Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Daniel Günther.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kubicki, ich fand Ihren Eingangsappell an den Schleswig-Holsteinischen Landtag eindringlich und nachvollziehbar, was das Thema AfD angeht. Ich sage Ihnen allerdings auch - Sie haben das an dem Beispiel Hamburg klargemacht, mit dem Sie argumentiert haben, da sei die AfD mittlerweile so stark wie die CDU, in BadenWürttemberg fast so stark wie die SPD -: Bloß, weil Sie auf die Schnelle keine Meinungsumfrage gefunden haben, wo die AfD sich gerade dem Niveau der FDP annähert, kann das nicht dazu führen, dass wir jetzt sozusagen auf zwei Parteien zeigen, sondern ich finde, wir sollten alle miteinander deutlich machen, dass das doch die gemeinsame Verantwortung aller Parteien hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag ist - einschließlich der FDP -, dass wir uns um dieses Phänomen kümmern. Da reicht kein Zeigen nur in eine Richtung, sondern das ist eine gemeinsame Aufgabe dieses Landtags.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Weil vieles von dem sich an die politische Führung des Ministeriums richtet, was ich hier heute sagen werde, sage ich einleitend in aller Klarheit und will das ausdrücklich betonen, dass wir die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten, die hier geleistet wird, mit den Herausforderungen, die es zusätzlich auch im Bereich der Flüchtlingshilfe im Moment gibt, natürlich respektieren, und dass wir respektieren, dass im Bereich der Einbruchskriminalität von den Polizistinnen und Polizisten eine hervorragende Arbeit geleistet und eben nichts vertuscht wird, sondern dass die wirklich in klarer Offenheit über diese Probleme reden. Der Dank von uns allen gilt der tollen Arbeit, die die Polizistinnen und Polizisten hierbei leisten.

(Beifall CDU)

Dennoch kommen wir nicht umhin zu konstatieren, dass es eine bittere Tatsache ist, dass Menschen in Schleswig-Holstein Angst um ihre Sicherheit haben, dass organisierte Banden - überwiegend aus dem Balkan - durch unser Land laufen, in unsere Häuser einbrechen und die Menschen Angst um

Hab und Gut haben. Der Hilferuf aus Dänischenhagen, der den Ministerpräsidenten erreicht hat, ist natürlich kein Einzelfall. Aber ich glaube, es war gut und richtig, dass darüber dieses Thema auf die politische Agenda gesetzt worden ist.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Es waren übrigens ganz viele Privatpersonen, die diesen Brief unterschrieben haben, Herr Kollege Dr. Stegner, das soll man jetzt nicht alles kleinreden.

(Christopher Vogt [FDP]: Der Landtagsdi- rektor ist ein Bürger dieses Landes!)

Wir müssen alle miteinander beobachten, dass die Menschen Angst haben, dass sie sich zunehmend bewaffnen, dass man Gespräche mit Sicherheitsdiensten führt, dass Menschen Selbstverteidigungskurse anbieten und Menschen dort hingehen, weil sie sich selbst nicht mehr beschützt fühlen. Ich finde, das muss uns alle doch mit Sorge erfüllen; denn ich sage das in aller Klarheit: Ich will keine Bürgerwehren.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Ich will nicht, dass die Leute sich selbst dagegen schützen. Ich möchte, dass der Staat handlungsfähig ist. Kernkompetenz dieses Landes ist die innere Sicherheit. Die muss der Staat sicherstellen.

(Beifall CDU und Christopher Vogt [FDP])

Die nackten Zahlen geben schon Anlass zur Sorge. Wenn der Kreis Stormarn alleine eine so hohe Anzahl von Wohnungseinbrüchen hat wie der gesamte Freistaat Thüringen, wenn wir in SchleswigHolstein 8.600 Einbruchdiebstähle haben, 1.100 Einbrüche mehr als im Jahr 2014, ein Anstieg um 15 % - nicht einmal 10 % werden davon aufgeklärt -, und die Experten gehen jetzt schon - wir haben das in den Pressekonferenzen gehört - davon aus, dass die Aufklärungsquote eher noch sinken wird, und wir haben jetzt schon die schlechteste Aufklärungsquote aller Flächenländer in Deutschland, dann ist es doch kein Wunder, dass sich die Menschen Sorgen machen. Das, was der Innenminister heute berichtet hat, wäre - so finde ich noch interessant gewesen, wenn er das vor einigen Monaten gemacht hätte. Aber die Fakten, die wir heute kennen, die kennen wir nur, weil wir Druck gemacht haben, weil die Öffentlichkeit Druck gemacht hat. Der Minister wollte das dem Parlament und der Öffentlichkeit bis heute verschweigen, was wir heute wissen.

(Beifall CDU)

(Wolfgang Kubicki)

Die Menschen sollten über das Ausmaß der Kriminalität in unserem Lande belogen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Martin Habersaat [SPD]: Was ist das denn wieder für ein Quatsch? So ein Scheiß! - Weitere Zurufe - Rasmus Andresen [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch kom- pletter Käse!)

Er wollte bis zum Frühjahr 2016, bis März warten, bis diese Zahlen veröffentlicht werden. Das hat er öffentlich gesagt. Schauen Sie sich den Bericht an, der heute vorliegt. Der ist am 13. Januar 2016 veröffentlicht worden. Dort heißt es, dass Aussagen zur Aufklärungsquote 2015 erst nach Abschluss der jährlichen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik getätigt werden können.

Vorab heißt es sogar:

„Erfreulich ist, dass die Aufklärungsquote … in Schleswig-Holstein im Jahr 2014 um 2,4 Prozentpunkte … auf 12,6 % gestiegen ist.“

Stärker kann man den Menschen doch nicht Sand in die Augen streuen, wenn man dem Parlament zeitgleich solche Berichte zuleitet, auf Druck der Öffentlichkeit eine Pressekonferenz macht und das Gegenteil berichten muss, weil die Fakten in diesem Bericht falsch sind. Da müssen sich die Menschen doch veräppelt vorkommen.

(Beifall CDU und FDP)

Herr Abgeordneter, Ihnen ist bekannt, dass wir uns hier nicht gegenseitig der Lüge bezichtigen. Ich rüge Sie dafür, dass Sie das wiederholt getan haben, heute noch einmal.

(Beifall Martin Habersaat [SPD] und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zurufe)

Ich frage Sie jetzt, ob Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Dolgner zulassen.

Sehr gern lasse ich die Zwischenfrage meines Doktor-Kollegen zu.

Herr Kollege Günther, da Sie ja aus den PKS-Veröffentlichungen und daraus, wann sie normalerweise kommen, jetzt so einen Skandal versuchen zu konstruieren: Erinnern Sie sich, wann Ihr In

nenminister Schlie den sehr deutlichen, sogar dimensional ähnlichen Anstieg der Einbruchszahlen 2009 auf 2010 veröffentlicht hat, in welchem Monat das gewesen ist?

- Herr Kollege Dr. Dolgner, ich hätte mir denken können, dass jetzt Wissensfragen kommen, wenn Sie Ihre Frage stellen.

- Besser als Behauptungen!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

- Also, wann?

- Herr Kollege Dr. Dolgner, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Antwort wissen, das der Öffentlichkeit jetzt schon zu sagen. Ehrlich gesagt ist mir diese Zwischenfrage völlig schnurz, weil sie nichts mit dem zu tun hat, was ich hier angesprochen habe.

(Beifall Volker Dornquast [CDU])

Hier wird ein Bericht vorgelegt, und am gleichen Tag wird durch diesen Minister mündlich das Gegenteil erklärt.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Dabei bleibe ich: Das finde ich einen politischen Skandal. Davon sollten Sie mit solchem Flüchten in die Vergangenheit auch nicht ablenken.

(Lachen Dr. Kai Dolgner [SPD])

Eine weitere Zwischenfrage lasse ich auch nicht zu.

(Beifall CDU - Demonstrativer Beifall Kir- sten Eickhoff-Weber [SPD] und Martin Habersaat [SPD] - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Deswegen bringe ich Ihnen auch das Zitat aus dem Oktober 2015 von Minister Studt - 14. Oktober 2015 -:

„Ich will es einmal in aller Deutlichkeit sagen: Aus polizeilicher Sicht gibt es überhaupt keine Hinweise über erhöhte Kriminalität.“

Heute wissen wir: Schon damals lag dem Minister vor, dass es Hinweise auf eine deutlich erhöhte Kriminalität gibt. Da können Sie doch heute nicht im Landtag erzählen, dass das eine transparente Öffentlichkeitsarbeit ist, die in diesem Bereich gemacht wird.

(Beifall CDU und FDP)

(Daniel Günther)

Als wenn der Bericht nicht schon schlimm genug für die Menschen in unserem Land wäre, die sich Sorgen um die innere Sicherheit machen: Ihr Antrag heute setzt dem Ganzen wirklich noch die Krone auf. Wenn Sie hier solche Sätze in Ihren Antrag schreiben wie:

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag begrüßt, dass es keine Konkurrenz zwischen Flüchtlingsaufgaben der Landespolizei und der Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls gibt.“