Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Lassen Sie mich als nächstes Stichwort die Forschung nennen. Es wird immer so getan, als ob Forschung verhindert wird. Herr Rickers hat es vorhin relativiert. Wir müssen zugleich schlicht und einfach feststellen, dass diese Technik über Jahrzehnte kaum Erfolge gebracht hat. Es handelt sich um ein paar Eigenschaften und Pflanzen. Wenn diese riesigen technischen Erfolge möglich wären, hätten wir es weltweit mit einem ganz anderen Maßstab und mit einer ganz anderen Verbreitung zu tun als jetzt. So weit dazu.

Das andere muss man auch unter dem Stichwort Risiko und Folgekosten abwägen. Der amerikanische Reismarkt ist zum Beispiel zusammengebrochen. Darüber haben Sie auch einmal im Landtag gesprochen. Er ist sogar einmal in der Landtagskantine angekommen. Der Markt ist zusammengebrochen, nachdem nicht zugelassene GVO gefunden wurden. Die entsprechenden Reisfarmer, die Erzeuger, wurden überhaupt nicht entschädigt. Die deutsche Firma Bayer hing mit drin. Es handelt sich um

weltweite Verflechtungen und weltweite Probleme. Die weltweiten Folgekosten und Schäden werden nicht annähernd gedeckt.

Lassen Sie mich noch einmal ganz konkret zum Antrag der CDU und der FDP kommen. Solche Anträge verbreiten bei mir schlicht und einfach Angst und Schrecken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wie kann man mit solchen Positionierungen an das Thema herangehen? Man kann im Grunde genommen nur froh sein, dass wir eine solch starke Zivilgesellschaft haben, die den Durchmarsch der Gentechnik bisher verhindert hat. Herr Hay hat es schon gesagt. In Schleswig-Holstein als dem zentralen Vermehrungsstandort für Rapssaat von Koexistenz zu reden, ist schlicht und einfach fahrlässig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Rickers, Sie müssen im Grunde genommen wissen, dass sich Raps über die wilden Verwandten auskreuzt. Herr Matthießen hat es bereits gesagt. Das gibt es auch in der Pflanzenwelt. Er bleibt über Jahrzehnte keimfähig. Damit sind wir den wirtschaftlichen Vorteil der Gentechnikfreiheit los. Dann von Koexistenz zu reden und das banal herbeizuschwätzen, finde ich schlicht und einfach fahrlässig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das gilt im Grunde genommen auch für Ihren letzten Punkt.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Sie reden von der Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher. Womit wollen Sie die Verbraucherinnen und Verbraucher beglücken? Wenn wir in die Einzelhandelsgeschäfte gehen, sehen wir, die Masse der Produkte enthalten überhaupt keine Spuren und sind nicht gekennzeichnet. Das wollen Verbraucherinnen und Verbraucher. Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass Sie die hohen Verarbeitungskosten für den Handel erzeugen wollen, um einer Technik zum Durchbruch zu verhelfen.

(Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist wirklich seit geraumer Zeit abgelaufen. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen.

Vielen Dank. Ich komme zum Schluss und zum letzten, sehr kurzen Satz.

Ich kann nur dringend empfehlen, den Antrag von CDU und FDP zurückzuüberweisen. Ich kann den vielen Verbänden, Organisationen und Verbraucherinnen im Land nur dringend empfehlen, aktiv zu bleiben. Von der europäischen Gesetzgebung her könnte die Gentechnik sehr schnell kommen.

Herr Abgeordneter, es ist wirklich gut. Was Sie machen, ist nicht akzeptabel. Sie haben mehrfach eine Aufforderung erhalten, zum Ende Ihrer Rede zu kommen.

Nur diese Organisationen verhindern das letztendlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Abgeordneter Voß, noch ein weiterer Hinweis an Sie: Geschäftsleitende Anmerkungen an die Landesregierung gibt das Präsidium, nicht der Abgeordnete.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Lothar Hay das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lassen Sie mich drei Bemerkungen machen. Die erste Bemerkung ist: Wir diskutieren heute über Grüne Gentechnik. Über Rote Gentechnik haben wir in der Vergangenheit mehrfach diskutiert. Bitte vermengen Sie das nicht miteinander. Das sind zwei total verschiedene und mit anderen Ansatzpunkten zu behandelnde Themenfelder.

Zweite Bemerkung, Herr von Abercron: Es dürfte Ihren bekannt sein, dass es die Vier- und Marschlande in Hamburg gibt. Das ist ein sehr großes Ge

müseanbaugebiet. Insofern kann ich die Kolleginnen und Kollegen in Hamburg gut verstehen, dass sie Hamburg zu einer gentechnikfreien Zone erklärt haben. Das sollten wir auch achten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Dritte Bemerkung: Dass man auf die Grüne Gentechnik verzichten kann, zeigt sich an dem Beispiel der jetzt zugelassenen Kartoffel Amflora mit einem antibiotikaresistenten Gen. Sie wird nur angebaut, weil die Stärkeindustrie sie angeblich aufgrund der guten Eigenschaften benötigt. Es gibt Saatgutbetriebe in Holland, die auf ganz normalem Wege zwei Kartoffeln mit ähnlichen Eigenschaften gezüchtet haben. Für mich stellt sich dann die Frage, in wessen Interesse es eigentlich ist, dass wir uns hier mit gentechnisch veränderten Organismen beschäftigen. Es handelt sich um große Konzerne, die später ein Patent auf diese genveränderten Organismen haben wollen. Damit machen sie Landwirte von großen Konzernen abhängig. Das ist nicht unser Ziel in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Dr. Juliane Rumpf das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anträge der Oppositionsfraktionen fordern die Landesregierung auf, über eine Bundesratsinitiative den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu verbieten. Wir haben von den verschiedenen Rednern gehört, dass die EU Pläne hat, die Mitgliedstaaten künftig selbst entscheiden zu lassen. Ich schließe mich dem Votum an, dass wir erst eine Diskussion über diesen Punkt führen sollten, wenn wir konkrete Eckpunkte vonseiten der EU auf dem Tisch haben. Vorher macht es nicht viel Sinn. Voraussichtlich wird sich auch das Bundesrecht aufgrund des EU-Rechts ändern.

Herr Voß, ich komme zu dem Antrag, über den Bundesrat das strikte Zulassungsverfahren bei gentechnisch veränderten Pflanzen einzusetzen. Hier sind die Eckwerte, die der Europäische Umweltrat im Jahr 2008 erarbeitet hat, genannt worden. Auch in diesem Fall macht es Sinn, dass wir abwarten, welche konkreten Entwürfe uns die EU vorlegen

wird. Die Eckpunkte des Umweltrates begrüße ich grundsätzlich aber auch.

Sie fordern weiterhin die Erhaltung von Nulltoleranz und das Reinheitsgebot für Lebens- und Futtermittel sowie Saatgut. Die Nulltoleranz gilt weiterhin. Die erforderliche technische Lösung für die Definition der Nulltoleranz bedeutet nicht die Aufweichung der bisherigen Nulltoleranz. Sie hat sich aber an den technisch machbaren und statistisch abgesicherten Parametern zu orientieren.

Ich komme zu dem von den Fraktionen gemeinsam beantragten Monitoring auf den Flächen, auf denen 2007 der verunreinigte Raps ausgesät wurde. Tatsache ist, dass wir alle Flächen mehrfach - auch in diesem Jahr - überprüft haben. Erfreuliches Ergebnis der bisherigen Untersuchungen ist, dass wir kein gentechnisch verändertes Pflanzengut gefunden haben. Aus fachlicher Sicht ist seitens des Landwirtschaftsministeriums alles getan worden, um die Verbreitung gentechnisch veränderter Rapspflanzen in die Umwelt und die Nahrungskette zu unterbinden.

Die Ergebnisse des Saatgutmonitorings veröffentlichen wir seit mehreren Jahren im Agrar- und Umweltportal. Bei einer Stichprobe von Importsaatgut aus Ländern mit GVO-Anbau 2 haben wir Saatgutpartien positiv getestet. Dies geschah so rechtzeitig, dass die Partien zurückgerufen werden konnten. Auch dort haben die Kontrollen also funktioniert.

Frau Prante, daher sehe ich keinen Grund, die Menschen in unserem Land zu verunsichern und Panik zu machen. Die Kontrollen wirken. Wir können das sicherstellen. Ich kann wirklich keinen Grund sehen, Panik zu verbreiten.

Zu der Forderung nach Unterstützung des Beschlusses der Hamburger Bürgerschaft für ein gentechnikfreies Hamburg sage ich: Eine gentechnikfreie Region ist eine politische Forderung. Das ist keine rechtsverbindliche Aussage. Sie kann natürlich nur für Hamburg, nicht aber für die Metropolregion gelten. Ich denke, dass wir in SchleswigHolstein für eine solche politische Aussage im Augenblick keine Mehrheit haben.

Ein Wort zu aktuellen Ereignissen: Sie haben die Stärkekartoffel Amflora genannt. Wir haben im März die Zulassung nach fast 13 Jahren Verfahrensdauer durch die Europäische Kommission bekommen. Beim Anbau von Amflora gilt, dass Koexistenz und Wahlfreiheit zu gewährleisten sind. Ich möchte von der Agrarministerkonferenz berichten, dass wir klare Anbauregeln gefordert haben.

Ein Anbauverbot für Amflora wird vonseiten der Landesregierung aber nicht unterstützt.

Ich möchte mich auch klar zu Koexistenz und Wahlfreiheit bekennen. Die Maßnahmen, die die Koexistenz der verschiedenen Anbauformen sicherstellen sollen, müssen dabei effizient und verhältnismäßig sein. Politik muss einen verantwortungsvollen Rahmen setzen. Sie darf aus meiner Sicht nicht blockieren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratungen.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Es ist beantragt worden, die Anträge Drucksachen 17/294 (neu) und 17/390 sowie den Änderungsantrag Drucksache 17/420 als selbstständigen Antrag an den Umwelt- und Agrarausschuss und mitberatend an den Europaausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenprobe!

(Unruhe)

- Wenn ich das richtig sehe, dann ist tatsächlich Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar auch durch Ihre Redner.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

- Ich bitte, das zu klären. Herr von Boetticher, ich bitte Sie, das zu klären. Ich habe in den Reden deutlich verstanden, dass es um Ausschussüberweisung geht.

(Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Axel Bernstein [CDU])

- Bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Wenn ich das eben richtig gesehen habe, dann gab es einige Unsicherheiten in der Frage, ob Ausschussüberweisung erfolgen soll oder nicht. Ich schlage vor, dass wir diese Abstimmung wiederholen.