Wachsende Güterverkehre führen zu einer steigenden Lärmbelästigung. Die Akzeptanz für einen weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur hängt entscheidend davon ab, dass die Lärmbelästigung der Bevölkerung reduziert wird. Der Lärmschutz muss deshalb ausgeweitet werden. Wir fordern, den eben schon sehr gut von Herrn Arp erklärten Schienenbonus weiter abzusenken. Der Schienenbonus ist nun einmal eine Privilegierung des Verkehrsträgers Schiene, und wir wollen, dass der Lärmschutz verbessert wird. Ohne die Abschaffung des Schienenbonus wird es in Zukunft schwer sein, Bahngroßprojekte zu ermöglichen. Die Bürger haben kein Verständnis für Lärm, und Verkehrslärm ist eben - unabhängig von seiner Herkunft - einfach störend.
Gleichzeitig würden wir eine lärmabhängige Trassenpreisgestaltung bei der Bahn begrüßen. Ein lärmabhängiges Trassenpreissystem setzt Anreize dafür, dass Verkehrsunternehmen lärmmindernde Investitionen in ihre Schienenfahrzeuge tätigen. Dies wäre auch ein Wettbewerbsvorteil, gerade für diejenigen Bahnunternehmen, die bisher schon häufig in lärmmindernde Züge investiert haben, ohne dadurch einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.
Zusammenfassend möchte ich festhalten: Wir wollen die Verlagerung von Güterverkehr von der Straße auf die Schiene. Dazu brauchen wir aber ein europäisches Streckennetz und den Ausbau der Strecken mit Akzeptanz der Anwohner. Die Absenkung des Schienenbonus und ein lärmabhängiges Trassenpreissystem sind dafür wichtige Weichenstellungen. Der Zug ist noch nicht abgefahren. Ich freue mich auf eine breite Zustimmung für unsere beiden Anträge.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bahnpolitik heute und morgen muss auf ein modernes, preisgünstiges und zuverlässiges Verkehrsan
gebot auf der Schiene für Reisende und für den Güterverkehr abzielen. Verkehr auf Schiene zu bringen, heißt, den Umweltvorteil des Schienenverkehrs gegenüber Auto, Lkw und Flugzeug auszubauen. Um die Mobilität für alle Bürgerinnen und Bürger langfristig zu erhalten, müssen die Weichen allerdings richtig gestellt werden. Herr Arp, es ist richtig, dass wir mehr Lärmschutz an Schienenstrecken brauchen. Mehr Lärmschutz bedeutet mehr Akzeptanz. Der Schienenbonus aus den 70er-Jahren ist unserer Meinung nach nicht mehr zeitgemäß.
Nach der 16. Bundes-Immissionsschutzverordnung heißt es, beim Schienenverkehr um 5 dB weniger Lärm anzupeilen als im Straßenverkehr. Diese Regelung muss überprüft werden. Insofern werden wir Ihrem Antrag zustimmen.
Sie haben es gesagt: Die Akzeptanz des Schienenverkehrs durch die Bevölkerung ist in Bezug auf die Lärmminderung von großer Bedeutung. Aber ich weise auch darauf hin: Der passive Lärmschutz ist aufwendig und teuer. Nach unserer Auffassung muss man in einen aktiven Lärmschutz investieren. Das heißt leisere Gleise, aber vor allen Dingen leisere Bremssysteme. Scheibenbremsen gibt es bei den neueren Fahrzeugen. Ältere Fahrzeuge und Güterwaggons müssen nachgerüstet werden. Das ist aber nicht unproblematisch, das möchte ich an dieser Stelle auch erwähnen. 200.000 alte Güterwaggons gibt es in Deutschland - eine wahrlich gewaltige Aufgabe. Es ist auch problematisch, da Ganzzüge selten aus identischen Güterwagons mit den gleichen Bremssystemen bestehen.
Nichtsdestotrotz brauchen wir ein Anreizsystem für lärmärmere Waggons. Das ist der weiterführende Ansatz. Auch Ihren Ansatz, ein lärmabhängiges Trassenpreissystem zu entwickeln, halten wir für richtig.
Ich komme zum zweiten Teil meiner Rede. Europas Bürgerinnen und Bürger leiden zunehmend unter der Last des wachsenden Güterverkehrs - das wissen wir alle -, vor allem auf der Straße. Im Zuge der Osterweiterung der EU ist besonders der Ost-WestVerkehr überproportional gestiegen. Wir wissen, es droht ein Straßenund Schienenwegeinfarkt durch die Überlastung. Deshalb ist es nach unserer Meinung allererste Bürgerpflicht, Verkehr erstens zu vermeiden, zweitens zu verlagern und drittens effizienter zu machen.
Im Eisenbahnbereich gab es den Vorschlag der EUKommission für den Ausbau eines eigens für den Güterverkehr vorgesehenen Schienennetzes, das nicht durch den Personennahverkehr gestört wird. Meine Fraktion unterstützt diesen Vorschlag grundsätzlich, wir meinen aber, es geht um mehr als grenzüberschreitende Korridore, die wir für den Güterverkehr freihalten müssen. Im Übrigen verweise ich darauf, dass das Problem beim Güterverkehr oftmals nicht die Korridore sind, sondern die Bahnhöfe, die den Verkehr verlangsamen. Es gibt ein Knotengutachten, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass wir zwar schnelle Strecken haben, die Strecken aber in den Bahnhöfen verstopfen, weil in den Bahnhöfen zu wenig Gleise zur Verfügung stehen.
Auf deutscher Seite geht das nur, wenn die Ausbaumittel auf den Schienengüterverkehr ausgerichtet werden. Die Studie Schienennetz 2025/2030 des Bundesumweltamts, die ich Ihnen zur Lektüre empfehle, schlägt dies ausdrücklich vor.
Ein eigenständiges Güterverkehrsnetz in Europa aufzubauen, ist allerdings ein schöner Traum. Die meisten Verkehre in Europa sind Mischverkehre. Deshalb geht es unserer Meinung nach darum, auf die bestmögliche Ausnutzung und Verbesserung der technischen und logistischen Möglichkeiten der bestehenden Infrastruktur zu setzen.
Die EU wird den wachsenden Güterverkehr nur dann bewältigen können, wenn sie in Bahninfrastruktur investiert. Das möchte ich Herrn Arp, der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion mit auf den Weg geben. Für uns heißt das, in allererster Linie in den Bestand zu investieren, bevor man Prestigeprojekte wie die Fehmarnbelt-Querung fordert.
Wenn wir uns den Bahnverkehr in Schleswig-Holstein angucken - ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal mit der Bahn gefahren sind -, stellen wir extreme Investitionsrückstände fest. Wir haben teilweise eine Struktur aus dem 20. Jahrhundert, wir brauchen aber eine Bahninfrastruktur für das 21. Jahrhundert.
Zum Beispiel wäre es auch interessant, das Umladen von Gütern vom Lkw auf die Bahn durch ein einheitliches Beförderungsdokument für Schiff, Bahn, Lkw und Flugzeug zu fördern. Auch das wäre eine wichtige Sache.
In Zeiten knapper Kassen ist es politisch wichtig, die richtigen Prioritäten zu setzen. Deshalb müssen wir die Engpässe im europäischen Schienenverkehr passgenau beseitigen. Dazu sind Maßnahmen und Investitionspläne unabdingbar. Sie fordern das. Auch diesen Antrag von Ihnen werden wir unterstützen.
Ich komme zum Schluss. Alle Vorschläge der Regierungsfraktionen zu Effizienz und Nachhaltigkeit für die Schiene tragen wir mit. Wir hoffen, es sind keine Alibianträge, um die Lage an der Fehmarnbelt-Querungs-Schiene zu beruhigen und dort zu sagen: Wir sind auch für die Schiene. Nein, wir nehmen Ihre Anträge ernst, besonders da Sie sich so viel Mühe gegeben haben, auch einmal einen Antrag für Schiene und nicht für Straße einzureichen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich immer wieder interessant zu sehen, wie sich die Koalitionsparteien unter dem Deckmäntelchen der Bürgerfreundlichkeit für die Straßenlobby einsetzen. Wir interpretieren die Anträge ein wenig anders als die Übrigen hier im Haus, und wir haben dafür gute Gründe. Es ist ebenfalls interessant zu sehen, wie Sie gegen jede noch so kleine Initiative zur Förderung des Schienenverkehrs durch die Europäische Union vorgehen. Dabei bezeichnen sich CDU und FDP doch sonst meistens als Vorzeigeeuropäer.
Konkret geht es heute um ein lärmabhängiges Trassenpreissystem für Güterzüge und um Vorfahrt für Güterzüge gegenüber Personenzügen auf ausgewählten Strecken. CDU und FDP geben vor, sich für Anwohnerinnen und Anwohner an Eisenbahnstrecken einzusetzen. CDU und FDP geben vor, sich für Personenzugreisende einzusetzen. Nichts von beidem ist in meinen Augen korrekt. Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es eher um die Verlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Straße geht.
Mit dem Antrag für ein lärmabhängiges Trassenpreissystem für Güterzüge zielen Sie auf die Bürgerinnen und Bürger an der Strecke der geplanten
Fehmarnbelt-Querung. Sie erwecken den Eindruck, als ob sich so die Lärmbelästigung für Anwohnerinnen und Anwohner senken ließe. Dies ist mitnichten so. Ein lärmabhängiges Trassenpreissystem wäre ein Bürokratiemonster. Allein 100 Millionen € Verwaltungskosten würde dieses Abrechnungssystem verschlingen.
Alle, die schon einmal einen Güterzug gesehen haben, wissen, dass in einem Zug die unterschiedlichsten Waggonarten hintereinander gekoppelt sind. Vor jeder einzelnen Fahrt wäre eine Neuberechnung der Lärmbelästigung nötig. Der Vorschlag der Koalitionsparteien würde lediglich dazu führen, dass für Güterwaggons höhere Trassenpreise gezahlt werden müssen. So wird der Schienenverkehr gegenüber dem Straßenverkehr weiter benachteiligt.
Effizienter Lärmschutz würde die zusätzliche Förderung von Maßnahmen direkt an der Schallquelle erfordern. Die Förderung wäre wettbewerbsrechtlich unproblematisch und europarechtlich zulässig. Zudem wäre auf diese Weise sichergestellt, dass keine Wettbewerbsnachteile für den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene entstehen und dadurch eine Verkehrsverlagerung von der Schiene auf die Straße verursacht wird.
DIE LINKE unterstützt daher den von der EU und den Bahnunternehmen favorisierten Vorschlag eines Wagenbonussystems. Die Umrüstung von Güterverkehrszügen mit modernen und leiseren Bremssystemen muss öffentlich gefördert werden. Nur so ist ein wirklicher Lärmschutz für Anwohnerinnen und Anwohner an Eisenbahnstrecken zu erreichen.
Noch kurz zum zweiten Antrag: Der Antrag von Union und FDP erweckt den Eindruck, als würden aufgrund eines Vorschlags der EU bald Güterzüge flächendeckend Vorfahrt vor Personenzügen erhalten. Das ist in meinen Augen Panikmache. Es ist bitter nötig, dass Güterverkehrszüge schneller von A nach B kommen. Der größte Wettbewerbsnachteil gegenüber dem Lkw-Verkehr ist die langsame Geschwindigkeit von Güterzügen. Auf dem Korridor Stockholm-Hamburg-Fulda-Palermo will die EU nun Vorfahrt für Güterzüge durchsetzen. Ich denke, das ist gerechtfertigt.
Die Lösung ist ganz einfach: Investieren Sie in die Schiene, und sorgen Sie für einen mehrgleisigen Ausbau der betroffenen Strecken! Dies wäre sinn
DIE LINKE meint: Deutschland und Europa brauchen aus ökologischen und ökonomischen Gründen endlich verstärkte Investitionen in einen bürgerfreundlichen Güterverkehr auf der Schiene. Wir sind auf die Ausschussberatungen gespannt und gucken uns an, was dabei herauskommt. Dann werden wir endgültig entscheiden, wie wir abstimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schleswig-Holstein ist ein Transitland und stellt die Verbindung zwischen Skandinavien und Deutschland sowie vielen weiteren EU-Ländern dar. Diese Situation führt uns bereits heute in vielen Bereichen an die Grenzen dessen, was wir leisten können, um den Güterverkehr in vernünftige Bahnen zu lenken. Untersuchungen haben ergeben, dass der Schienengüterverkehr in Westeuropa bis 2020 jährlich um 3,6 % steigen wird, also werden wir in zehn Jahren noch einmal 50 % mehr Güterverkehr haben als heute. Ein Grund für das Wachstum auf der Schiene ist die Überlastung der Straßeninfrastruktur. Insofern muss man auch da immer wieder etwas tun.
Aus diesem Grund kommt dem Lärmschutz im Schienenverkehr künftig eine wichtige Rolle zu. Das Problem ist bereits heute bekannt, und es gibt bereits Pilotprojekte, die diese Problematik aufgreifen. Der vorliegende Antrag hat Ansätze, die durchaus dazu beitragen können, die durch Schienenverkehr verursachten Lärmemissionen zu mindern. Wir müssen Wege finden, um die Lärmbelastung durch den Schienengüterverkehr zu minimieren. Hier können zum Beispiel die Modelle in Österreich und den Niederlanden hilfreich sein. Dort wird der Lärmschutzaspekt schon bei den Trassenpreisen berücksichtigt. Wer leise fährt, erhält einen Bonus. Das ist vernünftig so. Der Antrag von CDU und FDP ist notwendig,
nicht nur, weil man das Ganze im Koalitionsvertrag verankert hat, aber das Ganze stockt jetzt auf Bundesebene. So richtig verfolgt wird dieses Ziel nicht. Deswegen steht es uns gut zu Gesicht, einen solchen Antrag zu stellen. Wir werden dem Antrag von CDU und FDP folgen.