Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

Ich danke der Frau Abgeordneten Schlosser-Keichel. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Vorsitzender, der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fand den Beitrag der Kollegin Schlosser-Keichel bemerkenswert, insbesondere dass sie sagte, 1.500 € seien überhaupt kein Problem.

(Widerspruch bei der SPD)

Sie hat gesagt, das könne nicht das Problem darstellen, wenn man ein Haus für 150.000 € erwirbt. Daran werde eine Finanzierung nicht scheitern. Ich empfehle Ihnen mal eine Konfrontation mit der Lebenswirklichkeit, wie viele Finanzierungen an deutlich geringeren Beträgen scheitern.

(Beifall bei FDP und CDU)

Man kann natürlich die Auffassung vertreten, die Leute sollen alle in Mietwohnungen wohnen, möglichst im sozialen Wohnungsbau. Das ist aber nicht das Weltbild, das wir haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie kennen alle den Satz von Frau Künast, die seinerzeit bemerkte: Alles, was Spaß macht, macht entweder dick, ist verboten oder wird von den Grünen bekämpft.

(Heiterkeit und Beifall bei FDP und CDU)

Das trifft zwar zu, ist aber eigentlich zu kurz gesprungen. Man sollte diesen Satz wie folgt ergänzen: Alles, was Wachstum und Wohlstand verspricht, wird von den Grünen blockiert, verhindert oder höher besteuert.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ein wahrer Satz! - Beifall bei der FDP)

Jeder, der künftig ein Grundstück, ein Haus oder eine Firma in Schleswig-Holstein kaufen möchte, soll tiefer in die Tasche greifen. Künftig sollen Häuslebauer sowie mittelständische Betriebe in Schleswig-Holstein mit circa 60 Millionen € zusätzlich belastet werden. Man muss einmal die Summe sehen. Das ist eine zusätzliche Belastung für Bürgerinnen und Bürger und für Betriebe. Das ist schon eine „Haus-Marke“, die die Grünen da den Bürgerinnen und Bürgern aus der Tasche ziehen wollen.

Nach Aussage von Frau Heinold in der Debatte zum kostenlosen Kita-Jahr dient die Erhöhung der Grunderwerbsteuer als Finanzierungsvorschlag der Grünen zur Einführung des kostenlosen Kita

Jahres. Nun haben alle Beteiligten darauf hingewiesen: Wir dürfen Steuern keiner Zweckbindung unterlegen. Deshalb findet man das im Gesetzentwurf auch nicht wieder.

Der Kollege Koch hat wirklich einen bemerkenswerten Beitrag geleistet. Ich hoffe, das schadet Ihrer Karriere nicht, dass ich Sie lobe. Ich könnte fast alles, wenn man „CDU“ streicht und „FDP-Fraktion“ einsetzt, als eigenen Wortbeitrag wortwörtlich wiederholen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das hat mir sehr gut gefallen. Das kommt ja nicht immer vor, dass man sich mit den Kolleginnen und Kollegen der Union auf einer Linie verständigt.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Es kommt immer auf die Kollegen an!)

Wenn wir beziehungsweise die Grünen in den letzten Jahren etwas Entscheidendes gelernt haben sollten, dann, dass der Staat am meisten zusätzliche Einnahmen generiert, wenn die Konjunktur gut läuft. Geht es der Wirtschaft gut, konsumiert die Bevölkerung, dann geht es auch dem Staatshaushalt besser, um beispielsweise notwendige Investitionen im Bereich Bildung und Kinderbetreuung zu stemmen. Dass hier dringend Investitionen nötig sind, darüber sind wir uns einig. Für eine bessere Einnahmesituation des Landeshaushalts muss man von staatlicher Seite eine gute und funktionierende Infrastruktur und auch steuerlich attraktive Rahmenbedingungen vorhalten. Dass die Grünen davon nichts verstehen, werden wir heute noch bei dem Bericht über die Einkommens- und Vermögensentwicklung zwischen 1996 und 2005 in diesem Land diskutieren. In dem Zeitraum, in dem die Grünen dieses Land regiert haben, zeigt die Kurve steil bergab.

Insofern ist es für uns ein Standortvorteil, dass die Grünen nun auch in Hamburg mitregieren. Dort wird ja vom schwarz-grünen Senat die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 % auf 4,5 % diskutiert. Das soll ja beschlossen werden. Als Schleswig-Holsteiner muss man sagen: Nur zu, Frau Heinold! Ich sage Ihnen - davon verstehen Sie möglicherweise auch nichts -, es gibt eine ganze Reihe von Betrieben, die ihre Ansiedlungsüberlegungen auch daran ausrichten werden, was sie beispielsweise für den Erwerb des Grundstücks bezahlen müssen. Im Hamburger Rand - der Wirtschaftsminister wird das wissen - hat das eine erhebliche Bedeutung und spielt eine relativ große Rolle.

(Beifall bei der FDP)

Der Hamburger Rand wird also für Investoren und Familien noch attraktiver. Die Grünen wählen einen anderen Weg. Sie ziehen, wie in den 80er Jahren, weiterhin ständig gegen die neue Infrastrukturpolitik zu Felde und wollen gleichzeitig Steuererhöhungen durchsetzen. Das ist bedauerlich.

Wir sollten dem Land Berlin nicht folgen, das bereits Ende 2006 eine Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes beschlossen hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Berlin taugt wirklich nicht als Beispiel für eine Hochburg solider Finanz- und Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir müssen in Schleswig-Holstein gerade in den nächsten Jahren unsere Prioritäten auf wachstumsfördernde Maßnahmen setzen. Meine Fraktion wird deshalb - das kann ich jetzt schon sagen - auch nach den Ausschussberatungen, die wir haben werden, einem entsprechenden Gesetzesvorschlag der Grünen nicht zustimmen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Kubicki. - Das Wort für den SSW im Landtag hat nun die Frau Vorsitzende Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es den Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in erster Linie darum, für die Beitragsbefreiung der Kita-Eltern eine solide finanzielle Grundlage zu schaffen, wobei es natürlich richtig ist, dass es für Steuern keine Zweckbindung geben darf. Dieses Ansinnen findet grundsätzlich die Unterstützung des SSW; denn aus unserer Sicht ist es richtig, dass die Haushaltslage des Landes so ist, dass es nur mit mehr Steuereinnahmen möglich sein wird, die notwendigen Änderungen bei der frühen Förderung unserer Kinder hinzubekommen. Das werden wir ja morgen noch einmal miteinander diskutieren, wenn es um das beitragsfreie Kindergartenjahr gehen wird. Gleichwohl ist der gewählte Ansatz kein Selbstgänger. Insgesamt gilt daher: Voraussetzung muss ein, dass die Maßnahmen sozial gerecht und vom bürokratischen Einsatz her angemessen sind.

Die Änderung der Grunderwerbsteuer ist überhaupt erst möglich geworden - auch das ist ja schon ange

sprochen worden - durch die Föderalismusreform, wonach diese Steuer jetzt von den Ländern verwaltet und erhoben wird und ihnen auch insgesamt zufließt. Damit ist eine Steuererhöhung in diesem Bereich eindeutig eine Entlastung des Landeshaushaltes.

Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen, mit welch großen Schwierigkeiten Sparmaßnahmen beschlossen werden und wie häufig Diskussionen über die frühe Förderung im Bildungsbereich im luftleeren Raum stattfinden. Deshalb muss man diesen Ansatz wenigstens ernsthaft diskutieren. Es ist kein Wunder, dass Berlin - das ist auch schon angesprochen worden - diese Möglichkeit umgehend genutzt hat und die Grunderwerbsteuer erhöht hat. In Hamburg steht eine Erhöhung auf 4,5 % unmittelbar bevor.

Dennoch sollten wir die angepeilte Erhöhung nicht als einen einfachen Verwaltungsakt verstehen. Der SSW fordert, in den Beratungen die Konsequenzen aus der Steuererhöhung sehr genau abzuwägen. Das was Sie, lieber Herr Kollege Koch, angesprochen haben, muss natürlich auch in die Beratungen mit einfließen.

An dieser Stelle will ich auch den Vergleich mit den Studiengebühren ziehen. Für viele Bildungspolitiker sind sie eher ein kleineres Übel und von der Höhe im internationalen Vergleich eher niedrig. Tatsächlich lassen sich Tausende potenzieller Studierender durch diese Gebühren vom Studium abschrecken, wie jüngste Erhebungen belegen.

Immobilienexperten befürchten durch die Grunderwerbsteuer einen ähnlichen Effekt. Der erhöhte Steuersatz wird in der Masse vor allem die Häuslebauer treffen. Dabei ist im Zuge der Finanzkrise die Finanzierung eines Eigenheims auch ohne zusätzliche Steuererhöhung schwerer denn je. Auch das, denke ich, darf man nicht vergessen. Die vorgeschlagene Steuererhöhung wäre also ein weiterer Kostenpunkt, mit dem die zukünftigen Hausbesitzer kalkulieren müssen. Umgekehrt sagen Baufinanzierer, dass eine Finanzierung, die sich von Mehrkosten von wenigen Tausend Euros aus dem Tritt bringen lässt, ohnehin nicht viel wert ist. Dennoch möchte ich davor warnen, durch eine leichtfertige Steuererhöhung, die im Grunde genommen nichts anderes als eine negative Eigenheimzulage ist, die Planung vieler Eigenheime in Schleswig-Holstein zu gefährden.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

(Wolfgang Kubicki)

Dass sich „Haus & Grund“ negativ zu den anstehenden Änderungen in Hamburg geäußert hat, stört mich dabei weniger als die Stellungnahme des Deutschen Siedlerbundes. Hinzu kommt, dass sich eine Neufestsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer laut Mieterbund ebenfalls auf die Mieten auswirken wird.

Wir müssen also im Ausschuss genau durchrechnen, wie viele Betroffene es gibt und wie sich ein solcher Gesetzentwurf auf diese Betroffenen auswirkt. Alle anderen, die Grundstücke zu gewerblichen Zwecken kaufen, um beispielsweise das Firmengrundstück zu erweitern oder eine neue Firma zu gründen, können mit steigenden Kosten ganz anders umgehen, bis hin zu der Möglichkeit, die Kosten auf den Käufer ihrer Waren oder Dienstleistungen umzulegen. Wir sollten daher nicht einfach den Stadtstaaten Berlin und Hamburg nacheifern, sondern die Situation im Flächenland Schleswig-Holstein durchrechnen. Der SSW könnte sich auch vorstellen, die Erhöhung des Steuersatzes auf gewerbliche Nutzer zu beschränken - vielleicht nicht auf alle - oder Grenzwerte zu verwenden.

Ich weiß, das ist der Versuch, eine Art Millimetergerechtigkeit heineinzubringen. Ich will aber damit deutlich machen, dass dieser Ansatz von uns nicht verteufelt wird.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sehen das Problem. Alle hier in diesem Raum müssten das Problem sehen. Mehr Bildung für Kinder können wir nicht weiter durch Einsparungen erreichen, und wir können durch eine Erhöhung unserer Steuereinnahmen auch vermeiden, dass weitere Kredite aufgenommen werden. Auch diese Rechnung muss einmal thematisiert werden.

Die Zeit, Frau Kollegin!

Ich komme jetzt zum Schluss. - Ich denke, man darf auch nicht vergessen, dass das deutsche Steuersystem ohnehin weltweit schon das komplizierteste ist, und wir wollen es nicht noch unübersichtlicher machen. Aber wir sehen, dass wir mit der Föderalismusreform ein Instrument erhalten haben, das wir zumindest ernsthaft in Betracht ziehen müssen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Für die Landesregierung hat nun Herr Finanzminister Rainer Wiegard das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es schade, dass die neu gewonnene Kompetenz, einen Steuersatz festzusetzen, auf so leichtfertige Weise verbrannt wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Nach dem Motto: Wir haben eine Idee, für die man ein bisschen Geld braucht, und dann nutzen wir das gleich. Das ist die Fortsetzung einer Steuerpolitik, die uns in den - ich möchte fast sagen: - letzten Jahrzehnten nicht so richtig vorangebracht hat.

Mir fehlt ein klares ordnungspolitisches Konzept. Wir diskutieren gerade wieder über die Neuordnung der Grundsteuer. Ich finde, irgendwie sind Zusammenhänge notwendig, wenn man steuerpolitische Maßnahmen ergreift, und man kann nicht nur sagen: Ich habe irgendwo einen gewissen Bedarf, also erhöhe ich einmal irgendwelche Steuern.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Machen Sie doch einmal einen Vor- schlag!)

- Ich komme gleich darauf. - Wir erleben es gerade umgekehrt beim Bund, der sich anheischig macht, eine Bundessteuerverwaltung installieren zu wollen. Wir erfahren gerade, wie so etwas aussehen kann, dass es nämlich im Wochenrhythmus neue Verkündungen gibt. Hier besteht, so denke ich, das gleiche Problem, nur in umgekehrter Richtung. Das halte ich für falsch.