Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Sie haben ein bisschen zynisch gesagt, das Wechselrichterhäuschen beziehe Strom aus dem Netz. Herr Minister, fahren Sie mal nach Krümmel. Warum bitte schön ist Krümmel in die Knie gegangen? - Weil der Eigenstrombezug dort von der 380 kV auf 110 kV heruntergeschaltet werden musste. Das ganze Atomkraftwerk ging wegen der Fehler im Eigenstrombezug in die Knie. Jede Windenergieanlage braucht Erregerspannung aus dem Netz. Es ist eine technische Banalität, dass Erzeugungsanlagen auch Strom aus dem Netz ziehen - so auch ein Solarpark. Das wirft kein gutes fachliches Licht auf Sie, wenn Sie da mit Zynismus herangehen und sagen: Der Solarstrom taugt nichts, der braucht auch noch Netzstrom.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN - Zuruf von Mi- nister Jost de Jager)

- Der Hinweis kam von mir, sicher!

Dann haben Sie eine Sache angesprochen, und ich finde, wir sollten uns auch im Ausschuss noch einmal sehr ernst darüber auseinandersetzen: der Flä

chenverbrauch durch die Bestückung mit PV auf Acker und Freiflächen, der kritisiert wurde. Herr Minister, wir steuern auf 200 Biogasanlagen in Schleswig-Holstein zu. Jeder Biogasanlage können wir ungefähr 200 ha Maisanbauflächen für Energiezwecke zuordnen. Da landen wir ungefähr bei 40.000 ha. Dazu sage ich: Darüber sollten wir einmal ernsthaft diskutieren. Ich habe keine gesicherten Zahlen, die können Sie einmal ermitteln, aber die PV-Flächen in Schleswig-Holstein schätze ich - wenn überhaupt - auf 300 ha. Das ist also eine Diskussion wert.

Herr Abgeordneter Matthiessen, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Abercron?

Gern, ich freue mich über jede Zwischenfrage.

Herr Matthiessen, ich bin auch sehr freundlich. Sie haben eben etwas zu den Freiflächen ausgeführt. Sehen Sie nicht auch, dass es hier aus umweltpolitischer Sicht gewisse Risiken gibt? - Sie spielen das im Vergleich zu Biogasanlagen ein bisschen herunter. Dazu würde ich gern Ihre Meinung hören.

Die Umweltfolgen einer mit Photovoltaik-Paneelen bestückten Fläche?

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Ist das versiegelt oder nicht?)

- Gucken Sie sich den Solarpark Rodenäs an. Dort wird auf nachgeführten Freiflächen Ökoheu gewonnen. Dort ist noch eine eingeschränkte landwirtschaftliche Flächennutzung möglich. Ich sage: Auch eine Windmühle ist ein Eingriff. Das ist unter anderem auch eine technische Überformung des Landschaftsbildes.

Ich halte fest: In der Abwägung haben wir Klimaschutzaufgaben zu erledigen, auch durch Technikbereitstellung. In der Frage ob wir das tun oder nicht tun, halte ich bei der Güterabwägung den Eingriff durch die Errichtung eines Sonnenparks für relativ hinnehmbar.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir fällt im Moment auch kein großer Belang ein, der dort zu schützen wäre. Bodenbrüter siedeln sich nicht an, aber aus Naturfachsicht ist eine PV-Fläche

gegenüber einer Ackerfläche eine Bereicherung. Das ist ganz eindeutig.

(Zurufe)

Herr Minister, das Thema Flächenproduktivität von Energiebereitstellungssystemen sollten wir in einer Untersuchung noch einmal evaluieren.

Ein letztes Wort in die Richtung von Herrn Kumbartzky: Sie sagten zu Recht, Übergangsfristen müssten im Zusammenhang mit einer Änderung unter dem Stichwort diskontinuierliche Förderpolitik diskutiert werden. Da lagen Sie fachlich insoweit daneben, als es eine Übergangsfrist nur gibt, -

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Mein letzter Satz: Eine Übergangsfrist gibt es wegen des zukünftigen Verbots für Ackerflächen nur, wenn Sie im letzten Jahr die Vollgenehmigung in der Tasche hatten. Andere Übergangsfristen gibt es in dem Entwurf, wie er bislang bekannt ist, nach meiner Kenntnis nicht. Auch das sollten wir im Ausschuss noch einmal vertiefen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich nun dem Herrn Abgeordneten Olaf Schulze das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister de Jager, Sie sprechen davon, dass die hohe Vergütung dazu geführt hat, dass ausländische Anbieter von Photovoltaik-Anlagen bevorzugt wurden und dass durch die Absenkung der Vergütung deutsche Anbieter jetzt einen Vorteil haben. Dazu muss ich sagen: Es bleibt Ihr Geheimnis, wie das wirtschaftlich gehen soll. Wenn Sie das nicht gesagt haben, dann sind wir uns ja einig, dass die Absenkung dazu führen wird, dass deutsche Anbieter sich am Markt noch schlechter positionieren können.

Wenn wir davon ausgehen, dass deutsche Anbieter durch die Absenkung schlechtere Chancen haben, dann bedeutet das auch, dass wir dadurch Ar

beitsplätze gefährden. Insofern verstehe ich den Einwand nicht, den Sie hier gebracht haben, nämlich dass es positiv für die deutsche Wirtschaft ist, wenn wir die Vergütung absenken.

Ich komme zu Herrn Magnussen, der in der Branche tätig ist. Wenn er als kleiner Elektromeister günstig anbieten will, dann muss er genügend Masse verkaufen. Er muss genügend Masse verkaufen, damit er günstig einkaufen und somit wieder günstig anbieten kann. Ich finde es gut, wenn die FDP so weit ist, zu sagen, wir wollen darüber reden. Wir sollten auch darüber reden, ob das der richtige Weg ist. Wir sollten uns im Ausschuss die Mühe machen, das durchzudiskutieren.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn wir darüber reden, dass wir Freiflächen verbieten und große Anlagen nicht mehr zulassen wollen, dann bedeutet das, dass wir die regenerativen Energien einschränken. Herr Minister, wenn Sie sagen, Sie setzen weiter auf Windkraft und nicht auf Photovoltaik, dann ist das eigentlich nur ein Beleg dafür, dass Sie Politik so machen, wie Sie sie schon früher gemacht haben. Sie bleiben immer bei den Energieerzeugern, die es schon gibt. Wenn sich dann neue durchgesetzt haben, dann springen Sie auf den Zug auf, statt wirklich einmal vornweg zu sein und zu sagen: Wir stärken das. Das tun Sie nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sprechen von der Akzeptanz von Ackerflächen. Das kam eben auch vom Kollegen Magnussen. Sie sprechen davon, dass die Akzeptanz nicht gegeben sei. Lassen Sie uns einmal das Feld in Meldorf besuchen. Gehen Sie einmal nach Meldorf. Dort ist die Akzeptanz da. Dort wurde gerade etwas eingeweiht. Dort wird eine Bürgerbeteiligung vorangetrieben, das fördert die Akzeptanz. Wenn wir dies wirklich durchgängig durchziehen könnten, wenn wir unser Augenmerk wirklich darauf setzen würden, dann würden Sie hier mit uns ziehen und sagen, wir überdenken die Ackerflächen noch einmal. Dann bringen wir die Photovoltaik und die zukünftige Energieversorgung voran.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat sich nun Herr Abgeordneter Magnussen gemeldet.

(Detlef Matthiessen)

Werter Kollege Schulze, das, was Sie hier am Mikrofon machen, das ist eindeutig polarisierend. Sie versuchen, das Gewerbe und die Verbraucher gegeneinander auszuspielen. Sie haben es richtig dargestellt, dass ich auch in dem Gewerbe tätig bin. Ich weiß sehr wohl um die Problematik. Ich weiß auch um die schwindende Akzeptanz, verehrter Kollege. An Freiflächen haben wir in SchleswigHolstein circa 100 ha installiert. Davon liegen allein in Dithmarschen 70 bis 80 ha. Die Akzeptanz in Dithmarschen sinkt, auch wenn Sie den Park in Meldorf zitiert haben. Wenn wir in diesem Förderungskonstrukt weiterfahren, dann gehen wir in die Richtung, im Land Schleswig-Holstein 10.000 ha zu haben. Ich will Ihnen genau sagen, was dann passiert. Dann werden wir die gleiche Diskussion haben, wie wir sie heute schon im Bereich Windkraft haben. Wir haben Windkraftanlagen seinerzeit dort gebaut, wo man sie bauen wollte oder sollte. Heute versuchen wir, das alles wieder einzufangen, weil wir in der Auslegung der Flächen nicht strukturiert vorgehen.

(Zuruf des Abgeordneten Olaf Schulze [SPD])

- Verehrter Kollegen, wir wollen das nicht freigeben. Der Antrag ist auf 3.000 MW begrenzt. Die ganze Diskussion bezüglich der Kosten kommt hoch, weil die Branche selbst von 1.500 MW ausgegangen ist. Im Jahr 2009 haben wir 3.000 MW installiert; das ist das Doppelte von dem, was die Branche eigentlich prognostiziert hat.

(Zurufe)

- Nicht in der Windenergie, in der Photovoltaik.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

Gern.

Das ist ein Durchbruch. Meine Frage ist auch kurz: Was ist so schlimm an der Fläche in Dithmarschen, die mit PV bestückt wird?

- Noch einmal bitte, das kam akustisch nicht an!

- Sie sagten, das sei eingriffsrechtlich ein gravierender Vorgang und so weiter, es gebe

großen Widerstand bei den Flächen. Sagen Sie doch einmal, was zum Beispiel an der Anlage in Dithmarschen mit einer Fläche von - ich glaube - 40 ha so schlimm ist. Ich frage das, weil Sie sagten, das sei so etwas Schreckliches.

- Ich will Ihnen genau sagen, in welche Problematik wir hineinlaufen. Einem mir bekannten jungen Landwirt ist eine Fläche zur Pacht angeboten worden mit 2.500 € pro Hektar. Er hat gesagt: Das kann er mit Landwirtschaft im Leben nicht erwirtschaften. Ist das unser Ziel, mit Landwirtschaft so umzugehen, dass junge Bauern die Existenzsicherung nicht mehr haben, weil sie ihre Flächen nicht mehr so bewirtschaften können, wie es in der Landwirtschaft eigentlich Not tut?

(Beifall bei der CDU)

Dann haben wir ein Problem. Irgendwann haben wir dann ein Akzeptanzproblem. Dieser junge Landwirt hat gesagt: Ich habe mich der Landwirtschaft verschrieben, um Landwirtschaft zu betreiben. Wenn Sie jetzt das Thema Energielandwirt hochziehen, dann tun Sie mir leid. Dann arbeiten Sie an dem Thema vorbei. Sie werden irgendwann auch an den Punkt kommen, an dem sich die Landwirtschaft letztlich der Situation beugt und sagt: So kann es nicht weitergehen.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Besonders zur Freiflächen-Photovoltaik und zum Ackerland möchte ich gern noch etwas sagen.

Ackerland ist knapp. Ich erinnere an „wertvollesland.de“, eine Initiative des Bauernverbandes. Glaubwürdige Befragungen des Bauernverbandes haben ergeben, dass in Schleswig-Holstein in den nächsten fünf Jahren Planungen für Freilandackerflächen von bis zu 10.000 ha laufen werden. Das ist schon eine ganze Menge. Insgesamt gibt es in Schleswig-Holstein eine Million ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Sie können sich ausrechnen, dass dann 1 % dieser Fläche mit Photovoltaik zugekleistert wäre. Natürlich wäre man dann nach dem neuen Landesnaturschutzgesetz, in das auch eine Initiative von „wertvollesland.de“ eingegangen ist, verpflichtet, Ausgleich zu schaffen. Der Ausgleich muss mindestens eins zu eins oder höherwertig erfolgen. Diese Freilandflächen müssten eingezäunt werden, damit sie nicht zerstört werden, und sie

müssten auch gepflegt werden. Zumindest der Bewuchs darunter müsste gemäht und auch liegen gelassen werden. Das alles wäre mit sehr viel Aufwand verbunden.