Protokoll der Sitzung vom 22.01.2016

(Klaus Schlie [CDU]: Das ist schwarz-weiß!)

Nein, meine Damen und Herren, Großvorhaben scheitern nicht am Artenschutz, nicht an den Grünen oder an Naturschutzbelangen. Nein, der Artenschutz steht hier nicht im Fokus. Der Artenschutz ist kein Verhinderungsrecht. Das habe ich zumindest von meinem Minister Habeck in der Debatte gelernt.

Herr Dr. Tietze, erlauben Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Vogt?

Ja, bitte schön, gern.

Bitte schön, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Tietze. - Das Schöne ist ja, dass Sie das, was Sie uns jetzt unterstellen und vorwerfen, gleichzeitig auch dem eigenen Minister unterstellen, den Sie nach meiner Kenntnis immer noch stützen. Aber ich wollte eigentlich etwas anderes fragen.

Meinen Sie nicht auch, dass es für die Menschen vielleicht eher ein Problem ist, wenn ein Projekt, das seit Jahrzehnten einen so großen politischen Rückhalt hat, nicht wirklich vorankommt? Meinen Sie nicht auch, dass das langsam ein demokratietheoretisches Problem geworden ist, oder ist Ihnen das egal?

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Nein, das ist uns keinesfalls egal. Ich will an der Stelle auch einmal sagen: Ihre Unterstellung, dass ich hier etwas gegen Herrn Meyer vortrage, ist völliger Unsinn. Auch Herr Meyer hat sich in dieser Diskussion klar und deutlich zu den qualitativen Normen und zum Artenschutzrecht bekannt. Er hat gerade gesagt, weil er an dieser Stelle solide plant, weil Qualität und Gründlichkeit für ihn an erster Stelle stehen, ist er in dieser Frage gründlich vorgegangen.

Ich will auch erwähnen, dass ich von der CDU ein bisschen enttäuscht bin.

(Zurufe CDU: Oh!)

Wir haben ja durchaus einmal einen gemeinsamen Antrag vorgelegt, in dem wir gesagt haben, wir brauchen in der Bundesrepublik Deutschland eine Infrastrukturgesellschaft; wir brauchen Planen und Bauen aus einer Hand und müssen die finanziellen Grundlagen dafür schaffen. Das ist ein interessanter Ansatz. Wir verweigern uns dieser Idee nicht.

(Beifall Hans-Jörn Arp [CDU])

Aber ich habe in Ihrem Antrag gelesen, dass Sie eine strategische Uminterpretation vornehmen, indem Sie nämlich sagen: Schneller heißt für uns Neubau vor Ausbau. Das steht in Ihrem Antrag drin. Wenn Sie aber Neubau vor Ausbau wollen - das kann man ja tun -, dann stoppen Sie gleichzeitig den Verkehr in Deutschland; denn das Problem in Deutschland liegt nicht beim Neubau, sondern beim Ausbau.

(Dr. Andreas Tietze)

Wir stehen im Stau, weil wir zu viele zu schlechte Straßen haben. Wenn Sie jetzt Neubau vor Ausbau postulieren, dann sagen Sie: Wir wollen die A 20 und andere Neubauprojekte voranstellen, und der Ausbau ist uns egal. - Dann müssen Sie den Leuten aber auch erklären, warum weiterhin Straßen kaputt sind und warum wir weiterhin im Stau stehen. Das ist alles Schnellschuss. Wir führen ja gefühlt die 43. Debatte um die A 20.

Ich will Ihnen auch noch einmal Folgendes sagen, Herr Kollege Arp. Sie haben mich ja direkt darauf angesprochen, dass wir 79 Millionen € in Berlin nicht abgerufen haben. Wir haben damals gesagt diese Auffassung haben wir heute noch -, dass es keinen Sinn macht, einen Autobahnstummel in die Landschaft zu setzen.

(Christopher Vogt [FDP]: Das will ja auch niemand!)

Es macht doch keinen Sinn, die verkehrliche Attraktivität der A 20 darauf zu reduzieren, dass wir 7 km Autobahn in Hohenfelde in der Pampa haben und niemand darauf fährt. Unser Ziel war es - dazu stehen wir auch koalitionstreu -, die A 20 bis zur A 7 zu bauen, und zwar auch und gerade mit grüner Unterstützung in der Regierungsverantwortung.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Im nächsten Jahr- hundert!)

- Lieber Herr Kollege Arp, ich stehe nicht jeden Morgen auf

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Doch!)

und frage mich, was ich tun muss, um die A 20 zu verhindern. Ich habe auch keine Schuhkartons voll Haselnussmäusen in meinem Garten, die ich an der Strecke verbuddele, und ich habe auch nicht im Internet die Bauanleitung für einen Adlerhorst heruntergeladen, um die A 20 zu verhindern. Wenn Sie das zur Kenntnis nehmen würden, könnten wir uns vielleicht darauf einigen, dass unser Interesse ist, hier gemeinsam -

(Christopher Vogt [FDP]: Das Schlimme ist, dass Sie das betonen müssen!)

- Nein, Entschuldigung. Das ist ja das, was Sie in Ihren Presseerklärungen ständig tun. Sie stellen uns ständig in die Verhinderungsecke.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende.

Das sind Stereotypen. Das sind Kalauer auf IHKVersammlungen. Aber das ist für mich keine seriöse Politik. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Piratenfraktion hat Herr Abgeordneter Uli König das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin gespannt darauf zu erfahren, ob man Adlerhorste schon im 3D-Drucker ausdrucken kann.

(Unruhe - Glocke Präsident)

Das würden die Grünen dann bestimmt gern nutzen.

(Heiterkeit und vereinzelter Beifall PIRA- TEN)

Nachdem der Wirtschaftsausschuss in den letzten Sitzungen über verlassene Eier in einem Adlerhorst debattiert hat, reden wir hier und heute über ungelegte Eier. Wir debattieren über ein Verkehrsbeschleunigungsgesetz, von dem noch keiner weiß, ob es kommt und wie es genau aussehen wird. Ob das nun eine sinnvolle Verwendung von Steuermitteln ist, sei einmal dahingestellt. Fakt ist: Wir alle können über die Inhalte eines solchen Gesetzesvorhabens nur spekulieren.

Eine Möglichkeit, die Verfahren zu beschleunigen, bestünde in der Verkürzung der Klagewege, das heißt im Aussetzen der ersten Instanz beim OVG Schleswig und der direkten Ansprache des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig. Sehr geehrte Damen und Herren, das sehen wir PIRATEN als ein Problem an. Dabei geht die Ortsnähe verloren. Das OVG Schleswig mag über das eine oder andere Vorhaben in unserem Land doch besser Bescheid wissen als das Bundesverwaltungsgericht. Außerdem bedeutet eine Verkürzung der Klagewege auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit fehlerhafter Entscheidungen. Fehlerhafte Gerichtsurteile können wir uns nicht leisten.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Abschaffung des Verbandsklagerechts. Hier halte ich es wie Minister

(Dr. Andreas Tietze)

Meyer, der in einem Interview mit dem „sh:z“ sagte:

„Ich gehöre auch nicht zu denjenigen, die sofort nach einer Abschaffung der Verbandsklage rufen, weil sie glauben, dann werde alles besser. Das wird nicht funktionieren.“

Herr Minister, das können wir so unterschreiben.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Wir begrüßen auch die Ausführung des Ministers zum Thema Bürgerbeteiligung, die der Minister nicht infrage stellt. Wer von Vorhaben betroffen sei, der müsse auch beteiligt werden. Bürgerbeteiligung müsse es geben. - Herr Minister, hier haben Sie unsere volle Zustimmung, danke dafür.

(Beifall PIRATEN)

Eine Verfahrensbeschleunigung erreicht man nicht durch Einschränkung der Bürgerbeteiligung oder durch Ignorieren maßgeblicher Einwände. Das hat die Vergangenheit eindrücklich gezeigt.

(Beifall PIRATEN)

Erinnern wir uns an die Segeberger Fledermausaffäre. Alle Probleme waren vorher schon bekannt. Naturschutzverbände haben auf sämtliche Probleme, die für das Gerichtsurteil maßgeblich waren, hingewiesen. Die Landesregierung wollte die Probleme nur nicht wahrhaben. Sie haben die Naturschutzverbände nicht ernst genommen und deren Einwendungen einfach ignoriert. Herr Minister, da drängt sich die Frage auf, ob tatsächlich herrschende Gesetze Ihr Problem sind oder ob es nicht vielmehr fehlerhafte Entscheidungen der Regierung beziehungsweise der Planungsbehörden waren, die zu immer neuen Verzögerungen geführt haben.

(Beifall PIRATEN)

Wenn Sie die Beteiligungsverfahren lediglich preisen, die Einwendungen aber nicht ernst nehmen, dann wird es auch in Zukunft immer wieder neue Klagen regnen, ob Sie nun ein Verkehrsbeschleunigungsgesetz auf den Weg bringen.

Es stellt sich auch die Frage, ob es kleine Tiere sind, die Ihre Arbeit schwieriger machen. Herr Meyer, Sie haben nach dem Fledermausdesaster immer das Mantra „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ beschworen. Finden Sie es da nicht auch bemerkenswert, dass eine der obersten Landesbehörden im Mai vergangenen Jahres den Adlerhorst schon kannte, dass aber die Info nicht sofort weitergegeben wurde? Nach all den Verzögerungen wegen böser kleiner Tiere würde man doch erwarten,

dass eine solche Info sofort weitergegeben wird, oder nicht?

(Beifall PIRATEN)