(Heinz-Werner Jezewski [DIE LINKE]: Das ist das freie Mandat des Abgeordneten! - Zu- ruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Damit ist der Antrag mit den Stimmen CDU und FDP bei Enthaltung der LINKEN und Zustimmung von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt worden.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Regina Poersch von der SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem heutigen Antrag, nämlich mit einer Bundesratsinitiative für eine bundeseinheitliche Erdkabelregelung zu sorgen, ruft meine Fraktion wie schon in den beiden vorangegangenen Wahlperioden quasi eine „alte Bekannte“ wieder auf. Wir werden nicht müde, für die Vorteile des Erdkabels zu werben.
In der letzten Wahlperiode haben wir es immerhin zu einem gemeinsamen Bekenntnis geschafft, mit dem der Landtag all diejenigen im Land unterstützt, die beim notwendigen Ausbau unseres Stromnetzes in Schleswig-Holstein auf Erdkabel setzen.
Dass das Stromnetz in Schleswig-Holstein dringend ausgebaut und leistungsfähiger werden muss, ist unbestritten. Auch der Kollege Kumbartzky von der FDP hat eben von einer Netzausbaustrategie gesprochen, die er für nötig hält. Die Verlegung hingegen ist strittig. Wir können nicht einerseits auf Stromerzeugung aus regenerativen Energien setzen und gleichzeitig zulassen, dass beispielsweise Windmüller ihren Strom nicht in das überlastete Netz einspeisen können und Millionenverluste für die Windmüller - und damit für die ganze Region entstehen.
Bis heute ist nicht widerlegt worden, dass das Erdkabel gegenüber einer Freileitung in einer Gesamtschau aller Faktoren am Ende durchaus wirtschaftlich vertretbar sein kann. Zwar kann nach Einschätzung von Fachleuten bei 110-kV-Trassen die Variante Erdkabel gegenüber Freileitungen geringfügig teurer sein, wenn sie nicht sogar kostengleich ist. Aber ein Erdkabel geht ganz eindeutig schneller in Betrieb und kann schneller Strom ins Netz einspeisen. Ich frage mich, wann diese Erkenntnis wohl endlich in allen Köpfen ankommt.
Wahrscheinlich erst dann, wenn die Netze wieder in öffentlicher Hand sind. Das haben wir bei dem vorherigen Tagesordnungspunkt diskutiert.
Ich persönlich bin davon überzeugt, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen. Der Antrag von CDU und FDP weist zwar grundsätzlich in die richtige Richtung - und ich nehme an, die FDP hat hier ganze Überzeugungsarbeit geleistet -, ich meine aber auch, dass wir mit bloßen Appellen an die Netzbetreiber nicht weiterkommen. Das sah übrigens in der letzten Wahlperiode auch die FDP noch so.
In Schleswig-Holstein laufen Genehmigungsverfahren für zwei neue 110-kV-Leitungen in FlensburgBreklum und Heide-Pöschendorf. Gerade die noch im Planungsstadium befindliche Hochspannungsleitung in Ostholstein von Göhl nach Lübeck bietet uns als Land noch die Möglichkeit - und ich meine auch: die Pflicht -, für Mensch und Umwelt alles zu tun, damit die verträglichste Stromleitung gebaut wird. Und die verläuft nun einmal unter der Erde.
Die Gründe für ein Erdkabel liegen immer noch auf der Hand und sind nicht neu: Umwelt- und Flächenschutz, Landwirtschaft, Landschaftsbild und Tourismus und nicht zuletzt Betriebs- und Versorgungssicherheit. Unter all diesen Aspekten schneidet das Erdkabel ganz einfach besser ab als Freileitungen. Weil das so ist, bin ich der Meinung, dass wir einen echten Vorrang für Erdkabel nur per Gesetz erreichen. Schön wäre, das will ich an dieser Stelle nicht verhehlen, ein schleswig-holsteinisches Erdkabel-Gesetz mindestens nach niedersächsischem Vorbild.
Das ist nun leider nicht ganz so ohne Weiteres möglich. Das ist schade. Erst stand uns unser damaliger Koalitionspartner bei dieser Idee ein bisschen im Weg und jetzt der Bund, der von seiner Gesetzgebungskompetenz mit dem Energieleitungsausbaugesetz den ausschließlichen Gebrauch gemacht hat. Nun ist es leider so, dass das Bundesgesetz mir und meiner Fraktion nicht weit genug geht, denn es regelt in erster Linie nur die Höchstspannungsleitungen im Bereich der 380 kV. Zweitens regelt es, dass die Umlagefähigkeit der Mehrkosten beim Bau eben nur dann zugelassen werden, wenn die Erdkabelvariante nicht mehr als 60 % teurer ist als die Freileitung. Ich finde, ein rechtlicher Vorrang des Erdkabels gegenüber einer Freileitung wäre weitaus wirkungsvoller.
Mit unserem Antrag wollen wir heute also erneut die Initiative ergreifen - zum Wohle unseres Landes und der Menschen, die hier leben, zum Wohls des
Landesbauernverbandes, der Tourismusorganisationen, die sich längst und über alle Parteigrenzen hinweg in ihrer Ablehnung von Freileitungen einig sind. Wir sollten uns zum Wohle dieser Menschen und Organisationen für eine bundeseinheitliche Erdkabellösung einsetzen. Wir sollten alle diese unterstützen. Ich würde mich freuen, wenn unser Antrag die Zustimmung des Hauses findet. Ich würde mich freuen, wenn wir darüber und vielleicht auch über den Antrag der Regierungsfraktionen im Wirtschaftsausschuss weiter beraten könnten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir führen im Moment intensive Debatten bezüglich der zukünftigen finanziellen Belastungsmöglichkeiten sowohl für den Landeshaushalt als auch für die privaten Haushalte. Die CDU versucht, diese Themen mit größter Sorgfalt und Ernsthaftigkeit zu behandeln. Liebe Kollegen von der SPD, das kann ich von Ihnen nicht immer in jeder Weise so sehen. Herr Kollege Stegner, ich habe vielmehr den Eindruck, dass Ihre Regierungsbeteiligung der letzten 21 Jahre dazu geführt hat, dass Sie jetzt geradezu froh sind, sich auf den Oppositionsbänken richtig ausleben zu können, um dort auch einmal Phantasien auszuleben, die man in Regierungsverantwortung nicht ausleben konnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit diesem Antrag ein besonderes Stück vorliegen. Es kann ja sein, dass Sie das nicht komplett registriert haben. Wenn die SPD-Fraktion tatsächlich eine Bundesratsinitiative starten möchte, um verpflichtend den Vorrang von Erdkabel gegenüber Freileitungen beim Bau von 110-kV-Trassen zu verankern, dann muss man sich auch darüber im Klaren sein, wer die Mehrkosten übernimmt: Diese Mehrkosten wird der Verbraucher tragen müssen und nicht die Energiekonzerne, denn die Kosten dürfen umgelegt werden. Das würde faktisch bedeuten, dass nur noch Erdkabel für 110-kV-Leitungen infrage kommen. Bei aller Liebe zum Erdkabel, die auch wir hegen - ohne Frage -, müssen wir die Kosten dabei im Auge behalten.
Wir wollen nicht, dass der Bürger über Gebühr mit solchen Dingen belastet wird. Wir sind dafür, dass in den Bereichen, wo es wirtschaftlich vertretbar
Wir haben auch jetzt schon Kriterien, nach denen Erdkabel verlegt werden. Ich erwähne hier den 20-km-Bereich für neu gebaute Leitungen an den Küsten der Nord- und Ostsee beziehungsweise die Verlegung von Erdkabeln in dem Bereich, wo die Kosten das 1,6-Fache - die 60 % sind von meiner Kollegin angesprochen worden - nicht übersteigen. Doch eine derartige Kostenbremse haben Sie in Ihren Vorschlag nicht eingearbeitet. Sie sagen konsequent: Wir wollen, dass die Landesregierung für eine Bundesratsinitiative initiativ wird, nur noch Erdkabel zuzulassen.
Natürlich wünschen auch meine Fraktion und ich mir mehr Erdkabelleitungen. Freilandleitungen sind absolut keine architektonischen Highlights. Man muss sich jedoch immer fragen, ob die Verlegung von Erdkabelleitungen wirtschaftlich vertretbar ist. Nicht selten sind Erdkabel sehr aufwendig und kosten ein Vielfaches einer Überlandleitung. Darüber hinaus sind Erdkabel auch technisch nicht immer möglich.
Vor diesem Hintergrund ist es albern, die Verlegung von Erdkabeln bedingungslos erzwingen zu wollen.
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass sich im Norden die Kreistage Nordfriesland und Schleswig-Flensburg, aber auch die Region, einstimmig für Erdkabel ausgesprochen haben und sehr viele gerade auch Ihrer Parteikolleginnen und -kollegen das Erdkabel befürworten und in Bürgerinitiativen aktiv sind? Wie wichtig ist Ihnen die Partizipation der Region, wenn ein solch deutlicher Wunsch und Wille ausgesprochen wird?
- Herr Kollege Tietze, das ist mir bekannt. Auch in meinem Kreis gibt es eine Initiative des Kreistages, die klipp und klar sagt: Wir bevorzugen Erdkabel. Ich habe kein Problem damit, eine Priorität für Erdkabel zu setzen, aber ich habe ein Problem damit, den Aspekt der technischen Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit nicht mit reinzubringen. Darüber
sollten wir herzlich gern reden. Ich möchte nicht einen Zwang haben. Denn dann hätten wir ein Problem. Die Kreistage in Nordfriesland und Ostholstein müssten den Bürgern dann auch klipp und klar mit auf den Weg geben: Liebe Leute, wenn ihr das wirklich wollt, müsst ihr damit rechnen, dass euer Strom ein bisschen teurer wird, weil die Kosten umgelegt werden können.
Wir alle sind sicherlich keine Experten, was die Verlegung der Leitungen anbetrifft. Doch wenn Sie sich die Mühe gemacht und bei den Fachleuten nachgefragt hätten, dann wüssten Sie, dass es bei der Handhabung der verschiedenen Spannungsarten gravierende Unterschiede gibt. Für das Verlegen von Leitungen unter 100 kV mag es durchaus sinnvoll sein - teilweise ist es sogar gesetzlich vorgeschrieben -, Erdleitungen zu verwenden. Für 110-kV-Leitungen ist dies in der Regel nicht der Fall.
Abschließend möchte ich einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Ein Problem beim Bau von Freilandleitungen für die Landwirtschaft ist vom Bauernverband angesprochen worden, nämlich dass restriktiv eine gerade Leitung gezogen wird, quer über einen Acker. Vielleicht kann man einmal unter Absprache mit den Grundstückseigentümern dazu übergehen, weniger Flächenverbrauch zu realisieren und den einen oder anderen Knick als Standort für einen Mast zu nutzen, damit die Bewirtschaftung der Flächen nicht erschwert wird.
Wir hatten ursprünglich vor, den Antrag der SPDFraktion abzulehnen, weil wir ihn für nicht durchführbar und es für nicht realistisch halten, dass das als Bundesratsinitiative durchgeht. Kollege Matthiessen hat uns aber darauf hingewiesen, dass es doch parlamentarische Gepflogenheiten gibt, zu denen ich mich gern bekenne. Daher beantrage ich für beide Anträge Ausschussüberweisung und freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon wieder ich. - Das Thema Erdkabel versus Freileitung hat den Landtag in den vergangenen Wahlperioden schon mehrfach beschäftigt. Der Landtag hat bereits im Jahr 2006 einstimmig beschlossen, dass neuen Hochspannungskabeln als Erdkabel, wo dies technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar ist, der Vorrang eingeräumt werden sollte.
Heute beantragt die SPD-Fraktion, dass die Landesregierung aufgefordert wird, mit einer Bundesratsinitiative bundesweit verpflichtend den Vorrang von Erdkabeln gegenüber Freileitungen beim Bau von 110-kV-Trassen zu verankern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich begrüßt die FDP-Fraktion die Verlegung von Stromleitungen als Erdkabel. Aber das ist unserer Meinung nach nur sinnvoll, wenn dies technisch möglich ist und sich dies gegenüber der Errichtung von Freileitungen als die volkswirtschaftlich günstigere Variante erweist.