Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Wenn ich mir vorstelle, was die Menschen dort zum Teil leisten müssen, wie wenig Geld sie dafür verdienen und dass sie doch oftmals eine menschliche Stütze der Patienten sind, sage ich: Ich bin nach wie vor - „stolz“ will ich nach der gestrigen Debatte nicht sagen - zufrieden damit, vor 25 Jahren gegen das, was meine Parteifreunde damals teilweise auch nicht wollten, dieses mit durchgesetzt zu haben. Noch heute arbeitet das Krankenhaus wirtschaftlich.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vier kurze Anmerkungen machen. Erstens. Es ist richtig, dass wir die Privatisierung mit den Fachkliniken durchgeführt haben. Im Übrigen gehöre ich durchaus zu denjenigen, die selbstkritische Anmerkungen zu der Frage, ob das in jedem Punkt richtig gewesen ist, hier auch schon gemacht haben. Ich habe kritisiert, dass es neben der Beseitigung des Investitionsstaus eben auch dazu geführt hat, dass eine Abteilung ausgegliedert wurde und die Mitarbeiter dort deutlich schlechter bezahlt werden, obwohl sie die gleiche Arbeit verrichten wie alle anderen auch. Das habe ich gegenüber der Geschäftsleitung kritisiert, das habe ich öffentlich kritisiert, und dabei bleibe ich auch hier.

Sie wollen aber nicht ernsthaft diesen Bereich der Fachkliniken mit dem großen Uni-Klinikum

Schleswig-Holstein vergleichen, dem einzigen Ort der Maximalversorgung, den wir in Schleswig-Holstein haben. Ich finde es schon schwierig, dass Sie nach dem sehr ernsten Beitrag der Kollegin Bohn beklatschen, was hier gesagt wird zum Thema, welche Ansprüche man habe, aber nicht zur Kenntnis nehmen, dass das genau die Konsequenz in Marburg-Gießen gewesen ist. Das hat sie hier nämlich vorgetragen. Das dann auch noch zu beklatschen, ist wirklich purer Hohn.

Zweitens. Ich erinnere daran: Die Frage der Wirtschaftlichkeit, auch für den Zuschuss, ist viel weniger dieser Erlös als die Tatsache, dass man jährlich mehr hat. Ich erinnere daran, dass es die sozialdemokratische Gesundheitsministerin Gitta Trauernicht gewesen ist - obwohl Sie immer gesagt haben, das schaffen die nie -, die den Basisfallwert durchgesetzt hat, der 2013 auch bundesweit kommt. Das ist viel wichtiger. Sie hat das für Schleswig-Holstein betrieben. Sie haben immer gesagt: Das kriegen Sie nie hin. Das sage ich an dieser Stelle einmal ganz deutlich.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Herr Kollege von Boetticher, was ist das eigentlich für ein Verfahren? Wie viel Respekt haben Sie eigentlich als Parlamentarier? Sie werden hier im Landtag etwas gefragt und Sie sagen: Tut mir leid, im Landtag gebe ich keine Auskunft. Ihr Nebenmann aber gibt Interviews in der Republik. Ja, bemerkenswerte Interviews geben Sie in der letzten Zeit und stellen in der Öffentlichkeit dar, dass es vermutlich alles so kommt, wie vermutet. Und Sie stellen sich hier in diesem Parlament, dem Organ der höchsten Willensbildung hin, und sagen, dem sage ich das nicht. Das ist respektlos, Herr Kollege von Boetticher. Das können wir uns nicht gefallen lassen. So geht das nicht. Sie werden sich hier schon dem zu stellen und das zu verantworten haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie hier den Kahlschlag anrichten, dann glauben Sie bloß nicht, dass Sie damit davonkommen, dass Sie das per Interviews abarbeiten, wie es Ihr Nachbar neuerdings tut. Wir werden Wert darauf legen, dass Sie sich für das, was Sie tun, mit allen Konsequenzen verantworten. Sie müssen dann auch hinnehmen, dass Ihnen die Folgen vorgehalten werden, wie es die Kollegin Bohn hier getan hat.

Herr Abgeordneter Dr. Stegner, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rainer Wiegard zu?

Mit dem größten Vergnügen.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Sie können die Regierung befragen, aber nicht mich! Sie kennen nicht die Geschäftsord- nung!)

Herr Stegner, würden Sie dann bitte die Frage beantworten, wie Sie die fast 1 Milliarde € für die Aufhebung des Sanierungsstaus aufbringen wollen?

- Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wiegard, ich darf Ihnen sagen, dass wir hier gestern in der Debatte gesagt haben - die Kollegin Herdejürgen und ich; und ich erinnere mich auch daran, dass die Kollegin Heinold das auch gesagt hat -, dass wir die Frage, wie wir die Anforderungen der Schuldenbremse erfüllen, die wir zwar gestern beschlossen haben, seit dem Beschluss der Föderalismuskommission diskutieren. Das war vor dem Beschluss über den Masterplan. Das ist eben nicht allein mit Ausgabenkürzungen getan, schon gar nicht mit Privatisierung.

(Unruhe bei der CDU)

Wir brauchen einen Mix aus Einnahmeverbesserungen, aus Strukturveränderungen und aus vielen anderen Dingen mehr. Das ist im Gegensatz zu Ihnen unsere Position.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Sie glauben immer, wenn Sie nur den Rasenmäher anwerfen und alles privatisieren, was nicht nietund nagelfest ist, dass Sie das dann hinkriegen. Das ist nicht unsere Auffassung.

(Unruhe bei der CDU - Herlich Marie Tod- sen-Reese [CDU]: Sie können noch nicht einmal die Frage beantworten!)

Herr Dr. Stegner, lassen Sie eine Nachfrage zu?

Aber bitte, die klugen Fragen höre ich gern. Weiter.

Herr Abgeordneter, ich warte nur auf die klugen Antworten.

(Dr. Ralf Stegner)

Meine Frage ist, im Anschluss an Ihre Antwort von eben: Wenn Sie allein für die Sanierung des UK S-H etwa 1 Milliarde € brauchen, welche Steuer würde Sie dann allein für diesen Zweck um 1 Milliarde € erhöhen

(Wolfgang Kubicki [FDP]: In Schleswig- Holstein!)

nur für Schleswig-Holstein?

- Ich kenne Sie ja ein paar Jahre auch als Kollege. Ich weiß sehr genau, dass Sie intelligenter sind, als es diese Frage hier verrät.

(Zurufe von der CDU und FDP: Oh!)

Sie wissen ganz genau, dass es nicht die Frage einer einzelnen Steuer ist, wenn man über einen solchen Punkt redet. Wir reden hier über einen Mix von Maßnahmen, die erforderlich sind. Herr Wiegard, ich erinnere Sie noch einmal daran, dass Sie schon Finanzminister gewesen sind. Die Föderalismuskommission hatte schon entschieden, was kommt, als hier der Masterplan von der Regierung mitgetragen und im Landtag beschlossen worden ist. Also, was soll diese Frage? Fragen Sie sich das doch einmal selber. Kommen Sie doch nicht mit dem Argument, das sei jetzt neu. Das ist überhaupt nicht der Fall. Gucken Sie einmal in den Kalender.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Das ist die Antwort darauf.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das reicht! - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Das war blamabel genug!)

Darf ich eine weitere Ergänzungsfrage stellen? - Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind wir uns einig, dass die Sanierung erforderlich ist. Das wird ja wohl allgemein mit dem Wort Masterplan beschrieben. Es ist nur völlig unklar, woher das Land das Geld nehmen soll. Deshalb muss man andere Nutzer suchen, die bereit sind, diesen Masterplan umzusetzen, damit das Klinikum eine Zukunft hat.

- Herr Kollege Wiegard, da haben Sie mich völlig missverstanden. Ich war der Auffassung, dass, wenn der Finanzminister des Landes SchleswigHolstein dem Masterplan zustimmt, was er im letzten Jahr getan hat, er dann auch eine Vorstellung davon hat, wie das finanziert werden soll. Das war in der Tat meine Auffassung. Sie zeigen uns hier, dass das offenkundig nicht Ihre Position gewesen ist. Wenn das der Punkt ist, muss ich sagen, es ist schade, dass Sie nicht sorgfältig arbeiten.

(Unruhe bei CDU und FDP - Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das ist schon dreist!)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Dolgner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen Werner Kalinka sehr dankbar, dass er den Fokus in dieser Debatte auf die Betroffenen gelenkt hat. Ich hätte mich gefreut, wenn noch mehr Debattenbeiträge in diese Richtung gegangen wären. Was nicht ist, kann ja noch werden. Schließlich reden wir über Menschen, die für nicht allzu viel Lohn schwere Dienste leisten.

Mit dem Kollegen Daniel Günther verbindet mich ja, dass wir aus dem Kreis kommen, in dem es Krankenhäuser gibt, die erfolgreich arbeiten, die erfolgreiche Bilanzen vorlegen, die als gGmbHs geführt werden, in denen die Mitarbeiter nach wie vor wie im öffentlichen Dienst bezahlt werden und wo nur eine Sache privatisiert worden ist, nämlich das Management.

Das hat zum Erfolg beigetragen. Daran, dass auch Sozialdemokraten dieses Modell mitgetragen haben, können Sie erkennen, dass wir nicht aus ideologischen Gründen gegen Privatisierungen sind.

Ich bin für den Beitrag des Kollegen Kalinka dankbar. Warum muss der Druck immer auf Verpflegungskräfte, Reinigungsdienste, Schwesternschülerinnen und ausgeübt werden? Sie haben am wenigsten Lohn und können am wenigsten in irgendeiner Weise zum wirtschaftlichen Erfolg eines Krankenhauses beitragen, weil sie nur ganz wenig verdienen.

Es lohnt sich durchaus, über solche Modelle nachzudenken. Das würde ich auch allen Kolleginnen und Kollegen, die sich damit beschäftigen, für die Zukunft empfehlen. Das Management sollte privatisiert werden. Die Leute, die hart arbeiten und nicht so viel Geld verdienen, sollten in öffentlichen Tarifverträgen bleiben. Das hat durchaus Vorteile.

Lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Bernstein zu?

Das wäre jetzt mehr eine Endfrage, aber nur zu.

(Dr. Ralf Stegner)

Werter Herr Kollege, ich bin nach Ihrem Beitrag und dem Beitrag Ihres Fraktionsvorsitzenden ein bisschen irritiert. Ist das Thema Privatisierung ein Punkt, über den man mit der SPD sprechen kann, oder ein Thema, über das man nicht sprechen kann?

- Es ist ein -

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

- Natürlich kann man mit uns nach wie vor vernünftig über alle Punkte sprechen. Das konnten wir auch in der Vergangenheit, als wir noch gemeinsam in einer Großen Koalition waren. Im Augenblick tun Sie das nur nicht. Wir erfahren es nur aus Zeitungen, Zeitschriften und Sonstigem.