Wenn Sie eine umfangreiche Diskussion über die Besetzung der Ethikkommission fordern, dann machen Sie das bitte in Ruhe und mit einem ausreichenden zeitlichen Vorlauf. Machen Sie das nicht plötzlich und in einem Zusammenhang, der bei diesem Punkt gar nichts zu suchen hat. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass dieses Gesetz für den Bereich Gesundheitswirtschaft einen kleinen Baustein darstellt und dass hier ansässige Unternehmen, die im Bereich Medizinprodukte tätig sind, gegenüber Unternehmen in anderen Bundesländern keinen Nachteil erleiden sollten.
Die FDP befürwortet es ausdrücklich, diesen Teilbereich vorab zu beschließen, denn damit schafft das Ministerium das notwendige Zeitfenster, um anschließend die umfangreichen Änderungen zum Kammergesetz der Sache angemessen beraten zu können. Wir von der FDP werden das Gesetzesverfahren im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zügig umsetzen - zur Not auch gegen die Stimmen der Opposition.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Medizinprodukte müssen vor ihrer Zulassung einem geregelten Prüfverfahren unterzogen werden, das haben wir eben gehört, ich kürze etwas ab. Das Gleiche gilt für Arzneimittel. Das ist nicht neu, das ist notwendig und richtig. So weit, so gut. Neu ist allerdings - auch das haben wir bereits gehört -, dass ab dem 21. März dieses Jahres vor der Zulassung von Medizinprodukten die Stellungnahme einer nach Landesrecht gebildeten Ethikkommission eingeholt werden muss. Ohne so eine Stellungnahme geht es nicht weiter.
Die Kollegin Klahn hat es eben angedeutet: Was passiert, wenn ein in Schleswig-Holstein ansässiger Hersteller von Medizinprodukten - zum Beispiel Dräger aus Lübeck - aktuell eine Zulassung beantragt? Was passiert, wenn keine gesetzlich legitimierte Ethikkommission da ist, die eine Stellungnahme abgeben könnte? Was passiert, wenn deshalb keine fristgerechte Zulassung möglich ist? Das Unternehmen kann - und wird es auch tun Regressforderungen gegenüber dem Land geltend machen. Das sollten wir verhindern.
Wie kann eine Lösung aussehen? - Wie bereits erwähnt, ist das beschriebene Verfahren für den Bereich der Arzneimittel schon umgesetzt. Das Land hat der Ärztekammer die Aufgabe übertragen, bei der Prüfung und Zulassung von Arzneimitteln verantwortungsvoll mitzuwirken. Ethische Fragen gehören zu den schwierigsten Fragen in der Medizin, und wir alle sollten die Tätigkeit der Ethikkommission wertschätzen. Bei der Zulassung von Medizinprodukten auf das bewährte Verfahren zurückzugreifen, ist aus Sicht meiner Fraktion der richtige Weg. Die Alternative wäre die Bildung einer eigenen, neuen Landesethikkommission. Das ist aus unserer Sicht nicht erforderlich.
Für die Mittagspause am morgigen Donnerstag ist die Beratung des Heilberufekammergesetzes im Sozialausschuss geplant. Am Freitag soll dann die zweite Lesung erfolgen. Ich teile die Einschätzung des Kollegen Heinemann: Das ist Gesetzgebung im Schweinsgalopp. Das ist nicht sachgerecht, das ist nicht schön, und das ist auch keine gute parlamentarische Sitte.
Das alles wäre nicht nötig gewesen. Das Ministerium hat uns im Verlauf der letzten Sozialausschusssitzung auf dieses Verfahren hingewiesen und um Verständnis und Akzeptanz gebeten. Die
Der Zeitplan für die Umsetzung des Bundesgesetzes mit der Ziellinie 21. März 2010 ist seit Sommer vergangenen Jahres bekannt. Schon im September 2009 erkannte das Sozialministerium nach eigener Aussage, dass weiterer Handlungsbedarf besteht. Daran schlossen sich unmittelbar Verhandlungen mit der Ärztekammer an. Diese stimmte schon Mitte Dezember 2009 dem Vorschlag des Ministeriums zu. Was ist also in den vergangenen drei Monaten im Ministerium passiert? Was ist der Grund dafür, dass der Landtag den entsprechenden Gesetzentwurf erst Mitte März erhalten hat? - Die Antwort auf diese Fragen ist das Ministerium schuldig geblieben, und das ist nicht akzeptabel.
Trotzdem ist das für uns Grüne kein Grund, uns aus Prinzip querzustellen. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Wir haben ein Interesse an einer sachlichen Lösung. Die von der SPD geforderte Anhörung begrüßen wir. Es ist wichtig, dass wir im Gesundheitsland Schleswig-Holstein ein gültiges Gesetz haben. Alles andere wäre eine Blamage. Wir werden uns daher aktiv an der Diskussion im Sozialausschuss beteiligen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Inhaltlich teile ich die Ausführungen des Abgeordneten Heinemann von der SPD. Wir als Fraktion DIE LINKE können aber dem Verfahren der Beschlussfassung über den Gesetzentwurf nicht zustimmen. Die Verantwortung dafür trägt die Landesregierung, denn sie hat es versäumt, gerade auch für uns eine ordentliche parlamentarische Beratung der Vorlage sicherzustellen.
Das diesem Gesetz zugrunde liegende Medizinproduktegesetz des Bundes stammt aus dem August des vergangenen Jahres. Die Länder haben bis zum kommenden Wochenende Zeit, ihre Landesgesetze entsprechend anzupassen. Für uns ist dieser Zeit
raum zu kurz. Der Sozialausschuss wurde als erste Instanz des Landtags erst am 4. März - also vor noch nicht einmal zwei Wochen - erstmalig damit befasst. Dies geschah auch noch allein durch einen mündlichen Vortrag. Uns lag damals nicht einmal die Drucksache vor.
Nach unserer Meinung hat die Landesregierung die Gesetzesberatung verschlampt. Jetzt erwartet sie, dass der Landtag mehr oder weniger blind zustimmt. Niemand hier im Landtag, der nicht ein ausdrücklicher Insider dieses Themas ist, kann dieses Gesetz ohne breite Debatte wirklich beurteilen. Niemand weiß wirklich, über welche Inhalte hier mit welchen Folgen abgestimmt wird. Wir meinen, mit einer seriösen Gesetzesberatung hat dies gar nichts zu tun. Ich finde, die Landesregierung mutet uns hier ein unwürdiges Verfahren zu. Gerade wir von der Fraktion DIE LINKE, die zum ersten Mal in den Landtag eingezogen sind, sind darauf angewiesen, dass wir über diese Themen auch breite Debatten führen.
Das Parlament hat ein Recht dazu, das einzufordern. Wir werden sicherlich morgen im Sozialausschuss mit die Debatte führen. Wir werden den Antrag der SPD, eine Anhörung zur Ethikkommission durchzuführen, mittragen. Aber wir wünschen uns für die Beratung von Gesetzen eine demokratische Debatte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter dem sehr trockenen Namen Medizinprodukte finden sich neben Einmalhandschuhen auch künstliche Gelenke, Implantate und Herzschrittmacher. Medizinprodukte können Patienten Leiden ersparen oder verkürzen, sie sind heutzutage eben unentbehrlich für die Gesundheitsversorgung, die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit vieler Menschen. Die älter werdende Bevölkerung fragt Medizinprodukte in steigendem Maße nach, und das erhöht ganz gewaltig den Innovationsdruck. Rund ein Drittel aller Medizinprodukte in Deutschland sind nicht älter als drei Jahre.
Andererseits sind einzelne Medizinprodukte in der letzten Zeit in die Schlagzeilen geraten. Erst vor ein paar Tagen wurde Tausenden von Patienten ange
kündigt, dass ihr Gelenkimplantat wahrscheinlich ausgetauscht werden muss. So etwas darf sich nicht wiederholen. Darum gibt es bereits seit drei Jahren eine europäische Richtlinie, die gründliche Wirkstudien vorschreibt, und zwar bevor das erste Medizinprodukt einer neuen Linie verkauft wird. Nur wenn nachgewiesen werden kann, dass ein Medizinprodukt tatsächlich den vom Hersteller vorgegebenen Verwendungszweck erfüllt, darf es als Medizinprodukt in den Verkehr gebracht werden. Der Bundestag hat das deutsche Medizinproduktegesetz entsprechend geändert. Das hat er übrigens bereits schon vor zehn Monaten getan, genau am 29. Mai 2009. Der Bundesrat stimmte sechs Wochen später zu.
Die Hersteller von Medizinprodukten - das sind in Deutschland über 1.250 Unternehmen - haben diese neuen Richtlinien schleunigst umgesetzt, damit sie kein Geld verlieren. Neue Produkte, die nicht mehr nach der neuen EU-Richtlinie bewertet wurden, werden die Hersteller einfach nicht mehr los. Prompt warnten die Experten, dass klinische Studien ins Ausland verlagert werden, wenn die Landesgesetzgeber, aber auch die Kliniken nicht schleunigst entsprechende Strukturen aufbauen.
Der Gesundheitsminister ließ trotzdem zwei Sitzungen des Landtags verstreichen, bis ein Gesetzentwurf vorgelegt wurde, der die Ethikkommission mit Kompetenzen ausstattet. Durch die schnelle Folge von erster und zweiter Lesung hat der Schleswig-Holsteinische Landtag nicht die Chance, das Thema zu vertiefen.
Wir sind jetzt in der Situation, dass wir die vorgeschlagene Zusammensetzung der Kommission ebenso hinnehmen müssen wie die inhaltliche Zuordnung zur Ärztekammer. Aus haftungsrechtlichen Gründen sind uns hier jetzt die Hände gebunden.
Der SSW ist grundsätzlich nicht länger gewillt, ein Verfahren zu akzeptieren, das den Volksvertretern nicht die Möglichkeit der Meinungsbildung gewährt.
Daher die dringende Ermahnung an die Verantwortlichen in der Landesregierung: Nutzen Sie die bestehenden Zeiträume! Der Landtag tagte nach
dem Beschluss der Ärztekammer im Dezember bereits zweimal. Es bestand also durchweg die Möglichkeit, die Fakten im Rahmen einer ausführlichen Ausschussberatung zu bewerten.
Das Ministerium hat dem Landtag diese Möglichkeit genommen, wahrscheinlich vertrauend darauf, dass Zeitdruck und Haftungsfragen uns schon in die Knie zwingen werden.
Nun werden erste und zweite Lesung im Eiltempo durchgezogen. Dieses Verfahren ist geradezu paradox bei einem Gesetz, das die gründliche Bewertung von Produkten vor der Markteinführung zwingend vorschreibt. Wir begrüßen den Antrag der SPD auf Anhörung und werden ihn unterstützen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich Frau Dr. Bohn ausdrücklich für ihre sachliche Einlassung zu diesem Thema danken. Worüber sprechen wir hier eigentlich? - Wir haben hier eine Änderung des Heilberufekammergesetzes zu behandeln, und zwar dahin gehend, dass die Ethikkommission - es gibt zwei -, die es bei der Ärztekammer bereits gibt, nicht nur bei Arzneimitteln tätig wird, sondern zusätzlich auch bei Medizinprodukten. Wir führen keine Grundsatzdiskussion über die Ethikkommission als solche und deren Zusammensetzung.
Das sollten wir auseinanderhalten. Ich finde es daher unverantwortlich, wenn die LINKE ganz klar sagt, sie werde dem jetzt nicht zustimmen. Wenn wir dies nicht tun, müssen wir bedenken, dass wir diesem Land Schaden wegen der Haftung zufügen könnten. Da darf man nicht einfach so sagen: Ätsch, jetzt wische ich der Landesregierung eins aus, weil sie das Gesetz durchgepeitscht hat, und nun gehe ich in dieser Form damit um! Damit lösen wir das Problem nicht.
Ich möchte, nachdem der Antrag der SPD-Fraktion auf Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Heilberufekammergesetzes vorliegt, einen Vorschlag machen. Für diese Form der Ände
rung des Heilberufekammergesetzes ist diese Anhörung nicht erforderlich. Aber für uns alle, auch für mich, sind die Zusammensetzung und die Arbeit der Ethikkommission von hohem Interesse. Deswegen schlage ich vor, dass wir jetzt das Heilberufekammergesetz verabschieden und uns davon losgelöst einmal grundsätzlich mit dem Thema Ethikkommissionen beschäftigen und dazu eine Anhörung mit Vertretern der Ethikkommission der Ärztekammer durchführen. Wir werden Ethikkommissionen weiterhin brauchen, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Dieses Thema wird mit der Gesundheitsreform und allem, was daran hängt, immer wichtiger. Wir sollten dieses Thema daher nicht an einer Formalie, um die es hier geht, aufhängen, sondern uns separat damit beschäftigen. Das wäre mein Vorschlag.