- Ja. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, die Debatte um den Sonntagsschutz ist zu ernsthaft, als dass wir Ihnen diesen Klamauk durchgehen lassen.
Aber geärgert hat mich auch das Verhalten der SPD im Ausschuss. Sie, liebe Kollegen der SPD, haben maßgeblich an der jetzigen Regelung mitgewirkt. Sie, liebe Kollegen der SPD, haben mit uns wichtige Fragen diskutiert. Wir haben diese Fragen gemeinsam geklärt. Wir haben Kompromisse ausgearbeitet, und diese Kompromisse haben funktioniert. Wir haben die Diskussion im Land beruhigt, Vertrauen geschaffen und den schwierigen Ausgleich der Interessen geleistet. Aber in dem Moment, wo sich der Kollege Dr. Tietze im Ausschuss hinstellt und von Lobbypolitik und Neoliberalismus spricht, ist das Bekenntnis der SPD zu ihrer eigenen Politik schon passé. Sie haben sich im Ausschuss bei der Abstimmung enthalten, dabei hätten Sie den Antrag der Grünen aus besserer Überzeugung ablehnen müssen.
Sie hätten Farbe bekennen müssen, stattdessen haben Sie sich weggeduckt. Und Sie hätten Ja zu einer Regelung sagen müssen, die Sie selber mit erarbeitet haben. Das ist bedauerlich, das ist aber auch bezeichnend für eine SPD, der offenbar ein klarer Kompass fehlt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Callsen, ich muss sagen, ich fand das eben doch sehr dünnhäutig, was Sie hier vorgetragen haben.
Es waren nicht alle im Ausschuss mit dabei, aber das muss wirklich eine bemerkenswerte Debatte gewesen sein. Ich halte das für ein bisschen künstlich aufgebauscht, und offensichtlich dient das Ganze doch mehr dazu, uns deutlich zu machen, dass es irgendwo noch einen Punkt in der CDU/FDP-Koalition gibt, bei dem Sie einer Meinung sind.
Sonst hätten Sie hier nicht Dreiviertel Ihrer Redezeit dazu verwendet, das hervorzuheben. Sei es drum, auch das werden wir aushalten.
Ich denke aber, Herr Kollege Callsen, Sie haben sich den falschen Punkt herausgesucht. So kurz kann Ihr Gedächtnis nicht sein. Als wir gemeinsam die Änderungen vorgenommen haben, die zu einer Veränderung der Ladenöffnungszeiten geführt haben, war es die FDP, die sich hier hingestellt hat - ganz besonders Herr Kubicki - und gesagt hat: Nehmt den Sonntag doch ganz raus, alles soll den ganzen Sonntag über geöffnet sein! Jetzt sich hier hinzustellen - der CDU nehme ich das noch ab und die FDP an Ihre Seite zu holen, als Beleg dafür, dass man den Sonntagsschutz hier hochhält, das finde ich schon sehr gewagt, Herr Kubicki. Ich kann Ihnen das anhand von Protokollen belegen, was Sie dazu gesagt haben.
Ich will hier gar nicht sagen, dass Ihnen dabei vielleicht ein bisschen durch die Lappen gegangen ist, dass der Sonntag grundgesetzlich geschützt ist. Das ist noch eine andere Frage.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Kollege, Sie müssen nicht dauernd Ihre falschen Erklärun- gen abliefern!)
Aber - wie gesagt - ich bitte dann doch um Verständnis dafür, dass ich die letzten Minuten meiner Redezeit dafür nutze, zur Sache zu reden, auch wenn das vielleicht hier nicht das eigentliche Thema ist.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, Herr Callsen, legen sehr viel Wert darauf, dass der Sonntag der durch das Grundgesetz in besonderer Weise geschützt ist, kein Tag wie jeder andere ist. Das bleibt auch so. Das bleibt auch so, obwohl wir uns im Ausschuss enthalten haben und das hier auch tun werden. Ich bitte Sie, uns nicht vorzuwerfen, dass wir uns die Zeit lassen, über die Dinge nachzudenken. Sie wissen, dass die Kirche eine Klage eingereicht hat - auch hier in Schleswig-Holstein - gegen die Bäderregelung und die Sonntagsregelung, und sie nur zurückgenommen hat, weil man Gespräche führen will. Ich finde, es ist dann auch in Ordnung, dass man sagt, wir enthalten uns und warten zunächst einmal die Gespräche ab.
Wir wollen nämlich dem Wunsch der christlichen Kirche nachkommen sowie derjenigen, die aus gewerkschaftlichen und weltanschaulichen Gründen den Sonntag schützen und als einen besonderen Tag in der Woche erhalten wollen.
Die Bäderregelung ist in § 9 ein verfassungsrechtlich sehr fragiles Instrument. Das ist der eigentliche Punkt, alles andere ist im Prinzip auch einvernehmlich. Jede Regelung auf dieser Basis könnte mit dem Sonntagsschutz in der Verfassung kollidieren. So, wie wir die Bäderregelung in Schleswig-Holstein ausgestattet haben, hat sie sich grundsätzlich bewehrt. Sie ist für Wirtschaft und Handel in den tourismusgeprägten Orten, besonders an Ost- und Nordsee, ein wichtiger Umsatzfaktor.
Nach Urteilen mehrerer Landesverfassungsgerichte und insbesondere des Gerichts in Mecklenburg-Vorpommern ist allerdings auch bei uns zu
hinterfragen, ob das Regel-Ausnahme-Prinzip, das da eine Rolle gespielt hat, ausreichend berücksichtigt ist. Kirchen und Gewerkschaften sind ganz offensichtlich nicht dieser Auffassung. Eine Klage ist eingereicht.
- Ich weiß, dass Sie das nicht interessiert, uns interessiert das aber schon. Nebenbei interessiert es den Minister auch, der letztes Mal hier in der Debatte gesagt hat, die Regierung, die Sie mittragen, will abwarten, was die Kirchen und Gewerkschaften nein, ich glaube Sie haben nur die Kirchen genannt; aber ich finde, die Gewerkschaften gehören auch mit dazu - an Eckpunkten und Forderungen vorlegen. Dann wolle man darüber beraten, ob es eine Änderung des Gesetzes geben wird.
Ich brauche es gar nicht mehr zu zitieren, ich habe das eben zusammengefasst, was Herr de Jager das letzte Mal gesagt hat. Wir erwarten daher, dass die Landesregierung das Parlament rechtzeitig über diese eben angesprochenen möglichen Ergebnisse informiert und dass von unserer Seite eine neue Regelung erörtert werden kann und wir auf diese neue Regelung Einfluss nehmen können.
Herr de Jager, wenn Sie mir noch einen Augenblick zuhören, denn es wäre hilfreich, wenn der Vertreter der Landesregierung - ich nehme an, dass Sie gleich dazu reden - in seinem Redebeitrag hierzu eine entsprechende Erklärung abgeben würde, dass das Parlament selbstverständlich vor einer Neuregelung der Bäderregelung, die nicht unbedingt in Gesetzesform erfolgen muss, so informiert und beteiligt wird, dass wir unsere Meinung und unsere Auffassung dazu sagen können.
aber ich habe alles gesagt, was dazu zu sagen ist. Das war deutlich mehr als das, was von der CDU kam. Damit bin ich zufrieden.
(Heiterkeit und Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN - Wolf- gang Kubicki [FDP]: Wir wollten seine Mei- nung hören! Er hat doch gar keine! - Hartmut Hamerich [CDU]: Das kommt im Dreiminu- tenbeitrag!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt gern etwas zur Sache sagen. Die Bäderregelung war und ist für den Tourismus natürlich von enormer Bedeutung. Deswegen freue ich mich, dass wir noch einmal darüber debattieren können. Die Regelung in der aktuellen Form hat sich bewährt, und sie macht auch Sinn. Die aktuelle Bäderregelung ist ein ausgewogener Kompromiss, und sie wurde im gemeinsamen Kontext von Politik, Wirtschaft, Kirche und natürlich auch den Gewerkschaften geschlossen. Die Regelung ist ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen des Handels und der Touristen einerseits und Kirchen und Arbeitnehmern andererseits.
Was man auch bedenken muss, ist, dass die Bäderregelung Rücksicht auf die immer flexibler werdenden Arbeitszeiten vieler berufstätiger Menschen nimmt. Die FDP-Fraktion begrüßt, dass die Landesregierung im Zuge der aktuellen Diskussion nach dem Urteil in Mecklenburg-Vorpommern und den Ankündigungen der Kirchen in einem konstruktiven Dialog mit den Kirchen steht.
Die aktuelle Regelung beschränkt die Sonntagsöffnung auf bestimmte Kur- und Erholungsorte in Schleswig-Holstein. Wir sehen daher keinen Bedarf, gerade jetzt massiv einschränkende Regelungen einzuführen, wie die Grünen sie wollen. Dafür sehen wir keinen Bedarf.
Herr Tietze, nun komme ich konkret zu Ihrem Gesetzentwurf: Ich habe mich wirklich gefragt, warum gerade die Grünen damit vorpreschen. Zudem verwundert es mich, dass sich die Grünen mit diesem sehr restriktiven Gesetzentwurf mittlerweile als oberste Hüter des Sonntags aufführen. Ich habe mich das zum einen gefragt, weil von Frau Heinold und dem grünen Kreisverband Kiel noch vor gar nicht allzu langer Zeit andere Töne zu hören waren.