Protokoll der Sitzung vom 17.02.2016

(Beifall PIRATEN)

Das wird heute sicherlich zu einem unterschiedlichen Abstimmungsverhalten der Mitglieder unserer Fraktion führen.

(Zuruf FDP)

- Ich weiß nicht, was er in der Pause geraucht hat.

(Heiterkeit und Beifall)

Meine Damen und Herren, der schleswig-holsteinische FDP-Landesverband hat sich aber grundsätzlich gegen eine Legalisierung ausgesprochen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ganz knapp!)

(Burkhard Peters)

- Das habe ich anders gesehen, lieber Heiner. Denn Drogenpolitik muss Präventionspolitik bleiben.

Auch aus unserer Sicht ist die Legalisierung des Cannabis-Konsums der falsche Weg. Wir haben über dieses Thema mehrmals im Landtag diskutiert. Ich bin der Meinung, man sollte auch einmal auf die Expertenseite hören.

Ich empfehle im Übrigen, den „Stern“ vom 11. Februar diesen Jahres zu lesen, der die grundsätzliche Problematik des Drogenkonsums und dessen Folgen beschreibt. Dabei geht es nicht nur um Cannabis, sondern auch um das, was noch dazugehört.

Die Landesstelle für Suchtfragen lehnt die Legalisierung ab. Stattdessen sollte eine Politik betrieben werden - wie es im Übrigen auch die EU-Drogenstrategie vorsieht -, die zu einer Verringerung sowohl der Nachfrage als auch des Angebots führt. Als negative Effekte einer Anhebung des Grenzwertes führt die Suchtstelle die Verharmlosung von Cannabis, den Anstieg des Konsums sowie die Konterkarierung präventiver Bemühungen an.

Ein niedriger Grenzwert ist zudem geboten, da der THC-Gehalt von Cannabis-Produkten stetig steigt. So stellten Experten für Toxikologie des Bundeskriminalamtes fest, dass sich der Wirkstoffgehalt der heutigen Pflanzenprodukte verdoppelt bis verdreifacht hat. Auch die Landespolizei spricht sich klar gegen eine Anhebung des Grenzwertes aus. Dieser liegt in 12 Ländern bei 6 g. Lediglich in Mecklenburg-Vorpommern sind es 5 g. In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin sind es 10 g. Vielleicht wäre es einfacher, wenn sich die anderen Länder an unseren Wert anpassten. Dann hätten wir die vom Abgeordneten Krumbeck geforderte bundeseinheitliche Regelung.

Ich halte es in diesem Zusammenhang übrigens für richtig - wie es auch die Richtlinie des Generalstaatsanwalts vorsieht -, dass trotz des Grenzwertes bei jugendlichen Konsumenten regelmäßig Verfahren einzuleiten sind, um die Heranwachsenden zu einem Beratungsgespräch in einer Drogenberatungsstelle zu verpflichten.

Dieses Vorgehen ist aus liberaler Sicht ein zielführender Teil der Präventionsstrategie. Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Konsum von Cannabisprodukten - dies gilt auch für geringe Mengen - harmlos ist. Zahlreiche Langzeitstudien zeigen den schädlichen Einfluss des Cannabiskonsums gerade auf Jugendliche. So weist eine Studie der Duke University nach, dass das zentrale Nervensystem und das Denkvermögen durch den Kon

sum nachhaltig geschädigt werden. Die Duke University ist im Übrigen nicht irgendeine Klitsche, sondern eine renommierte Universität. Die Studie zeigt, dass Cannabis zu psychischer und körperlicher Abhängigkeit führt, der Intelligenzquotient, die Aufmerksamkeit und die Fähigkeit, sich etwas zu merken, abnehmen.

Meine Damen und Herren, ich brauche Ihnen wohl nicht den Zusammenhang auszuführen, der zwischen einem höheren Intelligenzquotienten einerseits sowie einer höheren Bildung und einem höherem Einkommen, einer besseren Gesundheitsführung und damit einem längeren Leben andererseits besteht.

(Sandra Redmann [SPD]: Das habe ich nicht verstanden!)

- Das kann ich mir vorstellen.

Die Landesstelle für Suchtfragen verweist zudem darauf, dass weitere Untersuchungen zeigen, dass bei jungen Erwachsenen, die sechs oder mehr Jahre lang Cannabis konsumieren,

(Unruhe - Glocke Präsident)

ein doppelt so hohes Risiko vorliegt, an einer Psychose zu leiden. Zudem würde ein erhöhter Cannabiskonsum dazu führen, dass die Gesundheitskosten stark anwüchsen. Das sind Entwicklungen, weder für die Gesellschaft noch für den Einzelnen, die wir befördern wollen.

Es wird gern auf Staaten wie Colorado verwiesen, die Cannabis legalisiert haben. Hier möchte ich um eine ehrliche Betrachtung bitten. Es ist richtig, dass es in diesen Staaten zu einem Rückgang der Kleinstkriminalität gekommen ist; aber zugleich gab es einen Anstieg der Verkehrsunfälle unter Drogeneinfluss. Ich kann hier keinen Gewinn erkennen.

Auf den Vorschlag der Grünen, die Einnahmen aus einer denkbaren Cannabissteuer für das Stopfen von Schlaglöchern auf Straßen zu nutzen, muss ich nicht weiter eingehen, da dieser Vorschlag wohl nicht wirklich ernst gemeint war.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eine persönliche Anmerkung als Mutter machen, eine Anmerkung, die sicherlich für viele Eltern gilt: Mütter bekommen ihre Kinder nicht und Eltern erziehen ihre Kinder nicht, damit diese später Drogen nehmen, gleich welcher Art. Lassen Sie uns also Präventionspolitik betreiben. Lassen Sie uns gern darüber reden, wie wir die Präventionspolitik auch beim Alkoholkonsum und Rauchen weiter verbessern kön

(Anita Klahn)

nen; aber wir brauchen keine Legalisierung weiterer Drogen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen: Keine Macht den Drogen! Das sollte die Lebenswirklichkeit sein. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Abgeordneten des SSW erhält Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Koalition hält an ihrem Ziel fest, Schleswig-Holstein in seiner modernen und fortschrittlichen Drogen- und Suchtpolitik zu stärken und sie weiter fortzuschreiben. Um es klar zu sagen: Bei aller Modernisierung und Fortschreibung der Drogenpolitik steht der Präventionsgedanke für uns immer im Vordergrund. Das geht auch deutlich aus dem vorliegenden Änderungsantrag hervor. Für uns steht der Konsument beziehungsweise der Suchtkranke im Fokus, den wir mit Prävention und Aufklärung erreichen wollen.

Damit dies gelingen kann, brauchen wir niederschwellige und qualifizierte Hilfsangebote. Hier müssen wir zunächst ansetzen, um den suchtkranken Menschen Hilfe zukommen zulassen, und zwar Hilfe, die sie brauchen und annehmen wollen.

Damit wir diesen Ansatz erfolgreich weitergehen können, brauchen wir die finanzielle Absicherung und Fortentwicklung effektiver Suchtpräventionsangebote für legale und illegale Drogen sowie die Umsetzung eines konsequenten Kinder- und Jugendschutzes.

(Unruhe - Glocke Präsident)

Deshalb gilt: Wir müssen die Kinder und Jugendlichen frühzeitig erreichen, bevor sie als Heranwachsende oder Erwachsene mit schier unüberwindlichen medizinischen und sozialen Problemen in den Einrichtungen der Drogenhilfe landen. Mit diesem Ansatz sind wir in Schleswig-Holstein auf einem guten Weg.

Es geht uns nicht darum, Suchtkranke oder Konsumenten von Drogen zu kriminalisieren. Diese repressive Vorgehensweise hat nach Auffassung des SSW bisher zu keinem Erfolg in der Drogenpolitik geführt. Die Kriminalisierung des Drogenkonsums dient weder der Suchtvorbeugung, noch ist sie im Sinne der Überwindung von Abhängigkeit beson

ders effektiv. Sonst würden viele der Menschen nicht kiffen.

Die konsequente Strafverfolgung muss dort ansetzen, wo mit dem Stoff gehandelt und gedealt wird. Das soll heißen: Kriminelle Dealer und der organisierte Drogenhandel gehören in den Fokus der Strafverfolgung.

Wie wir wissen, hat Schleswig-Holstein bereits zweimal einen Anlauf unternommen und Initiativen auf Bundesebene angestrebt, um eine bundeseinheitliche Definition der geringen Mengen zum Eigenverbrauch von Cannabis gemäß § 31a BtMG zu erreichen. Bisher war dies leider erfolglos.

Daher werten wir den Antrag der PIRATEN als eher rückwärtsgewandt, als dass er uns in der Sache voranbringt.

(Beifall Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Wir müssen erkennen, dass es derzeit kurzfristig nicht möglich ist, eine bundesweite Vereinheitlichung der Regelung hinzubekommen. Das sollten wir dann akzeptieren.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Ja!)

Wir sollten uns daher auf den Punkt konzentrieren, um den es eigentlich gehen muss, wenn man etwas weiterentwickeln will, nämlich auf die medizinische Verwendung von Cannabis.

Cannabis hat durchaus Potenzial im medizinischen Gebrauch. Auch wenn an der medizinischen Anwendung noch intensiv geforscht wird, gibt es bei der Anwendung von Cannabis bei Schmerz- oder Palliativpatienten bereits Erfolge.

Cannabis ist natürlich kein Allheilmittel, aber es gibt anscheinend Anwendungsbereiche, wo Cannabis eine effektive und nebenwirkungsarme Medizin darstellt. Daher halten wir es für angebracht, hier für eine Öffnung der Regelung zu werben.

(Beifall SSW und Dr. Marret Bohn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein weiterer wichtiger Punkt unseres Änderungsantrags ist die Thematisierung der substanzlosen Sucht, insbesondere der Mediensucht. Eine jüngst veröffentlichte Studie der DAK macht die Notwendigkeit einer umfassenden und qualifizierten Präventionsarbeit für den Bereich der Mediennutzung deutlich. Demnach könne ein exzessives Agieren im virtuellen Raum zu massiver Irritation innerfamiliärer Kommunikation, zu Entwicklungsverzögerungen und sogar zu völligem sozialen Rückzug führen.

(Anita Klahn)

Auf Bundesebene wurden bereits von verschiedenen Stellen Initiativen in Gang gebracht, die sich diesem Thema widmen oder Empfehlungen zur Hilfe und Prävention erarbeiten.

Auch bei uns im Land gibt es Beratungsstellen und andere Anlaufstellen, die sich bereits mit diesem Thema befassen. Trotzdem halte ich es für sinnvoll und richtig, Mediensucht aus der stillen Ecke herauszuholen und - diese Gelegenheit gibt der vorliegende Antrag - das Bewusstsein für diese Form der Sucht zu schärfen. Darauf sollten wir den Fokus legen. Das ist ein Riesenproblem. Ich würde sogar sagen, dies ist ein wesentlich größeres Problem als der Cannabiskonsum, meine Damen und Herren.