Protokoll der Sitzung vom 19.11.2010

Darum werden wir den vorliegenden Antrag unterstützen.

(Antje Jansen)

Es bleibt aber dabei - das hat Frau Kollegin Siegrid Tenor-Alschausky schon gesagt -, dass wir die Einwohnerzahlgrenze für die Einrichtung hauptamtlicher kommunaler Gleichstellungsbeauftragter gar nicht diskutieren müssten, wenn CDU und SPD sie 2005 nicht hochgesetzt hätten. Vor fünf Jahren wurde in diesem Zusammenhang das Lied der Ehrenamtlichkeit gesungen - man kann die entsprechenden Zitate des Kollegen Klaus-Peter Puls im Plenarprotokoll nachlesen -, um die faktische Abschaffung der Gleichstellungsbeauftragten zu beschönigen. Das war damals sehr bitter.

Heute werden wir beiden Anträgen zustimmen. Der SSW wird die Diskussionen um die Veränderung der kommunalen Entscheidungsstrukturen weiter kritisch begleiten und statt eines Bürokratieabbaus weiterhin fordern, die Beteiligungsrechte aller zu stärken.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Vor diesem Hintergrund ist es für mich als Einwohnerin einer kreisfreien Stadt wichtig zu erwähnen, dass Kommunalvertreter der kreisfreien Städte wohl sicherheitshalber - erst gar nicht zu der Podiumsdiskussion eingeladen wurden. Es wurden aus den Landkreisen nur die Vertreter jener Gemeinden eingeladen, die der Kommunalaufsicht der Landräte unterliegen. Im Übrigen wurden nur die Repräsentanten der Städte eingeladen. Für interessante Diskussionen wäre es wichtig, wie ich schon ausgeführt habe, auch Kinder und Jugendliche zu beteiligen. Dass das nicht geschehen ist, finde ich echt bitter, vor allen Dingen deshalb, weil der Innenminister eigentlich für die Gemeindeordnung stehen sollte und damit auch für deren Umsetzung.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, bevor wir in die Dreiminutenbeiträge einsteigen, teile ich Ihnen mit, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigt haben, den Punkt 58 Verantwortungsvolle öffentliche Beschaffung, Drucksachen 16/ 2847, 16/1893 und 17/804, von der Tagesordnung abzusetzen und in die Dezember-Tagung zu verschieben.

Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Ellen Streitbörger, Fraktion DIE LINKE, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich auf den Erhalt der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten beziehen. DIE LINKE sieht in diesem Vorschlag den Versuch der Regierungskoalition, die Geschlechtergerechtigkeit in unserem Land deutlich zurückzudrehen. Bei Betrachtung der momentanen Kürzungsabsichten im Rahmen der Aufstellung des Doppelhaushalts kann dieser Plan nur als weiteres Mittel angesehen werden, langjährig aufgebaute und bewährte Strukturen zur Herbeiführung von Geschlechtergerechtigkeit zu zerschlagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass die Kommunalverfassung beziehungsweise die Gemeindeordnung in diesem Punkt nicht so geändert wird. Wir wollen eine Änderung, aber eine fortschrittliche Änderung, eine Änderung zum Besseren. Wir wollen eine Änderung, die die Herbeiführung der Geschlechtergerechtigkeit in SchleswigHolstein beschleunigen kann. Wir fordern nämlich die Absenkung der Grenze von 15 000 auf die schon diskutierten 10 000 Einwohner je Verwaltungseinheit, damit die Gleichstellungsbeauftragten noch effektiver arbeiten können.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn die kommunalen hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten in Schleswig-Holstein erfüllen ohne jeden Zweifel wichtige Aufgaben. Diese reichen von Personalentwicklung und Personalauswahlverfahren in der Verwaltung über die Beratung von Frauen und Männern zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie bis hin zu Hilfe bei häuslicher Gewalt und Angeboten für Alleinerziehende. Es ist eine lange Liste; wir haben es zum Teil schon gehört.

Herr von Boetticher ist leider momentan nicht anwesend. Eigentlich wollte ich ihn persönlich ansprechen; denn genau er hat in der letzten Zeit in einigen Interviews die berufstätigen und alleinerziehenden Mütter als unterstützenswerte Leistungsträger unserer Gesellschaft anerkannt. Deshalb bin ich der Meinung, dass sich gerade Herr von Boetticher besonders stark für die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit einsetzen müsste, aber nicht er allein, sondern die regierungstragenden Fraktionen gemeinsam; denn die Gleichstellung von Frauen und Männern ist noch lange nicht erreicht.

(Silke Hinrichsen)

Frau Funke, Ihre Idee, wir könnten doch im Wandel unserer Gesellschaft darauf verzichten, kommt mir eher etwas lächerlich vor.

(Beifall bei der LINKEN - Kirstin Funke [FDP]: Das habe ich nicht gesagt! - Christo- pher Vogt [FDP]: Hat sie das gesagt? Ein- fach mal behaupten! - Unruhe bei der CDU)

Liebe Abgeordnete der CDU -

Frau Abgeordnete, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.

Ja. Ich bin auch fast fertig.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Gott sei Dank!)

Ich möchte die Abgeordneten von FDP und CDU nur darauf aufmerksam machen, dass nicht nur dieser Vorschlag, sondern auch viele andere in diesem Bereich geplante Kürzungen alles dafür tun, den Prozess der Gleichstellung zu verlangsamen oder gar zu stoppen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Lachen bei der CDU)

Liebe Abgeordnete der regierungstragenden Fraktionen, wollen Sie mit Ihren Plänen Schleswig-Holstein wirklich in die 50er-Jahre zurückkatapultieren?

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Fortschritt und aufgeklärtes Denken sehen anders aus.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Werner Kalinka von der CDU-Fraktion das Wort. - Ich gebe den Hinweis, dass Dreiminutenbeiträge Beiträge von drei Minuten Dauer sind.

(Zurufe von der SPD: Mindestens drei Minu- ten! Wehe weniger, Herr Kalinka! - Zuruf von der CDU: Das müsst ihr gerade sagen!)

Frau Präsidentin, ich habe gerade zu Kollegen gesagt, dass ich hinsichtlich der Redezeit eigentlich sehr pflegeleicht bin.

Es bleibt bei unterschiedlichen Meinungen; dennoch lohnt es sich, sich über drei, vier Punkte noch einmal kurz auszutauschen.

Frau Jansen, Sie haben soeben etwas gesagt - das ist ziemlich unbemerkt geblieben, weil viele nicht mehr zugehört haben -, was ich schon sehr aufmerksamkeitserregend fand. Sie haben gefordert, gegen Kommunen Sanktionen auszusprechen, wenn sie Beteiligungsrechte nicht ausreichend, nicht ernstlich gewährten.

(Antje Jansen [DIE LINKE]: Das fordern auch andere!)

Gestern haben Sie gefordert, selbst bei Verstößen Hartz-IV-Sanktionen nicht mehr auszusprechen. Da wollen Sie darauf verzichten, aber gegenüber Gemeinden, die das aus Ihrer Sicht nicht ernsthaft machen, wollen Sie Sanktionen aussprechen!

(Beifall bei CDU und FDP - Christopher Vogt [FDP]: Erwischt! - Antje Jansen [DIE LINKE]: Das ist etwas anderes!)

Ich komme zum zweiten Punkt. Frau Kollegin Hinrichsen, wenn Sie das Thema Beteiligungsrechte ernsthaft daran festmachen wollen, dass die Kinder und Jugendlichen die Busfahrpläne aufstellen oder mit aufstellen sollen, dann geht das an der Praxis vorbei.

(Silke Hinrichsen [SSW]: Das habe ich nicht gesagt!)

- Genau das haben Sie gesagt.

(Silke Hinrichsen [SSW]: Nein, das habe ich nicht so gesagt!)

- Frau Kollegin, Sie haben es leider gesagt. Wenn Sie ernsthaft die Verwirklichung von Beteiligungsrechten an solchen Dingen festmachen wollen, dann unterscheiden wir uns.

(Silke Hinrichsen [SSW]: Ich habe das nicht gesagt!)

- Frau Kollegin, regen Sie sich doch nicht so auf; Sie haben es gesagt.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Ellen Streitbörger)

Es wäre mir auch unangenehm, wenn ich damit konfrontiert würde. Frau Kollegin, Sie können doch nicht ernsthaft die Planung von Buslinien und Einund Ausstiegspunkten - das ist ein sehr komplizierter Prozess - in die örtliche Zuständigkeit von Kindern und Jugendlichen legen wollen. Ich jedenfalls hielte das für falsch.

(Silke Hinrichsen [SSW]: Das habe ich auch nicht gesagt!)

Dritter Punkt! Meine Vorrednerin hat behauptet, die Gleichstellung von Frauen und Männern sei noch lange nicht erreicht. Frau Kollegin, da sind wir einfach unterschiedlicher Meinung. Ich finde, es ist viel erreicht worden. Wir befinden uns insoweit auf einem recht guten Niveau. Wenn Sie fordern, es müsse mehr passieren, weil wir sonst in die 50erJahre zurückfielen, dann mache ich jetzt eine Bemerkung, von der ich weiß, dass es darüber gleich hoch hergehen wird: Nicht alles, was früher war, war falsch! - Das will ich nicht zu diesem Punkt hier sagen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Entwicklung war richtig.

(Unruhe bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Glocke der Präsidentin)