Protokoll der Sitzung vom 19.11.2015

(Beifall PIRATEN und Astrid Damerow [CDU])

Dies gilt besonders auch für Schleswig-Holstein, weil wir - wie schon erwähnt - im nächsten Jahr Gastgeber dieser Konferenz sein werden. Wir müssen uns klar machen, wie der von der Ostseekonferenz zum Beispiel auf Seite 2 der Resolution festgestellte Handlungsbedarf durch unsere Regierung, aber auch - da stimme ich Ihnen zu durch unser Parlament umgesetzt werden.

Was wird im Detail geplant, um zum Beispiel die in Punkt 1 d) genannte Stärkung der Kooperation der Hochschulen und der Forschungsreinrichtungen im Ostseeraum zu erreichen? Wie soll der zum Beispiel in Punkt 2 b) aufgeführte dringende Bedarf, der dort erwähnt wird, bei dem strategischen Ausbau bestehender und neu zu begründender Partnerschaften zeitnah erfüllt werden? Kennen wir wirklich alle Partnerschaften, die im Ostseeraum existieren? - Die Resolution wird schon sehr präzise in den Aussagen. Dem wird der Antrag der Regierungsfraktionen mit den allgemeinen Floskeln - so meine ich - in keiner Weise gerecht.

Wie will das Land die Mobilität von Lehrkräften im Ostseeraum stärken, wie dies in Punkt 2 d) aufgeführt ist? Werden die Hochschulen von der Regierung unterstützt, um auch zum Beispiel die europäischen Fördermittel in diesem Bereich ausreichend zu nutzen? Was wird von der Regierung getan, um Internetplattformen zum Wissens- und Erfahrungsaustausch der Studierenden im Ostseeraum zu schaffen? Es steht ja noch nicht einmal genügend Geld bereit, um eine notwendige Vernetzung innerhalb Deutschlands zu sichern.

Welche in Punkt 3 d) genannten verstärkten Investitionen in Lehre und Forschung sind vorgesehen, um speziell dafür Sorge zu tragen, dass der forschungsund innovationsstarke Wissenschaftsstandort Ostseeraum weiter ausgebaut wird? Um noch ein weiteres, sehr aktuelles Thema anzusprechen: Was geschieht, um den Erfahrungsaustausch mit dem gemeinsamen Ziel der Bekämpfung von multiresistenten Keimen und die Umsetzung der Forschung auf diesem Gebiet zu intensivieren?

Ich könnte diese Aufzählung weiter fortsetzen. Wir hatten bei der Erarbeitung der Resolution - das bestätige ich ausdrücklich - in unserer Delegation ein sehr breites, fraktionsübergreifendes Einvernehmen. Das war sehr angenehm und positiv. Schles

wig-Holstein hat diese Resolution dann auch mit beschlossen. Wir sollten uns jetzt bei der erforderlichen Umsetzung zusammensetzen und im gleichen Einvernehmen die Einzelfragen abarbeiten. Damit dienen wir, so glaube ich, der Sache, die die Resolution bezwecken will, am besten, nämlich der Stärkung des Ostseeraumes als Europäischer Region. Danke schön.

(Beifall CDU, PIRATEN und Oliver Kum- bartzky [FDP])

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Regina Poersch das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Welt aus den Fugen gerät, wenn Terror und Krieg - wie in diesen Tagen - Nationen zu entzweien drohen, Nationen gar, die sich eigentlich wie in der Europäischen Union gemeinsamen Werten verpflichtet fühlen, wenn nationale Egoismen wieder den Tellerrand bestimmen, dann da gebe ich meiner Vorrednerin, Frau WaldingerThiering, recht - ist es höchste Zeit für Parlamentariertreffen wie das Parlamentsforum Südliche Ostsee.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW Es ist gute Tradition, dass sich nun schon zum 13. Mal Parlamentsdelegationen aus Ermland-Masuren, Hamburg, Kaliningrad, Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Schleswig-Holstein und Westpommern treffen, um gemeinsam Themen zu beraten, die wir besser gemeinsam lösen als jeder für sich. Bildung und Wissenschaft, die Kooperation von Hochschulen im Ostseeraum, der Austausch von Studierenden und damit deren Horizonterweiterung, die Anerkennung von Studienabschlüssen, die Ver- netzung von Forschung und Wissenschaft in der Region der südlichen Ostsee, das alles stand in die- sem Jahr im Fokus. Wir wollen unsere Wissen- schaftskooperation in so wichtigen Zukunftsberei- chen wie den Herausforderungen des demografi- schen Wandels und des Klimawandels, der Biotech- nologie und Materialforschung, dem Schutz des Meeres und der maritimen Wirtschaft, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und in diesem Zusam- menhang der Entwicklung von Speichertechnologi- en verbessern. (Volker Dornquast)

Der Ostseeraum soll weiter zu einer wettbewerbsstarken Wissensregion ausgebaut werden. Wichtig dafür sind auch Netzwerke zum Wissens- und Technologietransfer mit der Wirtschaft. So wollen wir weiter daran arbeiten, eine innovative, zukunftsfähige Ostseeregion zu schaffen, die gute und nachhaltige Beschäftigungsmöglichkeiten für alle bereithält und auch die soziale Inklusion fördert.

All das beginnt bereits in der Schule. Deshalb freuen wir uns, dass unsere Landesregierung die Kooperationen zwischen Schulen im Ostseeraum fördert und sich für Europaschulen in Schleswig-Holstein starkmacht. Wir sind einfach besser, wenn wir über den Tellerrand schauen und nicht Nabelschau halten oder uns gar für den Nabel der Welt halten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Resolution liegt Ihnen im Wortlaut vor. Mein Vorredner hat daraus zitiert. Ich darf Ihnen allen die Resolution zur Lektüre anempfehlen. Lieber Kollege Dornquast, einen Antrag einzubringen und einen Beschluss herbeizuführen, diese Resolution für unser Land umzusetzen, ist gute Übung in diesem Hause. Es steht jeder Fraktion frei, eigene parlamentarische Initiativen zu ergreifen und einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Resolution in Schleswig-Holstein Wirklichkeit wird.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wie meine Vorrednerin, Frau Waldinger-Thiering, bin auch ich der Meinung, dass wir keinen Extrabericht darüber brauchen, was die Landesregierung tut. Wir bekommen regelmäßig den Europabericht, und der ist genau der richtige Rahmen.

(Angelika Beer [PIRATEN]: Das ist aber kein Handlungskonzept!)

Ich möchte der Hamburgischen Bürgerschaft für die Gastfreundschaft in diesem Jahr danken. Mir persönlich ist vom diesjährigen Parlamentsforum Südliche Ostsee der gemeinsame Besuch der KZGedenkstätte Neuengamme in nachhaltiger Erinnerung geblieben. Als eine, die in den 1960er-Jahren geboren wurde, empfinde ich es als Geschenk und ich bin wirklich dankbar, dass ich im Jahr 2015, 70 Jahre nach dem Ende des von Deutschland angezettelten Zweiten Weltkriegs, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Polen und Russland, denen Deutschland so viel Leid angetan hat, in der KZ-Gedenkstätte sein konnte, gemeinsam einen Kranz und Nelken niederlegen konnte. Das bewegt mich auch Monate danach noch sehr.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Volker Dornquast [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht mag mancher über den Sinn von Parlamentsforen lächeln. Aber nur die persönliche Begegnung, das Kennenlernen und Einander-Verstehen sind unser Beitrag und die Grundlage dafür, dass wir Frieden bewahren. Ich bin sicher, dass wir dann eines Tages auch wieder zu der so oft beschworenen europäischen Solidarität zurückfinden. Deshalb betont die Resolution zu Recht die Notwendigkeit der Friedens- und Konfliktforschung in der Ostseeregion und deren stärkere Vernetzung. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch sagen, dass Parlamentariertreffen dazu beitragen, trotz der zurzeit schwierigen Beziehungen im Dialog mit Russland zu bleiben. Eine friedliche und gedeihliche Entwicklung der Ostseeregion ist für mich ohne Russland nicht vorstellbar.

Ich freue mich auch darüber, dass Schleswig-Holstein Gastgeber des XIV. Parlamentsforums Südliche Ostsee im kommenden Jahr sein wird. Das Thema wird die Land- und Ernährungswirtschaft sein. Wir werden auf diesem Weg weiter Themen im Ostseeraum gemeinsam beraten.

Ich bitte um Abstimmung in der Sache und Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Bernd Voß das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in unruhigen Zeiten in Europa, im Mittelmeerraum, im Nahen Osten. Krisenherde und Konflikte, die alle nicht neu sind, sich aber in den letzten Jahren und Monaten in beängstigender Weise zuzuspitzen scheinen. Wir hatten am Montag und Dienstag im Landtag Gespräche zur Ostseekooperation, unter anderem mit dem Direktor des Ostseerates, Jan Lundin. Wird die Ostsee kalt? Dialog und Verständigung mit Russland waren das beherrschende Thema.

Da ist der verschleppte, ungelöste Konflikt Russlands mit der Ukraine. Er belastet die europäische Zusammenarbeit über die Grenzen der EU hinaus schwer, auch im Ostseeraum. Wer Ländergrenzen einseitig verschiebt, spielt mit dem Feuer. Allein

(Regina Poersch)

aus diesem Konflikt heraus gibt es - wir haben eben noch einmal recherchiert - fast eine Million Flüchtlinge in Osteuropa. Eine bessere Verständigung mit Russland ist auch ein wichtiger Schlüssel zur Entschärfung der Lage in Syrien.

Ja, auch in Europa sind wieder Grenzen überschritten worden, blanke Waffengewalt, militärisches Eingreifen. Wir dürfen das nicht einfach hinnehmen, nicht in Europa, nicht in der Ukraine, nicht im Nahen Osten.

Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssen sich gemeinsam mit ihren Nachbarstaaten außerhalb der EU mit aller Entschiedenheit dafür einsetzen, dass politische Lösungen für bestehende Konflikte durch Verhandlungen gelöst und nicht durch Unterstützung von Kriegsparteien immer wieder angeheizt werden. Europa tut sich schwer bei der gemeinsamen Lösung der brennenden aktuellen Fragen auch in unserem unmittelbaren Umfeld. Das sind alles andere als Wohlfühlthemen. Kontinuierliche Zusammenarbeit, institutionalisierte Netzwerke und Dialog entlang der gemeinsamen und trennenden Inhalte sind ein entscheidender Baustein für Entwicklung und Friedenssicherung. Das kommt nicht so daher, das ist mühsame, beharrliche, langfristige Arbeit.

Kooperation im Ostseeraum hat in SchleswigHolstein eine Verankerung über Legislaturperioden und Fraktionsgrenzen hinweg; das gilt sowohl für die Landesregierung als auch für den Landtag. Schleswig-Holstein war auch treibende Kraft bei der Gründung des Ostseerates 1992, bei der Gründung der Ostseeparlamentarierkonferenzen und vieler politischer, wirtschaftlicher und sozialer Netzwerke im Ostseeraum. Ich glaube, es sind rund 30 an der Zahl. Die Kontinuität in der Zusammenarbeit der Länder in Wirtschaft, Kultur, Umwelt, Sicherheitsfragen, Sozialem und Gesundheit auf regionaler Ebene hat gerade in Zeiten, in denen Verständigung auf den großen internationalen Bühnen ins Stocken gerät, eine stabilisierende Bedeutung.

Dieser Kooperationswille ist der besondere Reichtum der Ostseeregion. Das hat insbesondere Jan Lundin in den Gesprächen formuliert, die wir in der vergangenen Woche im Europaausschuss mit ihm hatten. Hier gehen Länder und Regionen Europas voran, und das über die Grenzen der Europäischen Union hinaus.

Wir sind als Landtag in zwei Parlamentsforen im Ostseeraum vertreten, in der Ostseeparlamentarierkonferenz und im Parlamentsforum Südliche Ost

see. Die diesjährige Tagung ist bereits dargestellt worden. Sie fand in Hamburg statt. Wissenschaft war ihr Schwerpunkt und nicht allein Hamburgs Interesse - was am Anfang ein bisschen meine Bedenken waren. Man muss hervorheben, dass Hamburg eine Lead-Funktion im INTERREG-Programm übernimmt und hier in der kommenden Förderperiode - das ist wirklich wichtig - eine russische Beteiligung an diesem gemeinsamen Förderprojekt zustande kommt.

Nach dieser ziemlich langen Vorrede ein paar Worte zum Antrag und zur Abschlussresolution. Wir haben einige Kernthemen aufgenommen. Die Resolution besteht aus über 40 Punkten und liegt als Landtagsdrucksache vor. Sie enthält erheblich mehr, sie enthält Botschaften über Friedens- und Konfliktforschung, erneuerbare Energien, grüne Technologien - um ein paar Bausteine zu nennen. Die Förderung der Mobilität von Studierenden, Forschenden und Lehrkräften fördert nicht nur den wissenschaftlichen, sondern auch den kulturellen Austausch und hilft, Vorurteile abzubauen und die regionale Identität zu stärken. Das ist die Idee des Europas der Regionen. Wir müssen sie laufend und immer wieder mit neuem Leben füllen.

Lassen Sie mich das abschließend sagen: Es ist keine Frage, welchen Auftrag wir der Landesregierung zu wie vielen Berichten geben, sondern entscheidend ist, was letztlich das Ergebnis ist. Ich glaube, es verbietet sich allein aus arbeitsökonomischen Gründen, einen neuen Bericht einzufordern. Wir haben einen hervorragenden Europabericht und einen hervorragenden Ostseebericht. Die Landesregierung wird - wie bisher - die Fragen, die hier aufgeworfen worden sind, intensiv angehen und uns dazu einen umfangreichen Bericht vorlegen. Auch das zeichnete unsere Mitarbeit in den Parlamentsforen in den letzten Jahren aus, dass Schleswig-Holstein evaluiert, welche Aufträge oder welche gemeinsamen Positionen gekommen sind und wir immer wissen, was in Schleswig-Holstein davon umgesetzt wird. Dafür noch einmal vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Oliver Kumbartzky.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In meiner Brust schlagen zwei Herzen, wenn wir

(Bernd Voß)

allgemein betrachtet über die Beschlüsse und Resolutionen zum Parlamentsforum Südliche Ostsee diskutieren. Auf der einen Seite besteht ja doch immer eine gewisse Enttäuschung darüber, wie unkonkret und wenig greifbar die Beschlüsse des Parlamentsforums oder ähnlicher Institutionen häufig sind. Auf der anderen Seite sehe ich natürlich aber auch, welch große Chance das Parlamentsforum für den Austausch in der Region gerade mit Kaliningrad, und damit also mit Russland, bietet.

Die Resolutionen werden einstimmig verabschiedet. Das erklärt natürlich auch, warum kritische Themen ausgeblendet werden. Sie wären nicht konsensfähig. Das ist nun einmal das Schicksal aller auf Konsens beruhenden internationalen Organisationen. Der auf der Konferenz geführte Dialog ist dann häufig wichtiger als der eigentliche Resolutionstext. Da gebe ich meinen Vorrednern recht. Gerade in den Zeiten, in denen Spannungen zu Russland bestehen, aber auch innerrussische Entwicklungen wenig Grund zur Freude bieten, ist der Dialog gerade auf diesen Foren besonders wichtig.

(Beifall FDP und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Diese Bemerkung vorangestellt, komme ich jetzt zur Resolution, zu den vorliegenden Anträgen. Tatsächlich setzt die Resolution mit dem Fokus auf die Wissensgesellschaft und die Hochschulkooperation genau den richtigen Schwerpunkt. Damit hebt sich die Resolution sehr positiv von anderen ab und nimmt sich ein Politikfeld zum Gegenstand, welches leider noch nicht den Stellenwert hat, den es aus meiner Sicht haben müsste. Die Wissenschaftsund Forschungspolitik wird teilweise eher stiefmütterlich behandelt, dabei ist sie das größte Kapital, das wir haben. Die Resolution beschreibt genau die richtigen Handlungsfelder.

Nun komme ich konkret zu den Anträgen. Wir können dem Änderungsantrag von CDU und PIRATEN zustimmen, vor allem weil wir einen solchen Bericht für sinnvoll halten würden. Aber ich sehe, es gibt keine Mehrheit für diesen Antrag, wir stimmen auch gern Ihrem Antrag zu - nicht, weil wir immer auf der Gewinnerseite stehen wollen,

(Heiterkeit)

sondern weil auch Ihr Antrag in die richtige Richtung geht.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD und Beifall Jet- te Waldinger-Thiering [SSW])

Wir hoffen aber natürlich, dass es nicht nur bei bedrucktem Papier bleibt, sondern dass die Landesre

gierung für die Umsetzung auch die richtigen Schlüsse zieht. Denn auch Schleswig-Holstein hat leider seine Hausaufgaben im Hochschul- und Forschungsbereich nicht gemacht. Die chronische Unterfinanzierung der Hochschule ist aus Sicht der FDP-Fraktion nicht gelöst. Auch im Forschungsbereich rangiert Schleswig-Holstein im Ländervergleich immer ganz hinten. Das ist bedauerlich.