Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

mir erklären, wie man 30-mal weniger einbricht? Sie haben erklärt, die technische Sicherung würde dazu führen, dass man 30-mal weniger einbricht.

Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt, Herr Kollege. Die Untersuchungen zeigen, dass das Risiko eines Einbruchs in Objekte, die technisch einbruchsgesichert sind, 30-mal geringer ist. Das heißt, es wird 30-mal häufiger in Objekte ohne technischen Einbruchsschutz eingebrochen.

Zwischen 0 und 100 %: Was bedeutet 30-mal weniger? Das kann ich nicht verstehen. Ich kann sagen: Die Wahrscheinlichkeit sinkt um 30 % oder um die Hälfte. Aber 30-mal weniger ist eine Größe, mit der niemand etwas anfangen kann, ich jedenfalls nicht.

- Sie können das Risiko, dass bei Ihnen eingebrochen wird, auf ein Dreißigstel absenken, wenn Sie Ihr Objekt technisch gegen Einbrüche sichern lassen.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: 96,66 %!)

- Der Herr Kollege Dolgner hat das im Kopf umgerechnet.

(Heiterkeit PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Danke schön für die Unterstützung.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn Sie in der obersten Etage eines Hochhauses wohnen, ist die Wahrscheinlichkeit null!)

- Ich glaube, die Frage ist beantwortet. Vielleicht können wir das im Nachgang grafisch darstellen, Herr Kollege, damit jeder sich das vor Augen führen kann.

Es bleibt dabei: Prävention ist das beste Mittel gegen einen Wohnungseinbruch, zumal im Bereich der organisierten Kriminalität ein festgesetztes Bandenmitglied schnell durch ein anderes ersetzt werden kann.

Populistisch und ein Beispiel für Sicherungshysterie ist die Forderung der CDU nach mehr Überwachung und Strafverschärfung in diesem Zusammenhang. Das habe ich schon in der Debatte im März 2015 ausführlich dargelegt.

Auch Professor Brenneisen von der Fachhochschule für Polizei sagt - das ist heute in der „Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung“ nachzulesen -,

wir brauchen in diesem Zusammenhang keine Gesetzesverschärfung. Er wünscht sich übrigens auch - das finde ich bemerkenswert -, dass Politik nicht nach Schlagzeilen und aktuellen Ereignissen gemacht würde, sondern dass langfristige Konzepte im Bereich der Kriminalitätsprävention verfolgt würden. Dem kann ich mich nur anschließen.

(Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was den Antrag angeht, den die Koalitionsfraktionen hier vorgelegt haben, so kann ich nur sagen: Die Ausführung, dass der Innenminister hier die Lage zu jeder Zeit transparent dargestellt hätte, spricht der Realität Hohn.

(Beifall PIRATEN und Volker Dornquast [CDU])

Fakt ist doch, dass einzelne Beamte aus der Polizei heraus überhaupt erst die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht haben, dass die Zahlen so stark angestiegen sind, dass die Spitze die Herausgabe dieser Zahlen lange Zeit nicht zugelassen hat, dass wie ich weiß - sogar Presseanfragen nach der Zahl der Wohnungseinbrüche in den südlichen Kreisen Schleswig-Holsteins nicht beantwortet wurden, Herr Minister. Da Sie die Vorgangsbearbeitungszahlen, die Sie zunächst nicht herausgeben wollten, nun doch herausgeben, hätten Sie das besser gleich auf Anfrage gemacht; denn in dem Moment, in dem eine Zahl geheimnisumwoben wird, wird sie viel mehr aufgeladen, als wenn man gleich dazu steht, sie erklärt und einordnet.

(Beifall PIRATEN, Volker Dornquast [CDU] und Barbara Ostmeier [CDU])

Ebenso wenig transparent ist Ihre Darstellung offensichtlich bei der Frage gewesen, inwiefern ausländische Bürger und Zuwanderer für den Anstieg der Zahlen verantwortlich sind. Sie haben noch in der Pressekonferenz erklärt, der Anstieg dürfte maßgeblich auf einzelne Zuwanderer zurückzuführen sein. Jetzt erklärt aber die Kollegin Lange, dass die Zahlen, die Sie dafür herangezogen haben, sich nur auf einen kleinen Teil der Einbrüche beziehen. Wie man angesichts dessen von einem maßgeblichen Anstieg durch Zuwanderer sprechen kann, erschließt sich mir nicht. Das Bild, das Sie der Öffentlichkeit in diesem Punkt bieten, ist auch alles andere als transparent.

(Beifall PIRATEN)

Schließlich findet sich im Antrag der Koalitionsfraktionen auch kein Wort zu den völlig gescheiterten Gefahrengebieten, zu denen eine klare Aussage

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

eindeutig angebracht wäre. Umgekehrt hat ja der Minister sogar angekündigt, dass nicht einmal mehr offengelegt werden soll, wenn solche Gefahrengebiete eingerichtet werden. Da verschlägt es mir wirklich die Sprache. Wenn bei mir zu Hause verdachtslos kontrolliert werden soll, dann muss ich das doch wissen. Es bemerkt sowieso jeder, der in solche Kontrollen gerät. Warum soll man das nicht offenlegen? Also, das ist völlig unverständlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend auf den Antrag der CDUFraktion zum Thema „Justiz im Land stärken“ eingehen. Zunächst einmal freue ich mich über die Ankündigung der Justizministerin, dass tatsächlich eine Stärkung der Justiz geplant ist. Das entspricht ja auch den Belastungszahlen, die - wie allseits bekannt - ausweisen, dass im Bereich der Staatsanwaltschaft eine Unterdeckung vorhanden ist. Darauf hatte ich schon im vergangenen Jahr in der Debatte zum Thema Strafkammern hingewiesen, die Sie angestoßen hatten. Ich hoffe natürlich, dass der Nachtragshaushalt in dem Punkt strukturell gegenfinanziert wird. Ich will mich aber in dem Zusammenhang für die Ankündigung bedanken. Bedanken möchte ich mich auch bei der CDU-Fraktion; denn auch wenn ihre Anträge inhaltlich nicht immer zielführend sind, hat der Druck offensichtlich doch dazu beigetragen, dass sich in dem Bereich etwas bewegt, und das ist dringend nötig.

(Beifall PIRATEN)

Es ist erfreulich, dass die Kollegen von der CDUFraktion mit ihren Personalforderungen diesmal bei der Staatsanwaltschaft ansetzen, wo - wie schon gesagt - der Bedarf tatsächlich größer ist als bei den Gerichten. Warum es allerdings fünf Stellen sein sollen, obwohl nach den Zahlen 20 nötig wären, ist für mich nicht nachvollziehbar. Es fehlt auch ein Vorschlag, wie das gegenzufinanzieren ist. Deswegen bin ich gespannt darauf, was die Landesregierung vorlegen wird.

Frau Kollegin Ostmeier, was die Aufgabenverdichtung angeht, so haben wir ja ein System der Personalbedarfsanalyse, in das natürlich alle aktuellen Aufgaben und Belastungen der Justiz einfließen. Die Analyse wird durch systematische Erhebungen, auch was die Belastung angeht, immer wieder erneuert. Das ist zumindest ansatzweise empirisch fundiert. Den Mehrwert einer weiteren Untersuchung in diesem Bereich vermag ich an der Stelle nicht zu erkennen. Deswegen: In der Zielrichtung sind wir uns einig. Bezüglich des Weges bleibt abzuwarten, was hier konkret vorgeschlagen wird.

Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Vielen Dank. - Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Sie bitten, gemeinsam mit mir auf der Tribüne eine weitere Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus dem Friedrich-SchillerGymnasium in Preetz zu begrüßen. - Herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Das Wort hat nun der Kollege Lars Harms von den Abgeordneten des SSW.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Blick auf die Zahlen zu den verübten Einbrüchen reicht, um den deutlichen Anstieg zu erkennen. Die Fallzahlen bewegen sich im Übrigen in der gesamten Bundesrepublik auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Es muss jedoch auch dazu gesagt werden, dass es sich nicht um eine markante Steigerung der Kriminalitätsraten im Allgemeinen handelt. Die Kollegin Lange und der Kollege Peters haben die Zahlen schon offengelegt und die Statistiken angeführt. Ich glaube, es ist sehr deutlich geworden, dass das ein Phänomen ist, das immer mal wieder auftaucht, dass es anscheinend in diesem Zusammenhang auch Konjunkturzyklen gibt und dass sich die jetzige Lage nicht von Lagen in anderen Jahrzehnten unterscheidet.

Es geht somit ganz explizit um die Verschiebung von Schwerpunkten. Diebstähle gehören seit Generationen zu den am häufigsten verübten Straftaten und auch zu denen, die am schwierigsten aufgeklärt werden können. Dabei unterscheidet man zwischen einfachem und schwerem Diebstahl. Ein Wohnungseinbruch kann - je nach Tatverlauf - in die eine oder andere der beiden Kategorien fallen. Wohnungseinbrüche sind nichts Neues. Ihr derzeit hoher Anteil in der sogenannten Straftatengruppe ist jedoch durchaus neu, jedenfalls wenn man sich die letzten zehn Jahre anguckt. Autos, Geschäfte und Büroräume scheinen in diesen Zeiten weniger interessant beziehungsweise lukrativ zu sein - das war in anderen Jahren noch anders - als Privatwohnungen und freistehende Häuser. Das führt in der breiten Bevölkerung natürlich zu einer Verunsicherung. Wenn in ein Bürogebäude in einem Gewerbegebiet eingebrochen wird, dann ist das Eigen

(Dr. Patrick Breyer)

empfinden nicht so stark, als wenn in der Nachbarschaft, da, wo der Nachbar wohnt, eingebrochen wird.

Der Anstieg der Einbruchszahlen beschäftigt uns im Land schon seit ein paar Jahren. Deshalb wurde im Herbst 2012 ein entsprechendes Konzept des Innenministeriums und der Landespolizei vorgestellt. Dieses Konzept ist ja von der Landespolizei ausgearbeitet worden. Der Kollege Kubicki ist leider gerade nicht im Raum. Schade, dass er das nicht hört; denn er hat ja mehr oder weniger gesagt, dieses Konzept sei ein schlechtes Konzept; das Konzept funktioniere nicht und habe keine Wirkung, und er hat dann den Innenminister beschuldigt, da er für dieses Konzept verantwortlich sei. Allerdings muss man sagen: Dieses Konzept ist von der Landespolizei ausgearbeitet worden. Wenn man Kritik gegenüber diesem Konzept äußert, dann äußert man Kritik gegenüber der Landespolizei. Dem kann ich mich nicht anschließen, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erstens. Als Landespolitiker ohne eine fachliche Ausbildung bei der Kriminalpolizei glaube ich nicht, dass ich fachlich dazu geeignet bin, tatsächlich Kritik daran zu üben. Zweitens. Die Gespräche mit der Landespolizei zeigen mir deutlich, dass dieses Konzept wirkt. Dieses Konzept wird auch ständig überarbeitet, wenn es die Notwendigkeit dazu gibt. Trotz der hohen Einbruchszahlen werden relativ viele Diebstähle aufgeklärt, beziehungsweise man arbeitet auch in der Prävention sehr gut.

Meine Damen und Herren, man muss sich auch immer wieder vor Augen halten: Wir haben hier eine andere Struktur - darüber bin ich ganz froh - als andere Bundesländer, beispielsweise Nordrhein-Westfalen, in denen Polizeidirektionen immer noch politisch geführt werden. Ich glaube nicht, dass das sehr klug ist;

(Beifall Flemming Meyer [SSW], Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

vielmehr glaube ich, dass das, was man immer schon in Schleswig-Holstein gemacht hat, der klügere Weg ist, nämlich dass die Landespolizei wenn man so will - sich selbst führt und wir uns eben in der Fachverantwortung als Ministerium die personelle und sachliche Ausstattung und Ähnliches und natürlich auch um die politische Unterstützung dieser Arbeit zu kümmern haben. Deswegen fühle ich mich in den Händen der Landespolizei - wenn man denn so will - wirklich sehr sicher.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich glaube auch, dass der Schwerpunkt in der Arbeit der Landespolizei jetzt richtig gesetzt ist. Das Problem wurde glücklicherweise offen kommuniziert, was die Einbruchdiebstähle angeht. Zudem wurde von schleswig-holsteinischer Seite mit den Kollegen aus Hamburg eine dauerhafte Zusammenarbeit auf die Beine gestellt. Das wird ja auch von der CDU gefordert. Gut ist, dass wir das schon lange machen. Bevor wir in der nächsten Landtagstagung wieder einen neuen Antrag bekommen, sage ich: Ja, auch mit unseren Partnern in MecklenburgVorpommern, in Niedersachsen und in Dänemark wird zusammengearbeitet, im Übrigen nicht nur bei der Landespolizei, sondern, was die grenzüberschreitende Kriminalität angeht, auch bei der Bundespolizei. Da braucht also auch kein Antrag mehr gestellt zu werden. Das funktioniert alles; das wird alles gemacht.

Es passiert also schon sehr viel, und es ist keineswegs so, dass unser Staat hier hilflos wäre oder dass die Menschen gar mit dem Problem Einbruchskriminalität alleingelassen würden. Wichtig ist vielmehr, dass man das, was man tut, vielleicht auch einmal draußen verkündet.

Zurück zur offenen Kommunikation. Was wir wissen, ist, dass vor allem der Hamburger Rand und die Ballungsgebiete um Kiel und Lübeck besonders betroffen sind, doch es geht oftmals auch um mittelgroße Orte, die an zentralen Verkehrsachsen wie etwa einer Bundesstraße liegen. Dort finden sich mehrheitlich Einfamilienhäuser, die keinen zu großen Abstand zwischen den einzelnen Häusern aufweisen, sodass man dann, wenn man in einem Haus kein „Glück“ hatte, sofort zum Nachbarhaus wandern kann, um dort sein „Glück“ zu suchen. Diese Struktur führt natürlich dazu, dass diese Orte Einbruchdiebstähle - wenn man so will - wie ein Magnet anziehen. Wir können zum Beispiel sagen, dass Harrislee so ein Ort ist. Im Jahr 2014 ist dort die Gesamtkriminalität im Vergleich zum Vorjahr um fast 40 % gestiegen. In Handewitt waren es 70 %. Darunter fallen eben auch und gerade die Wohnungseinbrüche, die wohl ursächlich für diese sehr regionalen Steigerungsraten sind.

Bezeichnend ist, dass beide Orte in direkter Nähe zu Bundesstraßen und der A 7 gelegen sind. Die Täter nutzen diese anscheinend als Fluchtrouten. Generell agieren sie in verschiedenen Regionen und sind in Gruppen beziehungsweise Banden zusammengeschlossen, die dementsprechend äußerst professionell vorgehen. Ihnen muss man infolgedessen

(Lars Harms)

professionell entgegentreten, und genau das macht unsere Landespolizei. Sie muss deshalb nicht verbal unter Druck gesetzt werden. Auch die Konzepte und die Zusammenarbeitsformen der Landespolizei funktionieren. Eigentlich bedarf es keiner guten Ratschläge aus der Politik für die fachlich hoch qualifizierte Arbeit der Landespolizei. Die Polizei löst ihre Aufgaben schon sehr gut allein.

Für uns als SSW hat sich aber gezeigt, dass professionelle Ermittlungsteams, die sich auf die Einbruchskriminalität spezialisieren, der richtige Weg sind. Nur mit professionellen Mitteln werden wir der Banden habhaft. Es ist ein Trugschluss zu glauben, eine Polizeistation vor Ort würde künftige Einbrüche verhindern können. Vielmehr werden die Einbrüche auch in größeren Orten begangen. In den eben beschriebenen Orten Harrislee und Handewitt gibt es Polizeistationen, und trotzdem ist die Einbruchskriminalität dort gestiegen. Mehr Polizei in der Fläche ist daher kein Allheilmittel - leider - sondern es geht darum, effizienter zu werden und jedes Mal zu fragen, ob man nicht noch etwas hinzulernen kann. Genau das tut die Landespolizei auch. Überall einen Dorfsheriff zu haben, kann sogar dazu führen, dass bei begrenzter Anzahl von Polizisten die professionellen Ermittlungsteams ausdünnen und nicht mehr so effektiv arbeiten können. Genau das wollen wir nicht.