fall angucken kann und dem Innenminister gelegentlich auch Empfehlungen geben kann, von denen ich glaube, dass er sie beherzigen wird.
Wie wir aber gemerkt haben, ging es Ihnen gar nicht darum. Es ging Ihnen darum, sich auf dem Rücken dieser Familie zu profilieren. Das ist schäbig.
Ich lerne mittlerweile auch zum wiederholten Mal, dass das Prinzip der Unwahrheit zum Kommunikationsprinzip der PIRATEN wird. Ich erläutere es kurz. Ihr Pressesprecher twittert, während Sie Ihre Rede halten: Die FDP (Garg) versucht, die Rede von PIRATEN-Beer für Familie Chafi zu verhindern - peinlich. - Niemand hat hier versucht, Ihre Rede zu verhindern. Das Einzige, was wir versucht haben, ist, Sie daran zu erinnern, dass Absprachen, die mit Ihnen, Ihrem Fraktionsvorsitzenden oder Ihrem Geschäftsführer getroffen werden, entweder gelten oder es keinen Sinn mehr macht, mit Ihnen Absprachen zu treffen, weil Sie sich nicht daran halten wollen.
Nun zur Sache: Ich bin stolz darauf - die Grünen wissen das -, dass, seitdem ich diesem Haus angehöre, seit über 20 Jahren, die Flüchtlingspolitik einen hohen Stellenwert hat und wir uns parteiübergreifend, einschließlich Union, was nicht überall der Fall ist, immer bemüht haben, im Rahmen des rechtlich Möglichen so „ermessensausgedehnt“ wie möglich im Einzelfall Hilfe zu leisten.
Wir haben die Härtefallkommission geschaffen. Die gibt es nicht überall. Sie ist ja auch schon ein Gremium, das dem Innenminister Dinge nahelegt, die die Behörden normalerweise so nicht tätigen würden. Genauso wie wir Anspruch darauf erheben, dass die Behörden willkürfrei in die eine Richtung entscheiden, müssen wir auch darauf bestehen, dass es eine Willkürfreiheit in die andere Richtung gibt. Wer glaubt, mit politischen Akklamationen Recht aus den Angeln heben zu können, der hat den Rechtsstaat nicht verstanden.
Das ist ein wesentliches Problem, das Sie haben: Sie haben den Rechtsstaat nicht verstanden. Ich bin sicher, dass der Familie geholfen wird, weil ich gelesen habe, dass sie jetzt auch anwaltlich gut vertre
ten wird, das heißt in ordentlichen Händen ist. Mein Glaube an den Rechtsstaat ist nach wie vor ungebrochen. Der Familie wird geholfen werden können.
Eins muss aber auch für Sie gelten, und daran arbeiten wir: Wenn wir das Recht nicht mehr für ausreichend halten, müssen wir es ändern. Ich bin stolz darauf, dass die Novellierung des 25 Jahre alten Aufenthaltsgesetzes von Schleswig-Holstein ausgegangen ist.
Ich bin nach wie vor stolz darauf, dass wir gegen Widerstände - auch auf Bundesebene - daran arbeiten, das noch weiter zu novellieren, noch weiter zu verbessern, weil wir selbstverständlich in einer Situation, in der wir einen demografischen Wandel haben, in der wir händeringend nach guten Leuten suchen, die - gut ausgebildet - uns dabei helfen können, unsere Probleme zu bewältigen - Frau von Kalben hat es doch gesagt -, mit Dummheit und Schwachsinn gepudert wären, wenn wir integrierte, gut ausgebildete junge Menschen des Landes verweisen, nur weil formale oder andere Dinge nicht eingehalten worden sind. Dann wären wir doch dumm.
Also, Frau Beer und PIRATEN, verzichten Sie demnächst auf solche Showanträge! Arbeiten Sie mit uns sehr solide und konzentriert daran, die rechtlichen Rahmendaten zu ändern! Wir nehmen die Appelle selbstverständlich auf. Die haben wir früher schon wahrgenommen und aufgenommen. Alles, was in diesem Land möglich ist, wird gemacht, mit Unterstützung aller dieses Parlaments noch beflügelnden Parteien - ich will nicht sagen die Regierung unterstützenden Parteien; das machen wir ja gelegentlich nicht, aber in dieser Frage gibt es schon vorher einen Konsens, auch mit der alten Regierung gab es einen Konsens. Lassen Sie uns daran arbeiten, dass er nicht durch solche Beiträge kaputtgemacht wird. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer Feststellung beginnen, die für mich ganz, ganz wichtig ist, nämlich dass die Härtefallkommission - jedenfalls nach meiner Auffassung und nach meiner Erfahrung, die ich in den letzten Jahren gesammelt habe - sehr verantwortungsvoll arbeitet. Man kann nicht davon sprechen, dass gerade in Schleswig-Holstein diese Kommission restriktiv tätig wäre, sondern im Gegensatz zu anderen Bundesländern zeigt sich auch in der Arbeit der Härtefallkommission, dass wir ein offenes Bundesland sind. Trotz irgendwelcher Einzelfälle, die manche im Parlament diskutieren wollen, stellt mich das doch sehr zufrieden.
Wenn wir uns abstrakt und allgemein über Härtefälle unterhalten, dann gibt es humanitäre oder persönliche Gründe, die dazu führen können, dass der Ausländer hierbleiben kann. So steht es im Gesetz. Das wird bei uns sehr weit ausgelegt. Das ist auch gut so. Wir haben allerdings mit dieser Formulierung das Problem, dass sich diese Formulierung immer nur auf Einzelpersonen bezieht. Diese Formulierung führt dazu, dass in der Tat auch Familienmitglieder unterschiedlich behandelt werden, weil sie eben als Einzelpersonen angesehen werden. Insofern macht es Sinn, einmal darüber nachzudenken - und das deckt sich auch mit den Äußerungen anderer Redner vor mir -, dass man auf die Integrationsleistung im Allgemeinen abstellt, auch einer Familie, und schaut, wie die Familie in Deutschland angekommen ist. Wenn es funktioniert hat, sollte man nicht nur die Einzelfallbetrachtung machen, sondern dann möglicherweise auch das Integrationswerk der gesamten Familie betrachten. Das könnte dann dazu beitragen, dass wir leichter vernünftige Lösungen finden.
Trotzdem brauchen wir in diesem Bereich eine vernünftige Bleiberechtslösung. Wir sind natürlich auf einem richtigen Weg in Deutschland, dennoch hat Eka von Kalben recht, dass wir natürlich diese Bleiberechtsregelung ausweiten müssen. Es ist wirklich idiotisch, dass man versucht, Menschen hierher zu bekommen, damit sie bei uns Arbeit finden, ganz bestimmte Menschen, aber die Menschen, die schon da sind, dann eben nicht arbeiten lässt oder ihnen sogar eine Integration verwehrt. Das ist völlig unsinnig.
Das ist für die Leute schlecht, aber auch - falls dieses Argument nicht zählt - teuer. Vielleicht hilft ja dieses Argument bei dem einen oder anderen.
Das Zweite, was auch ganz wichtig ist, wenn wir über Willkommenskultur reden, ist, dass wir Menschen hier aufnehmen, die in Not sind. Wir haben in den Wintermonaten zum Beispiel immer ansteigende Asylbewerberzahlen, weil dieses Instrument genutzt wird, um im wahrsten Sinne des Wortes dem kalten Winter im Osten zu entfliehen. Es ist auch in Ordnung, dass wir dann sagen, wir versuchen, den Menschen so gut wie möglich zu helfen.
Mein Eindruck ist, das wird auch getan. Der Innenminister, das Innenministerium, die Mitarbeiter dort tun alles dafür, dass hier dann auch wirklich Humanität greift. Dafür danke ich dem Innenminister ganz herzlich.
Ein dritter Punkt. Wenn wir über Asylbewerber reden, dann reden wir auch über das Asylbewerberleistungsgesetz. Es ist gut, dass dieses Leistungsgesetz hoffentlich irgendwann einmal abgeschafft wird und dass Menschen, wenn es um das Existenzminimum geht, gleichbehandelt werden, egal ob sie Deutsche sind oder eine andere Staatsbürgerschaft haben. Für mich bedeutet Existenzminimum eine Absicherung, dass die Menschen gleich sind. Es ist mir egal, wo die Menschen herkommen. Wir müssen sehen, dass diese Menschen entsprechende Leistungen hier in unserem Staat bekommen, damit ihre Existenz bei uns im Staat gesichert ist. Dabei kommt es nicht darauf an, wo sie herkommen, sondern nur darauf, dass ihnen geholfen wird und ihre Existenz gesichert wird.
Ein vierter Punkt ist und bleibt, dass wir natürlich gucken müssen, dass sich diese Willkommenskultur auch in unserer eigenen Verwaltung ausdrückt.
Das bedeutet dann auch, dass wir versuchen müssen - und nicht nur darüber reden -, möglichst viele Menschen mit Migrationshintergrund, gleich, wo sie herkommen, in die Verwaltung zu integrieren. Das bedeutet dann eben auch, dass man bei Bewerbungsverfahren nicht nur sagt, ihr dürft mal irgendwo auf einen Zettel schreiben, dass ihr auch noch woanders herkommt, dass ihr Erfahrung habt, dass ihr möglicherweise zwei- oder dreisprachig seid, sondern dass man das dann auch als hartes Kriteri
um im Bewerberauswahlverfahren nutzt. Nur dann kriegen wir es hin, dass wir dieses Ziel entsprechend erreichen.
Ein letzter Punkt. Eigentlich ist es manchmal sehr einfach, und ich finde die Idee gut, die die Hamburger gehabt haben, dass sie sagen, wir schreiben einfach einmal alle an, die formal die Kriterien erfüllen, Deutscher zu werden: Wir bitten sie, sich doch einmal Gedanken darüber zu machen, ob sie nicht Lust hätten, deutscher Staatsbürger mit allen Rechten werden zu wollen, und damit dann auch innerhalb ihrer jeweiligen Gruppe deutlich zu machen, Integration funktioniert. Damit würden wir auch durch unser eigenes Handeln deutlich machen, dass wir die Leute einladen, Deutsche zu werden. Wir würden auf die Leute zugehen und nicht immer nur sagen, Ausländer komm her, du musst dich integrieren. Wir als Staat würden zeigen, wir wollen auch auf dich zugehen, lieber Mensch aus dem Ausland, weil wir auch dir die Gelegenheit geben wollen, hier integriert zu werden.
Dieser eigentlich einfache Schritt, die Menschen, die diese Kriterien erfüllen, einmal anzuschreiben, ist etwas, was man relativ schnell umsetzen könnte. Das sollte man auch relativ schnell umsetzen, denn ich glaube, das könnte ein Zeichen in die jeweiligen Gemeinschaften hinein sein, dass wir es mit unserer Willkommenskultur ernst meinen. Eine Willkommenskultur funktioniert für mich immer am besten dann, wenn sich die Leute wirklich willkommen fühlen und sagen, wir wollen ein Teil dieser Gemeinschaft sein, wir wollen Deutsche werden. Insofern würde ich mich freuen, wenn relativ schnell möglichst viele Briefe an unsere ausländischen Mitbürger hinausgehen könnten, um sie einzuladen, noch einen Schritt weiter zu gehen und Deutsche zu werden. Das können wir als Land Schleswig-Holstein relativ schnell leisten, und damit wäre ein erster wichtiger Schritt getan. Das ist aus meiner Sicht auch wesentlich sinnvoller, als alle Einzelfälle hier im Parlament zu behandeln, nämlich auf alle Ausländer zuzugehen.
Ich würde mich freuen, wenn man nach drei, vier oder fünf Jahren sagen könnte, soundso viele tausend Menschen sind jetzt neue Deutsche geworden. Das wäre ein riesiger Beitrag zur Integration, und das würde mich persönlich sehr freuen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass sich in der Debatte hier inhaltlich doch eine so deutliche Übereinstimmung herausgestellt hat, was die Notwendigkeit betrifft, gesetzgeberisch tätig zu werden, aber eben auch praktisch, zum Beispiel durch den Vorschlag, Personen anzuschreiben, die in Betracht kommen, deutsche Staatsbürger zu werden.
Es freut mich auch sehr, dass wir uns darüber einig waren, dass wir dieses Thema als Aktuelle Stunde behandeln wollen. Wir haben gesagt, das ist ein aktuelles Thema. Es gibt nichts Aktuelleres als eine in der Öffentlichkeit diskutierte drohende Abschiebung. Das gibt uns auch Anlass, die generelle Bleiberechtsproblematik erneut zu erörtern. An der Stelle möchte ich in Erinnerung rufen, dass es nicht nur um die Gesetzgebung bei uns geht, sondern auch um die Anwendung der bestehenden Gesetze und darum, ob sich dieser Anspruch, eine neue Willkommenskultur zu schaffen, auch in der Verwaltungspraxis und in der Anwendung der Gesetze, wenn es um Duldung und um Härtefälle geht, widerspiegelt.
Weil wir darüber streiten, ob das der Familie hilft, möchte ich sie gern persönlich fragen, ob sie meint, dass ihnen das hilft. - Ich glaube, dass sie heute gekommen und persönlich anwesend sind, zeigt sehr deutlich, dass sie durchaus dieser Meinung sind.
Man braucht in der öffentlichen Debatte eben oft einen Einzelfall wie diesen, der so exemplarisch ist, wo wirklich das gesamte Umfeld hinter den Betroffenen steht und wo es auch - wie Sie schon richtig sagten - im Grunde keiner verstehen kann, warum solche Personen Deutschland verlassen müssen, um etwas anzustoßen, um eine Änderung der Praxis sowohl von Gesetzes wegen als auch vom Verwaltungsvollzug her anzustoßen.
Deshalb freut es mich, dass wir alle an dem Punkt Handlungsbedarf sehen. Wir nehmen sehr gern die Angebote an, hier gemeinsam weiter voranzukommen, aber auch die hilfreichen Ratschläge, wie man das verfahrenstechnisch noch anders behandeln könnte. Für diese Ratschläge bedanke ich mich. Ich hoffe, dass von den Fortschritten, die wir hier anstreben, auch alle Personen individuell profitieren werden, die ganz konkret betroffen sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte eine Rede zur Willkommenskultur in Schleswig-Holstein vorbereitet. Ich habe jetzt aber gespürt, dass es um dieses Thema heute nicht geht, sondern um einen Einzelfall. Deshalb werde ich die Rede heute nicht halten, sondern möchte - allerdings auch in allgemeiner Form - auf das eingehen, was die Fraktion der PIRATEN heute beantragt hat.
Sehr geehrte Frau Beer - und nach Ihren Ausführungen, Herr Dr. Breyer, möchte ich Sie mit einbeziehen -, Sie machen es mir und allen, die sich sehr ernsthaft und sorgfältig Gedanken darüber machen und Strategien dazu entwickeln, wie wir auch in Einzelfällen helfen können, sehr, sehr schwer. Das gilt vor allem für dieses Verfahren, das wir nicht selber in der Hand haben, sondern in dem wir auf andere angewiesen sind.