Das Zweite ist - das ist hier noch nicht ganz klar als erledigt zu sehen -: Ich finde sowohl die Einstufung der Bezahlung als auch vor allem das Beschreibungsbild unklar. Pflegekräfte - Jutta Schümann, das haben Sie selber gesagt - haben meistens nicht gelernt, mit dementen Menschen umzugehen.
- Ja, Sie haben das in der Altenausbildung nicht gelernt. Ich stelle mir jemanden vor, der vor zwanzig Jahren die Ausbildung gemacht hat, jetzt vielleicht wegen eines kaputten Rückens in dem Beruf nicht mehr arbeitet und als Langzeitarbeitsloser auf der Liste steht. Vielleicht hätte er durchaus Lust, diese Arbeit zu machen, denkt: Na ja, ich mache noch einmal einen neuen Anfang. Aber gerade diesen Menschen darf man doch dann die Qualifikation, die hier mit den 160 Stunden angeboten wird, nicht verwehren nach dem Motto: Die kann das doch schon automatisch!
Das kann erst recht keine Säuglingsschwester, die in der Statistik vielleicht auch als Pflegekraft gemeldet ist. Mein Anliegen ist, dass man genau gucken muss, ob diese Leute diese Ausbildung wenn sie denn schon angeboten wird - nicht auch brauchen. Das muss man jeweils im Einzelfall entscheiden, aber das ist bisher nicht vorgesehen.
reits an anderer Stelle mit Entsetzen festgestellt, was im gesamten Weiterbildungsmarkt an Dumping passiert ist. Wir haben festgestellt, dass allein Quantität und Preis und nicht die Qualität, die regionale Verankerung und vor allem auch nicht die Qualifikation, diese Ausbildung zu machen, gezählt haben. Wenn Sie sagen, dass all dies schon geschieht, dass beispielsweise die Alzheimer Gesellschaft, die Brücke oder andere Einrichtungen im Lande schon längst aufgefordert sind, diese Ausund Weiterbildung zu machen, dass all dies prima laufe, dann will ich mich im Ausschuss gern davon überzeugen lassen. Meine Informationen lauten allerdings anders.
Für einen weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Frau Abgeordneter Jutta Schümann das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Birk! Ich habe deshalb den Rückblick gemacht, weil wir aus einer bestimmten Pflegetradition kommen. Die Pflegeeinrichtungen waren entsprechend ausgerichtet. Sie waren danach ausgerichtet, dass die Kräfte älterer Menschen nachlassen, dass sie krank werden und meistens nach langer Pflege versterben. Die Erkenntnis, dass wir nicht nur zunehmend demente, sondern auch psychisch erkrankte Menschen und ältere psychisch kranke Menschen haben, hat sich als Erkenntnis in den letzten 15 Jahren durchgesetzt. Diese Erkenntnis ist radikal, rapide und sehr intensiv sowohl in die Ausbildung als auch in den Fort- und Weiterbildung eingeflossen. Den ersten von der Landesregierung vorgelegten Fachplan zur Gerontopsychiatrie muss man sich vielleicht noch einmal genau angucken. Er hat dies vor zehn Jahren genau aufgezeigt und deutlich gemacht. Heute baut man ganz andere Pflegeheime. Heute hat man ganz andere Konzepte mit zum Beispiel Altenwohngemeinschaften für Demente. Dass die Umsetzung erst sukzessive erfolgt, hat auch etwas damit zu tun, dass meistens sehr viel Geld erforderlich ist und dass sich bestehende Strukturen auch baulich verändern müssen.
Ich finde es gut, dass man zu der Erkenntnis gekommen ist, dass eine Dementenbetreuung andere Ansprüche hat. Das heißt, dass wir andere Kräfte brauchen. Wir brauchen zum Beispiel mehr haus
wirtschaftliche Kräfte. Wir brauchen auch mehr Betreuungskräfte. Wenn Menschen körperlich noch fit, aber sehr unruhig sind, dann müssen sie ganz anders begleitet und betreut werden. Auf diese Ansprüche reagiert man zunehmend mehr. Ich finde es gut, dass die Arbeitsverwaltung dies stärker in den Blick nimmt. Ich finde es auch hervorragend, dass man dies mit einer entsprechenden Qualifizierung und auch mit einer entsprechenden Auslese macht.
Man muss das Kind aber auch nicht mit dem Bade ausschütten. Wenn man sich anschaut, welche Voraussetzungen man erfüllen muss, wenn man in die Krankenpflege oder in die Altenpflege geht, dann sieht man, dass man oft nicht solch hohe Hürden überspringen muss, wie sie möglicherweise von uns aufgebaut werden. Man muss dabei realistisch bleiben.
Der Kollege Baasch hat in einem Gespräch am Rande eben darauf hingewiesen: Wenn ich in diesem Bereich ehrenamtlich arbeite, dann wird dies überhaupt nicht geprüft. Dieser Bereich funktioniert sehr intensiv. Es kann doch ganz normal sein, wenn ich mit einem Dementen einmal spazieren gehe, ihm etwas vorlese oder mit ihm zusammen koche. Das ist entscheidend. Das können Profis häufig nicht leisten. Dies als Ergänzung hinzuzufügen, ist ein richtiger und völlig vernünftiger Ansatz.
Für die Landesregierung erhält die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht, das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist richtig, dass der Einsatz von Betreuungsassistentinnen und -assistenten von an Demenz erkrankten Menschen an sorgfältig formulierte Anforderungen zu knüpfen ist. Es ist auch gut und richtig, dass es eine kritische Öffentlichkeit gibt. Als die Bundesregierung dieses Programm verkündet hat, hat es bundesweit intensive Debatten gegeben. Das begrüße ich im Interesse der an Demenz erkrankten Menschen und im Interesse des Erhalts der Qualität, die wir an die Einrichtungen legen, außerordentlich.
Allerdings haben die Bundesregierung und namentlich die Bundesminister Scholz und Schmidt bereits dokumentiert, dass sie die Probleme durchaus sehen
und mit sehr konkreten Regelwerken zu erreichen versuchen, diese Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen. Sie wollen Qualität gesichert wissen. Insofern fand ich Ihren Antrag bemerkenswert. Die Qualifizierung und der Einsatz der zusätzlichen Pflegekräfte in der Betreuungskräfterichtlinie, die am 25. August in Kraft getreten ist, wurde erwähnt. Wer sie liest, der sieht, dass es ein sehr differenziertes Konzept zur Qualifizierung gibt. Zugleich haben das Bundesgesundheits- und das Bundesarbeitsministerium schon im August mit detaillierten Informationen auf die in der Tat zunächst sehr kritische bundesweite Debatte reagiert und alle auch in Ihrem Antrag erwähnten Punkte klargestellt. Ich will nur die wichtigsten drei Punkte herausgreifen:
Erstens. Die Bundesregierung hat ausdrücklich bestätigt, dass Arbeitslose keinesfalls gegen ihren Willen zu Betreuungs- und Aktivierungsmaßnahmen in Pflegeheimen verpflichtet werden. Nur motivierte und an den entsprechenden Betreuungstätigkeiten interessierte Personen werden den Pflegeeinrichtungen vorgeschlagen werden.
Zweitens. Schulungsinhalte und Dauer der Qualifizierung sind durch die Betreuungsrichtlinie detailliert geregelt. Der GKV-Spitzenverband der Pflegekassen hat bei der Erarbeitung der Betreuungsrichtlinie den allgemein anerkannten Stand medizinischpflegerischer Erkenntnisse berücksichtigt. Er war dabei.
Drittens. Betreuungsassistenten arbeiten in regulären sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, was zunächst auch unklar war. Nur der Einsatz von nachweislich zusätzlichem sozialversicherungspflichtig beschäftigten Betreuungspersonal wird überhaupt durch die Pflegekassen finanziert. Zugleich wurde klargestellt, dass die Übernahme von pflegerischen Aufgaben ausgeschlossen ist und dass die Fachkraftquote insoweit nicht berührt wird.
Ich meine also, dass in den letzten Wochen und Monaten einiges an Kritik ausgeräumt werden konnte. Selbstverständlich bleibt die Frage bestehen: Entspricht diese Theorie auch der Praxis? Insofern tun wir gut daran, darauf zu achten, dass diese theoretischen Ansprüche auch in der praktischen Wirklichkeit ankommen.
Ich meine aber, dass der Landespflegeausschuss dafür ein geeignetes Gremium ist. Deshalb stelle ich infrage, ob wir im Landtag jedes Detail miteinander zu diskutieren haben. Ich werde jedenfalls
den Landespflegeausschuss bitten, auf diesen Bereich kritisch zu achten und uns gegebenenfalls zu berichten.
Wie sieht der Stand in Schleswig-Holstein zurzeit aus? Circa 30 bis 40 Einrichtungen haben Anträge auf den Einsatz von Betreuungsassistenten gestellt. Die Betreuungsassistenten könnten Anfang November ihre Arbeit aufnehmen. Dabei kann es sich zunächst nur um Hilfskräfte handeln, die bereits eine Mindestqualifikation mitbringen. Auch diese müssen aber nach einer Übergangsregelung berufsbegleitend eine erforderliche Qualifikation absolvieren, das ist klar. Die Vergütungshöhe wird ortsüblich und damit auch regional- und trägerverbandsbezogen unterschiedlich sein. Sie wird aber tarifbezogen sein.
Ich glaube, man sollte diesen weiteren Baustein zur Verbesserung der Lebenssituation an Demenz erkrankter Menschen nicht überhöhen. Man sollte ihn aber auch nicht kleinreden. Man sollte ihm eine Chance geben und ihn als einen weiteren Baustein in dem Ansatz einordnen, die Lebenssituation an Demenz erkrankter Menschen insgesamt zu verbessern. So ordne ich ihn ein. So werde ich auch unterstützen, dass dieser Baustein tatsächlich in den Einrichtungen ankommt.
Sollte es so sein, dass die Erwartungen nicht eingelöst werden und dass von den 10.000 Stellen in Schleswig-Holstein 3 % realisiert werden können, dann wäre das nicht das Problem. Wichtig ist, dass die eigentliche Pflege durch den Einsatz von Betreuungsassistenten nicht gemindert, sondern im Gegenteil gestärkt werden soll. In diesem Sinne hoffe ich, dass dies gut auf den Weg kommt.
Ich danke der Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/2265 an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die antragstellende Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schafft es das Land Schleswig-Holstein, ein großes Verkehrsprojekt in den nächsten Jahren tatsächlich zu realisieren, oder schaffen wir es, auch dieses Verkehrsprojekt jahre- oder jahrzehntelang kaputtzureden? Das ist die zentrale Frage, die aus meiner Sicht mit zu beantworten ist, wenn es um die Frage der Hinterlandanbindung einer festen Fehmarnbelt-Querung geht.
Am 14. Dezember 1999 legte die damalige Landesregierung aus SPD und Grünen per Kabinettsbeschluss fest, dass eine feste Querung des Fehmarnbelts realisiert werden soll. Nachdem am 2. September 2008 das dänische Parlament mit Zweidrittelmehrheit seine Zustimmung erteilt hatte, wurde am 3. September 2008 der lang ersehnte Staatsvertrag zwischen Dänemark und Deutschland unterzeichnet. Damit wurde endlich der Grundstein gelegt für eines der bedeutendsten transeuropäischen Verkehrsprojekte der kommenden Jahre. Der 3. September 2008 - das sage ich ausdrücklich an die Adresse der Grünen, lieber Kollege Matthiessen - war ein guter Tag für Schleswig-Holstein.
Denn durch den Bau der festen Querung rücken nicht nur Schleswig-Holstein und Lolland, sondern auch Skandinavien und Westeuropa merklich zusammen. Das ist eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass der Austausch wächst, und zwar nicht nur der wirtschaftliche, sondern auch der gesellschaftliche Austausch. Schleswig-Holstein, Dänemark und Südschweden haben sich vor Jahren zur STRING-Region zusammengeschlossen. Die sieben Ziele der STRING-Initiative lauten: Wirtschaftsentwicklung, Mobilität und Infrastruktur, Kultur, Wissensaustausch, Umwelt, Natur und Landschaft, Lerngesellschaft. Die feste Fehmarnbelt-Querung will uns all diesen Zielen näherbringen.
Die Brücke wird die Mobilität der Menschen und der Unternehmen deutlich steigern. Das wird die Wirtschaftsentwicklung in der STRING-Region beschleunigen, weil die verkürzten Fahrzeiten über den Fehmarnbelt die Transportkosten senken werden und deshalb der Austausch von Waren und Per
Auch den Umweltbelangen wird man gerecht, da durch den Brückenschlag eine deutliche Reduzierung des CO2-Ausstoßes erreicht werden kann. Eine bessere Infrastruktur zieht mehr Investitionen in die Region und schafft Arbeitsplätze in allen möglichen Dienstleistungsbereichen. Der Netto-Effekt an Arbeitsplätzen für Schleswig-Holstein wird durch den Bau positiv sein.
Zusammengefasst: Der Brückenschlag über die Vogelfluglinie schafft erhebliche Impulse für Wachstum, für Beschäftigung und für gesellschaftlichen Austausch.
Auch für den schleswig-holsteinischen Steuerzahler ist der ausgehandelte Staatsvertrag kein schlechtes Geschäft. Denn in Artikel 1 des Vertrages heißt es: „Das Königreich Dänemark wird die feste Fehmarnbelt-Querung errichten und betreiben und trägt die Kosten.“ Deutschland trägt die Baukosten der Hinterlandanbindung und hat darüber hinaus eine Exit-Option, falls die Kosten unverhältnismäßig ansteigen.
Das bedeutet nicht, dass Land und Bund nun die Hände in den Schoß legen und abwarten können, was auf dänischer Seite so alles passiert. Denn wenn alles im Zeitrahmen bleibt, dann soll 2011 mit dem Bau begonnen werden. Im Jahr 2018 sollen die ersten Züge und Autos über die Fehmarnbelt-Brücke rollen. Spätestens dann muss ein tragfähiges Straßen- und Schienennetz in SchleswigHolstein vorhanden sein, das die dann erwarteten Verkehrsströme aufnehmen kann.
Den aktuellen Prognosen zufolge sollen 2018 jeden Tag etwa 12.000 Fahrzeuge über den Belt rollen, doppelt so viele wie heute. Dass diese Zahlen durchaus nicht unrealistisch sind, zeigen die sehr erfolgreichen Vergleichsprojekte Großer Belt und Øresund. Über die seit 1998 fertiggestellte Brücke über den Großen Belt fahren heute täglich 35.000 Autos und damit etwa sechsmal so viele wie zuletzt über die Fähren. Über die im Jahr 2000 eingeweihte Øresund-Brücke fahren heute täglich 20.000 Autos. Auch das sind weit mehr als in den Planungen veranschlagt.
Laut Bundesverkehrsministerium sollen zur Bewältigung der neuen Verkehrsströme zwei große Maßnahmen realisiert werden: Zum einen soll die Bun
desstraße 207 zwischen Heiligenhafen und Puttgarden vierspurig ausgebaut werden. Der Bund wird dafür 90 Millionen € zahlen, das Land wird einen Teil mitbezahlen. Zum Zweiten soll die Bahnstrecke von Bad Schwartau bis Puttgarden zweigleisig ausgebaut werden. Auch hier ist eine Landesbeteiligung angedacht.