Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

Nicht nur wurde die Dienststellenzusammenlegung bereits unter Innenminister Schlie eingeleitet, was Sie immer geflissentlich übersehen, sondern viel wichtiger ist: Eine Dienststelle mit einem, zwei oder drei Bediensteten, bei der zwar „Polizei“ dransteht, aber keine Polizei drin ist, hilft nicht, sie kann nicht wirksam beitragen zur Bekämpfung der Wohnungseinbrüche.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Hier sind Spezialistinnen und Spezialisten gefragt. Die gut informierten und dreisten Täter scheren sich einen Dreck darum, ob eine nachts unbesetzte Polizeistation in der Nähe ist. Das ist die Wahrheit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, seien Sie ehrlich zu den Leuten im Lande, anstatt gefühlig klingende Parolen herumzuposaunen.

Es gibt auch längst die von Ihnen geforderte enge Zusammenarbeit mit der Hamburger Polizei. Der Herr Innenminister hat es dargelegt.

Auch Ihr Vorschlag, die §§ 244 und 244 a StGB zu verschärfen, ist ein alter Hut, wie bei den Beratungen vor gut einem Jahr bereits gesagt worden ist. Für Wohnungseinbrecher soll es keinen minderschweren Fall geben, bei Totschlag und Raub aber dann doch? Das können Sie niemandem erklären.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Aber holla!

Herr Kollege Peters, wenn ich Ihnen aufmerksam zuhöre und den Antrag gelesen habe und Sie erklärt haben, dass Präsenz in der Fläche keinen Sinn für die Bekämpfung macht, warum sollen wir dann unter Ziffer 6 Ihres Antrags beschließen: Die Präsenz der Polizei in der Fläche bleibt nachhaltig und langfristig gewährleistet?

(Burkhard Peters)

- Die Präsenz in der Fläche ist natürlich nach wie vor gewährleistet. Ich habe eine Polizeistation mit einem Mann in Breitenfelde. Wenn dann in Hornbek, wo ich wohne, 10 km weiter entfernt eingebrochen wird, dann nutzt das nichts. Da ist es wichtiger, dass eine größere, Tag und Nacht besetzte Polizeistation in Mölln oder in Schwarzenbek schneller einsatzbereit ist als dieser Mann, den ich nachts aus dem Bett klingeln muss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Der Einbrecher schert sich einen Dreck um diesen Mann in Breitenfelde.

Das war meine Antwort. - Danke.

Auch die Einführung der Telefonüberwachung ist eine unsinnige Scheinmaßnahme. Gegen Bandeneinbrüche - das haben wir heute schon gehört - gibt es die Möglichkeit der TKÜ schon längst. Verschonen Sie uns also mit Ihren abgestandenen Vorschlägen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

Abschließend zum Antrag der geschätzten Frau Kollegin Ostmeier zur Stärkung der Justiz. Dazu hat bisher noch niemand Stellung genommen, außer der Ministerin. Fünf zusätzliche Stellen für die Staatsanwaltschaft sollen es diesmal sein; wieder einmal außerhalb der Haushaltsdebatte. Das ist endlich einmal ein Vorschlag, der sich hören lässt, wenn es auch der Einzige in dem Antrag ist.

Ich ergänze: Auch eine Aufgabenkritik im Bereich der Staatsanwaltschaft wäre manchmal sinnvoll und überlegenswert. Als Stichworte fallen mir ein: Verfahren wegen illegaler Einreise, Verfolgung von Cannabiskonsum in geringen Mengen oder Schwarzfahren.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

In den meisten dieser Fälle arbeiten Polizei und StA direkt für die Aktenablage, und das bindet unnötig wertvolle Kapazitäten. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt SPD und PIRATEN)

Für die Fraktion der PIRATEN erteile ich dem Abgeordneten Patrick Breyer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe bei der Debatte zur inneren Sicherheit manchmal den Eindruck, dass wir schwanken zwischen dem Schüren von Ängsten einerseits und dem Verharmlosen andererseits, und dass es uns nicht gelingt, den richtigen Mittelweg zu finden. Ich bitte darum zu versuchen, diesen Weg zu finden.

(Volker Dornquast [CDU]: Da sind wir ja mal gespannt!)

Richtig ist beim Thema Wohnungseinbruch einerseits sicherlich, dass das eine schwerwiegende Straftat ist, dass es eben nicht nur um ein Vermögensdelikt geht, sondern auch das Rechtsgut der Unverletzlichkeit der Wohnung betroffen ist, und dass solche Straftaten auch zur Traumatisierung von Menschen führen können, die gerade bei älteren oder hilflosen Menschen auch schlimme Folgen für ihr Leben haben können.

Wir verzeichnen hier einen deutlichen Anstieg der Zahlen im Vergleich zum Vorjahr. Auf der anderen Seite ist aber auch richtig, dass es keinen Anlass zur Hysterie gibt, genauso wenig wie zur Beschönigung. Ich habe den Eindruck, dass teils nicht die Kriminalitätsentwicklung, sondern vielmehr die Medienberichterstattung und die politische Debatte die Menschen verunsichern und verängstigen. Richtig ist, wie die Kollegin Lange schon ausgeführt hat, dass die Zahl der Wohnungseinbrüche heute trotz des Anstiegs hinter der Zahl in den 90er-Jahren zurückbleibt. Um eine neue Zahl in die Debatte einzuführen: Weniger als 1 % der Bürgerinnen und Bürger ist heute von schwerer Kriminalität wie Wohnungseinbruch, Raub oder Kfz-Diebstahl betroffen. Das zeigt die kriminologische Forschung. Das heißt, wir sollten den Menschen in der Debatte ganz klar sagen: Deutschland ist mit das sicherste Land der Welt.

Es ist wichtig, dass wir die Menschen über das reale Maß an Kriminalität in Deutschland besser aufklären, damit keine unnötige Verunsicherung entsteht.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Jette Waldin- ger-Thiering [SSW])

Wir PIRATEN fordern deswegen ein Programm zur Aufklärung über die Kriminalitätswirklichkeit, um der verzerrten Wahrnehmung in Sachen Kriminalität entgegenzuwirken; denn tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass die Menschen den Eindruck

(Burkhard Peters)

haben, dass es unsicherer wird, während in anderen Bereichen das Gegenteil der Fall ist. Ich erinnere an die Veranstaltung zum Thema Gewaltkriminalität im letzten Jahr, bei der Professor Pfeiffer ausgeführt hat, dass diese im Rückgang begriffen ist.

Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es in einem freien Land nicht. Wir dürfen sie auch nie anstreben denn wenn es sie gäbe, wäre das kein freies Land mehr, dann hätten wir keine Sicherheit, sondern hätten wir die Staatssicherheit, und die wollen wir in unserer Demokratie nicht haben.

(Beifall PIRATEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Lassen Sie uns deswegen nie den Eindruck erwecken, jeder Einbruch, der nicht verhindert werden könne, zeuge von Staatsversagen. Es wird nie gelingen, jeden Einbruch zu verhindern. Das kann kein demokratischer Staat leisten.

Was wir aber leisten können und müssen, ist, dass Polizei und Staatsanwaltschaft solche Wohnungseinbrüche entschlossen verfolgen. Dazu brauchen sie die nötigen Kapazitäten. Dazu gehören - das unterstützen wir PIRATEN - der Erhalt der Polizei in der Fläche und die Zusammenarbeit mit Hamburg und anderen Bundesländern.

Gerade wegen dieses Personalbedarfs bei der Polizei müssen insbesondere die verdachtslosen Kontrollen in Gefahrengebieten endlich abgeschafft werden, um mehr Personal für gezielte Ermittlungen gegen verdächtige Personen zu haben.

(Beifall PIRATEN und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gerade wer mehr Präsenz in der Fläche will, muss für die Abschaffung dieser unnützen Kontrollen sein. Herr Innenminister, Sie konnten bis heute keinen einzigen Fall nennen, in dem ein Einbrecher durch eine verdachtslose Kontrolle gestoppt oder gefasst worden wäre. Alle bisherigen konkreten Erfolge sind, wie ich es gehört habe, Beifang. Dabei ging es um ganz andere Themen. Das hatte nichts mit Einbruch zu tun, nichts mit dem Grund, warum die Gefahrengebiete eingerichtet wurden. Sie können doch nicht einfach behaupten, die Gefahrengebiete seien ein Bestandteil Ihres Konzepts, ohne irgendeinen Beleg dafür vorzulegen, dass sie einen Beitrag geleistet haben. Ich habe bis heute von keinem einzigen Fall gehört, bei dem eine solche verdachtslose Kontrolle einen Beitrag zur Bekämpfung von Einbruchskriminalität geleistet hat.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Sie nennen auf Anfrage keinen Fall, auch in Ihrem Bericht wird kein Fall genannt. Sie sagen in Ihrem Bericht sogar ausdrücklich, dass Sie das gar nicht erfassen, dass Sie dieser Frage gar nicht nachgehen. So geht das in unserem Rechtsstaat nicht. Wir wissen seit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg, dass die Rechtsgrundlage zu den Gefahrengebieten verfassungswidrig ist. Gerade weil Wohnungseinbrüche oft so schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben, ist so ein hilfloses Stochern im Nebel nicht zielführend. Das ist eine bloße Simulation von Sicherheit, die sogar kontraproduktiv sein kann.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Deswegen sagen wir PIRATEN: Ein Generalverdacht gegenüber ausländischen Menschen ist genauso unangebracht wie ein Generalverdacht gegenüber Schleswig-Holsteinern in den Gefahrengebieten.

Es wäre in der Tat wünschenswert, wenn die Menschen in unserem Land ihre Wohnungen noch besser als bisher gegen Einbrüche sichern würden; denn Gelegenheit macht Diebe. In technisch gesicherten Wohnungen, so zeigen die Untersuchungen, wird 30-mal seltener eingebrochen als in Wohnungen, die nicht so gesichert sind. Auch einfache Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel längere Abwesenheiten nach außen hin zu verbergen, wirken und senken das Risiko von Wohnungseinbrüchen.

(Volker Dornquast [CDU]: Videoüberwa- chung!)

Eine Erhöhung des Gesamtaufwands kann womöglich die Wahrscheinlichkeit einer Überführung des Täters schlussendlich erhöhen. - Herr Kollege Dornquast, Videoüberwachung bringt in dem Zusammenhang überhaupt nichts. Kein Täter lässt sich davon abschrecken. Das Gegenteil ist der Fall: Sie lassen sich gern dabei filmen, wie man im Fernsehen leider ab und zu sehen muss. - Ich appelliere an die Bürgerinnen und Bürger, sich über die Möglichkeiten des Einbruchsschutzes zu informieren, beispielsweise über die Webseite www.k-einbruch.de.

(Wortmeldung Wolfgang Kubicki [FDP])

- Bitte schön.

Herr Kubicki zu einer Zwischenbemerkung.

Nein, zu einer Frage. Es muss daran liegen, dass es noch früh ist. Herr Kollege Dr. Breyer, können Sie

(Dr. Patrick Breyer)

mir erklären, wie man 30-mal weniger einbricht? Sie haben erklärt, die technische Sicherung würde dazu führen, dass man 30-mal weniger einbricht.