass diese Änderungen zu kurz greifen. Mit anderen Worten: Es wäre wünschenswert gewesen, wenn für den Bereich der öffentlichen Verwaltung Fort- und Ausbildung unter einen Hut gebracht worden wäre. Was wir bekommen, ist nur ein Minischritt in die richtige Richtung.

Nicht zuletzt der Anschluss an den Bologna-Prozess bedeutet für die Absolventen ein größeres Maß an Wahlfreiheit. Letztlich steht hinter allen Bemühungen um Öffnung und Transparenz im Bereich der Qualifikation der öffentlichen Verwaltung eine zunehmende Durchlässigkeit der Systeme. Ein guter Ordnungsamtsleiter kann eben durchaus auch eine Firma führen - wie jemand, der eine Firma leitet, auch ein Ordnungsamt leiten kann.

Doch die Öffnung hat Grenzen. So wurden die Forderungen der Gewerkschaften, in die inhaltliche Führung des neuen Ausbildungszentrums integriert zu werden, nicht berücksichtigt. Der SSW kann nachvollziehen, dass die Einbeziehung mit dem Hochschulgesetz nicht ohne weiteres kompatibel ist. Ich hebe hervor, wir sind dennoch der Meinung, dass es gerade für das Ausbildungszentrum für öffentliche Verwaltung wünschenswert ist, auch zu den Gewerkschaften einen engen Kontakt zu haben. Ich hoffe, dass dies im täglichen Handeln verstärkt zum Ausdruck kommen wird. Das ist aus unserer Sicht die einzige Schwäche bei dem vorliegenden Gesetz. Wir werden dem Gesetz trotzdem zustimmen.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Detlef Buder [SPD] und Thomas Rother [SPD])

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere, dass die Kollegin Birk meine Zwischenfrage nicht zugelassen hat. Ich sehe mich jetzt nämlich gezwungen, das in einem Kurzbeitrag deutlich zu machen.

Frau Kollegin, für mich ist etwas wundersam, dass sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jetzt enthält, während sie im Innen- und Rechtsausschuss noch zugestimmt hat. Das ist aber vielleicht fraktionsintern zu klären.

Ich weise daraufhin, dass Ihr Vorwurf eines antiquierten Verständnisses gewerkschaftlicher Beteiligungen ins Leere geht - denke ich jedenfalls -, denn das federführende Ministerium ist sozialdemokratisch geführt. Den Sozialdemokraten vorzuwerfen, sie hätten ein gebrochenes Verständnis von gewerkschaftlicher Mitwirkung, halte ich jedenfalls gegenwärtig noch für verfrüht.

(Beifall bei der FDP - Heiterkeit bei CDU und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Der Ausschuss empfiehlt unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf bei Enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mehrheitlich angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Drucksache 16/2261

(Anke Spoorendonk)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die antragstellende Fraktion der FDP dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits in der letzten Tagung des Landtags angekündigt, finden Sie heute unseren Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeinde-, Kreis- und Amtsordnung vor. Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es, erstens die Besetzung der kommunalen Ausschüsse dem Wahlergebnis angemessener zu gestalten sowie die Ausschussbeteiligung aller in einer Vertretung vorhandener Gruppierungen sicherzustellen, zweitens durch die weitestgehende Herstellung der Öffentlichkeit der Gemeindevertretungen und Ausschussberatungen mehr Transparenz in der Arbeit der kommunalen Gremien herzustellen, drittens die Freiheit des Mandats der Gemeindevertreterinnen und -vertreter zu stärken, viertens eine effektivere Ausschussvertretung möglich zu machen und fünftens im Bereich des Gemeindewirtschaftsrechts den Kommunen mehr Freiheiten zu lassen, in welcher Reihenfolge sie ihre Einnahmebeschaffung gestalten.

Zum ersten Punkt, die Frage der Ausschussbesetzung. Die bisherige Ausschussbesetzung nach d’Hondt ist die schlechteste aller Varianten. Durch dieses Verfahren, bemessen nach der Anzahl der Sitze einer Partei oder Wählergruppe in der Vertretung, kommt es immer zu einer doppelten Bevorzugung der größeren Parteien.

Wir wollen durch die beabsichtigte Umstellung auf das sogenannte Rangmaßzählverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers, das auch bei den Ausschussbesetzungen im Deutschen Bundestag Anwendung findet, die mathematisch korrekteste Verteilung der Ausschusssitze erreichen.

(Beifall bei FDP und SSW)

Für die Fraktionen, die dennoch bei der Verteilung der Ausschusssitze unberücksichtigt bleiben, soll es künftig ein Grundmandat geben. Einzelkämpfer erhalten jeweils einen Ausschusssitz mit beratender Stimme. Es wird also keine Gruppe mehr von Ausschussberatungen ausgeschlossen.

Von den Bürgerinnen und Bürgern wird oft die mangelnde Transparenz gemeindlicher Vertretungen gerügt. Das hängt damit zusammen, dass es nach der heutigen Gemeindeordnung möglich ist,

bestimmte Sachgebiete oder bestimmte Ausschüsse von vornherein für nicht öffentlich zu erklären, unabhängig von der Frage, ob denn auch berechtigte Interessen Einzelner oder überwiegende Belange des öffentlichen Wohls betroffen sind. Nach unserer Auffassung geht diese Regelung zu weit. Wir wollen, dass nur noch im begründeten Einzelfall ein Gegenstand nicht öffentlich zu beraten ist.

(Beifall bei FDP und SSW)

Nun zur Frage der Ausschussvertretung. Nach heutiger Rechtslage ist es zumindest strittig, ob auch die stellvertretenden Ausschussmitglieder an nicht öffentlichen Ausschusssitzungen teilnehmen dürfen, wenn das ordentliche Mitglied anwesend ist. Nach unserer Auffassung ist es für eine effektive Ausschussarbeit unabdingbar, dass das bei nicht öffentlichen Sachverhalten ebenso zur Verschwiegenheit verpflichtete stellvertretende Mitglied Kenntnis von allen Beratungsinhalten des jeweiligen Ausschusses hat. Wir haben daher eine entsprechende Klarstellung in das Gesetz eingebaut.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das freie Mandat ist ein hohes Gut. Das hat der Gesetzgeber auch in den jetzigen Vorschriften zur Gemeinde- und Kreiswahlordnung teilweise so festgestellt. Bei Personalwahlen ist es bereits heute möglich, geheime Abstimmungen zu verlangen. Bei Sachfragen, die manchmal wesentlich heikler sind, ist dies nicht so. Wir wollen daher auch bei Sachfragen die Möglichkeit einräumen, geheime Abstimmungen durchführen zu lassen. Letztlich führt dies aus unserer Sicht zu Ergebnissen, die der tatsächlichen Mehrheit der Gemeindevertreter oder Kreistagsabgeordneten entspricht.

Abschließend möchte ich noch kurz auf einen redaktionellen Fehler in unserem Gesetzentwurf hinweisen. Im Gesetzentwurf steht an zwei Stellen der Begriff „Höchstzahl“, bei der das Los über das Vorschlagsrecht für den Ausschussvorsitzenden entscheidet. Künftig muss es natürlich nach der neuen Zählmethode „Niedrigstwert“ heißen. Ich möchte schon jetzt darauf hinweisen, dass dies ein redaktioneller Fehler ist.

(Zurufe von der CDU)

Wir werden das in die Ausschussberatungen einbringen. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss durch weitere konstruktive Vorschläge aus anderen Parteien letztlich zu einem guten Gesetzentwurf kommen, zu einer guten Gemeinde-, Kreis- und Amtsordnung, die die Beteiligung aller entsprechend gewährleistet.