Im Gesamtinteresse des Landeshaushalts und unseres Landes halte ich das für verantwortbar. Wir müssen in die frühkindliche Bildung unserer Kinder massiv investieren, und zwar nicht irgendwann, sondern sofort. Meine Fraktion hat heute dazu einen konkreten Vorschlag auf den Tisch gelegt. Nun sind Sie dran. Wenn Sie einen anderen Vorschlag haben, dann nennen Sie ihn!
Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold. Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Tobias Koch.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beantragt die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Steuererhöhung in Form einer Anhebung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer.
Dieser Vorschlag knüpft an die letzte Landtagsdebatte zum beitragsfreien Kindergartenjahr an. Schon damals sprach sich die Abgeordnete Heinold dafür aus, dieses mittels einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer zu finanzieren. Nunmehr liegt der Vorschlag auch in Form eines Gesetzentwurfes auf dem Tisch. Der einzige Vorteil dieses schriftlichen Gesetzentwurfes besteht allerdings darin, dass ich nunmehr fünf Minuten Redezeit anstelle der drei Minuten bei der letzten Landtagsdebatte zur Verfügung habe,
Wenn man sich den Lebenszyklus eines Menschen anschaut, dann wird man feststellen, dass ganz viele Menschen zu dem Zeitpunkt ein Grundstück kaufen, wenn sie eine Familie gegründet haben, wenn Kinder geboren wurden oder wenn dieses geplant ist. Damit wird die Grunderwerbsteuer nicht ausschließlich, aber doch zu einem nennenswerten Teil von genau denjenigen jungen Familien bezahlt, die durch ein beitragsfreies Kindergartenjahr entlastet werden sollen.
Deshalb bleibt es dabei: Eine solche Finanzierung ist und bleibt eine unseriöse Mogelpackung. Wir können nicht immer weitere Staatsausgaben beschließen und diese durch immer neue Steuererhöhungen finanzieren.
Nun ist die Welt seit der letzten Landtagstagung im Oktober nicht stehen geblieben. Die Ausmaße und Gefahren der weltweiten Finanzund Wirtschaftskrise sind immer klarer zu erkennen. Wir haben das heute Morgen ausführlich diskutiert. Nur die Grünen in Schleswig-Holstein scheinen überhaupt nicht mitzubekommen, was um uns herum passiert. Überall auf der Welt wird überlegt, mit welchen Maßnahmen ein Abgleiten in eine Rezession verhindert werden kann, mit welchen Staatsaus
gaben und mit welchen steuerpolitischen Maßnahmen Konsum und Investitionen wieder angekurbelt werden können.
In dieser schwierigen Phase wollen nun SchleswigHolsteins Grüne genau diejenigen mit höheren Steuern bestrafen, die zum jetzigen Zeitpunkt trotz aller Unsicherheiten bereit sind, ein Grundstück zu kaufen, um darauf ein Haus oder auch eine neue Werkhalle zu errichten.
Was wir jetzt brauchen, sind keine Steuern, mit denen Investitionen verteuert und damit erschwert werden, sondern wir brauchen überhaupt erst einmal wieder Vertrauen und den Mut, solche Ausgaben in Angriff zu nehmen. Wir brauchen Familien, die weiterhin Häuser bauen, und wir brauchen Unternehmer, die auch zukünftig am Standort Schleswig-Holstein investieren und damit Arbeitsplätze schaffen.
Deshalb ist allein schon die heutige Debatte dazu geeignet, für weitere Verunsicherung angesichts vermeintlich drohender Steuererhöhungen zu sorgen. Wir sollten diese Diskussion deshalb schnellstmöglich beenden und den Gesetzentwurf in der Sache ablehnen.
Ich kann mir überhaupt nur ein einziges Szenario vorstellen, Frau Kollegin Heinold, in dem eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer in Betracht zu ziehen wäre, nämlich dann, wenn wir uns - erstens im Rahmen der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, im Rahmen der Föderalismusreform II, auf ein weitgehendes Verschuldungsverbot verständigt haben, wenn wir zweitens - dieses anschließend in der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein verankert haben, wenn - drittens - dann die vom Bund und den Ländern gewährten Zinsbeihilfen nicht ausreichen, um die Neuverschuldung in Schleswig-Holstein auf null zu senken, und wenn es uns - viertens - trotz aller Anstrengungen nicht gelingt, dieses Ziel aus eigener Kraft zu erreichen. Dann und nur dann kommt eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer überhaupt in Betracht.
Sie ist die einzige Stellschraube der Steuerpolitik, die wir als Land in eigener Zuständigkeit verändern können, und kann deshalb immer nur Ultima ratio sein.
Vorher gilt es, den von der Landesregierung erfolgreich eingeschlagenen Kurs der Haushaltskonsolidierung konsequent fortzuführen und alles dafür zu tun, um zum angestrebten Zeitpunkt, zum Jahre 2015, einen ausgeglichen Haushalt ohne Neuverschuldung zu erreichen, und zwar nach Möglichkeit, ohne dafür die Steuern zu erhöhen.
Ich danke dem Abgeordneten Tobias Koch. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun die Frau Abgeordnete Anna Schlosser-Keichel.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Rahmen der Föderalismusreform I ist nicht nur die Verantwortung für das Heimrecht und den Ladenschluss, für die Besoldung der Landesbeamten und den Strafvollzug auf die Länder übergegangen. Bestandteil dieses Pakets war auch die „Stärkung der regionalen Steuerautonomie“, wie es in der Gesetzesbegründung heißt. Konkret: Die Länder haben seit dem 1. Januar 2007 die „Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer“. Wie sich das im Einzelnen gesetzlich darstellt, ist von meinen beiden Vorrednern bereits beschrieben worden. Ich erspare mir und Ihnen, das so kurz vor der Mittagszeit zu wiederholen.
Festzustellen ist: Bisher hat nur das Land Berlin die Möglichkeit zur Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1 Prozentpunkt auf 4,5 % genutzt. Uns, also das Land Schleswig-Holstein, hat die Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen im April 2008 angesichts unserer prekären Haushaltssituation unmissverständlich auf diese Möglichkeit der Einnahmeverbesserung hingewiesen. Die Kommission nennt Mehreinnahmen für Schleswig-Holstein von 70 Millionen € jährlich. Der Finanzminister hat mit 60 Millionen € gerechnet. Diese Zahlen müssen wir wohl noch überprüfen. Aber das ist die Größenordnung.
Ich bin der Meinung, wir müssen diese Gelegenheit nutzen. Die Leidenschaft, mit der der Kollege Koch dieses Vorhaben ablehnt, kann ich nicht so recht nachvollziehen. Denn CDU und SPD haben in schöner Eintracht im Bundestag gerade diese Voraussetzungen geschaffen. Für welche Bundesländer, wenn nicht für das Not leidende SchleswigHolstein, soll diese Möglichkeit eigentlich geschaffen worden sein?
Nun weiß ich, mit Steuererhöhungen macht man sich keine Freunde. Aber ich bin überzeugt, in diesem konkreten Fall wäre sie zu verantworten. Die letzte Erhöhung der Grunderwerbsteuer hat 1997, also vor mehr als zehn Jahren, stattgefunden, damals von 2 % auf 3,5 %. Bei der deutlichen Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007 um 3 Prozentpunkte - Sie erinnern sich - ist der Grunderwerb mit Ausnahme der Nebenkosten absolut verschont geblieben, im Gegensatz zu fast allen anderen Lebensbereichen; die waren betroffen.
Ein dritter Punkt - das hat Frau Heinold wiederholt gesagt -: In der Gesamtfinanzierung eines Einfamilienhauses von 150.000 € - ich habe in den Immobilienteil meiner örtlichen Tageszeitung geguckt oder von 40.000 € für ein Baugrundstück sind Mehrkosten von 1.500 € beziehungsweise 400 € für das Grundstück, die sich durch diese Steuererhöhung ergeben würden, mit Sicherheit abzudecken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere mich daran, dass es in dem Neubaugebiet, in dem wir wohnen, einen „Running Gag“ gab, nämlich bei der Finanzierung des Häuschens müsse auf jeden Fall für die Frau eine Traumküche und ein bescheidener Mittelklassewagen für den Mann übrig bleiben. Ich bin mir sicher, dass heute die Spielräume enger geworden sind; das ist klar. Aber an Mehrkosten von 1.500 € oder von 2.000 €, wenn wir von Kieler Zahlen ausgehen, wird die Finanzierung eines Einfamilienhauses nicht scheitern.
Wenn sie doch an diesem relativ geringen Betrag scheitern würde, ist die Finanzierung so eng gestrickt, dass sich vielleicht die Beteiligten überlegen sollten, die Finger von dem Projekt zu lassen.
Frau Kollegin, sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass a) 1.500 €, die sofort fällig werden, für eine Familie, die knapp kalkulieren muss, Geld sind und dass b) niemand für eine solch tote Steu
- Ich habe mir zu Zeiten, als noch irgendwelche steuerlichen Eigenheimförderungen möglich waren, Aufstellungen über Finanzierungen zu Gemüte geführt. Ich weiß, dass auch die Grunderwerbsteuer in die Gesamtfinanzierung in der Regel über die Bausparkasse oder Bank einfließt.
Bitte lassen Sie mich weiter ausführen. In einem Punkt möchte ich der Antragstellerin, also Frau Heinold, widersprechen. Was wir keinesfalls wollen, ist eine Kopplung der Steuereinnahmen mit bestimmten Vorhaben,
etwa mit dem Ausbau der Kinderbetreuung. Das findet sich im Gesetzentwurf auch nicht, aber es prägt ja heute die Diskussion. Unsere Bedenken sind, dass wir, wenn wir uns die Entwicklung der Grunderwerbsteuereinnahmen über eine Reihe von Haushaltsjahren ansehen, feststellen müssen, dass die Einnahmen sehr stark schwanken. Eine Zweckbindung würde die Gefahr mit sich bringen, dass zu finanzierende Projekte in Probleme geraten, wenn die Einnahmen sich nicht wie erwartet entwickeln. Also keine Zweckbindung!
Ich komme zum Schluss. Ich möchte noch einmal betonen: Ohne Not wird hier keiner in diesem Landtag, auch wir nicht, für eine Steuererhöhung plädieren. Aber Schleswig-Holstein befindet sich in einer finanziellen Notlage. Das wird doch heute auch keiner bestreiten. Deshalb müssen wir alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen, vor allem, wenn wir an die Solidarität der anderen Bundesländer appellieren. Wir selbst erwarten das Gleiche ja auch von den Kommunen, wenn es darum geht, die Höhe der Hebesätze festzusetzen. Ich hoffe, dass wir uns doch noch im Finanzausschuss kurzfristig auf eine gemeinsame Linie verständigen können.
Ich danke der Frau Abgeordneten Schlosser-Keichel. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Vorsitzender, der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki.