Protokoll der Sitzung vom 19.11.2015

gierung für die Umsetzung auch die richtigen Schlüsse zieht. Denn auch Schleswig-Holstein hat leider seine Hausaufgaben im Hochschul- und Forschungsbereich nicht gemacht. Die chronische Unterfinanzierung der Hochschule ist aus Sicht der FDP-Fraktion nicht gelöst. Auch im Forschungsbereich rangiert Schleswig-Holstein im Ländervergleich immer ganz hinten. Das ist bedauerlich.

Wenig hilfreich ist es auch, wenn die Wissenschaftsministerin nur verwaltend und nicht gestaltend in der Wissenschafts- und Forschungspolitik aktiv ist. Wir haben gerade vor Kurzem wieder so ein Negativbeispiel erlebt. Da haben wir mit dem mikrobiologischen Schnelltest schon einmal Spitzenforschung mit anwendungsbezogenen Ergebnissen in unserem Land vorliegen, die Menschen wirklich helfen kann und nebenbei möglicherweise auch eine Menge Geld spart. Und was macht die Wissenschaftsministerin? - Sie legt die Hände in den Schoß. Da hätten wir deutlich mehr erwartet. Das reicht nicht, was da passiert ist.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und PIRA- TEN)

Wir sind deshalb auch sehr gespannt, was nachher die Umsetzungsergebnisse angeht, die uns im nächsten Europabericht präsentiert werden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und PIRA- TEN)

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat Frau Abgeordnete Angelika Beer.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Hochschulen sind von Natur aus internationaler Ordnung, sagte Professor Dr. Martin Schilling, der Vizepräsident für Internationales an der Fachhochschule Flensburg, ganz aktuell am 17. November 2015. Anlass war die von der Hochschulrektorenkonferenz initiierte Aktion gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und für Meinungsvielfalt. Keine Preisverleihung und keine wissenschaftliche Leistung kann mehr unterstreichen, welche bedeutsame Rolle Hochschulen und damit Wissenschaft für die Entwicklung unserer Länder, unserer Gesellschaft und unsere Haltung einnehmen. Sie sind die geistig kulturellen Zentren unserer Länder, sie sind die Motoren für Innovation und Wirtschaftskraft,

(Oliver Kumbartzky)

und sie sind Katalysatoren für Verantwortung und menschliche Politik.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich es ausdrücklich, dass sich das Parlamentsforum in seiner Tagung im April 2015 die hier diskutierte Resolution zur Wissenschafts- und Hochschulkooperation im Ostseeraum verabschiedet hat. Der Landtag fordert die Umsetzung dieser Resolution ein. Das ist gut.

Gleichwohl will ich zu dem Antrag der Fraktionen von CDU und PIRATEN auch sagen: Sie haben ihn nicht einmal richtig gelesen. Wir fordern keinen Bericht, wir fordern einen Handlungsplan. Das ist ein Unterschied. Wir sehen uns in der Verpflichtung, gerade im Hinblick auf die im nächsten Jahr anstehende Ausrichtung des Forums durch unser Land, dass wir dann sagen können: Das ist der Handlungsplan unserer Landesregierung, um die Ziele des Forums weiter voranzutreiben. Darum geht es.

(Beifall PIRATEN und Volker Dornquast [CDU])

Wenn hier kritisiert wird, dass wir diesen Antrag stellen und damit eine übliche Konsensverfahrenssache in diesem Landtag infrage stellen: Konsens war bisher auch, dass wir uns nach solchen Konferenzen zusammengesetzt haben und geguckt haben, ob wir gemeinsam einen Antrag einbringen. Das ist diesmal nicht passiert.

(Beifall PIRATEN)

Dann müssen Sie sich auch nicht wundern, wenn dann Änderungsanträge dazu kommen. Das richtet sich nicht gegen die Sache, sondern wir wollen ein Stück mehr Motor in diesem Bereich der Kooperation sein.

Zurück zu der Resolution. Nichts ist in dieser Resolution negativ zu kritisieren, das ist richtig. Oliver Kumbartzky hat das gerade gesagt. Es ist gute Tradition, dass man sich bei diesen Foren einigt. Es ist schwierig genug, gemeinsame Resolutionen gerade angesichts der außenpolitischen Spannungen hinzubekommen, und das ist ein wichtiges Stück parlamentarischer und demokratischer Arbeit.

Die Terroranschläge von Paris haben ganz Europa, haben auch uns nachhaltig erschüttert. Hochschulen des Ostseeraums gestalten den kulturellen und politischen Dialog mit. Sie sind Wegweiser und Korrektiv, und sie leisten einen wesentlichen Bildungsauftrag für die, die Verantwortung in diesem Land, in ganz Europa übernehmen werden, und das in Zeiten von Angst und Gewalt, von größter Herausforderung. Diese Menschen, die dort gerade im Be

reich von Hochschule und Wissenschaft zusammenkommen, sind jene, die diese Herausforderungen in Zukunft meistern müssen. Dabei wollen wir unterstützen.

Natürlich gehören dazu die Klimafrage, die nachhaltige Sicherung von Wohlstand und Daseinsfürsorge und die Etablierung von Menschlichkeit und Zusammengehörigkeitsgefühl - heute noch mehr denn je.

Jean Paul schrieb einst:

„Man gibt seine Kinder auf eine Schule, auf dass sie still werden, auf die Hochschule, dass sie laut werden.“

Ich gebe zu, das ist nun schon einige Jahre her, aber im Grund hat er recht gehabt. Genau das ist die Entwicklung unserer Gesellschaft. Sie muss hörbar und laut sein, sie muss zusammenwachsen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

(Beifall PIRATEN)

Natürlich freue ich mich darüber, dass auch Schleswig-Holstein hier schon weit ist. Es ist völlig unumstritten: Der Campus Flensburg hat Strahlkraft über die Landesgrenzen hinaus. Unsere Hochschulen sind international wissenschaftlich gut aufgestellt, trotz der Kritik, die hier gerade vorgetragen wurde.

Schleswig-Holstein und Dänemark haben sich längst auf den Weg zu einer integrierten Kompetenzregion im Bereich erneuerbarer Energien auf den Weg gemacht. Da ist schon viel passiert, aber auch dies wollen wir in der gesamten Region gern weiter unterstützen und vertiefen. Wir wollen die Netzwerkstrukturen weiter vorantreiben, was die Beziehungen und Partnerschaften weiter verfestigen wird. Wir wollen die Politik mahnen, unsere Hochschulen so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben voll umfänglich wahrnehmen können - und dies in akademischer Freiheit und Verantwortung.

Unser Vertrauen muss an dieser Stelle über jeden Zweifel siegen. Für uns PIRATEN kann ich sagen, dass wir dieses Vertrauen haben. Darum möchten wir unsere Hochschulen noch mehr als in der Vergangenheit in die Freiheit entlassen.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN und Beifall Christopher Vogt [FDP])

Wir diskutieren über die Möglichkeiten gerade in diesen Wochen im Rahmen der Hochschulgesetznovelle, die die Landesregierung als Entwurf vorgelegt hat.

(Angelika Beer)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Frieden und Konfliktforschung in diesen Tagen ist ein auch wirtschaftsrelevanter Komplex.

Ich glaube, die bisherigen Parlamentariertreffen haben gezeigt, dass es gut ist, dass wir nicht mit Säbeln rasseln, sondern immer wieder Verständigung suchen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall Uli König [PIRATEN])

Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Anke Spoorendonk.

Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Herr Abgeordnete Bernd Voss sprach es schon an: Am Montag hatten wir hier im Plenarsaal eine Diskussion zur Bedeutung der Ostseepolitik vor dem Hintergrund der UkraineRussland-Krise. Ich habe dort deutlich gemacht, dass wir heute - auch vor dem Hintergrund der Geschehnisse in Paris, vor dem Hintergrund der Terrorangriffe - mehr denn je - eine starke Ostseepolitik, einen starken Ostseerat und starke regionale Foren der Ostseezusammenarbeit brauchen. Das Parlamentsforum Südliche Ostsee ist eines davon.

Das Parlamentsforum Südliche Ostsee bezieht genauso wie Ostseerat, Ostseeparlamentarierkonferenz oder das Netzwerk der Ostseeregionen, BSSSC - russische Partner auf Augenhöhe ein. Bei dem Parlamentsforum Südliche Ostsee dreht es sich um die Region Kaliningrad. Das ist übrigens der entscheidende Unterschied zur Ostseestrategie der EU, die in Erarbeitung und Fortentwicklung der Strategie die Nicht-EU-Staaten Russland und Norwegen nicht einbezogen hat - ein politischer Fehler nicht nur aus heutiger Sicht.

Für die Landesregierung gilt zum einen: Die vielfältigen Institutionen der Ostseekooperation dürfen durch die EU-Ostseestrategie nicht verdrängt werden, und zum anderen: Die EU-Ostseestrategie hat einen besonderen Wert für die strategische und projektbezogene Zusammenarbeit im Ostseeraum. Aus gutem Grund hat mein Ministerium gemeinsam mit

dem polnischen Kulturministerium daher auch die Verantwortung für die Umsetzung des Aktionsplans der Ostseestrategie als Koordinatoren des Politikbereichs Kultur übernommen. Aber Politik und Projektebene müssen noch besser miteinander verzahnt werden, aufeinander abgestimmt werden. Die Zusammenarbeit mit Russland muss gerade auch im Kontext mit der EU-Ostseestrategie verbessert werden.

Die Tatsache, dass vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise im letzten Jahr das Gipfeltreffen und in diesem Jahr das Außenministertreffen des Ostseerates abgesagt wurden, halte ich immer noch für einen Fehler.

(Beifall SSW und PIRATEN)

Am Montag wurde darüber diskutiert, wie es dazu kam. Es war eine Initiative der direkten Nachbarstaaten Russlands. Ich kann nachvollziehen, dass man das anders gesehen hat. Gleichwohl war und ist es aus meiner Sicht eine vertane Chance.

Die Zusammenarbeit mit Russland in Feldern von gemeinsamem Interesse und die Kooperation auf Projektebene sowie in unseren bilateralen Beziehungen fördern eben das gegenseitige Verständnis. Das ist zu Recht schon angesprochen worden. Der Kontakt von Mensch zu Mensch ist eben von zentraler Bedeutung. Ich sage noch einmal ganz deutlich: Wir müssen verhindern, dass es einen neuen Kalten Krieg im Ostseeraum gibt. Mit diesem Bild will ich in erster Linie eigentlich sagen, dass es keinen Abbruch der existierenden Kommunikationslinien geben darf.

Wir können die Ukraine-Russland-Krise nur über eine erneute Annäherung zwischen dem Westen oder - richtiger gesagt - der EU und Russland auflösen. Die aktuell erzwungene Annäherung vor dem Hintergrund des Krieges in Syrien und des Kampfes gegen den Terror des IS wird mittel- und langfristig nicht ausreichen. Wir müssen im Rahmen der Ostseekooperation weitere Beiträge leisten. Meine Damen und Herren, es würde den Rahmen der Debatte sprengen, eine weiterführende Analyse vorzutragen. Wichtig ist, daran festzuhalten, dass es um den Mehrwert der Zusammenarbeit im Ostseeraum gehen muss, dass dieser Mehrwert neu zu definieren und neu zu etablieren ist.

Dazu gehört aber auch eine Rückbesinnung auf den Wert der OSZE. Auch das wurde am Montag ganz deutlich gesagt.

(Beifall Angelika Beer [PIRATEN] und Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Die OSZE geht zurück auf die Schlussakte von Helsinki des Jahres 1975 und ist eine Friedensorganisation. Russland ist immer noch ein Mitglied dieser Friedensorganisation. Es ist wichtig, mit daran zu denken, wenn wir uns mit der Ostseepolitik beschäftigen.

Meine Damen und Herren, die inhaltliche Diskussion im Parlamentsforum Südliche Ostsee um eine verbesserte Wissenschafts- und Hochschulkooperation begrüße ich natürlich sehr. Dem Ostseeraum wird seit Jahren eine hohe Innovationsfähigkeit attestiert. Schleswig-holsteinische Hochschulen und Forschungseinrichtungen spielen in der Liga der internationalen Spitzenforschung mit. Das Meeresforschungsprojekt „Future Ocean“ ist ein gutes Beispiel schleswig-holsteinischer Forschungsexzellenz. Grundsätzlich gilt: Die Bündelung von Kompetenzen und die Verknüpfung komplementärer Expertise durch transnationale Zusammenarbeit erzeugen einen Mehrwert für alle beteiligten Partner und begünstigen die Herausbildung von Innovationsvorsprüngen.

Eine wichtige Stellschraube zu all diesen Themenfeldern ist und bleibt das INTERREG-Ostseeprogramm. Hiermit können wir seit über 20 Jahren unsere politischen Ziele im Ostseeraum durch konkrete Projekte umsetzen. Gerade heute sitzen die Entscheider - Schleswig-Holstein ist durch mein Haus vertreten - in Malmö zusammen und genehmigen die ersten Projekte der neuen Förderperiode.

Ich begrüße es von daher sehr, dass sich das Wissenschaftsministerium gemeinsam mit Hamburg, mit nahezu allen Ostsee-Anrainerstaaten und dem Ostseerat in dem Projektantrag „Baltic Science Network“ engagiert. Dieses Netzwerk hat das Ziel der Etablierung einer wissenschaftspolitischen Netzwerkstruktur im Ostseeraum. Neu an diesem Projekt ist die Einbindung nahezu aller Bildungsund Forschungsministerien rund um die Ostsee, die mit führenden Universitäten an gemeinsamen transnationalen Forschungsstrategien sowie an Maßnahmen zur transnationalen Nutzung bestehender Infrastrukturen und Fördermöglichkeiten fächerübergreifend arbeiten werden. Es ist wirklich ein Schritt nach vorn, ein Meilenstein.

Meine Damen und Herren, Spitzenforschung, Innovation und nachhaltige Wirtschaft stehen auch bei anderen Projektträgern hoch auf der Agenda. „Smart Blue Regions“ zum Beispiel unter Federführung des Wirtschaftsministeriums ist ein Projektantrag, in dem die von Brüssel stark propagierte Strategie der intelligenten Spezialisierung in einem unserer wichtigsten wirtschaftlichen Zukunftsfel

der, nämlich dem „blauen“ nachhaltigen Wachstum aus den Meeresressourcen, umgesetzt werden soll. Es gibt weitere Projekte. Ich werde gern im zuständigen Europaausschuss darüber berichten.